Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Wittmann-Tiwald als Vorsitzende, den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Sonntag und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Fabian in der Rechtssache der klagenden Partei *****, Angestellte, *****, *****, vertreten durch Dr.Ernst Blasl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei *****, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des *****, zuletzt *****, *****, wegen Herausgabe (Streitwert EUR 11.000,--), hier: wegen Kosten des Abwesenheitskurators *****, infolge des Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10.3.2006, 5 Cg 24/05v-36, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Kostenbestimmungsantrag des Abwesenheitskurators Rechtsanwalt ***** vom 8.3.2006 (ON 33) abgewiesen wird.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit der beim Erstgericht am 2.2.2005 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom nunmehrigen Gemeinschuldner die Herausgabe einer näher beschriebenen Kutsche.
Das Erstgericht trug mit Beschluss vom selben Tag dem damaligen Beklagten die Erstattung einer Klagebeantwortung binnen vier Wochen auf (ON 2).
Da eine Klagebeantwortung nicht einlangte, beantragte die Klägerin die Erlassung eines Versäumungsurteiles (ON 3), welches das Erstgericht am 22.3.2005 erließ (ON 4).
Dieses Versäumungsurteil konnte dem damaligen Beklagten nicht zugestellt werden, da er laut Angabe einer Mitbewohnerin verzogen war (ON 5).
Die Klägerin beantragte zunächst mit Zustellantrag ON 7, das Versäumungsurteil dem damaligen Beklagten an einer näher bezeichneten Firmenadresse zuzustellen, wo er allerdings laut Mitteilung des Unternehmens schon ein halbes Jahr lang nicht mehr beschäftigt war (ON 8).
Mit Antrag vom 25.4.2005 beantragte die Klägerin die Bestellung eines Abwesenheitskurators für den damaligen Beklagten (ON 9). Das Erstgericht übermittelte den Akt dem BG Leopoldstadt zur Entscheidung über diesen Antrag (ON 12).
Mit Beschluss vom 8.8.2005 bestellte das BG Leopoldstadt Rechtsanwalt ***** zum Abwesenheitskurator des damaligen Beklagten zur Vertretung im vorliegenden Verfahren "zur Zustellung des Versäumungsurteiles und im anschließenden Exekutionsverfahren" (ON 15).
Mit Verfügung vom 11.8.2005 verfügte das Erstgericht die Zustellung unter anderem einer Ausfertigung des Versäumungsurteiles ON 4 an den bestellten Abwesenheitskurator (ON 16).
Der Abwesenheitskurator erhob Widerspruch gegen das Versäumungsurteil (ON 17).
Die Klägerin erklärte mit Antrag vom 24.8.2005 (ON 20), sie habe nunmehr eine Anschrift des damaligen Beklagten in Erfahrung gebracht, unter welcher er ein Fiakerunternehmen betreibe. Unter einem beantragte sie die Enthebung des Abwesenheitskurators. Der Abwesenheitskurator führte im Schriftsatz ON 22 zusammengefasst aus, der Aufenthalt des damaligen Beklagten sei nach wie vor unbekannt, und erstattete Vorbringen in der Sache selbst. Das Erstgericht führte am 24.1.2006 und 7.2.2006 mündliche Streitverhandlungen durch, an denen der Abwesenheitskurator als Vertreter des damaligen Beklagten teilnahm und in denen auch Beweisaufnahmen durchgeführt wurden (ON 26 und 29). Mit Schriftsatz vom 8.3.2006 (ON 33) gab der Abwesenheitskurator bekannt, dass er "soeben erfahren habe", dass über das Vermögen des damaligen Beklagten seit 1.8.2005 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei. Unter einem beantragte er die Bestimmung der Kosten für sein bisherigen Einschreiten mit EUR 1.840,40 und legte eine Kostennote bei.
Aus der Insolvenzdatei ergibt sich, dass über das Vermögen des damaligen Beklagten mit Beschluss vom 1.8.2005 zu 68 S 14/05x des BG Innere Stadt Wien das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und Rechtsanwalt *****, der nunmehrige Beklagte, zum Masseverwalter bestellt wurde. Eine Eigenverwaltung des Schuldners liegt nicht vor (ON 34).
