TE OGH 2006/8/29 5Ob139/06m

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Veröffentlicht am 29.08.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Kranich & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Beklagten 1. T***** GmbH, 2. Dr. Werner H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Günther Schandor, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe von Erklärungen (Streitwert 36.000 Euro), über die ordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Februar 2006, GZ 4 R 314/05h-15, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. August 2005, GZ 40 Cg 94/04f-10, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist zu 147/1082-Anteilen (B-LNR 9), die Erstbeklagte ist zu 49/1082-Anteilen (B-LNR 7) sowie zu 6812681/38276832-Anteilen (B-LNR 16) und der Zweitbeklagte ist zu 13/1082-Anteilen (B-LNR 5) Miteigentümer der Liegenschaft EZ *****. Ob allen genannten Miteigentumsanteilen ist die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an bestimmten Wohnungseigentumsobjekten angemerkt. Die Klägerin hatte ihren Miteigentumsanteil von der Erstbeklagten mit Kaufvertrag vom 28. 2. 2003 erworben. Am selben Tag schlossen die Erstbeklagte (als Verkäuferin) und die Klägerin (als Käuferin) unter Beitritt des Zweitbeklagten und des Mag. Thomas U*****, Gesellschafter der O***** AG und ebenfalls - bereits aufgrund des Kaufvertrags vom 9. 5. 2000 - Miteigentümer der Liegenschaft zu 97/1082-Anteilen, ob welchen die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum angemerkt ist, eine Zusatzvereinbarung zu ihrem Kaufvertrag mit ua folgendem Inhalt:

„I.

Festgestellt wird, dass die prot. Fa. S***** Ges.m.b.H. ....

147/1082-Anteile an der Liegenschaft Einlagezahl *****, .... mit

denen Wohnungseigentum an W 6 .... verbunden werden soll, von der

prot. Fa. T***** Gesellschaft m.b.H. erworben hat.

Die Beitretenden haben ebenfalls Miteigentumsanteile dieser Liegenschaft erworben.

II.römisch II.

Dies vorausgesetzt verpflichten sich prot. Fa. T***** Gesellschaft

m. b.H., die prot. Fa. S***** Ges.m.b.H. sowie die Beitretenden Herr

Dr. Werner H***** .... und Herr Mag. Thomas U***** ...., als

Mehrheitseigentümer die prot. Fa. O***** AG .... mit der Verwaltung

dieser Liegenschaft für die Dauer von mindestens 3 (drei) Jahren zu beauftragen.

Die derzeitige Hausverwaltung ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt (31. 12. 2003) aufzukündigen.

...."

