TE OGH 2006/6/29 2Ob35/05v

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Veröffentlicht am 29.06.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Evelyne K*****, vertreten durch Estermann & Partner KEG, Rechtsanwälte in Mattighofen, gegen die beklagten Parteien 1. Martin N*****, 2. Christa S*****, und 3. Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, alle vertreten durch Mag. Erich Gratz, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 47.977,08 und Feststellung (Streitwert EUR 3.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2004, GZ 3 R 201/04f-36, womit das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 11. August 2004, GZ 1 Cg 51/03b-26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 301,19 (darin enthalten EUR 50,20 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.985,66 (darin EUR 1.220,15 Barauslagen und EUR 127,59 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde am 22. 5. 2002 bei einem vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Sie erlitt eine Brustkorbprellung, eine Prellung der Bauchdecke und des Beckenkammes rechts, eine Abschürfung am rechten Kniegelenk, eine Trümmerfraktur der Kniescheibe rechts, eine Distorsion des rechten Sprunggelenkes, einen knöchernen Bandausriss im Bereich des Daumengrundgelenkes rechts sowie eine Prellung der Fingergrundgelenke II und II rechts mit möglicher Kapselläsion. Die Behandlung erfolgte stationär im Krankenhaus Braunau zwischen dem 22. 5. und dem 7. 6. 2002. Dabei wurde eine offene Reposition und Stabilisierung der Patella-Trümmerfraktur durchgeführt. Der Daumen wurde zunächst ruhiggestellt und am 27. 5. 2002 unfallchirurgisch versorgt. Danach erfolgte wieder eine Ruhigstellung des Daumens durch Schiene bzw. Gipsverband. Ebenso wurde auch das Kniegelenk postoperativ in einem Gipsverband ruhiggestellt, der am 28. 5. 2002 abgenommen wurde. Eine weitere Stabilisierung des Kniegelenkes wurde durch eine spezielle Schiene unterstützt; letztlich wurde die Klägerin mit zwei Stützkrücken mobilisiert. Weiters wurden heilgymnastische Übungen empfohlen bzw. angeordnet. Während der ambulanten Betreuung im Krankenhaus Braunau erfolgte auch eine ambulante Therapie im Reha-Zentrum Aspach. Die Kniegelenksbeweglichkeit konnte dadurch allmählich gebessert werden. Anlässlich eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus Braunau vom 5. 8. bis 9.8. 2002 wurde ein Teil des Osteosynthesematerials aus dem Kniegelenk entfernt. In der Zeit vom 20. 8. bis 10. 9. 2002 befand sich die Klägerin im Reha-Zentrum Aspach. Sie war insgesamt 27 Tage in stationärer Behandlung im Krankenhaus Braunau und 21 Tage in stationärer Behandlung im Reha-Zentrum Aspach. Für die Behandlung im Reha-Zentrum Aspach sowie für Ambulanzgebühren und eine Behandlung bei einem Orthopäden in Ried im Innkreis musste die Klägerin EUR 8.324,30 bezahlen.Die Klägerin wurde am 22. 5. 2002 bei einem vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Sie erlitt eine Brustkorbprellung, eine Prellung der Bauchdecke und des Beckenkammes rechts, eine Abschürfung am rechten Kniegelenk, eine Trümmerfraktur der Kniescheibe rechts, eine Distorsion des rechten Sprunggelenkes, einen knöchernen Bandausriss im Bereich des Daumengrundgelenkes rechts sowie eine Prellung der Fingergrundgelenke römisch II und römisch II rechts mit möglicher Kapselläsion. Die Behandlung erfolgte stationär im Krankenhaus Braunau zwischen dem 22. 5. und dem 7. 6. 2002. Dabei wurde eine offene Reposition und Stabilisierung der Patella-Trümmerfraktur durchgeführt. Der Daumen wurde zunächst ruhiggestellt und am 27. 5. 2002 unfallchirurgisch versorgt. Danach erfolgte wieder eine Ruhigstellung des Daumens durch Schiene bzw. Gipsverband. Ebenso wurde auch das Kniegelenk postoperativ in einem Gipsverband ruhiggestellt, der am 28. 5. 2002 abgenommen wurde. Eine weitere Stabilisierung des Kniegelenkes wurde durch eine spezielle Schiene unterstützt; letztlich wurde die Klägerin mit zwei Stützkrücken mobilisiert. Weiters wurden heilgymnastische Übungen empfohlen bzw. angeordnet. Während der ambulanten Betreuung im Krankenhaus Braunau erfolgte auch eine ambulante Therapie im Reha-Zentrum Aspach. Die Kniegelenksbeweglichkeit konnte dadurch allmählich gebessert werden. Anlässlich eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus Braunau vom 5. 8. bis 9.8. 2002 wurde ein Teil des Osteosynthesematerials aus dem Kniegelenk entfernt. In der Zeit vom 20. 8. bis 10. 9. 2002 befand sich die Klägerin im Reha-Zentrum Aspach. Sie war insgesamt 27 Tage in stationärer Behandlung im Krankenhaus Braunau und 21 Tage in stationärer Behandlung im Reha-Zentrum Aspach. Für die Behandlung im Reha-Zentrum Aspach sowie für Ambulanzgebühren und eine Behandlung bei einem Orthopäden in Ried im Innkreis musste die Klägerin EUR 8.324,30 bezahlen.

