Index
E1E;Norm
11997E012 EG Art12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Franz-Martin Orou, dieser vertreten durch Mag. Ernst Mühlfellner, beide Rechtsanwälte in 1170 Wien, Geblergasse 93, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 30. Mai 2007, GZ. RV/0913-W/06, betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Ausfertigung (Kopie) des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Bauunternehmen. Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden zwischen der Beschwerdeführerin und polnischen "Auftragnehmern" abgeschlossene "Werkverträge" ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Dienstverträge beurteilt. Mit "Haftungs- und Abgabenbescheid für den Zeitraum 7-12/2004" zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Haftung für Lohnsteuer heran und forderte Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit nicht vom Vorliegen von Dienstverhältnissen ausgegangen werden könne, weil die Auftragnehmer in ihrer Zeiteinteilung völlig selbständig seien, sie die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst tragen müssten, sich vertreten lassen könnten und keine Urlaubsgelder ausgezahlt würden. Überdies hätten alle Auftragnehmer vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen Gewerbeschein "gelöst" und sich bei der Sozialversicherung und dem jeweiligen Finanzamt als "neue Selbständige" gemeldet bzw. um die Vergabe einer Steuernummer ersucht.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 23. Mai 2007 gab der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin folgende Darstellung der hier strittigen Rechtsverhältnisse:
"Meine Vertragspartner haben mich angerufen, möglicherweise ausgelöst durch unsere Inserate in einer polnischen Zeitung in Österreich namens Polonika bzw. sind wir als Baufirma im
21. Bezirk bekannt. Die Baustellen wurden von den Auftragnehmern besichtigt und wurde vor Ort ein Pauschalpreis vereinbart. Ein schriftlicher Kostenvoranschlag wurde nur von mir an meine Auftraggeber erstellt. Die Pauschalvereinbarung erfolgte nach Besichtigung auf Grund der Kostenschätzung durch den Auftragnehmer.
Das Material für die Bauvorhaben kaufe ich zum Teil in Polen bzw. Österreich und stelle es den Subauftragnehmern zur Verfügung, welche dieses dann verarbeiten. Auch wenn die Arbeit nicht voll ordnungsgemäß erledigt wurde, wurde immer das vereinbarte Pauschale bezahlt. Es gibt keine Stundenaufzeichnungen und keine Stundenverrechnung, sondern nur einen Pauschalpreis.
Die Arbeiten betrafen großflächige Verspachtelungen von Rigipsplatten, um sie haltbarer zu machen. Eine besondere Ausbildung ist nicht erforderlich, nur etwas Geschick und Erfahrung mit Rigipsplatten.
Ich bin bei den Baustellen vor Ort und organisiere den Arbeitsablauf (wer macht wann was). Ich fungiere als Bauleiter und organisiere den Einsatz der einzelnen Subauftragnehmer. Wir haben auch eigene angemeldete Maurer, die die echten Maurerarbeiten durchführen. Es handelt sich dabei um ausgebildete Maurergesellen.
Wenn es irgendwie möglich ist, versuche ich zumindest einmal täglich meine Baustellen zu besuchen. Ansonsten bin ich telefonisch jederzeit erreichbar. Ich kontrolliere die Arbeitsqualität und den Fortschritt. Bei behördlichen Kontrollen war immer alles in Ordnung.
Die Subunternehmer stellen auf den Baustellen keine eigenen Tafeln auf. Es ist vollkommen ungleichmäßig, wie lange diese Subunternehmer für mich tätig sind.
Die Abrechnung erfolgte üblicherweise in bar, weil die Auftragnehmer keine Bankverbindungen hatten. Es erfolgte die Barzahlung nach Abschluss der Tätigkeit bzw. nach dem Arbeitsfortgang. Wenn finanzielle Mittel vorhanden waren, wurde auch ein Akonto von uns geleistet. In der Regel wurde spätestens 14 Tage nach Abschluss der Arbeiten abgerechnet. Die Rechnungen wurden von den Auftragnehmern ausgestellt.
Wenn ein Subauftragnehmer erkrankt, meldet er sich bei mir, damit ich zeitlich umdisponieren kann. Die Subauftragnehmer haben keine eigenen Dienstnehmer.
Wenn die Arbeiten nicht qualitätsvoll erledigt werden, sage ich das gleich vor Ort, wenn ich es sehe, rüge den Auftragnehmer und erwarte Verbesserung.
