Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Claudia Mikulenko, ehemals Stetic, in Wien, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 34/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Februar 2006, Zl. BOB - 585/05, betreffend Versagung einer Sonderbaubewilligung gemäß § 71b Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf dem im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" gewidmeten Grundstück Nr. 299/3 der Liegenschaft EZ 1173 KG Essling ist auf dem 312 m2 großen Baulos Nr. 66 ein konsentiertes Gebäude in der Größe von 49,20 m2 errichtet.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin dieses Gebäudes.
Im Westen wurde an dieses Gebäude ein ca. 2,40 m x 1,50 m großer ebenerdiger Zubau angebaut.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Oktober 2000 wurde gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Eigentümerin der Baulichkeit der Auftrag erteilt, den ohne baubehördliche Bewilligung errichteten Zubau zu beseitigen. Mit hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0262, wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Eingabe vom 20. September 2001 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung betreffend dieses Zubaus.
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. Februar 2004 gemäß § 8 Abs. 6 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 abgewiesen, weil die höchstzulässig verbaute Fläche um 9,26 m2 überschritten wird. In der Begründung dieses Bescheides wurde weiters ausgeführt, dass durch das eingereichte Bauvorhaben auch die höchstzulässige Gesamtkubatur von 250 m3 überschritten werde. Die Baubehörde erster Instanz werde jedoch das in der Berufung gestellte Ansuchen um Baubewilligung nach § 71b Bauordnung für Wien in Bearbeitung zu nehmen haben.
Die Baubehörde erster Instanz leitete in der Folge über dieses Ansuchen nach § 71b Bauordnung für Wien ein Verfahren ein.
In ihrer Stellungnahme vom 5. April 2004 legte die Beschwerdeführerin Lichtbilder betreffend den Zubau ein und führte aus, dass diese Lichtbilder mit dem Datumsstempel 10/95 versehen seien und den verfahrensgegenständlichen Zubau im Errichtungsstadium zeigten. Es gehe daraus eindeutig hervor, dass der Zubau im Herbst 1995 bereits vorhanden gewesen sei, allerdings zu diesem Zeitpunkt nach zwei Seiten hin vorerst offen geblieben und in der Folge nach allen Seiten hin abgeschlossen worden sei. Dies deshalb, weil sich im Bereich der Kellerstiege, welche sich unterhalb des Zubaus befinde, bei Regen- und Schneefall Wassermassen angesammelt hätten, welche in die Kellerräumlichkeiten eingesickert seien. Der Zubau diene auf der wetterseitigen Schmalseite des Hauses auch der Wärmedämmung.
Dieser Stellungnahme war das Ansuchen um Zustimmungserklärung zur nachträglichen Baubewilligung vom 14. Dezember 2001 angeschlossen, in welchem die Beschwerdeführerin ausgeführt hatte, dass der Zubau zwar ohne Bewilligung, jedoch bereits im Oktober 1995 errichtet worden sei.
Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den
22. Bezirk vom 15. September 2005 wurde nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, gemäß § 71b der Bauordnung für Wien die Sonderbaubewilligung für die bestehende Baulichkeit, und zwar für den Zubau (Kellerabgangüberbauung) auf der oben genannten Liegenschaft, versagt. Der Nachweis, dass der Zubau vor dem 1. Mai 1997 errichtet worden sei, habe nicht erbracht werden können. Vielmehr ergebe sich durch die Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den Bauauftrag, dass der Zubau in der nunmehrigen Form erst nach der Kollaudierung (die Verhandlung zur Benützungsbewilligung vom 20. November 1997 habe am 16. Juli 1997 stattgefunden) errichtet worden sei.
