TE OGH 2006/7/14 18Cga120/05t

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Veröffentlicht am 14.07.2006
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Das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Dengg als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Lambert Mayr und Matthias Fleischer in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei J***** H***** 5020 Salzburg, vertreten durch Dietrich Majoros Marchl, Rechtsanwälte, Theresianumgasse 29, 1040 Wien und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei, dem Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern, Luftbadgasse 14-16, 1060 Wien, wider die beklagten Parteien 1. E***** B***** 5400 Hallein und 2. B***** B***** 5400 Hallein, beide vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt, Nonntaler Hauptstraße 1 a, 5020 Salzburg, wegen € 800,-- s.A. (jeweils € 400,-- s.A.), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Zu 18 Cga 120/05t:

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagevertreter einen Betrag von € 400,-- samt 9,47 % Zinsen seit dem 14.7.2005 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Die erstbeklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit € 1.142,23 bestimmten Prozesskosten (darin enthalten € 190,37 USt.) binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Zu 18 Cga 121/05i:

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagevertreter einen Betrag von € 400,-- samt 9,47 % Zinsen seit dem 14.7.2005 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Die zweitbeklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit € 1.142,23 bestimmten Prozesskosten (darin enthalten € 190,37 USt.) binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Text

Unstrittig ist, dass der Kläger bei dem Unternehmen N***** seit dem Jahr 2000 als LKW Fahrer beschäftigt ist. Das Unternehmen N***** ist als Frächter für die Qu***** AG&CoKG tätig. Dort sind der Erstbeklagte seit Jänner 2002, der Zweitbeklagte seit April 2003, im Rahmen ihrer Beschäftigung als Lagerarbeiter u.a. für das Be- und Entladen der LKWs zuständig.

Der Kläger begehrt mit seinen Klagen zu 18 Cga 120/05t und 18 Cga 121/05i einen Ausgleich nach dem Gleichbehandlungsgesetz für den ihm vom Erst- und Zweitbeklagten im Rahmen der beruflichen Kontakte - durch Beleidigungen wegen seiner sexuellen Orientierung - zugefügten immateriellen Schaden in der Höhe von jeweils € 400,--. Das Verhalten der beklagten Parteien habe nicht nur für den Kläger, sondern auch für dessen Gesprächspartner ein entwürdigendes, beleidigendes und demütigendes Umfeld geschaffen.

Die beklagten Parteien bestreiten das Klagsvorbringen, beantragen kostenpflichtige Klagsabweisung und wenden im Wesentlichen ein, die Beklagten hätten sich nicht über die sexuelle Orientierung des Klägers mit feindseligen und entwürdigenden Bemerkungen lustig gemacht. Der Kläger habe selbst, während seiner Entladetätigkeit, immer wieder die Mitarbeiter der Firma Qu***** mit seiner sexuellen Orientierung unaufgefordert konfrontiert. Weiters seien die geltend gemachten Zinsen dem Grunde sowie der Höhe nach weitaus überhöht.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die Schreiben vom 10.8.2005 und vom 1.9.2005, sowie die dazugehörigen Aufgabescheine, Beilagen ./A - ./D, durch Vernehmung der Zeugen Ö***** A*****, A***** H*****, R***** Ö***** und H***** N*****, sowie des Klägers und des Erst- und Zweitbeklagten E***** und B***** B***** als Parteien.

Demnach steht folgender

Sachverhalt

fest:

Für Be- und Entladetätigkeiten fuhr der Kläger mit seinem LKW nahezu jeden Tag, manchmal auch mehrmals täglich zum Unternehmen Qu***** (PV Zweitbeklagter, AS 74, PV Erstbeklagter, AS 76, PV Kläger, AS 64, ZV Ö*****, AS 50, ZV H*****, AS 58, ZV N*****, AS 130). Der LKW des Klägers wurde unter anderem von den Beklagten be- und entladen, seit Streitanhängigkeit dieses Verfahrens jedoch nicht mehr (PV Zweitbeklagter, AS 74, PV Erstbeklagter, AS 76, PV Kläger, AS 64).

Der Kläger bekennt sich offen zu seiner Homosexualität (PV Kläger, AS 65, ZV H*****, AS 58, ZV N*****, AS 131, PV Erstbeklagter, AS 76).

Auch die Mitarbeiter des Unternehmens N***** und der Qu***** AG&CoKG hatten Kenntnis von der sexuellen Orientierung des Klägers (ZV Ö*****, AS 50, AS 55, ZV H*****, AS 58, ZV Ö*****, AS 61, PV Kläger, AS 65, PV Erstbeklagter, AS 76, ZV N*****, AS 131).