Mangelhafte Leistungen habe ich immer voll bezahlt, auch wenn die Arbeiten noch einmal gemacht werden mussten, ich habe diese Schäden nicht weiterverrechnet, weil ich nicht wollte, dass über unsere Firma schlecht geredet wird. Es ist etwa dreimal vorgekommen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung lediglich insoweit Folge gegeben, als Vergütungen, die an zwei (kurzfristig) mit Reinigungsarbeiten befasste Personen gewährt worden waren, aus den jeweiligen Bemessungsgrundlagen ausgeschieden wurden.
In der Begründung stellt die belangte Behörde zum Sachverhalt fest, bei den streitgegenständlichen Auftragnehmern handle es sich um polnische Staatsbürger, die das freie Gewerbe "Verspachteln von vormontierten Gipskartonplatten" angemeldet hätten. Die Auftragnehmer seien telefonisch an die Beschwerdeführerin herangetreten und hätten nach Arbeit gefragt. Die Beschwerdeführerin habe mit den Interessenten die Baustellen besichtigt und ihnen dabei mitgeteilt, wie viel sie für die anstehenden Verspachtelungsarbeiten zahlen wolle. Sei der Auftragnehmer damit einverstanden gewesen, sei ein schriftlicher Auftrag unterfertigt worden. Bei den abgeschlossenen Verträgen handle es sich um vollkommen gleich lautende "Auftragserteilungen für laufende Arbeiten", die auf Firmenpapier der Beschwerdeführerin verfasst worden seien. Die Auftragnehmer hätten den Preis nicht selbst kalkuliert, keine Werbung für ihre Arbeit gemacht, nur über Kleinwerkzeug (Bohrmaschine und Spachtelzeug) verfügt und keine eigenen Mitarbeiter beschäftigt. Der Sitz ihrer "Unternehmen" befände sich an ihrer jeweiligen Wohnadresse. Die Auftragnehmer hätten keinen Anspruch auf Urlaubs- und Krankengeld und könnten sich nicht vertreten lassen. Krankheit sei der Beschwerdeführerin zu melden. Die Auftragnehmer würden zwar nicht ausdrücklich über Zeitaufzeichnungen kontrolliert, doch sei ihre Arbeitszeit insofern geregelt, als die Schlüssel für die Baustellen (meist Wohnungen) bei der Beschwerdeführerin verwahrt worden seien. Solcherart hätten die Auftragnehmer die Baustellen nicht selbständig betreten und verlassen können. Die Auftragnehmer seien auch nie allein auf der Baustelle gewesen. Die Beschwerdeführerin habe neben den Auftragnehmern über angestelltes Personal in Form ausgebildeter Maurer verfügt, angestellte Bauhilfsarbeiter habe die Beschwerdeführerin nicht beschäftigt. Die Ausgaben der Auftragnehmer hätten sich auf die Kosten für Benzin, Telefon, Arbeitskleidung und Sozialversicherungsbeiträge beschränkt. Das verarbeitete Material sei zur Gänze von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden.
Die Auftragnehmer hätten während ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin, welche sich oft über Monate erstreckt habe, keine weiteren Auftraggeber gehabt. Der Arbeitsfortgang sei laufend kontrolliert und koordiniert worden. Die vereinbarten Arbeiten seien meist in bar abgerechnet worden, wobei keine gleichmäßigen Abrechnungszeiträume eingehalten worden seien. Sei die Arbeit trotz Vor-Ort-Kontrolle durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als unzureichend beurteilt worden, sei eine Verbesserung auf Kosten der Beschwerdeführerin vorgenommen worden. Die Beschwerdeführerin habe auch ein Alkoholverbot auf den Baustellen ausgesprochen und dieses strengstens kontrolliert, indem Zuwiderhandelnde "gehen mussten" und nicht mehr beschäftigt worden seien.
In Fragebögen hätten die Auftragnehmer übereinstimmend erklärt, dass sie in Polen keine Einkünfte erzielen würden und nicht sozialversichert seien. Weiters gehe daraus hervor, dass sie der deutschen Sprache kaum mächtig seien. Als Auftraggeber sei immer die Beschwerdeführerin, in einzelnen Fällen auch ein anderer Auftraggeber genannt worden.