Mit Beschluss vom 10.3.2006 (ON 35) stellte das Erstgericht fest, dass das Verfahren seit 2.8.2005 unterbrochen sei und erklärte das seit diesem Tag durchgeführte Verfahren für nichtig. Die Klägerin sprach sich in ihrer Eingabe ON 38 gegen die Bestimmung der Kuratorkosten aus, dies ohne weitere Begründung. Mit Beschluss vom 23.3.2006 ON 40 wurde die Bezeichnung der beklagten Partei auf den nunmehrigen Beklagten berichtigt.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Kosten des Abwesenheitskurators antragsgemäß mit EUR 1.840,40 und verpflichtete die Klägerin zur Bezahlung dieser Kosten binnen 14 Tagen an den Abwesenheitskurator. Die von diesem verzeichneten Kosten seien zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Abwesenheitskurator für seine Tätigkeit keine Kosten zugesprochen werden.
Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt, der Kurator beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben (ON 43). Der Rekurs ist berechtigt.
Der vorliegende Rekurs ist trotz der vom Erstgericht mit Beschluss ON 35 verfügten Unterbrechung des Verfahrens auch zulässig, weil trotz der Unterbrechung Entscheidungen, die in sogenannten Nebenverfahren ergehen, wie z.B. auch die Bestimmung der Kuratorkosten, zulässigerweise gefasst werden dürfen. Derartige, trotz Unterbrechung zulässige Entscheidungen, dürfen während des Stillstandes auch zugestellt werden. Diesfalls beginnt die Rechtsmittelfrist mit der Zustellung, ein Rechtsmittel ist trotz aufrechter Unterbrechung zu behandeln (vgl. Fink in Fasching/Konecny² II/2 § 163 ZPO Rz 10 mwN). In ihren Rekursausführungen verweist die Klägerin zusammengefasst darauf, dass das gesamte vom Abwesenheitskurator geführte Verfahren für nichtig erklärt worden sei. Die Prozesshandlungen des Kurators seien damit weder notwendig noch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen. Es wäre Sache des bestellten Kurators gewesen, nach seiner Bestellung Nachforschungen über den Aufenthalt des damaligen Beklagten durchzuführen, dazu gehöre auch die Einsicht in die Insolvenzdatei.Der vorliegende Rekurs ist trotz der vom Erstgericht mit Beschluss ON 35 verfügten Unterbrechung des Verfahrens auch zulässig, weil trotz der Unterbrechung Entscheidungen, die in sogenannten Nebenverfahren ergehen, wie z.B. auch die Bestimmung der Kuratorkosten, zulässigerweise gefasst werden dürfen. Derartige, trotz Unterbrechung zulässige Entscheidungen, dürfen während des Stillstandes auch zugestellt werden. Diesfalls beginnt die Rechtsmittelfrist mit der Zustellung, ein Rechtsmittel ist trotz aufrechter Unterbrechung zu behandeln vergleiche Fink in Fasching/Konecny² II/2 Paragraph 163, ZPO Rz 10 mwN). In ihren Rekursausführungen verweist die Klägerin zusammengefasst darauf, dass das gesamte vom Abwesenheitskurator geführte Verfahren für nichtig erklärt worden sei. Die Prozesshandlungen des Kurators seien damit weder notwendig noch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen. Es wäre Sache des bestellten Kurators gewesen, nach seiner Bestellung Nachforschungen über den Aufenthalt des damaligen Beklagten durchzuführen, dazu gehöre auch die Einsicht in die Insolvenzdatei.
Diesen Ausführungen ist beizupflichten.
Gemäß § 10 ZPO hat die Partei, durch deren Prozesshandlung die Bestellung oder Mitwirkung des Kurators veranlasst wurde, unbeschadet eines ihr etwa zustehenden Ersatzanspruches, die durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten (§ 41) eines vom Prozessgericht oder von einem anderen Gericht bestellten Kurators zu bestreiten.Gemäß Paragraph 10, ZPO hat die Partei, durch deren Prozesshandlung die Bestellung oder Mitwirkung des Kurators veranlasst wurde, unbeschadet eines ihr etwa zustehenden Ersatzanspruches, die durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten (Paragraph 41,) eines vom Prozessgericht oder von einem anderen Gericht bestellten Kurators zu bestreiten.
Die Beurteilung, ob die prozessualen Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dienen, ist nicht nach einem subjektiven Maßstab, sondern objektiv dahingehend vorzunehmen, ob die Prozesshandlungen des Kurators an sich geeignet sind, das Prozessziel zu erreichen und im Interesse des Vertreters gelegen sind. Dabei sind die Grundsätze, die die Lehre und Rechtsprechung zu § 41 ZPO entwickelt haben, anwendbar. Bei der Prüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ist stets auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung abzustellen (vgl. Rassi, Die Kosten das Abwesenheitskurators im Zivilprozess, RZ 1997, 236 mwN).Die Beurteilung, ob die prozessualen Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dienen, ist nicht nach einem subjektiven Maßstab, sondern objektiv dahingehend vorzunehmen, ob die Prozesshandlungen des Kurators an sich geeignet sind, das Prozessziel zu erreichen und im Interesse des Vertreters gelegen sind. Dabei sind die Grundsätze, die die Lehre und Rechtsprechung zu Paragraph 41, ZPO entwickelt haben, anwendbar. Bei der Prüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ist stets auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung abzustellen vergleiche Rassi, Die Kosten das Abwesenheitskurators im Zivilprozess, RZ 1997, 236 mwN).