Verwalter der Liegenschaft war damals die Inmobilienverwaltung L*****

Nfg. B*****.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, sämtliche Erklärungen abzugeben, die für die Bestellung der O***** AG zum Verwalter der Liegenschaft EZ ***** mit der Adresse ***** (richtig: *****) erforderlich sind, in eventu die Feststellung, dass die Beklagten für alle der Klägerin oder der O***** AG aus der Verletzung der Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag vom 28. 2. 2003 durch die Weigerung, die O***** AG zum Verwalter der Liegenschaft EZ *****, zu bestellen, in Zukunft entstehenden Schäden haften. Die Klägerin brachte zusammengefasst vor, die Beklagten hätten den von ihr zwecks Kündigung des bisherigen Verwalters vorbereiteten Umlaufbeschluss nicht unterfertigt und weigerten sich, ihre in der Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 übernommene Verpflichtung zur Mitwirkung an der Bestellung der O***** AG zur Verwalterin einzuhalten. Die Beklagten beantragten Abweisung der Klagebegehren und wenden zusammengefasst ein, sie hätten in der Zusatzvereinbarung lediglich eine Absichtserklärung abgegeben. Ein von der Klägerin vorbereiteter Umlaufbeschluss sei ihnen nie zugekommen und sie hätten sich auch nicht geweigert an der Bestellung der O***** AG zur Verwalterin mitzuwirken; diese habe sich allerdings ohne Bestellung als Verwalterin geriert und Betriebskosten von den Beklagten eingeklagt, weshalb sie inzwischen deren Bestellung zu Verwalterin nicht mehr zustimmten.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt und verpflichtete die Beklagten zur Abgabe der zur Verwalterbestellung der O***** AG erforderlichen Erklärungen. Es ging in tatsächlicher Hinsicht zusammengefasst davon aus, dass die Beklagten nichts zur Kündigung des seinerzeitigen Hausverwalters unternommen hätten, was rechtlich zur Stattgebung des Hauptbegehrens führen müsse; zur Erfüllung der Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 hätten die Streitteile nämlich zusammenwirken müssen, sodass sich die Beklagten nicht darauf zurückziehen könnten, von der Klägerin keinen Umlaufbeschluss erhalten zu haben. Auch das spätere Auftreten der O***** AG als Verwalterin ohne Bestellung könne das ursprünglich vertragswidrige Verhalten der Beklagten nicht nachträglich rechtfertigen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies Haupt- und Eventualbegehren aus rechtlichen Erwägungen ab. Zufolge § 37 Abs 5 WEG 2002 würden hier für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer die §§ 16 bis 34, 36 und 52 WEG 2002 gelten. Gemäß § 19 WEG 2002 könne die Eigentümergemeinschaft eine natürliche oder juristische Person zum Verwalter bestellen. Die Verwalterbestellung erfolge nach § 28 Abs 1 Z 5 WEG 2002 durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer. Regelungen über den Verwaltungsvertrag fehlten; dieser sei nach hA als Bevollmächtigungsvertrag im Sinn des § 1002 ABGB anzusehen. § 21 WEG 2002 beinhalte in seinen Absätzen 1 bis 4 bestimmte Regelungen über Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrags, die nach § 21 Abs 5 WEG 2002 zwingend seien. Davon sei hervorzuheben, dass sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag nach Ablauf von drei Jahren ohne Angabe von Gründen kündigen könnten. Weiters könne die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag jederzeit aus wichtigen Gründen kündigen und bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters könne der Vertrag auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden. Für die Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft gelte zwingend, dass diese erst dann wirksam würden, wenn allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei. Die Bindung an das Abstimmungsverhalten trete bei Umlaufbeschlüssen nicht vor dem Zugang desselben an alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft ein. Die Stimmabgabe könne daher widerrufen werden, solange sie nicht allen zugegangen sei. Falls nicht ausnahmsweise auf andere Weise der allseitige Zugang der Abstimmungserklärungen dokumentiert sei, sei bei Umlaufbeschlüssen die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. Dem Klagebegehren liege die vertragliche Verpflichtung eines Miteigentümers zur Bestellung eines bestimmten Dritten zum Verwalter zugrunde. Eine solche Stimmbindung sei mit den genannten Bestimmungen des WEG 2002 unvereinbar. Aus den Regelungen über die Auflösung des Verwaltungsvertrags, insbesondere aber über die Voraussetzungen der Wirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft und die fehlende Bindung an eine Erklärung, bevor nicht allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei, folge, dass ein Wohnungseigentümer bei seinem Stimmverhalten in Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft frei sein müsse. Es würde dem Zweck dieser zwingenden Bestimmungen völlig zuwider laufen, wenn ein Wohnungseigentümer, der bereits für die Bestellung eines bestimmten Verwalters gestimmt habe und dem nachträglich die begründete Ablehnung eines nach ihm abstimmenden Wohnungseigentümers bekannt werde, nunmehr trotz gegenteiliger Überzeugung an seine Befürwortung gebunden wäre. Ein solcher, gegen den Normzweck der genannten Bestimmungen verstoßender „Stimmbindungsvertrag" in Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft sei daher nichtig im Sinn des § 879 ABGB. Bei Verstößen gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen dienten, sei die Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Da die Bestimmungen des WEG 2002 über die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft und die Verwalterbestellung jedenfalls auch dem Schutz der übrigen - nicht am Verfahren beteiligten - Miteigentümer dienten, sei die Nichtigkeit der der Klage zugrunde liegenden „Stimmbindungsvereinbarung" von Amts wegen aufzugreifen und es seien die Klagebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen; einer (weiteren) Auseinandersetzung mit den Berufungsargumenten bedürfe es nicht.Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt und verpflichtete die Beklagten zur Abgabe der zur Verwalterbestellung der O***** AG erforderlichen Erklärungen. Es ging in tatsächlicher Hinsicht zusammengefasst davon aus, dass die Beklagten nichts zur Kündigung des seinerzeitigen Hausverwalters unternommen hätten, was rechtlich zur Stattgebung des Hauptbegehrens führen müsse; zur Erfüllung der Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 hätten die Streitteile nämlich zusammenwirken müssen, sodass sich die Beklagten nicht darauf zurückziehen könnten, von der Klägerin keinen Umlaufbeschluss erhalten zu haben. Auch das spätere Auftreten der O***** AG als Verwalterin ohne Bestellung könne das ursprünglich vertragswidrige Verhalten der Beklagten nicht nachträglich rechtfertigen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies Haupt- und Eventualbegehren aus rechtlichen Erwägungen ab. Zufolge Paragraph 37, Absatz 5, WEG 2002 würden hier für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer die Paragraphen 16 bis 34, 36 und 52 WEG 2002 gelten. Gemäß Paragraph 19, WEG 2002 könne die Eigentümergemeinschaft eine natürliche oder juristische Person zum Verwalter bestellen. Die Verwalterbestellung erfolge nach Paragraph 28, Absatz eins, Ziffer 5, WEG 2002 durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer. Regelungen über den Verwaltungsvertrag fehlten; dieser sei nach hA als Bevollmächtigungsvertrag im Sinn des Paragraph 1002, ABGB anzusehen. Paragraph 21, WEG 2002 beinhalte in seinen Absätzen 1 bis 4 bestimmte Regelungen über Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrags, die nach Paragraph 21, Absatz 5, WEG 2002 zwingend seien. Davon sei hervorzuheben, dass sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag nach Ablauf von drei Jahren ohne Angabe von Gründen kündigen könnten. Weiters könne die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag jederzeit aus wichtigen Gründen kündigen und bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters könne der Vertrag auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden. Für die Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft gelte zwingend, dass diese erst dann wirksam würden, wenn allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei. Die Bindung an das Abstimmungsverhalten trete bei Umlaufbeschlüssen nicht vor dem Zugang desselben an alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft ein. Die Stimmabgabe könne daher widerrufen werden, solange sie nicht allen zugegangen sei. Falls nicht ausnahmsweise auf andere Weise der allseitige Zugang der Abstimmungserklärungen dokumentiert sei, sei bei Umlaufbeschlüssen die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. Dem Klagebegehren liege die vertragliche Verpflichtung eines Miteigentümers zur Bestellung eines bestimmten Dritten zum Verwalter zugrunde. Eine solche Stimmbindung sei mit den genannten Bestimmungen des WEG 2002 unvereinbar. Aus den Regelungen über die Auflösung des Verwaltungsvertrags, insbesondere aber über die Voraussetzungen der Wirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft und die fehlende Bindung an eine Erklärung, bevor nicht allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei, folge, dass ein Wohnungseigentümer bei seinem Stimmverhalten in Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft frei sein müsse. Es würde dem Zweck dieser zwingenden Bestimmungen völlig zuwider laufen, wenn ein Wohnungseigentümer, der bereits für die Bestellung eines bestimmten Verwalters gestimmt habe und dem nachträglich die begründete Ablehnung eines nach ihm abstimmenden Wohnungseigentümers bekannt werde, nunmehr trotz gegenteiliger Überzeugung an seine Befürwortung gebunden wäre. Ein solcher, gegen den Normzweck der genannten Bestimmungen verstoßender „Stimmbindungsvertrag" in Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft sei daher nichtig im Sinn des Paragraph 879, ABGB. Bei Verstößen gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen dienten, sei die Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Da die Bestimmungen des WEG 2002 über die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft und die Verwalterbestellung jedenfalls auch dem Schutz der übrigen - nicht am Verfahren beteiligten - Miteigentümer dienten, sei die Nichtigkeit der der Klage zugrunde liegenden „Stimmbindungsvereinbarung" von Amts wegen aufzugreifen und es seien die Klagebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen; einer (weiteren) Auseinandersetzung mit den Berufungsargumenten bedürfe es nicht.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 Euro übersteige und die (gemeint:

ordentliche; § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) Revision zulässig sei, weil die Frage der Zulässigkeit eines „Stimmbindungsvertrages" innerhalb einer (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft vom Obersten Gerichtshof - soweit überblickbar - noch nicht behandelt worden sei.ordentliche; Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO) Revision zulässig sei, weil die Frage der Zulässigkeit eines „Stimmbindungsvertrages" innerhalb einer (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft vom Obersten Gerichtshof - soweit überblickbar - noch nicht behandelt worden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die ordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise stellt die Klägerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Klägerin macht in ihrer Rechtsrüge im Wesentlichen geltend, dass aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Bestimmungen über die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft die Nichtigkeit der von den Streitteilen vereinbarten Verwalterbestellung nicht abgeleitet werden könne. Ein Mangel des Berufungsverfahrens liege darin, dass das Gericht zweiter Instanz eine vermeintliche Nichtigkeit ohne Einrede der Beklagten wahrgenommen habe, obwohl selbst gegebenenfalls nur eine relative Nichtigkeit, nicht aber eine solche vorliege, die im öffentlichen Interesse wahrzunehmen sei.

Die Beklagten erstatteten eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichts zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und in ihrem Aufhebungsantrag berechtigt, weil das Berufungsverfahren die vermeintliche Sittenwidrigkeit der Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 zu Unrecht von Amts wegen wahrgenommen hat:

1.1. § 24 WEG regelt die Grundsätze der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft. Jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 24 Abs 6 WEG 2002 innerhalb eines Monats ab Anschlag eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird. Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung können überdies nach § 29 WEG 2002 angefochten werden. Die den Wohnungseigentümern zustehenden Befugnisse zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in der Eigentümergemeinschaft (Äußerungs- und Stimmrecht sowie Minderheitsrechte bei der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft) können nach § 24 Abs 7 WEG 2002 nicht vertraglich abbedungen werden.1.1. Paragraph 24, WEG regelt die Grundsätze der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft. Jeder Wohnungseigentümer kann gemäß Paragraph 24, Absatz 6, WEG 2002 innerhalb eines Monats ab Anschlag eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird. Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung können überdies nach Paragraph 29, WEG 2002 angefochten werden. Die den Wohnungseigentümern zustehenden Befugnisse zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in der Eigentümergemeinschaft (Äußerungs- und Stimmrecht sowie Minderheitsrechte bei der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft) können nach Paragraph 24, Absatz 7, WEG 2002 nicht vertraglich abbedungen werden.

1.2. Aus § 24 Abs 6 WEG 2002 folgt, dass (nur) ein (jeder)

Wohnungseigentümer zur Antragstellung gemäß § 24 Abs 6 WEG 2002

aktivlegitimiert ist. Durch das Anfechtungsrecht des

Wohnungseigentümers (der Minderheit) gegen Beschlüsse der Mehrheit im

Rahmen der ordentlichen Verwaltung soll der überstimmten Minderheit

die Einhaltung zwingender Bestimmungen des WEG garantiert werden,

allenfalls noch erweitert um „krasse" Verstöße gegen die für die

Verwaltung stets geforderten Grundsätze der Sparsamkeit,

Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (5 Ob 144/05w = immolex

2005/128, 310 = wobl 2005/139, 379, Call = ImmZ 2006, 70). § 24 Abs 6

und 7 WEG 2002 dienen demnach dem Schutz überstimmter

Wohnungseigentümer im Rahmen eines außerstreitigen

Anfechtungsverfahrens.

1.3. In aller Regel werden Mängel der Willensbildung durch § 24 Abs 6 WEG 2002 der Anfechtbarkeit und damit aber auch der Heilungsmöglichkeit zugeführt (vgl dazu auch Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 24 WEG 2002 Rz 83); Fälle absoluter, (allerdings nur) im Sinn von nicht heilbarer Nichtigkeit der diesfalls unbefristet bekämpfbaren Willensbildung müssen schon aus Gründen der Rechtssicherheit die (ganz seltene)1.3. In aller Regel werden Mängel der Willensbildung durch Paragraph 24, Absatz 6, WEG 2002 der Anfechtbarkeit und damit aber auch der Heilungsmöglichkeit zugeführt vergleiche dazu auch Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, Paragraph 24, WEG 2002 Rz 83); Fälle absoluter, (allerdings nur) im Sinn von nicht heilbarer Nichtigkeit der diesfalls unbefristet bekämpfbaren Willensbildung müssen schon aus Gründen der Rechtssicherheit die (ganz seltene)

Ausnahme sein (vgl 5 Ob 263/03t = immolex 2005, 24, Kletecka =Ausnahme sein vergleiche 5 Ob 263/03t = immolex 2005, 24, Kletecka =

MietSlg 55.523 = MietSlg 55.544).