Der von der belangten Behörde vernommene Zeuge F.L. sei zwar nicht im strittigen Zeitraum für die Beschwerdeführerin tätig geworden, doch habe sich seine in einem späteren Zeitraum ausgeübte Tätigkeit nicht von jener der im Jahr 2004 tätigen Personen unterschieden. Lediglich zwei namentlich genannte Personen hätten keine Verspachtelungsarbeiten erbracht, sondern Reinigungsarbeiten durchgeführt.
Die von den Auftragnehmern ausgestellten Rechnungen ließen sich in zwei Arten unterteilen. Alle nach dem 30. September 2004 datierten Rechnungen seien per Hand und mit derselben Handschrift auf demselben Rechnungsformular erstellt worden. Davor datierte Rechnungen seien hingegen mittels EDV erstellt worden, wobei die Ausdrucke ein vollkommen identes Druckbild (einschließlich Druckfehler) aufwiesen und nur der Name des Rechnungsausstellers ausgewechselt worden sei. Zu erkennen sei weiters, dass zu bestimmten Daten (etwa zum 30. Dezember, 30. November, 30. Oktober, 12. Oktober und 3. September) gehäuft Rechnungen, zum Teil in identer Höhe vorlägen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass alle Rechnungen aus dem "Einflussbereich" der Beschwerdeführerin stammten.
Ein Vergleich der auf den Rechnungen ausgewiesenen Leistungszeiträume lasse erkennen, dass auf den einzelnen Baustellen immer mehrere (sieben bis acht) Auftragnehmer gleichzeitig gearbeitet hätten. Weiters gehe aus den Abrechnungen hervor, dass die einzelnen Auftragnehmer nicht einen Auftrag fertiggestellt, abgerechnet und zur nächsten Baustelle übergegangen seien, sondern dass zumeist über mehrere Baustellen abgerechnet worden sei und dieselben Baustellen bei denselben Auftragnehmern mehrfach Gegenstand einer Abrechnung gewesen seien.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung seien zwei Auftragnehmer (F.L. und G.T.L.) vernommen worden. Weitere geladene Zeugen seien nicht erschienen. Die Vernehmung aller 17 Auftragnehmer - wie es die Beschwerdeführerin beantragt habe - habe unterbleiben können, weil der Sachverhalt auf Grund der im Wesentlichen "deckungsgleichen" Aussagen der beiden Zeugen und des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie des umfangreichen Belegmaterials geklärt sei.
Nach allgemeinen rechtlichen Ausführungen zur Bestimmung des § 47 Abs. 2 EStG 1988 wird im angefochtenen Bescheid sodann ausgeführt, die Auftragnehmer seien - was für das Vorliegen von Dienstverhältnissen spreche - dem persönlichen Weisungsrecht der Beschwerdeführerin unterstanden. Die Auftragnehmer seien von der Beschwerdeführerin hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und Arbeitsqualität kontrolliert worden. Die von der Beschwerdeführerin behauptete "freie Zeiteinteilung" sei de facto nicht möglich gewesen, weil die Auftragnehmer keinen freien Zutritt zu den jeweiligen Baustellen gehabt hätten. Der Zeuge G.T.L. habe angegeben, dass üblicherweise täglich bis 17:00 Uhr, manchmal kürzer, gearbeitet, die Anwesenheit kontrolliert und eine ständige Aufsicht ausgeübt worden sei. Auch das verhängte absolute und strikte Alkoholverbot spräche für das Bestehen persönlicher Abhängigkeit; zudem sei das Tätigwerden für einen einzigen Auftraggeber für das Bestehen eines Dienstverhältnisses kennzeichnend. Aus den Fragebögen, den Zeugenaussagen und den lückenlosen Abrechnungen gehe hervor, dass die Auftragnehmer über einen längeren Zeitraum ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig geworden seien und tätig sein wollten "solange es Arbeit gibt". Lediglich zwei Auftragnehmer hätten auch andere Auftraggeber genannt, doch seien diese Angaben in keiner Weise nachvollziehbar gewesen.