Die Frage der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten ist immer ex ante, keinesfalls aber vom Standpunkt eines nachträglichen Beobachters aus zu betrachten. Dass eine kostenverursachende Parteihandlung schließlich erfolglos war, kann vielfach ein Indiz für ihre Unzweckmäßigkeit sein, allein aber zur Begründung für eine Kostenabweisung nicht ausreichen (vgl. Bydlinski in Fasching/Konecny² II/1, § 41 ZPO Rz 20 mwN).Die Frage der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten ist immer ex ante, keinesfalls aber vom Standpunkt eines nachträglichen Beobachters aus zu betrachten. Dass eine kostenverursachende Parteihandlung schließlich erfolglos war, kann vielfach ein Indiz für ihre Unzweckmäßigkeit sein, allein aber zur Begründung für eine Kostenabweisung nicht ausreichen vergleiche Bydlinski in Fasching/Konecny² II/1, Paragraph 41, ZPO Rz 20 mwN).
Im vorliegenden Fall waren die Prozesshandlungen des Abwesenheitskurators von vornherein objektiv nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet, weil das Verfahrens bereits unterbrochen war. Schon aus diesem Grund scheidet ein Anspruch des Abwesenheitskurators auf Ersatz der Kosten durch die Rekurswerberin aus, dies unabhängig von der Frage, ob den Abwesenheitskurator an der früheren Nichteinholung eines Auszuges aus der Insolvenzdatei ein Verschulden trifft.
Ergänzend ist jedoch auszuführen, dass es für den bestellten Abwesenheitskurator naheliegend gewesen wäre, eine Einsicht in die Insolvenzdatei vorzunehmen, zumal zum Pflichtenkreis des Abwesenheitskurators auch zählt, den Aufenthaltsort nach Möglichkeit ausfindig zu machen und Informationen zu beschaffen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung des Abwesenden erforderlich sind (MietSlg. 51.628). Gerade öffentliche Register stellen eine einfache und jederzeit zu benützende Informationsquelle dar.
Inwieweit die Nichtdurchführung von Erhebungen in der Insolvenzdatei auch der Klägerin zum Vorwurf gemacht werden kann, ist im Kostenbestimmungsstreit zwischen dem Kurator und dem Prozessgegner nicht maßgeblich.
Dem Rekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Kostenbestimmungsantrag des Kurators abgewiesen wird.
Im Kostenbestimmungsverfahren betreffend die Kuratorkosten sind dem obsiegenden Rekurswerber keine Kosten zuzusprechen, weil der Kurator selbst und die Gegenpartei zueinander nicht im unmittelbaren Parteienverhältnis des Zivilprozesses stehen (vgl. Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 10 ZPO Rz 16 mwN).Im Kostenbestimmungsverfahren betreffend die Kuratorkosten sind dem obsiegenden Rekurswerber keine Kosten zuzusprechen, weil der Kurator selbst und die Gegenpartei zueinander nicht im unmittelbaren Parteienverhältnis des Zivilprozesses stehen vergleiche Schubert in Fasching/Konecny² II/1 Paragraph 10, ZPO Rz 16 mwN).
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO. Ein Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über Kuratorkosten ist immer gemäß § 528 ZPO ausgeschlossen, gleichgültig, ob dies die Höhe oder den Grund der Ersatzverpflichtung betrifft, denn aus § 528 Abs. 273 ZPO ist für den Ausschluss des Revisionsrekurses im Kostenpunkt kein Unterschied zwischen Grund und Höhe der Verpflichtung erkennbar (vgl. Schubert aaO). Oberlandesgericht WienDer Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO. Ein Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über Kuratorkosten ist immer gemäß Paragraph 528, ZPO ausgeschlossen, gleichgültig, ob dies die Höhe oder den Grund der Ersatzverpflichtung betrifft, denn aus Paragraph 528, Absatz 273, ZPO ist für den Ausschluss des Revisionsrekurses im Kostenpunkt kein Unterschied zwischen Grund und Höhe der Verpflichtung erkennbar vergleiche Schubert aaO). Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00576 16R98.06hEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2006:01600R00098.06H.0627.000Dokumentnummer
JJT_20060627_OLG0009_01600R00098_06H0000_000