Die Klägerin begehrte - neben nicht mehr streitgegenständlichen Forderungen - unter anderem den Ersatz der Rehabilitations- und Behandlungskosten. Sie stellte ein Leistungsbegehren auf Zahlung von EUR 47.977,08 sA und erhob auch ein Feststellungsbegehren.

Sie führte dazu - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - aus, die Behandlung im Reha-Zentrum Aspach sei notwendig gewesen, weil dort die Behandlung weitgehend in ambulanter Form möglich gewesen sei. Die Kosten einer Behandlung im Reha-Zentrum Bad Häring in Tirol wären bei weitem höher gewesen als die tatsächlichen. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, eine mehrwöchige, nicht notwendigerweise stationäre Behandlung über sich ergehen zu lassen.

Die Beklagten wendeten dagegen ein, die Kosten der Behandlung im Reha-Zentrum seien von ihnen nicht zu ersetzen, weil es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, ein Reha-Zentrum der AUVA aufzusuchen, sodass die Kosten von der AUVA gedeckt worden wären. Die Klägerin sei verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit dem Teilbetrag von EUR 33.090,75 sA und dem Feststellungsbegehren statt und wies ein Mehrbegehren von EUR 14.886,33 sA ab.

Es führte aus, zu den vom Schädiger zu ersetzenden Heilungskosten gehörten auch die Kosten einer Rehabilitation. Selbst wenn hier die Rehabilitation im Rahmen einer von der AUVA bereitgestellten Einrichtung zB in Bad Häring möglich gewesen wäre, seien die Kosten der Rehabilitationsmaßnahmen in Aspach zu ersetzen, weil die Klägerin hinreichende Gründe dargelegt habe, warum dieses und nicht ein weiter entferntes Therapiezentrum in Anspruch genommen habe. Die Beklagten seien im Übrigen im Rahmen des Regresses verpflichtet gewesen, die Unterbringungs- und Behandlungskosten zB in Bad Häring zu ersetzen. Es sei nicht unter Beweis gestellt worden, dass diese dort geringer gewesen wären. Der Klägerin sei kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorzuwerfen.

Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht gab lediglich der Berufung der Beklagten teilweise Folge und wies ein weiteres Leistungsbegehren von EUR 8.204,30 (Rehabilitationskosten) ab.