Auch eine Eingliederung der Auftragnehmer in das Unternehmen der Beschwerdeführerin liege vor. Die Auftragnehmer seien de facto an bestimmte Arbeitszeiten gebunden gewesen. In der schriftlichen Auftragserteilung finde sich zwar der Hinweis, dass die Arbeiten "termingerecht" auszuführen seien, ein Termin für die Fertigstellung sei jedoch nie vereinbart worden. Tatsächlich seien die Arbeiten an den einzelnen Baustellen vom Gesellschafter-Geschäftsführer eingeteilt und koordiniert worden. Eine Arbeitsverteilung habe schon deshalb stattzufinden gehabt, weil die Auftragnehmer auf verschiedenen Baustellen der Beschwerdeführerin gearbeitet hätten. Für eine Eingliederung spreche weiters, dass die Beschwerdeführerin über keine angestellten Bauhilfsarbeiter, sondern nur über Maurergesellen verfügt habe. Erfahrungsgemäß würde jedes Bauunternehmen aber auch Bauhilfskräfte benötigen, um einfachere Arbeiten durch ungelernte und damit billigere Arbeitskräfte erledigen zu können. Beschäftige ein Bauunternehmen keine derartigen Arbeitskräfte, fehle dem wirtschaftlichen Organismus des Betriebes ein wesentlicher Teil. Gerade dieser wesentliche Teil werde von den Auftragnehmern erfüllt. Auffallend sei auch, dass auf den Baustellen zeitgleich mehrere Auftragnehmer tätig gewesen seien. Würden Arbeiten an Subunternehmer vergeben, sei es üblicherweise Aufgabe des Subunternehmens, für die Erledigung des Auftrages Sorge zu tragen. Absolut unüblich sei es, dass mehrere Subauftragnehmer an derselben Baustelle dieselben Arbeiten - das Verspachteln von Gipskartonplatten - ausführten. Auch die Größe der betroffenen Baustellen hätte dies nicht erforderlich gemacht. Wahrscheinlicher sei vielmehr, dass die Beschwerdeführerin an Stelle der benötigten Bauhilfsarbeiter die notwendige Anzahl von Personen mittels Werkvertrages engagiert und dort eingesetzt habe, wo sie gerade benötigt worden seien. Solcherart erklärten sich auch die verschiedenen Baustellenangaben auf den Rechnungen der Auftragnehmer.
Auch die weiteren Merkmale für die Nichtselbständigkeit einer Tätigkeit - das Fehlen eines Unternehmerwagnisses, die Unzulässigkeit einer Vertretung und eine laufende Lohnzahlung - seien im Beschwerdefall überwiegend erfüllt.
Hinsichtlich des Unternehmerwagnisses sei die Aussage des F.L. von Bedeutung, wonach der Preis für die "beauftragten Arbeiten" von der Beschwerdeführerin bestimmt worden sei. Es sei nicht erkennbar, dass die Auftragnehmer die Höhe ihrer Einnahmen nach ihrer Kalkulation hätten bestimmen und durch besonderen Fleiß oder besonderes Geschick hätten beeinflussen können. Ein dem Auftragnehmer verbleibender Spielraum für eigene unternehmerische Gestaltung sei nicht erkennbar. Auch die angefallenen Kosten hätten sich im Wesentlichen auf die üblichen Aufwendungen für die Fahrt zum Arbeitsplatz und die Anschaffung der eigenen Arbeitskleidung beschränkt.
Eine Vertretungsbefugnis sei von den Auftragnehmern einheitlich verneint worden. Eine Vertretung habe unstrittig auch nie stattgefunden. Zudem hätten die Auftragnehmer auch gar kein Personal gehabt, an das sie Arbeiten hätten delegieren können.
Die Abrechnung sei in Abständen von nicht mehr als einem Monat erfolgt, wobei die ausbezahlten Beträge aber völlig unterschiedlich gewesen seien. Nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass die Abrechnung im Beschwerdefall nicht durch die Auftragnehmer, sondern von der Beschwerdeführerin vorgenommen worden sei. Ein "echter Unternehmer" stelle seine Rechnungen selbst auf eigenem Papier aus.
Wesentlich sei schließlich auch, dass es - wie der Gesellschafter-Geschäftsführer ausgesagt habe - bei mangelhaften Leistungen der Auftragnehmer nicht zu einer Kürzung des Entgelts oder einem Schadenersatz gekommen sei. Selbst bei mangelhafter Leistung sei das gesamte vereinbarte Entgelt bezahlt und die Verbesserung auf Kosten der Beschwerdeführerin vorgenommen worden. Auch daraus sei zu erkennen, dass die Auftragnehmer nicht einen Erfolg, sondern ihre Arbeitskraft geschuldet hätten.
Insgesamt würden im Beschwerdefall daher bei allen Auftragnehmern - mit Ausnahme der mit Reinigungsarbeiten befassten beiden Personen, insoweit sei der Berufung stattzugeben - jene Kriterien überwiegen, die für die Annahme einer nichtselbständigen Tätigkeit und damit für ein Dienstverhältnis sprächen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG -
haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 leg. cit. u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen.
