Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Jahn und Mag. Häckel in der Rechtssache der klagenden Partei M***** J*****, M*****, S*****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** W*****, R*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 65.400,-- s.A. und Feststellung (Streitwert: EUR 7.267,28; Gesamtstreitwert: EUR 72.667,28) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5.4.2006, 56 Cg 42/03p-73, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er lautet:
„Der klagenden Partei wird die Verfahrenshilfe insoweit bewilligt, als ihr folgende Begünstigung gewährt wird:
Die Zahlung der Pauschalgebühr von EUR 2123,-- für die außerordentliche Revision in 8 Raten, die erste Rate in Höhe von EUR 233,--, fällig am 15.10.2006, die sieben Folgeraten in der Höhe von jeweils EUR 270,--, fällig jeweils am 15. der Folgemonate. Der Antrag auf Gewährung der übrigen Begünstigungen des § 64 Abs 1 Z 1 und Z 2 ZPO wird abgewiesen."Die Zahlung der Pauschalgebühr von EUR 2123,-- für die außerordentliche Revision in 8 Raten, die erste Rate in Höhe von EUR 233,--, fällig am 15.10.2006, die sieben Folgeraten in der Höhe von jeweils EUR 270,--, fällig jeweils am 15. der Folgemonate. Der Antrag auf Gewährung der übrigen Begünstigungen des Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer eins und Ziffer 2, ZPO wird abgewiesen."
Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO).Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO).
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte Schadenersatz von ursprünglich EUR 65.405,55 s.A. sowie die - mit EUR 7.267,28 bewertete - Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden.
Mit Urteil vom 12.4.2005 (ON 61) wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 8.039,11. Der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht mit Urteil vom 23.11.2005 (ON 67) nicht Folge, verpflichtete den Kläger zum Ersatz der mit EUR 2.574,66 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 20.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig ist.
In seiner außerordentlichen Revision (ON 68) gegen diese Entscheidung stellte der Kläger den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis f und Z 2 ZPO und legte über Auftrag des Erstgerichtes ein mit 7.3.2006 datiertes Vermögensbekenntnis vor (ON 70).In seiner außerordentlichen Revision (ON 68) gegen diese Entscheidung stellte der Kläger den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a bis f und Ziffer 2, ZPO und legte über Auftrag des Erstgerichtes ein mit 7.3.2006 datiertes Vermögensbekenntnis vor (ON 70).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag mangels Vorliegens der finanziellen Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe ab. Da dem Kläger monatlich zirka EUR 920,-- netto nach Abzug sämtlicher Ausgaben (Wohnungskosten, Auto, Versicherungsprämien) verbleiben, er derzeit keine Schulden zurückzuzahlen habe und sich darüber hinaus auf seinem Konto und seinem Sparbuch ein Betrag von EUR 8.900,-- befinde, sei die Verfahrenshilfe im beantragten Ausmaß aufgrund ausreichender finanzieller Mittel des Klägers nicht notwendig.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit einem auf Antragstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt (ON 75).
Die Beklagte erstattete keine Rekursbeantwortung, der Revisor
verzichtete darauf (Rev 6798/06).
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Nach der Argumentation des Rekurswerbers habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, dass seinem Sparguthaben von EUR 8.900,-- der Beklagten zu ersetzende Prozesskosten von EUR 10.613,77 gegenüberstünden. Die von ihm angesparten Beträge hätten dazu gedient, Vorsorge zu treffen, um dem Prozessgegner im Fall des Prozessverlustes die Prozesskosten zu ersetzen. Hätte das Erstgericht dies berücksichtigt, hätte es zu dem Schluss kommen müssen, dass ihm im Zeitpunkt seiner Antragstellung keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung standen und durch die Weiterführung des Verfahrens sein notwendiger Unterhalt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung seiner Vermögenssituation beeinträchtigt ist. Dieser Argumentation vermag sich das Rekursgericht nur teilweise anzuschließen: Bei Prüfung der finanziellen Verhältnisse für die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auch das Vermögen zu berücksichtigen, insbesondere dessen Erträgnisse. Daneben muss die Partei aber auch regelmäßig die Vermögenssubstanz angreifen, sofern dies nicht im Einzelfall unzumutbar erschiene. Insbesondere namhaftes Barvermögen, das sofort flüssig gemacht werden kann, muss herangezogen werden. Hingegen stehen geringfügige und angemessene Rücklagen in Form von Sparguthaben der Bewilligung der Verfahrenshilfe in der Regel nicht entgegen. Im Allgemeinen dürfen aber Sparguthaben nicht zu Lasten der Allgemeinheit geschont werden (Bydlinski in Fasching² II/1 § 63 ZPO, Rz 4; MGA ZPO15 § 63 E 36f und E 42f).Nach der Argumentation des Rekurswerbers habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, dass seinem Sparguthaben von EUR 8.900,-- der Beklagten zu ersetzende Prozesskosten von EUR 10.613,77 gegenüberstünden. Die von ihm angesparten Beträge hätten dazu gedient, Vorsorge zu treffen, um dem Prozessgegner im Fall des Prozessverlustes die Prozesskosten zu ersetzen. Hätte das Erstgericht dies berücksichtigt, hätte es zu dem Schluss kommen müssen, dass ihm im Zeitpunkt seiner Antragstellung keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung standen und durch die Weiterführung des Verfahrens sein notwendiger Unterhalt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung seiner Vermögenssituation beeinträchtigt ist. Dieser Argumentation vermag sich das Rekursgericht nur teilweise anzuschließen: Bei Prüfung der finanziellen Verhältnisse für die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auch das Vermögen zu berücksichtigen, insbesondere dessen Erträgnisse. Daneben muss die Partei aber auch regelmäßig die Vermögenssubstanz angreifen, sofern dies nicht im Einzelfall unzumutbar erschiene. Insbesondere namhaftes Barvermögen, das sofort flüssig gemacht werden kann, muss herangezogen werden. Hingegen stehen geringfügige und angemessene Rücklagen in Form von Sparguthaben der Bewilligung der Verfahrenshilfe in der Regel nicht entgegen. Im Allgemeinen dürfen aber Sparguthaben nicht zu Lasten der Allgemeinheit geschont werden (Bydlinski in Fasching² II/1 Paragraph 63, ZPO, Rz 4; MGA ZPO15 Paragraph 63, E 36f und E 42f).