Es führte dazu aus, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liege nicht vor, wenn der Geschädigte es unterlasse, Sozialleistungen oder solche der Sozialversicherung in Anspruch zu nehmen, doch verliere der Geschädigte in demselben Ausmaß, in dem sein Schaden durch die Leistungspflicht des Legalzessionars gedeckt sei, die Aktivlegitimation gegenüber dem Schädiger. Das Fehlen der Aktivlegitimation infolge einer Legalzession zu Gunsten des Sozialversicherungsträgers sei zwar im Direktprozess des Geschädigten gegen den ersatzpflichtigen Schädiger nicht von Amts wegen, sondern als Frage des materiellen Rechts nur auf Grund einer Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen; er habe Tatsachen vorzubringen, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergebe. Die Beklagten hätten hier vorgebracht, dass es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, ein Reha-Zentrum der AUVA aufzusuchen, weshalb diese Kosten jedenfalls gedeckt gewesen wären. Die Klägerin habe selbst zugestanden, dass die AUVA die Kosten der Rehabilitation in einem Reha-Zentrum der AUVA übernommen hätte. Rehabilitationsleistungen des Sozialversicherungsträgers seien keine freiwilligen Leistungen, sondern Pflichtleistungen, die nach § 332 Abs 1 ASVG den Übergang sachlich und zeitlich kongruenter Ersatzansprüche des Verletzten gegen den Schädiger auf ihn bewirkten. Hinreichende Gründe für die Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistungen außerhalb eines Reha-Zentrums der AUVA seien nicht hervorgekommen. Der Klägerin sei der Aufenthalt in einem Zentrum der AUVA zumutbar gewesen. Es fehle der Klägerin insoweit an der Aktivlegitimation.Es führte dazu aus, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liege nicht vor, wenn der Geschädigte es unterlasse, Sozialleistungen oder solche der Sozialversicherung in Anspruch zu nehmen, doch verliere der Geschädigte in demselben Ausmaß, in dem sein Schaden durch die Leistungspflicht des Legalzessionars gedeckt sei, die Aktivlegitimation gegenüber dem Schädiger. Das Fehlen der Aktivlegitimation infolge einer Legalzession zu Gunsten des Sozialversicherungsträgers sei zwar im Direktprozess des Geschädigten gegen den ersatzpflichtigen Schädiger nicht von Amts wegen, sondern als Frage des materiellen Rechts nur auf Grund einer Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen; er habe Tatsachen vorzubringen, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergebe. Die Beklagten hätten hier vorgebracht, dass es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, ein Reha-Zentrum der AUVA aufzusuchen, weshalb diese Kosten jedenfalls gedeckt gewesen wären. Die Klägerin habe selbst zugestanden, dass die AUVA die Kosten der Rehabilitation in einem Reha-Zentrum der AUVA übernommen hätte. Rehabilitationsleistungen des Sozialversicherungsträgers seien keine freiwilligen Leistungen, sondern Pflichtleistungen, die nach Paragraph 332, Absatz eins, ASVG den Übergang sachlich und zeitlich kongruenter Ersatzansprüche des Verletzten gegen den Schädiger auf ihn bewirkten. Hinreichende Gründe für die Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistungen außerhalb eines Reha-Zentrums der AUVA seien nicht hervorgekommen. Der Klägerin sei der Aufenthalt in einem Zentrum der AUVA zumutbar gewesen. Es fehle der Klägerin insoweit an der Aktivlegitimation.

Die Klägerin beantragt in ihrer außerordentlichen Revision die Wiederherstellung des Ersturteils.

Die Beklagten beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage zwar richtig wiedergegeben, aber im konkreten Fall unrichtig angewendet hat. Sie ist auch berechtigt.

Zu den Heilungskosten gehört jeder Aufwand, der zur Verbesserung des Zustandes erforderlich ist (vgl Danzl in KBB, § 1325 ABGB Rz 3 mwN). Daher sind auch die Kosten der Rehabilitation im Rahmen des § 1325 ABGB (§ 13 Z 1 EKHG) als Heilungskosten zu ersetzen.Zu den Heilungskosten gehört jeder Aufwand, der zur Verbesserung des Zustandes erforderlich ist vergleiche Danzl in KBB, § 1325 ABGB Rz 3 mwN). Daher sind auch die Kosten der Rehabilitation im Rahmen des § 1325 ABGB (§ 13 Z 1 EKHG) als Heilungskosten zu ersetzen.

Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend darauf verwiesen, dass der Geschädigte seine Aktivlegitimation in dem Ausmaß verliert, in dem sein Schaden durch die Leistungspflicht des Legalzessionars gedeckt ist (RIS-Justiz RS0035295). Geht bei der Entstehung der Leistungspflicht bzw bei Erbringung von Leistungen durch den Sozialversicherungsträger die Rechtszuständigkeit bezüglich des Ersatzanspruches auf diesen über, so stellt sich weder die Frage der Schadensminderungspflicht noch die der Vorteilsanrechnung (SZ 67/135). Das Fehlen der aktiven Klagslegitimation infolge einer Legalzession zu Gunsten des Sozialversicherungsträgers ist aber im Direktprozess gegen den ersatzpflichtigen Schädiger nicht von Amts wegen, sondern als Frage des materiellen Rechtes nur auf Grund einer Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen: er hat Tatsachen vorzubringen, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (RIS-Justiz RS0084869; 6 Ob 260/03h).

Hier haben die Beklagten den Mangel der Aktivlegitimation nicht eingewendet, sondern lediglich in Richtung der Schadensminderungspflicht vorgebracht, der Klägerin sei ein Aufenthalt in einem Reha-Zentrum der AUVA zumutbar gewesen. Damit wurde kein hinreichendes Tatsachensubstrat dargetan, das auf einen Mangel der aktiven Klagslegitimation hindeuten würde.

Daher schlägt der vom Berufungsgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht durch. Auf den Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht kommen die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung nicht mehr zurück („... nicht Thema").

Es war sohin die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Im Berufungsverfahren sind beide Berufungen erfolglos geblieben, weshalb jeweils die Kosten der Berufungsbeantwortung der Gegenseite zu ersetzen sind.

Textnummer

E81454

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0020OB00035.05V.0629.000

Im RIS seit

29.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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