2. § 21 WEG regelt die Grundsätze der Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrags. Wurde der Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen (§ 21 Abs 1 WEG 2002). Wurde der Verwalter auf bestimmte, mehr als dreijährige Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter nach Ablauf von drei Jahren den Verwaltungsvertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen (§ 21 Abs 2 WEG 2002). Im Übrigen kann der Verwaltungsvertrag jederzeit aus wichtigen Gründen von der Eigentümergemeinschaft gekündigt oder bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden (§ 21 Abs 3 WEG 2002). Gemäß § 21 Abs 5 WEG 2002 können diese Regelungen nicht vertraglich abbedungen werden. Auch § 21 Abs 5 WEG 2002 dient primär dem Schutz derjenigen Beteiligten, denen Parteistellung in einem außerstreitigen Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 zusteht und deren Interessen demnach zu wahren sind (vgl dazu auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 21 WEG 2002 Rz 35 ff).2. Paragraph 21, WEG regelt die Grundsätze der Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrags. Wurde der Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen (Paragraph 21, Absatz eins, WEG 2002). Wurde der Verwalter auf bestimmte, mehr als dreijährige Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter nach Ablauf von drei Jahren den Verwaltungsvertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen (Paragraph 21, Absatz 2, WEG 2002). Im Übrigen kann der Verwaltungsvertrag jederzeit aus wichtigen Gründen von der Eigentümergemeinschaft gekündigt oder bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden (Paragraph 21, Absatz 3, WEG 2002). Gemäß Paragraph 21, Absatz 5, WEG 2002 können diese Regelungen nicht vertraglich abbedungen werden. Auch Paragraph 21, Absatz 5, WEG 2002 dient primär dem Schutz derjenigen Beteiligten, denen Parteistellung in einem außerstreitigen Verfahren nach Paragraph 52, Absatz eins, Ziffer 8, WEG 2002 zusteht und deren Interessen demnach zu wahren sind vergleiche dazu auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, Paragraph 21, WEG 2002 Rz 35 ff).

3.1. Gemäß § 879 ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit ist nach Lehre und Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert ist oder der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäftes notwendig verlangt. Bei Verstößen gegen Normen, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute (10 Ob 91/00f mwN = EvBl 2001/27, 143 = JBl 2001, 229 = SZ 73/144).3.1. Gemäß Paragraph 879, ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit ist nach Lehre und Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert ist oder der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäftes notwendig verlangt. Bei Verstößen gegen Normen, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute (10 Ob 91/00f mwN = EvBl 2001/27, 143 = JBl 2001, 229 = SZ 73/144).

3.2. Die (vermeintliche) Sittenwidrigkeit im Sinn des § 879 ABGB ist grundsätzlich nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede wahrzunehmen, wobei Tatsachen vorzubringen sind, die die Sittenwidrigkeit begründen (RIS-Justiz RS0016435; RS0016453; „relative" Nichtigkeit). Die Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung kann nur bei „absolut" nichtigen Geschäften von Amts wegen wahrgenommen werden; „absolut" nichtig sind aber - wie erwähnt - nur Geschäfte, die gegen Gesetze verstoßen, die dem Schutz der Allgemeininteressen,3.2. Die (vermeintliche) Sittenwidrigkeit im Sinn des Paragraph 879, ABGB ist grundsätzlich nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede wahrzunehmen, wobei Tatsachen vorzubringen sind, die die Sittenwidrigkeit begründen (RIS-Justiz RS0016435; RS0016453; „relative" Nichtigkeit). Die Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung kann nur bei „absolut" nichtigen Geschäften von Amts wegen wahrgenommen werden; „absolut" nichtig sind aber - wie erwähnt - nur Geschäfte, die gegen Gesetze verstoßen, die dem Schutz der Allgemeininteressen,

der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen (6 Ob 311/01f mwN =

MietSlg 54.799 = MietSlg 54.098), oder wenn sich daraus die Schädigung eines am Verfahren nicht beteiligten Dritten ergibt (4 Ob 13/03w; 9 Ob 902/88 = SZ 61/249 = EvBl 1989/67, 243; 8 Ob 254/97d = SZ 70/232; in den beiden letztgenannten Fällen: Vereinbarung zu Lasten eines öffentlich-rechtlichen Fonds, die damit allgemeine Interessen beeinträchtigt).

