Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juli 2006 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Elsayed A***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. Jänner 2006, GZ 8 Hv 123/05k-37, sowie über die Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juli 2006 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Elsayed A***** wegen der Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall, Absatz 3, erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. Jänner 2006, GZ 8 Hv 123/05k-37, sowie über die Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 4, StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem schuldigsprechenden Teil und damit auch im Strafausspruch sowie im Umfang des Widerrufsbeschlusses aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen (eine idealkonkurrierende strafbare Handlung betreffenden, daher verfehlten) Freispruch umfassenden Urteil wurde Elsayed A***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG (I.) und der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II.) schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen (eine idealkonkurrierende strafbare Handlung betreffenden, daher verfehlten) Freispruch umfassenden Urteil wurde Elsayed A***** der Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall, Absatz 3, erster Fall SMG sowie der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, sechster Fall, Absatz 2, Ziffer 2, erster Fall SMG (römisch eins.) und der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG (römisch II.) schuldig erkannt.
Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift
I. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem errömisch eins. in einer großen Menge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er
1. im Zeitraum 2001 bis Sommer 2003 zumindest 5.000 Gramm Haschisch, die er vom Said M***** gekauft hatte, in zahlreichen Angriffen an bislang unbekannte Personen gewinnbringend weiterverkaufte;
2. im Zeitraum Oktober 2004 bis Juni 2005 in zwei Angriffen an Volker V***** drei Gramm Marihuana und drei Gramm Haschisch gewinnbringend verkaufte;
II. erworben und besessen, indem er im Zeitraum 1991 bis Juni 2005 mit Ausnahme der im Verfahren 8 Vr 3165/98 (des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) angeführten Mengen weitere unbekannte Mengen Haschisch, Marihuana, Kokain und Heroin in zahlreichen Angriffen von Said M***** und anderen Personen kaufte und in der Folge konsumierte.römisch II. erworben und besessen, indem er im Zeitraum 1991 bis Juni 2005 mit Ausnahme der im Verfahren 8 römisch fünf r 3165/98 (des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) angeführten Mengen weitere unbekannte Mengen Haschisch, Marihuana, Kokain und Heroin in zahlreichen Angriffen von Said M***** und anderen Personen kaufte und in der Folge konsumierte.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten erhobenen und auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer zeigt in der Mängelrüge (Z 5) zutreffend auf, dass die vom Erstgericht getroffene Feststellung unbegründet blieb, wonach das von Elsayed A***** in Verkehr gesetzte Suchtgift zumindest Straßenqualität hatte (US 6), wobei von einem durchschnittlichen und häufig vorkommenden Reinheitsgrad von zumindest 10 % auszugehen sei (US 9). Der Hinweis des Schöffengerichtes, wonach bei Haschisch ein Reinheitsgrad an THC des gehandelten Suchtmittels von zumindest 10 % „häufig" vorkomme (US 9), ist eine bloße Behauptung, zumal entsprechende Belege für diese Annahme nicht genannt werden. Selbst die Richtigkeit dieser Aussage ließe für sich allein noch keinen gesicherten Schluss darauf zu, dass auch das vom Angeklagten weitergegebene Haschisch durchschnittlich einen derartigen Reinheitsgehalt aufwies. Dass die vom Beschwerdeführer gehandelten Cannabisprodukte Straßenqualität hatten, weil es niemals „Beanstandungen seitens des Angeklagten oder von dessen Abnehmern" gab (US 6), vermag einen Reinheitsgrad von zumindest 10 % THC des in Verkehr gesetzten Haschischs ebenfalls nicht darzutun, zumal Cannabisprodukte gerichtsnotorisch je nach Erscheinungsform (Harz oder Kraut) einen THC-Gehalt zwischen 0,25 und 12 % aufweisen (vgl Foregger/Litzka/Matzka SMG 528; Keller in Hinterhofer/Rosbaud SMG §§ 1 - 4 Rz 51; zuletzt 12 Os 68/05z hinsichtlich Cannabiskraut). Diese mängelbehafteten Feststellungen des Schöffengerichtes lassen keine rechtlich klare Subsumtion (vgl