Bei Ersparnissen von nahezu EUR 9.000,-- kann zwar von einer geringfügigen Rücklage keine Rede mehr sein. Berücksichtigt man aber, dass die vom Kläger erhobene außerordentliche Revision nur den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen der Unterinstanzen, nicht aber deren Vollstreckbarkeit - wenn auch bloß eingeschränkt - hemmt (§ 505 Abs 4 letzter Satz ZPO), der Kläger daher bereits jetzt der Gefahr einer gegen ihn geführten Exekution ausgesetzt ist, ist es gerechtfertigt, in diesem konkreten Einzelfall von der Unzumutbarkeit der Verwertung des derzeit vorhandenen Vermögens auszugehen. Das Gericht kann bei der einstweiligen Befreiung von Gebühren, Kosten und der Tragung von Barauslagen - als minus gegenüber der unbefristeten einstweiligen Befreiung - auch die Stundung den in § 64 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO genannten Zahlungen auf bestimmte Dauer und als besondere Form der Stundung die Zahlung bestimmten Beträge in Raten bewilligen (siehe Fasching, Lehrbuch² Rz 484; Bydlinski aaO, Rz 6 mwN; EFSlg 72.897, 60.796 ua). Bei einem nach Abzug sämtlicher Ausgaben monatlich verbleibenden - auch im Rekurs nicht bestrittenen - Betrag von EUR 920,-- ist es dem Kläger aber zumutbar, die Pauschalgebühr von EUR 2.123,-- für die außerordentliche Revision in Zukunft neben den dem Prozessgegner zu ersetzenden Kosten anzusparen und diese in Raten zu entrichten. Im Übrigen müsste es dem Kläger zwischenzeitig (seit Abgabe des Vermögensbekenntnisses im März 2006) möglich gewesen sein, die auf den vollen Kostenersatz noch fehlenden rund EUR 1.800,-- (zumindest teilweise) anzusparen.Bei Ersparnissen von nahezu EUR 9.000,-- kann zwar von einer geringfügigen Rücklage keine Rede mehr sein. Berücksichtigt man aber, dass die vom Kläger erhobene außerordentliche Revision nur den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen der Unterinstanzen, nicht aber deren Vollstreckbarkeit - wenn auch bloß eingeschränkt - hemmt (Paragraph 505, Absatz 4, letzter Satz ZPO), der Kläger daher bereits jetzt der Gefahr einer gegen ihn geführten Exekution ausgesetzt ist, ist es gerechtfertigt, in diesem konkreten Einzelfall von der Unzumutbarkeit der Verwertung des derzeit vorhandenen Vermögens auszugehen. Das Gericht kann bei der einstweiligen Befreiung von Gebühren, Kosten und der Tragung von Barauslagen - als minus gegenüber der unbefristeten einstweiligen Befreiung - auch die Stundung den in Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer eins und 2 ZPO genannten Zahlungen auf bestimmte Dauer und als besondere Form der Stundung die Zahlung bestimmten Beträge in Raten bewilligen (siehe Fasching, Lehrbuch² Rz 484; Bydlinski aaO, Rz 6 mwN; EFSlg 72.897, 60.796 ua). Bei einem nach Abzug sämtlicher Ausgaben monatlich verbleibenden - auch im Rekurs nicht bestrittenen - Betrag von EUR 920,-- ist es dem Kläger aber zumutbar, die Pauschalgebühr von EUR 2.123,-- für die außerordentliche Revision in Zukunft neben den dem Prozessgegner zu ersetzenden Kosten anzusparen und diese in Raten zu entrichten. Im Übrigen müsste es dem Kläger zwischenzeitig (seit Abgabe des Vermögensbekenntnisses im März 2006) möglich gewesen sein, die auf den vollen Kostenersatz noch fehlenden rund EUR 1.800,-- (zumindest teilweise) anzusparen.
Für die weiters beantragten Begünstigungen im Rahmen der Verfahrenshilfe besteht kein Bedarf.
Dem Rekurs war daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Beschluss entsprechend spruchgemäß abzuändern.
Der Ausspruch darüber, dass der Rekurswerber die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen hat, gründet auf § 72 Abs 3 letzter Satz ZPO.Der Ausspruch darüber, dass der Rekurswerber die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen hat, gründet auf Paragraph 72, Absatz 3, letzter Satz ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00579 13R151.06fEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2006:01300R00151.06F.0831.000Dokumentnummer
JJT_20060831_OLG0009_01300R00151_06F0000_000