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018). Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten. Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen (vgl. etwa das schon zur inhaltsgleichen Regelung des § 47 Abs. 3 EStG 1972 ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1988, 88/14/0024).
Für das Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung als Dienstvertrag oder als Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen entscheidend (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 2000/13/0046).
Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist im Beschwerdefall sowohl von einer persönlichen Abhängigkeit als auch von einer Eingliederung der für die Beschwerdeführerin tätig gewordenen Personen in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin auszugehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich das im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübte sachliche bzw. technische Weisungsrecht lediglich auf die vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg, während das persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervorruft (vgl. mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG 1988, Tz 4.3 zu § 47).
Das Beschwerdevorbringen, auf Baustellen, insbesondere bei der Renovierung von Wohnungen, sei es allgemein üblich, die Schlüssel zentral zu verwalten, allgemeine Betriebszeiten vorzugeben und den Arbeitsfortschritt zu kontrollieren, spricht nicht gegen die von der belangten Behörde getroffene Feststellung zur wirtschaftlichen Abhängigkeit der von der Beschwerdeführerin beschäftigten Personen. Ebenso wenig lassen die Ausführungen, die Meldung von Erkrankungen habe der Koordination gedient und das ausgesprochene Alkoholverbot sei im Zusammenhang mit den gerade in der Baubranche bestehenden Alkoholproblemen zu sehen, erkennen, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer persönlichen Gebundenheit der auf den Baustellen tätigen Hilfskräfte ausgegangen wäre. Im Beschwerdefall geht es auch nicht darum, bestimmte sinnvolle Maßnahmen, wie das verhängte Alkoholverbot der Beschwerdeführerin "anzulasten", sondern darum, die Einnahmen aus der strittigen Tätigkeit nach den aufgezeigten Kriterien den selbständigen oder nichtselbständigen Einkünften zuzuordnen. Auch das Tätigwerden für nur einen Unternehmer durfte die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang in ihre Erwägungen mit einbeziehen, ohne deswegen, wie die Beschwerdeführerin meint, "Einmann-Unternehmen" den Zugang "zu solchen Projekten" zu verwehren. Dass im Beschwerdefall ein bloß sachliches, auf die Erbringung der vereinbarten Werkleistung bezogenes Weisungsrecht bestanden habe, vermag die Beschwerde somit nicht aufzuzeigen.
Die Beschwerdeführerin bemängelt weiters, die belangte Behörde sei zu Unrecht von einer Eingliederung ihrer "Auftragnehmer" in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin ausgegangen. Es sei hervorzuheben, dass keiner der "Auftragnehmer" organisatorisch in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen sei. Wie die von der Beschwerdeführerin betonte "organisatorische" Selbständigkeit der Auftragnehmer mit den von ihr zugleich eingeräumten betrieblichen Erfordernissen, die eine Koordination des Arbeitseinsatzes voraussetzen würden, in Einklang zu bringen sei, macht die Beschwerde allerdings nicht plausibel. Demgegenüber wird im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dargestellt, dass die von der Beschwerdeführerin mit Verspachtelungsarbeiten betrauten Personen im Hinblick auf das Fehlen eigener Bauhilfsarbeiter einen unverzichtbaren Bestandteil des von der Beschwerdeführerin betriebenen Bauunternehmens gebildet haben.
Fehl geht der Beschwerdehinweis auf das Vorliegen einer entsprechenden Gewerbeberechtigung und auf die Meldung der Beschäftigten bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, weil es bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit nicht darauf ankommt, in welches äußeres Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben oder welche Beurteilung auf anderen Rechtsgebieten zutreffend sein sollte. Auch aus dem Umstand, dass "gerade in der Baubranche bekanntermaßen eine Vielzahl (ähnlicher) Verfahren gegen zahlreiche - vorrangig klein- und mittelgroße - Bauunternehmen anhängig" sei, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, geht es im Beschwerdefall doch nicht um die Üblichkeit einer Vorgangsweise, sondern ausschließlich darum, wie die von den Vertragspartnern verwirklichten Vertragsverhältnisse nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt steuerlich einzustufen sind.
