TE OGH 2006/7/17 3Nc9/06p

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Veröffentlicht am 17.07.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Sailer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Marcel U*****, geboren am 4. Dezember 2002, auf Grund der vom Bezirksgericht Mattighofen am 4. April 2006 verfügten Vorlage dessen Akts AZ 3 P 91/06s (früher 3 P 315/05f) zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN folgendenDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Sailer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Marcel U*****, geboren am 4. Dezember 2002, auf Grund der vom Bezirksgericht Mattighofen am 4. April 2006 verfügten Vorlage dessen Akts AZ 3 P 91/06s (früher 3 P 315/05f) zur Entscheidung gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 23. März 2006, GZ 3 P 315/05f-S-9, gemäß § 111 Abs 1 JN ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Fünfhaus wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 23. März 2006, GZ 3 P 315/05f-S-9, gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Fünfhaus wird gemäß Paragraph 111, Absatz 2, JN genehmigt.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 23. März 2006 übertrug das Bezirksgericht Mattighofen die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache einem Bezirksgericht in Wien, weil sich das Kind jetzt ständig in dessen Sprengel in Wien aufhalte (ON S-9). Dieser Beschluss ist nunmehr rechtskräftig. Das genannte Bezirksgericht lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache mit Verfügung vom 29. März 2006 ab. Abgesehen vom offenen Besuchsrechtsantrag des Vaters bzw. vom Antrag der Mutter auf Entziehung lägen sowohl Stellungnahmen der Eltern vor, sei die Mutter bereits einvernommen und eine ausführliche Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers samt psychologischem Befund erstattet worden. Die Übernahme der Pflegschaftssache liege derzeit nicht im Sinne des Kindes.

Mit Verfügung vom 19. Juni 2006 legte das Bezirksgericht Mattighofen den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN erneut vor.Mit Verfügung vom 19. Juni 2006 legte das Bezirksgericht Mattighofen den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach Paragraph 111, Absatz 2, JN erneut vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Übertragung ist zu genehmigen.

1. Über die Anträge der Eltern im Zusammenhang mit dem persönlichen Verkehr zwischen Vater und Kind vom 17. Jänner und 6. Februar 2006 ist noch keine Entscheidung ergangen. An Erhebungsergebnissen liegen eine Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers, ein psychologischer Befund (betreffend die Eltern und das Kind) vom 14. März 2006 sowie eine Einvernahme der Mutter durch einen Richter des übertragenden Gerichts vor. Gegenüber der Psychologin hatte die Mutter angegeben, bereits bei einem Lebensgefährten in Wien zu leben.

2. Die Voraussetzungen für eine Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 1 JN liegen in der Regel dann vor, wenn die Pflegschaftssache jenem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Pflegebefohlenen liegt. Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis, sondern es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Entscheidung über solche Anträge durch das bisherige Gericht zweckmäßiger erscheint (so zuletzt etwa 3 Nc 3/05d; RIS-Justiz RS0047027, RS0047032).2. Die Voraussetzungen für eine Übertragung der Zuständigkeit gemäß Paragraph 111, Absatz eins, JN liegen in der Regel dann vor, wenn die Pflegschaftssache jenem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Pflegebefohlenen liegt. Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis, sondern es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Entscheidung über solche Anträge durch das bisherige Gericht zweckmäßiger erscheint (so zuletzt etwa 3 Nc 3/05d; RIS-Justiz RS0047027, RS0047032).

3. Nunmehr wies die Mutter nach, dass sie in Wien - allerdings erst seit 15. Mai 2006 mit Hauptwohnsitz, davor ab 23. Februar mit Nebenwohnsitz - gemeldet ist, und sie erklärt, dort nunmehr tatsächlich - offenbar mit dem dreieinhalb Jahre alten Kind - zu wohnen. Infolgedessen ist eine Weiterführung der Pflegschaftssache durch dieses Gericht - auch vor Erledigung der offenen Anträge - zweckmäßig.

Es sprechen zwar die bereits vom übertragenden Bezirksgericht gepflogenen Erhebungen vordergründig gegen die Genehmigung. In Wahrheit lässt sich aber wegen der zwischenzeitig eingetretenen Veränderung in den Lebensverhältnissen von Mutter und Kind eine neuerliche Überprüfung derselben nicht vermeiden. Überdies erklärte die Mutter gegenüber der Psychologin, Besuche des Vaters in ihrer Wohnung künftig abzulehnen, weshalb die Modalitäten solcher Besuche - sollten sie weiterhin bewilligt werden - noch abzuklären sind. Dazu kommt, dass der mit der Übertragung der Pflegschaftssache offenbar einverstandene Vater (er erklärte einen Rechtsmittelverzicht) noch nicht gerichtlich einvernommen wurde und der Richter des übertragenden Gerichts noch ein psychologisches „Vollgutachten" für erforderlich hält. Unter diesen Umständen kann aber ungeachtet des bisher durchgeführten Verfahrens die Belassung der Zuständigkeit beim übertragenden Gericht, das zwar dem Wohnsitz des Vaters näher liegt, jedoch für die Mutter (und allenfalls das Kind) eine stundenlange Anfahrt zu Einvernahmen erforderlich machte, während das örtlich zuständige Bezirksgericht in Wien leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, nicht als zweckmäßig beurteilt werden.

Anmerkung

E81479 3Nc9.06p-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0030NC00009.06P.0717.000

Dokumentnummer

JJT_20060717_OGH0002_0030NC00009_06P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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