TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/19 2006/08/0252

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Veröffentlicht am 19.09.2007
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1 Z1 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des F B in L, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 25. Juli 2006, Zl. LGSOÖ/Abt.4/05660518/2006-0, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Akt befindet sich ein mit dem Beschwerdeführer vereinbarter Betreuungsplan der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 25. April 2006. Darin wird

u. a. ausgeführt, dass das Arbeitsmarktservice den Beschwerdeführer beim Überwinden von Hindernissen bei der Vermittlung in Form des Kurses "Employmentpool" unterstütze.

Des Weiteren findet sich im Akt ein (durchgestrichener) Computerausdruck vom 25. April 2006, der jedoch nicht vollständig abgedruckt ist. Daraus geht hervor, dass mit dem Beschwerdeführer vereinbart wurde, dass er an dem Kurs "Employmentpool" teilnehme, wobei als Kursbeginn der 8. Mai 2006 und als Ende der 7. Juni 2005 (richtig wohl: 2006) vorgesehen sei. Dazu wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Alternativen zur herkömmlichen Bewerbungsstrategie (z.B. das Auffinden von nicht ausgeschriebenen Stellen) entwickeln und die Möglichkeit erhalten werde, seine eigeninitiative Arbeitssuche und seine Bewerbungsunterlagen zu optimieren. Mit der bestmöglichen Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche werde eine möglichst kurze Dauer der Arbeitslosigkeit unterstützt.

Ebenfalls im Akt ist ein Informationsblatt des Vereins zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB) über das "Reno EmploymentPool Einstiegsmodul". Voraussetzung für die Teilnahme sei eine "Einladung des AMS Traun". Darin finden sich unter anderem folgende Passagen:

"Der Projektverbund Reno-EmploymentPool umfasst eine breite Palette an Beschäftigungsmöglichkeiten in eigenen Reno-Projekten in den Bereichen

-

Bau

-

Malerei

-

Dienstleistungen (von Reinigung, Wäsche- und Bügelservice bis Gartenarbeiten) und

-

Gastronomie.

Abgerundet wird der Projektverbund durch

- Supported Work

eine Form des Integrationsleasing mit der Zielsetzung der Arbeitsaufnahme

Vor der Aufnahme als Transitarbeitskraft in einem unserer Projekte steht die Teilnahme am Reno-EmploymentPool Einstiegsmodul. In diesem einmonatigen Modul (das bei Bedarf, wie z. B. längere Krankenstände o.ä., auf drei Monate verlängert werden kann) erwarten Sie folgende Inhalte:

-

Potentialanalyse

-

Kommunikationstraining

-

Zielarbeit

-

Bewerbungstraining

-

Projekt- bzw. Betriebspraktika

...

Am Ende des Einstiegsmodules steht die Aufnahme in einem unserer Projekte des Projektverbundes Reno-EmploymentPool (ein auf maximal 12 Monate befristetes Regeldienstverhältnis als Transitarbeitskraft)

Zielsetzung des Reno-EmploymentPool ist es, Sie bei der Suche nach einer Arbeitsstelle auf dem Regelarbeitsmarkt zu unterstützen. Der nach dem Einstiegsmodul in Aussicht stehende Transitarbeitsplatz verbessert dabei Ihre Ausgangslage und vermittelt Ihnen neue berufliche Aspekte und Qualifikationen."

Am 23. Mai 2006 wurde mit dem Beschwerdeführer vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Niederschrift zum Gegenstand "Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen einer sonst sich bietenden Beschäftigung" aufgenommen. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, am 22. Mai 2006 eine Beschäftigung im Gastroservice beim Dienstgeber FAB Employmentpool aufzunehmen.

Der Beschwerdeführer führte in einer ergänzenden Stellungnahme dazu vom 23. Mai 2006 im Wesentlichen aus, dass die gegenständliche Maßnahme nicht zielführend für einen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt sei. Er sei gelernter Werkzeugmacher. Er habe den Kurs nicht "verweigert", sondern hätte die Maßnahme unbedingt noch bis zum 7. Juni 2006 fertig machen wollen. Er habe eine Woche Kurs gehabt, dann sei ihm ein Praktikum bei der Reno Gastro Oase Service für fünf Arbeitstage zugewiesen worden. Er habe dies angenommen, da er gedacht habe, dass dies Bestandteil des Kurses sei. Nach Beendigung des Praktikums am 19. Mai 2006 sei ihm dann ein Arbeitsvertrag für die Gastronomie in der "Oase" vorgelegt worden, den er abgelehnt habe. Dieser wäre bis 19. Oktober 2006 befristet gewesen. Der Beschwerdeführer sei der Meinung, dass eine derart praxisfremde Tätigkeit in seinem Lebenslauf kein gutes Bild mache. Die Alternativen Reno Bau, Reno Malerei und Reno Dienstleistungscenter, die ihm Herr G. angeboten habe, seien von anderen Kursteilnehmern schon besetzt gewesen. Abgelehnt habe der Beschwerdeführer nur das angebotene Dienstverhältnis in der Malerei, am Bau etc., weil ihm von Herrn G. gesagt worden sei, dass dieses Dienstverhältnis freiwillig sei und nicht verpflichtend. Es sei in der Vorstellungsrunde nämlich erwähnt worden, dass nur Leute aufgenommen würden, die diese Tätigkeit freiwillig machen und sich auch damit identifizieren würden. Der Beschwerdeführer habe die Maßnahme nicht abbrechen wollen. Er habe sogar am 22. Mai 2006 im BFI bei Herrn G. und Frau D. vorgesprochen. Er sei jedoch von beiden darüber informiert worden, dass er vom Reno Employmentpool abgemeldet sei.