Ab dem Frühjahr des Jahres 2004 tätigten die beklagten Parteien gegenüber dem Kläger regelmäßig diskriminierende Äußerungen, welche die Homosexualität des Klägers zum Gegenstand hatten (PV Kläger, AS 64f, ZV N*****, AS 130, ZV Ö*****, AS 52, AS 53). Nicht nur die Beklagten, sondern auch andere Mitarbeiter der Firma Qu***** verspotteten den Kläger (ZV N*****, AS 131). Ein weiterer Grund für verbale Attacken gegen den Kläger war seine hohe Stimme (ZV N*****, AS 134). Ab Mai 2004 verschlimmerte sich die Situation für den Kläger: Die Beklagten erkundigten sich bei Personen, die mit dem Kläger sprachen, ob sie „schwul" seien. Weiters fielen Begriffe wie „Arschficker", „ficken" und „bück dich" (PV Kläger, AS 64). Auch fragten die beklagten Parteien den Kläger, ob er nicht „irgendjemanden von hinten ficken möchte?". Zwischen fünf- bis zehnmal kam der Erstbeklagte mit Fahrern zum Kläger, den er ihnen als „nur der Schwule" vorstellte. Der Erstbeklagte fragte in der Folge den Kläger, „ob er nun Frischfleisch wolle?". Hauptsächlich der Erstbeklagte beschimpfte den Kläger in Gegenwart von mehreren Personen. Dabei bediente er sich obszöner Wörter, die sich gegen die Homosexualität des Klägers richteten. In der Folge distanzierten sich einige Mitarbeiter vom Kläger (PV Kläger, AS 68, AS 70f, ZV N*****, AS 133).

Ab Mai 2004 fühlte sich der Kläger der Situation nicht mehr gewachsen (PV Kläger, AS 66, AS 111). Er kontaktierte daraufhin H***** N*****, seinen Chef. Der Kläger fühlte sich sozial und beruflich ausgegrenzt und in seiner Menschenwürde beeinträchtigt (PV Kläger, AS 69, AS 72). H***** N***** wies sodann einige Mitarbeiter des Unternehmens Qu***** - unter ihnen auch die Beklagten - mehrmals darauf hin, den Kläger in Ruhe zu lassen. Dabei nahm er Bezug auf die Homosexualität des Klägers (ZV N*****, AS 131, AS 133, PV Kläger, AS 68f, ZV Ö***** AS 54).

Vor Einbringung der Klage forderte der Kläger die beklagten Parteien nicht auf, ihre Angriffe gegen ihn zu beenden. Er versuchte, auf ihre Obszönitäten nicht zu reagieren. Der Kläger ging davon aus, dass - wenn er auf die Attacken der beklagten Parteien etwas erwidert hätte - ihnen ihre Beleidigungen in der Folge noch mehr Spaß gemacht hätten (PV Kläger, AS 69).

Nachdem sich der Kläger nach den Namen der Beklagten bei deren Arbeitgeber erkundigt und H***** N***** entsprechende Gespräche geführt hatte, hörten ab Mai 2005 die Diskriminierungen und Beleidigungen der beklagten Parteien gegenüber dem Kläger auf (PV Kläger, AS 64, AS 70).

Dieser Sachverhalt ist das Ergebnis folgender

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die in Klammer angeführten Beweismittel, gegen deren Richtigkeit - soweit im Folgenden nicht anders ausgeführt - keine Bedenken bestanden.