dazu Kirchbacher/Schroll, RZ 2005, 116, 140 [142 ff]) zum Schuldspruch I. zu, der daher insgesamt aufzuheben war (vgl 14 Os 6/06y).Der vom Angeklagten erhobenen und auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5,, 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer zeigt in der Mängelrüge (Ziffer 5,) zutreffend auf, dass die vom Erstgericht getroffene Feststellung unbegründet blieb, wonach das von Elsayed A***** in Verkehr gesetzte Suchtgift zumindest Straßenqualität hatte (US 6), wobei von einem durchschnittlichen und häufig vorkommenden Reinheitsgrad von zumindest 10 % auszugehen sei (US 9). Der Hinweis des Schöffengerichtes, wonach bei Haschisch ein Reinheitsgrad an THC des gehandelten Suchtmittels von zumindest 10 % „häufig" vorkomme (US 9), ist eine bloße Behauptung, zumal entsprechende Belege für diese Annahme nicht genannt werden. Selbst die Richtigkeit dieser Aussage ließe für sich allein noch keinen gesicherten Schluss darauf zu, dass auch das vom Angeklagten weitergegebene Haschisch durchschnittlich einen derartigen Reinheitsgehalt aufwies. Dass die vom Beschwerdeführer gehandelten Cannabisprodukte Straßenqualität hatten, weil es niemals „Beanstandungen seitens des Angeklagten oder von dessen Abnehmern" gab (US 6), vermag einen Reinheitsgrad von zumindest 10 % THC des in Verkehr gesetzten Haschischs ebenfalls nicht darzutun, zumal Cannabisprodukte gerichtsnotorisch je nach Erscheinungsform (Harz oder Kraut) einen THC-Gehalt zwischen 0,25 und 12 % aufweisen vergleiche Foregger/Litzka/Matzka SMG 528; Keller in Hinterhofer/Rosbaud SMG Paragraphen eins, - 4 Rz 51; zuletzt 12 Os 68/05z hinsichtlich Cannabiskraut). Diese mängelbehafteten Feststellungen des Schöffengerichtes lassen keine rechtlich klare Subsumtion vergleiche dazu Kirchbacher/Schroll, RZ 2005, 116, 140 [142 ff]) zum Schuldspruch römisch eins. zu, der daher insgesamt aufzuheben war vergleiche 14 Os 6/06y).
Zu Recht rügt der Rechtsmittelwerber überdies, dass der Ausschluss der Begünstigung iSd § 28 Abs 3 letzter Satz SMG von den Tatrichtern offenbar unzureichend begründet wurde. Zum einen stützte das Erstgericht diese negative Feststellung darauf, dass Elsayed A***** keinen „größeren Eigenkonsum" zu verzeichnen hatte (US 10), zum anderen darauf, dass es dem Angeklagten darum ging, höchstmögliche Gewinne zu erzielen, indem er mit fünf Euro pro Gramm Gewinnaufschlag das seinerseits um fünf Euro bezogene Suchtgift weiterverkaufte (US 10). Das Schöffengericht ging andererseits davon aus, dass der Angeklagte durchgehend während des gesamten Deliktszeitraumes regelmäßig Suchtgift, und zwar Haschisch, Marihuana, Heroin und Kokain in jeweils unbekannten Mengen konsumierte (US 6). Mangels entsprechender Konstatierungen zum Eigenbedarf kann jedoch selbst bei einer angestrebten und auch erzielten Gewinnmarge von 5 Euro pro verkauftem Gramm eine vorwiegende Tatbegehung, um sich die Mittel zur eigenen Suchtbefriedigung zu verschaffen, nicht ausgeschlossen werden. Im zweiten Rechtsgang werden daher auch zu den Privilegierungsvoraussetzungen des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG mängelfreie Feststellungen zu treffen sein.Zu Recht rügt der Rechtsmittelwerber überdies, dass der Ausschluss der Begünstigung iSd Paragraph 28, Absatz 3, letzter Satz SMG von den Tatrichtern offenbar unzureichend begründet wurde. Zum einen stützte das Erstgericht diese negative Feststellung darauf, dass Elsayed A***** keinen „größeren Eigenkonsum" zu verzeichnen hatte (US 10), zum anderen darauf, dass es dem Angeklagten darum ging, höchstmögliche Gewinne zu erzielen, indem er mit fünf Euro pro Gramm Gewinnaufschlag das seinerseits um fünf Euro bezogene Suchtgift weiterverkaufte (US 10). Das Schöffengericht ging andererseits davon aus, dass der Angeklagte durchgehend während des gesamten Deliktszeitraumes regelmäßig Suchtgift, und zwar Haschisch, Marihuana, Heroin und Kokain in jeweils unbekannten Mengen konsumierte (US 6). Mangels entsprechender Konstatierungen zum Eigenbedarf kann jedoch selbst bei einer angestrebten und auch erzielten Gewinnmarge von 5 Euro pro verkauftem Gramm eine vorwiegende Tatbegehung, um sich die Mittel zur eigenen Suchtbefriedigung zu verschaffen, nicht ausgeschlossen werden. Im zweiten Rechtsgang werden daher auch zu den Privilegierungsvoraussetzungen des Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz SMG mängelfreie Feststellungen zu treffen sein.