3.3. Selbst wenn man - was dahin gestellt bleiben kann - die Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 wegen Verstoßes gegen §§ 21 Abs 5, 24 Abs 7 WEG 2002 für nichtig im Sinn des § 879 ABGB halten wollte, dienen die genannten Vorschriften dem spezifischen Schutz der einzelnen Wohnungseigentümer (der überstimmten Minderheit), die ihre Interessen in wohnrechtlichen außerstreitigen Verfahren wahrnehmen können. Unterbleibt dagegen die Wahrnehmung angeblich verletzter Interessen einzelner Wohnungseigentümer im Rahmen eines solchen außerstreitigen Verfahrens, so streitet dies vorrangig für die Heilung vermeintlicher Mängel. Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen ein - auf die Wahrung von Interessen nicht verfahrensbeteiligter dritter Wohnungseigentümer gestütztes - amtswegiges Aufgreifen einer aus den §§ 21 Abs 5, 24 Abs 7 WEG 2002 vermuteten Nichtigkeit außerhalb eines wohnrechtlichen Verfahrens, namentlich in einem streitigen Verfahren.3.3. Selbst wenn man - was dahin gestellt bleiben kann - die Zusatzvereinbarung vom 28. 2. 2003 wegen Verstoßes gegen Paragraphen 21, Absatz 5,, 24 Absatz 7, WEG 2002 für nichtig im Sinn des Paragraph 879, ABGB halten wollte, dienen die genannten Vorschriften dem spezifischen Schutz der einzelnen Wohnungseigentümer (der überstimmten Minderheit), die ihre Interessen in wohnrechtlichen außerstreitigen Verfahren wahrnehmen können. Unterbleibt dagegen die Wahrnehmung angeblich verletzter Interessen einzelner Wohnungseigentümer im Rahmen eines solchen außerstreitigen Verfahrens, so streitet dies vorrangig für die Heilung vermeintlicher Mängel. Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen ein - auf die Wahrung von Interessen nicht verfahrensbeteiligter dritter Wohnungseigentümer gestütztes - amtswegiges Aufgreifen einer aus den Paragraphen 21, Absatz 5,, 24 Absatz 7, WEG 2002 vermuteten Nichtigkeit außerhalb eines wohnrechtlichen Verfahrens, namentlich in einem streitigen Verfahren.

4. Zusammengefasst ergibt sich also, dass eine vermeintliche Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB) einer „Stimmbindungsvereinbarung" zwischen Wohnungseigentümern wegen des (allfälligen) Verstoßes gegen die §§ 21 Abs 5, 24 Abs 7 WEG 2002 im Streitverfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede einer Partei aufzugreifen ist. Da der vom Berufungsgericht gewählte Abweisungsgrund somit nicht trägt, im Übrigen aber keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berufung, insbesondere mit der Tatsachenrüge der Beklagten erfolgte, ist der Revision der Klägerin in ihrem Aufhebungsantrag zur neuerlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht Folge zu geben.4. Zusammengefasst ergibt sich also, dass eine vermeintliche Sittenwidrigkeit (Paragraph 879, ABGB) einer „Stimmbindungsvereinbarung" zwischen Wohnungseigentümern wegen des (allfälligen) Verstoßes gegen die Paragraphen 21, Absatz 5,, 24 Absatz 7, WEG 2002 im Streitverfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede einer Partei aufzugreifen ist. Da der vom Berufungsgericht gewählte Abweisungsgrund somit nicht trägt, im Übrigen aber keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berufung, insbesondere mit der Tatsachenrüge der Beklagten erfolgte, ist der Revision der Klägerin in ihrem Aufhebungsantrag zur neuerlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht Folge zu geben.

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.5. Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E81785 5Ob139.06m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00139.06M.0829.000

Dokumentnummer

JJT_20060829_OGH0002_0050OB00139_06M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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