Der Kläger machte auf das Gericht den Eindruck, ein einfacher Mensch zu sein, der sich um eine wahrheitsgemäße Aussage bemühte. Hinweise auf eine „Begehrensneurose" des Klägers ergaben sich nicht; vielmehr erhellte sich, dass es ihm darauf ankam, nicht mehr verbalen Attacken aufgrund seiner sexuellen Orientierung ausgesetzt sein zu müssen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der Kläger jeweils bloß den Mindestbetrag von € 400,-- für seine persönlichen Beeinträchtigungen gemäß § 26 Abs 11 GlBG geltend gemacht hat. Die Angaben des Klägers decken sich im Wesentlichen auch mit der Aussage des Zeugen H***** N***** (ZV N*****, AS 134). Bei seinen Aufenthalten bei der Firma Qu***** habe er mitbekommen, dass der Kläger aufgrund seiner sexuellen Orientierung verspottet worden sei. Es seien Wörter wie, „bück dich" gefallen, über die hohe Stimme des Klägers gespottet und hinter seinem Rücken getuschelt worden (ZV N*****, AS 131 f). Der Kläger machte auf das Gericht den Eindruck, ein einfacher Mensch zu sein, der sich um eine wahrheitsgemäße Aussage bemühte. Hinweise auf eine „Begehrensneurose" des Klägers ergaben sich nicht; vielmehr erhellte sich, dass es ihm darauf ankam, nicht mehr verbalen Attacken aufgrund seiner sexuellen Orientierung ausgesetzt sein zu müssen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der Kläger jeweils bloß den Mindestbetrag von € 400,-- für seine persönlichen Beeinträchtigungen gemäß Paragraph 26, Absatz 11, GlBG geltend gemacht hat. Die Angaben des Klägers decken sich im Wesentlichen auch mit der Aussage des Zeugen H***** N***** (ZV N*****, AS 134). Bei seinen Aufenthalten bei der Firma Qu***** habe er mitbekommen, dass der Kläger aufgrund seiner sexuellen Orientierung verspottet worden sei. Es seien Wörter wie, „bück dich" gefallen, über die hohe Stimme des Klägers gespottet und hinter seinem Rücken getuschelt worden (ZV N*****, AS 131 f).

Im Einklang damit stehen die Angaben des Zeugen A***** H*****, wonach über die sexuelle Orientierung des Klägers geredet worden sei (ZV H*****, AS 58), sowie die Aussage des Zeugen Ö***** A*****, der einräumt Witze gegenüber dem Kläger gemacht zu haben (ZV Ö*****, AS 53). Auch der Erstbeklagte gesteht ein, den Kläger gefragt zu haben, ob er noch ganz frisch sei. Er habe dies aber in Zusammenhang mit seiner Arbeit gemeint, nicht in Bezug auf seine Homosexualität (PV Erstbeklagter, AS 77).

Den Angaben des Erst- und Zweitbeklagten sowie der Zeugen R***** Ö***** und A***** Ö*****, wonach es (nur) Streitigkeiten bezüglich des Entladens des LKWs gegeben hätte, konnte hingegen nicht gefolgt werden (PV Zweitbeklagter, AS 74, ZV Ö*****, AS 61, ZV Ö*****, AS 51). Insbesondere aufgrund der vom Kläger und von H***** N***** geschilderten Umstände, ergibt sich, dass die Attacken der beklagten Parteien gegen die sexuelle Orientierung des Klägers gerichtet waren. Nicht zuletzt wegen der obszönen und verletzenden Wortwahl, kann eine Überreaktion des Klägers sowie ein bloßes Missverständnis ausgeschlossen werden.

Weiters berichtete A***** Ö***** - nach mehrmaligem Nachfragen - von H***** N***** zurechtgewiesen und aufgefordert worden zu sein, den Kläger wegen seiner Homosexualität nicht mehr zu „verarschen" (ZV Ö*****, AS 54). Auch habe der Kläger ihm gesagt, die beiden beklagten Parteien würden über ihn wegen seiner Homosexualität sprechen (ZV Ö*****, AS 57).

Ebenso wenig ist für die beklagten Parteien aus der Aussage des A***** H*****, die Diskriminierungen oder Beleidigungen gegenüber dem Kläger nicht mitbekommen zu haben, etwas gewonnen. Der Zeuge vermochte nie wahrzunehmen, wie sich die Beklagten gegenüber dem Kläger verhielten und sah sie zu keinem Zeitpunkt gemeinsam. Überdies hielt er sich immer nur relativ kurz im Unternehmen Qu***** AG & CoKG auf.

Auch wenn der Zeuge R***** Ö***** davon ausgeht, es bemerkt haben zu müssen, wenn 10 Mitarbeiter zusammen gestanden seien, um den Kläger zu diskriminieren, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass er die Streitteile nie gemeinsam gesehen hat (ZV Ö*****, AS 61f). Darüber hinaus ist es nachvollziehbar, dass sich Arbeitnehmer in Gegenwart ihres Vorgesetzten anders verhalten als bei seiner Abwesenheit.

Aufgrund der divergierenden Aussagen des Klägers, der Beklagten und Zeugen, kann nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, ob R***** Ö***** vom Kläger aufgefordert wurde, für einen Betrag von € 200,-- für ihn als Zeuge auszusagen.