Im Hinblick auf die Aufhebung des Schuldspruches I. war gemäß § 289 StPO auch der Schuldspruch II. zu beseitigen, weil dessen Zulässigkeit davon abhängt, ob dem Rechtsmittelwerber im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere, über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch (vgl insoweit § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem SMG zur Last liegen würde (vgl 14 Os 26/06i; 14 Os 6/06y; 12 Os 69/04, JBl 2005, 599).Im Hinblick auf die Aufhebung des Schuldspruches römisch eins. war gemäß Paragraph 289, StPO auch der Schuldspruch römisch II. zu beseitigen, weil dessen Zulässigkeit davon abhängt, ob dem Rechtsmittelwerber im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere, über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch vergleiche insoweit Paragraph 35, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 37, SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem SMG zur Last liegen würde vergleiche 14 Os 26/06i; 14 Os 6/06y; 12 Os 69/04, JBl 2005, 599).
Im Zusammenhang mit Schuldspruch II. wird im zweiten Rechtsgang zu beachten sein, dass der Angeklagte im Verfahren 8 Vr 3165/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz mit dortigem Urteil vom 6. Oktober 1999 wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 (erster und zweiter Fall) SMG schuldig erkannt worden war, weil er „im Zeitraum Februar 1989 bis 10. November 1998 Heroin, Kokain, Cannabisprodukte, LSD-Trips, Ecstasy-Tabletten und Amphetamine in insgesamt nicht näher bekannten Mengen konsumierte" (dortige ON 83). Der vom nunmehrigen Schuldspruch II. gleichfalls erfasste Zeitraum von 1991 bis 10. November 1998 betrifft angesichts des vorgeworfenen Erwerbs und Besitzes von Suchtgift dieselbe Tat, derentwillen der Angeklagte bereits rechtskräftig abgeurteilt wurde. Insoweit liegt daher ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vor.Im Zusammenhang mit Schuldspruch römisch II. wird im zweiten Rechtsgang zu beachten sein, dass der Angeklagte im Verfahren 8 römisch fünf r 3165/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz mit dortigem Urteil vom 6. Oktober 1999 wegen des Vergehens nach Paragraph 27, Absatz eins, (erster und zweiter Fall) SMG schuldig erkannt worden war, weil er „im Zeitraum Februar 1989 bis 10. November 1998 Heroin, Kokain, Cannabisprodukte, LSD-Trips, Ecstasy-Tabletten und Amphetamine in insgesamt nicht näher bekannten Mengen konsumierte" (dortige ON 83). Der vom nunmehrigen Schuldspruch römisch II. gleichfalls erfasste Zeitraum von 1991 bis 10. November 1998 betrifft angesichts des vorgeworfenen Erwerbs und Besitzes von Suchtgift dieselbe Tat, derentwillen der Angeklagte bereits rechtskräftig abgeurteilt wurde. Insoweit liegt daher ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vor.
Auf die weiteren Beschwerdeausführungen war somit nicht mehr weiter einzugehen.
Mit seiner Berufung und Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens iSd § 390a Abs 1 StPO zur Last (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7).Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach Paragraph 389, StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens iSd Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO zur Last (Lendl, WK-StPO Paragraph 390 a, Rz 7).
Anmerkung
E81557 13Os56.06vEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:0130OS00056.06V.0712.000Dokumentnummer
JJT_20060712_OGH0002_0130OS00056_06V0000_000