Im Akt befindet sich weiters der Abschlussbericht von Reno-EmploymentPool zum "Projekt/Maßnahme Einstiegsmodul Employmentpool (Kurs)", in dem im Wesentlichen ausgeführt wird, dass sich der Beschwerdeführer bereits beim Eintritt in die Kursmaßnahme ablehnend gegenüber einem möglichen Dienstverhältnis im Reno-Employment Pool gezeigt habe. Da zum Kurszeitpunkt in mehreren Projektbereichen Bedarf bestanden habe, sei mit dem Teilnehmer versucht worden, eine für ihn akzeptable Prioritätenreihung zu erarbeiten. Dies sei jedoch vom Beschwerdeführer gänzlich abgelehnt worden. In der Folge sei der Beschwerdeführer für ein einwöchiges Praktikum im Bereich Reno-GastroService vorgesehen gewesen, das er vom 15. bis zum 19. Mai 2006 auch absolviert habe. Bei Beendigung des Praktikums habe er ein Arbeitsangebot mit Beginn 22. Mai 2006 erhalten. Am betreffenden Tag habe der Beschwerdeführer das ihm angebotene Dienstverhältnis verweigert. Im darauffolgenden Einzelgespräch mit dem Trainerteam des Einstiegsmoduls sei ihm darüber hinaus auch ein Dienstverhältnis in den Bereichen Reno Bau/Reno Malerei/Reno Dienstleistungscenter angeboten worden. Diese Möglichkeiten seien jedoch auf noch größere Ablehnung gestoßen. Somit sei der Beschwerdeführer mit letztem Maßnahmetag 19. Mai 2006 vom Einstiegsmodul in Absprache mit dem Arbeitsmarktservice abgemeldet worden.

Ferner findet sich im Akt ein Aktenvermerk des Arbeitsmarktservice zur Niederschrift vom 23. Mai 2006. In diesem wird im Wesentlichen festgehalten, dass mit dem Beschwerdeführer gemeinsam am 25. April 2006 das FAB Employment Pool mit Termin 8. Mai 2006 vereinbart worden sei. Das Einladungsschreiben und ein "Infofolder" über den Kurs seien ihm persönlich übergeben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er auch eingestiegen. Am 19. Mai 2006 sei ein Anruf von Herrn G. vom Employmentpool erfolgt. Dieser habe dem Arbeitsmarktservice mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer ein Angebot über ein Dienstverhältnis ab 22. Mai 2006 bekomme. Es würde auch gegebenenfalls eine Alternative dazu geben. Der Beschwerdeführer habe sich nicht arbeitswillig gezeigt und immer wieder Behauptungen aufgestellt, die nicht stimmten, es seien extreme Aggressionen vorhanden. Am 22. Mai 2006 sei ein Anruf von Herrn B. von FAB erfolgt, wobei dieser mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer sich mehrmals geweigert habe, Dienstverhältnisse in verschiedenen Bereichen des FAB anzunehmen. Zuletzt sei ihm am 19. Mai 2006 ein Dienstverhältnis im Gastroservice mit Beginn 22. Mai 2006 angeboten worden. Dies habe der Beschwerdeführer wiederum abgelehnt. Auf Grund dieser Ablehnungen habe das Kursziel nicht erreicht werden können, weshalb der Beschwerdeführer mit 19. Mai 2006 vom Kurs abgemeldet worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin geweigert, die Kursräumlichkeiten zu verlassen, woraufhin Herr B. gezwungen gewesen sei, den Wachdienst zu informieren.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 9. Juni 2006 wurde der Beschwerdeführer des Anspruches auf Notsandshilfe gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum 22. Mai 2006 bis 2. Juli 2006 verlustig erklärt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Aufnahme einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung verweigert. Triftige Gründe hierfür lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, dass der Einstellung der Notstandshilfe jede gesetzliche Basis fehle. Der Berufung legte der Beschwerdeführer seine schriftliche Stellungnahme vom 23. Mai 2006 bei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer seit 22. Oktober 2005 Notstandshilfe beziehe. Trotz der von ihm früher ausgeübten Tätigkeit als Werkzeugmacher wäre eine Beschäftigung im Servicebereich zumutbar gewesen. Vom 8. Mai 2006 bis 19. Mai 2006 habe er eine "Maßnahme zur Wiedereingliederung (Einstiegsmodul Reno-EmploymentPool) in den Arbeitsmarkt" beim Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung besucht. Gesundheitliche Einschränkungen habe er nicht vorgebracht. Die Beschäftigung wäre mit einer Entlohnung von EUR 967,11 brutto im Monat entsprechend dem Kollektivertrag eines Kellners ohne Lehrabschlussprüfung bis zwei Jahre fachlich einschlägiger Praxis kollektivvertraglich entlohnt worden. Der mögliche Dienstgeber, Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung, habe dem Beschwerdeführer am 22. Mai 2006 einen Arbeitsvertrag zur Aufnahme einer Beschäftigung ab 22. Mai 2006 im Servicebereich im Reno Gastrobetrieb vorgelegt. Diesen Arbeitsvertrag habe der Beschwerdefrührer nicht unterschrieben und daher von einer sonst sich bietenden, zumutbaren Arbeitsmöglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 77/2004 lautet auszugsweise:

"Arbeitswilligkeit

(1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. ...

(3) In den ersten 100 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Vermittlung in eine nicht dem bisherigen Tätigkeitsbereich entsprechende Tätigkeit nicht zumutbar, wenn dadurch eine künftige Beschäftigung im bisherigen Beruf wesentlich erschwert wird. In den ersten 120 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 80 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. In der restlichen Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 75 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. Entfällt im maßgeblichen Bemessungszeitraum mindestens die Hälfte der Beschäftigungszeiten auf Teilzeitbeschäftigungen mit weniger als 75 vH der Normalarbeitszeit, so ist während des Bezuges von Arbeitslosengeld eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens die Höhe des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts erreicht. Der besondere Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen gilt jedoch nur, wenn die arbeitslose Person dem Arbeitsmarktservice Umfang und Ausmaß der Teilzeitbeschäftigungen durch Vorlage von Bestätigungen ehemaliger Arbeitgeber nachgewiesen hat. Ist die Erbringung eines solchen Nachweises mit zumutbaren Bemühungen nicht möglich, so genügt die Glaubhaftmachung.

..."

§ 10 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 77/2004 lautet auszugsweise:

"(1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. ...

...

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen."

Die genannten Bestimmungen gelten gemäß § 38 AlVG für die Notstandshilfe sinngemäß.

Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdefrührer seit 22. Oktober 2005 Notstandshilfe bezieht. Durch die Novelle des AlVG BGBl. I Nr. 77/2004 wurde der Berufs- bzw. Entgeltschutz im § 9 Abs. 3 AlVG für die Dauer des Bezuges von Arbeitslosengeld neu geregelt. Diese Bestimmung kann nicht von der allgemeinen Verweisung in § 38 AlVG erfasst und die in ihr genannten Fristen können nicht sinngemäß auch auf die Notstandshilfe anzuwenden sein. Sonst käme es nämlich zu einem unsachlichen Wertungswiderspruch, wenn nach dem Durchlaufen des abgestuften Entgelts- bzw. Berufsschutzes nach § 9 Abs. 3 AlVG mit dem Beginn des Bezuges von Notstandshilfe nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld dieser Berufs- bzw. Entgeltschutz von neuem zu laufen begänne. Somit besteht beim Bezug von Notstandshilfe kein Berufs- bzw. Entgeltschutz nach § 9 Abs. 3 AlVG mehr.

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt eine Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Arbeitsmarktservice vom 25. April 2006 vor. Es handelt sich hierbei offensichtlich um eine privatrechtliche Vereinbarung im Rahmen des AMSG. Weder diese Vereinbarung noch die vom Beschwerdeführer über den betreffenden Kurs zur Kenntnis genommene Information enthält Hinweise über eine Sanktion im Sinne des § 10 AlVG, sodass bezüglich des Kurses von einer freiwilligen Maßnahme auszugehen ist. Derartige freiwillige Maßnahmen beruhen nicht auf von der regionalen Geschäftsstelle ausgehenden, verpflichtenden, unter der Sanktion des § 10 Abs. 1 AlVG stehenden Zuweisungen nach § 9 Abs. 1 AlVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, Zl. 2004/08/0208).