Aufgrund der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung war diese Feststellung jedoch nicht von maßgeblicher Bedeutung, ebenso wie die Frage, ob der Zeuge A***** Ö***** sich mit der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages an den Kläger einverstanden erklärt hat.

Rechtlich

ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Die RahmenRL 2000/78/EG normiert ein Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. Das Gleichbehandlungsgesetz setzt diese Richtlinie in Österreich um.

Gemäß § 21 Abs 1 Z 3 GlBG iVm § 17 GlBG darf auf Grund der sexuellen Orientierung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen ihrer sexuellen Orientierung durch Dritte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis belästigt wird. Gemäß Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 3, GlBG in Verbindung mit Paragraph 17, GlBG darf auf Grund der sexuellen Orientierung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen ihrer sexuellen Orientierung durch Dritte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis belästigt wird.

Der Begriff der sexuellen Orientierung bezeichnet laut den Gesetzesmaterialien die Präferenz bei der sexuellen „Objektwahl". Er ist weit auszulegen und wird allgemein als „heterosexuell, homosexuell oder bisexuell" definiert und verstanden. Dadurch soll vor allem ein Diskriminierungsschutz für homosexuelle und lesbische Arbeitnehmer/innen geschaffen werden.

Das Verhalten der Beklagten ist sowohl in Bezug auf die körperliche Integrität der betroffenen Person, ihre geschlechtliche Selbstbestimmung, aber auch ihre psychische Verletzbarkeit im körperlich - sexuellen Bereich zu prüfen. Das „Verhalten" ist dabei weit zu definieren und umfasst sowohl körperliche Handlungen als auch verbale und nonverbale Verhaltensweisen (Gesten), die bezwecken, dass die Würde der betroffenen Person durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen verletzt wird (RdA 2002, 66).

Die sexuelle Belästigung gemäß § 6 Abs 2 GlBG wird als Spezialfall der geschlechtsbezogenen Belästigung gesehen. Sie liegt immer dann vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, dass die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt schafft. Schutzobjekt ist die Willensfreiheit und Selbstbestimmung eines Menschen bezüglich seiner Geschlechtssphäre (9 ObA 112/05v). Das inkriminierte Verhalten muss der „sexuellen Sphäre" zugehörig sein, d. h. entweder ausdrücklich sexuelle Sachverhalte ansprechen oder auf das Geschlecht der betroffenen Person abzielen. Es handelt sich um Gewaltakte in dem Sinn, dass es von den Betroffenen nicht erwünschte Handlungen sind, die ihre Persönlichkeitsgrenzen und ihre Selbstbestimmung nicht achten (9 ObA 64/04h). Darunter fallen Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und der sexuellen Integrität im Betrieb herabzusetzen und deren Ehrgefühl grob zu verletzen (9 ObA 319/00b). Die sexuelle Belästigung gemäß Paragraph 6, Absatz 2, GlBG wird als Spezialfall der geschlechtsbezogenen Belästigung gesehen. Sie liegt immer dann vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, dass die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt schafft. Schutzobjekt ist die Willensfreiheit und Selbstbestimmung eines Menschen bezüglich seiner Geschlechtssphäre (9 ObA 112/05v). Das inkriminierte Verhalten muss der „sexuellen Sphäre" zugehörig sein, d. h. entweder ausdrücklich sexuelle Sachverhalte ansprechen oder auf das Geschlecht der betroffenen Person abzielen. Es handelt sich um Gewaltakte in dem Sinn, dass es von den Betroffenen nicht erwünschte Handlungen sind, die ihre Persönlichkeitsgrenzen und ihre Selbstbestimmung nicht achten (9 ObA 64/04h). Darunter fallen Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und der sexuellen Integrität im Betrieb herabzusetzen und deren Ehrgefühl grob zu verletzen (9 ObA 319/00b).

Die Erscheinungsformen sind vielfältig und reichen vom Erzählen freizügiger Witze, anzüglichen - sei es auch in Komplimente verpackte - Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, bis hin zu unerwünschten Einladungen mit eindeutiger Absicht, dem Konfrontiertwerden mit pornographischen Bildern oder Texten, „zufälligen" Körperberührungen, aufgedrängten Küssen, dem Versprechen beruflicher Vorteile bei sexueller Willigkeit, der Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung, der Zuschaustellung der Genitalien, sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Es geht im Zusammenhang mit dem Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht nur um den Schutz der körperlichen Integrität vor unerwünschten sexuellen Handlungen, sondern es ist auch die psychische Verletzbarkeit gemeint. Letztendlich geht es um Beeinträchtigungen der menschlichen Würde, also um Persönlichkeitsverletzungen. Ein die Würde beeinträchtigendes Verhalten setzt ein gewisses (objektives) Mindestmaß an Intensität voraus. Ein einmaliges Nachpfeifen, ein sexistischer Witz, eine unerwünschte Essenseinladung etc. reichen hiezu nicht aus (9 ObA 112/05v mwN).

Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Belästigungstatbestand beruft, hat sie diesen glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt es, dann zu beweisen, dass es bei der Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass die vom Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen (§ 12 Abs 12, § 26 Abs 12 GlBG). Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Belästigungstatbestand beruft, hat sie diesen glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt es, dann zu beweisen, dass es bei der Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass die vom Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen (Paragraph 12, Absatz 12,, Paragraph 26, Absatz 12, GlBG).

Der Kläger konnte glaubhaft darlegen, dass er aufgrund seiner Homosexualität diskriminiert und belästigt wurde. Durch die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses getätigten, entwürdigenden Äußerungen und das anstößige Verhalten der beklagten Parteien wurde das Ansehen, die soziale Wertschätzung und das Ehrgefühl des Klägers verletzt. Die Beleidigungen dauerten über mehrere Jahre an und erstreckten sich auf andere Mitarbeiter, die mit dem Kläger Kontakt hatten. Das Verhalten der beklagten Parteien erfüllt somit die Voraussetzungen für eine Diskriminierung sowie sexuelle Belästigung des Klägers.

Nach § 12 Abs 11 GlBG hat die betroffene Person bei sexueller Belästigung nach § 6 GlBG gegenüber dem Belästiger/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße (z.B. Behandlungskosten) besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen Schadenersatz. Bei einer Belästigung nach § 21 GlBG besteht gemäß § 26 Abs 11 GlBG ein Anspruch auf Schadenersatz von zumindest € 400,--. Nach Paragraph 12, Absatz 11, GlBG hat die betroffene Person bei sexueller Belästigung nach Paragraph 6, GlBG gegenüber dem Belästiger/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße (z.B. Behandlungskosten) besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen Schadenersatz. Bei einer Belästigung nach Paragraph 21, GlBG besteht gemäß Paragraph 26, Absatz 11, GlBG ein Anspruch auf Schadenersatz von zumindest € 400,--.

Bei der Bemessung des Ausgleichs der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung kann auf die bisherige Rechtsprechung zur sexuellen Belästigung zurückgegriffen werden. Danach ist der Schadenersatz für die Belästigung nach Dauer, Art und Intensität der Gesamtheit der Belästigungen, denen ein Arbeitnehmer ausgesetzt ist und unter Berücksichtigung der dadurch hervorgerufenen einschüchternden und demütigenden Arbeitsatmosphäre als Schmerzengeld zu bemessen. Der durch die Belästigung verursachte immaterielle Schaden ist im Wege einer Globalbemessung für die durch die Belästigung geschaffene Situation in ihrer Gesamtheit - und nicht für jede einzelne Belästigungshandlung gesondert - nach den auch sonst im Schadenersatzrecht angewandten Grundsätzen auszumessen (RdW 2004/548).

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes steht dem Kläger der eingeklagte Ersatzanspruch - der ohnehin lediglich den Mindestsatz beträgt - zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58a Abs 4 ASGG iVm § 41 ZPO. Abweichend vom Kostenverzeichnis stand der klagenden Partei ein Ersatz für Zeugengebühren von € 100,-- nicht zu. Die von der klagenden Partei beantragten und vernommenen Zeugen verzichteten auf die Geltendmachung von Gebühren. Der erlegte Kostenvorschuss von € Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 58 a, Absatz 4, ASGG in Verbindung mit Paragraph 41, ZPO. Abweichend vom Kostenverzeichnis stand der klagenden Partei ein Ersatz für Zeugengebühren von € 100,-- nicht zu. Die von der klagenden Partei beantragten und vernommenen Zeugen verzichteten auf die Geltendmachung von Gebühren. Der erlegte Kostenvorschuss von €

100,-- wird der klagenden Partei daher rücküberwiesen werden.

Die Höhe der Zinsen bestimmt sich nach § 49 a ASGG. Die Höhe der Zinsen bestimmt sich nach Paragraph 49, a ASGG.

Anmerkung

ESA00043 18Cga120.05t

Schlagworte

GLEICHBEHANDLG, Gleichbehandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00569:2006:018CGA00120.05T.0714.000

Dokumentnummer

JJT_20060714_LG00569_018CGA00120_05T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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