Aus dem Vorbringen des Gesellschafter-Geschäftsführers, es sei ein Pauschalentgelt vereinbart worden, welches unabhängig vom tatsächlichen Erfolg der Tätigkeit zur Auszahlung gelangt sei, konnte die belangte Behörde zu Recht schließen, dass die "Auftragnehmer" ihre Arbeitskraft und nicht ein bestimmtes Werk geschuldet haben.
Abgesehen davon, dass die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage davon ausgehen durfte, dass bereits die vorrangig zu prüfenden Kriterien - Weisungsgebundenheit und Eingliederung - eindeutig für das Vorliegen von Dienstverhältnissen sprechen, ist auch nicht zu erkennen, dass die auf den Baustellen der Beschwerdeführerin eingesetzten Personen ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko zu tragen hatten. Das Beschwerdevorbringen, die "Auftragnehmer" hätten durch persönliche Geschicklichkeit "den Auftrag" innerhalb kürzerer oder längerer Zeit erfüllen und solcherart ihre Einnahmen gestalten können, ist schon insofern nicht nachvollziehbar, als die Beschwerdeführerin den Feststellungen der belangten Behörde, es seien keine einzelnen (allenfalls unterschiedlich schnell erbrachten) "Werke" abgerechnet worden, nicht entgegentritt. Auch das Bestehen eines wesentlichen ausgabenseitigen Unternehmerrisikos zeigt die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf die Zeugenaussage des T.G.L. und des F.L. nicht auf, haben doch auch in üblichen Dienstverhältnissen beschäftigte Arbeitnehmer die Kosten ihrer Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie für allfällige (einzelne) Telefonate mit ihrem Arbeitgeber häufig selbst zu tragen. Dass die Beistellung von Arbeitskleidung und Kleinwerkzeugen zu ins Gewicht fallenden (insbesondere schwankenden) Aufwendungen geführt hätte, ist gleichfalls nicht zu erkennen.
Die Beschwerdeausführungen, die "Auftragnehmer" der Beschwerdeführerin hätten sich - auch wenn sie dies selbst nicht in Betracht gezogen haben sollten - durchaus auch vertreten lassen können, bestätigen, dass der Frage der Vertretungsbefugnis im Beschwerdefall - der Beschwerdeführerin standen eine Reihe von Bauhilfskräften zur Verfügung, deren Einsatz unstrittig vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin koordiniert wurde - jedenfalls keine praktische Bedeutung zugekommen ist.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es ungeachtet eines diesbezüglichen Beweisantrages unterlassen, alle im Streitzeitraum beauftragten "Subunternehmer" zu befragen. Nur durch die Einvernahme aller 17 Personen, hätte "der Umstand, den die belangten Behörde als entscheidungswesentlich erachtet, nämlich die Frage, dass die Verrichtung der beauftragten Tätigkeiten weisungsungebunden und ohne Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin erfolgte", geklärt werden können. Mit diesem Vorbringen wird allerdings die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt. In welchen Punkten sich die Tätigkeit der anderen von jener der als Zeugen vernommenen Personen unterschieden hätte oder welche weiteren konkreten Sachverhaltsfeststellungen nach Durchführung der Vernehmung der von der Beschwerdeführerin angeführten Personen hätten getroffen werden können, wird mit der bloßen Behauptung, "aus der Einvernahme einzelner weiterer Auftragnehmer hätte ein klareres - für die Beschwerdeführerin günstigeres - Gesamtbild" gewonnen werden können, nicht dargetan.
Insoweit die Beschwerdeführerin Zweifel hegt, ob die Bestimmung des § 47 EStG 1988 bzw. der angefochtene Bescheid gegen Art. 49 EG verstößt, ist diesen Ausführungen zu entgegnen, dass das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG und die dieses Verbot konkretisierenden Artikel, hier insbesondere die Dienstleistungsfreiheit, die Beseitigung aller Maßnahmen zum Ziele haben, die auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats strenger behandeln oder sie gegenüber eigenen Staatsangehörigen, die sich in derselben Lage befinden, rechtlich oder tatsächlich benachteiligen (vgl. EuGH vom 14. Februar 1995, C- 279/93, Schumacker, sowie mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2006, 2006/14/0109). Für eine solche steuerliche Diskriminierung fehlt im Beschwerdefall jeder Anhaltspunkt, sodass der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass sieht, diesbezüglich eine Anfrage gemäß Art. 234 EG an den EuGH zu richten.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 19. September 2007
Gerichtsentscheidung
EuGH 61993J0279 Schumacker VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007130071.X00Im RIS seit
16.10.2007Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011