Im Zusammenhang mit dieser freiwilligen Maßnahme hat die belangte Behörde auch nicht die Sanktion nach § 10 AlVG verhängt. Die belangte Behörde stützt sich vielmehr auf die Nichtergreifung einer sich "sonst bietenden Arbeitsmöglichkeit".

Eine "sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit" unterscheidet sich nach dem aus dem Gesetzeswortlaut abzuleitenden Konzept des Gesetzgebers von der bloßen Vermittlung durch die regionale Geschäftsstelle dadurch, dass sich eine Arbeitsmöglichkeit in der Regel erst dann "bieten" wird, wenn es entweder nur mehr am Dienstnehmer liegt, dass ein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2005, Zl. 2004/08/0037), oder wenn zumindest der potenzielle Dienstgeber (oder ein von diesem Bevollmächtigter) direkt mit der arbeitssuchenden Person in Kontakt tritt (oder sich ein solcher Kontakt z.B. im Zuge einer "Jobbörse" ergibt - vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 95/08/0018) und ihr (zumindest) ein Vorstellungsgespräch offeriert. Hat hingegen der Arbeitslose mit einem potenziellen Dienstgeber auf Grund ihm bekannt gegebener näherer Daten zum Zwecke der Vereinbarung eines Vorstellungsgesprächs erst von sich aus Kontakt aufzunehmen, dann liegt Vermittlung vor, die - soll sie für den Fall der Weigerung oder Vereitelung nach § 10 AlVG sanktioniert werden - nach dem Gesetz ausschließlich der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice übertragen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2005, Zl. 2004/08/0037).

In § 10 AlVG ist die sich "sonst bietende Arbeitsmöglichkeit" nicht explizit angeführt. Sie wird nur in § 9 Abs. 1 AlVG genannt. Aus dem systematischen Zusammenhang dieser beiden Bestimmungen ergibt sich jedoch ebenso wie aus dem Zweck dieser Regelungen, Leistungsbezieher zu verhalten, ehestmöglich durch die Aufnahme einer Beschäftigung aus dem Leistungsbezug wieder auszuscheiden, dass die in § 10 AlVG vorgesehenen Sanktionen auch bei der Ausschlagung einer "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" in Frage kommen. Daraus folgt andererseits jedoch, dass die Beschäftigung im Rahmen der "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" auch den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprechen muss.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als angemessene Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG zumindest das nach dem im konkreten Fall anzuwendenden Kollektivvertrag gebührende Entgelt für die Beschäftigung erforderlich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0209 mwN). Nach den Feststellungen der belangten Behörde wäre die gegenständliche Beschäftigung kollektivvertraglich entlohnt und dieses Kriterium folglich erfüllt gewesen.

Wie sich aus dem Informationsblatt der FAB Reno Employment Pool ergibt, handelte es sich im vorliegenden Fall allerdings um einen "Transitarbeitsplatz". Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits mehrfach mit einschlägigen Zuweisungen, sei es zu Schulungsmaßnahmen zur Wiedereingliederung, die in das rechtliche Kleid eines Arbeitsverhältnisses gehüllt wurden (vgl. das Erkenntnis vom 20. April 2005, Zl. 2004/08/0096), sei es direkt zu "Transitarbeitsplätzen" (vgl. das Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2002/08/0262), auseinander zu setzen. Dazu wurde ausgesprochen, es sei unzulässig, eine Schulungs-, Umschulungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme rechtlich als Arbeitsverhältnis zu jener Einrichtung zu gestalten, welche die Maßnahme durchzuführen hat (mit der Konsequenz des Entfalls von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe), und sodann die - nach erfolgreicher Durchführung der Maßnahme - erforderliche weitere Arbeitsvermittlung dieser Einrichtung zu überlassen (vgl. auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0209).

Eine "sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit" wird im vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular betreffend die Zuerkennung von Notstandshilfe treffend insofern umschrieben, als sich der Beschwerdeführer ausdrücklich "zur Aufnahme und Ausübung einer am Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren, versicherungspflichtigen Beschäftigung" verpflichtete (vgl. § 7 Abs. 3 Z. 1 AlVG). Ein befristeter Transitarbeitsplatz, der im Rahmen eines vom Arbeitsmarktservice vermittelten Kurses angeboten wird, wobei der potentielle Dienstgeber mit dem Kursveranstalter identisch ist, wird aber am Arbeitsmarkt nicht üblicherweise angeboten. Er stellt somit auch keine "sonst sich bietende" Beschäftigungsmöglichkeit im Sinne des § 9 AlVG dar, und seine Ablehnung kann folglich auch nicht den Sanktionen des § 10 AlVG unterliegen. Ein solcher Arbeitsplatz wäre auch nicht ein im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG zuweisbarer.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. Nr. 333/2003.

Wien, am 19. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080252.X00

Im RIS seit

29.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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