In der dagegen erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin nicht, dass der Zubau in der "nunmehrigen" Form erst nach der Kollaudierung, welche am 16. Juli 1997 stattgefunden hat, errichtet worden sei, die Behörde erster Instanz habe es jedoch unterlassen den Umfang, die Ausmaße sowie das Aussehen des Zubaus, wie er sich vor dem Stichtag dargestellt habe, unter Bezugnahme auf das Vorbringen sowie die vorgelegten Beweismittel festzustellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das bestehende Kleingartenwohnhaus 49,20 m2 und der Zubau 10,06 m2 groß seien; daraus ergebe sich nunmehr eine bebaute Fläche von insgesamt 59,26 m2. Die auf den Fotos mit dem Datumsaufdruck "10.95" abgebildete Überdachung des Zubaus sei an der Nordseite vollständig und an der Westseite teilweise mit Holzbrettern umschlossen gewesen. Die nunmehr bestehende Überbauung, wie sie aus den im Akt befindlichen Lichtbildern ersichtlich sei, sei nach allen Seiten geschlossen, Fenster und eine Tür seien eingesetzt worden. Die nunmehr bestehenden Außenwände des Zubaus seien in gleicher Farbe verputzt wie das restliche Kleingartenhaus. Die Beschwerdeführerin stelle nicht in Abrede, dass die 1995 errichtete Überdachung im Herbst 1997 zum Schutz gegen starke Witterungseinflüsse geschlossen worden sei. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Ausmaß der bebauten Fläche habe sich dadurch nicht geändert, sei § 80 Abs. 1 Bauordnung für Wien entgegenzuhalten, wonach als bebaute Fläche die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden und raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene gelte; als raumbildend oder raumergänzend seien jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen seien oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehle. Es bestehe daher kein Zweifel, dass der Zubau in der bestehenden Form, welcher der bebauten Fläche hinzuzurechnen sei, im Herbst 1997 errichtet worden sei und ein Aliud zur vorher vorhandenen Überdachung darstelle. Dem Vorbringen, die Behörde erster Instanz habe sich mit dem Aussehen, dem Umfang und den Ausmaßen des Zubaus vor dem 1. Mai 1997 nicht auseinander gesetzt, sei entgegen zu halten, dass in der Bescheidbegründung der Behörde erster Instanz dargelegt worden sei, dass der Errichtungszeitpunkt des Zubaus in der nunmehrigen Form auf Grund der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin festgestellt worden sei. Die im Akt befindlichen Fotos wiesen keineswegs auf einen anderen Errichtungszeitpunkt hin. Auch in der Begründung des Abtragungsauftrages sei ausgeführt worden, dass die Beschwerdeführerin selbst zugestehe, dass der im Herbst 1995 errichtete, jedoch ursprünglich nach zwei Seiten teilweise offene Zubau erst nach 1995 nach allen Seiten geschlossen worden sei. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 71b Abs. 3 Bauordnung für Wien sei im Übrigen nicht zu erkennen. Durch die Entfernung des Zubaus würde die Wohnfunktion des bewilligten Kleingartenhauses keineswegs in einem Maße eingeschränkt, dass davon gesprochen werden könnte, dass durch die Erhaltung des Zubaus bereits geschaffener Wohnraum für die Bevölkerung erhalten bliebe (§ 71b Abs. 3 Z. 1 Bauordnung für Wien); auch die übrigen Tatbestände des § 71b Abs. 3 leg. cit. lägen im Beschwerdefall nicht vor. Da keine öffentlichen Interessen an dem weiteren Bestand des Zubaus gegeben seien, falle die in § 71b Abs. 4 Bauordnung für Wien vorgesehene Abwägung mit öffentlichen Interessen oder Interessen der Nachbarn an der Beseitigung zu Ungunsten des weiteren Bestehens des Zubaus aus. Es bestehe jedenfalls ein öffentliches Interesse an der generellen Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes 1996 betreffend die Höchstgrenzen der baulichen Ausnützbarkeit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 darf das Ausmaß der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 Bauordnung für Wien im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" nicht mehr als 50 m2 betragen. Die bebaute Fläche darf 25 v.H. der Fläche des Kleingartens nicht überschreiten.
Gemäß § 80 Abs. 1 Bauordnung für Wien gilt als bebaute Fläche die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene. Als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.
Aus dem im Verfahren nach § 71b Bauordnung für Wien von der Beschwerdeführerin eingereichten Einreichplan ergibt sich, dass die bebaute Fläche des ursprünglich bestehenden Kleingartenwohnhauses 49,20 m2 und des zur Bewilligung eingereichte Zubaues 10,06 m2 groß ist; die gesamte bebaute Fläche des Gebäudes beträgt nunmehr 59,26 m2.
Gemäß § 71b Abs. 1 Bauordnung für Wien ist auf Antrag eine Sonderbaubewilligung mit schriftlichem Bescheid nach Maßgabe der folgenden Absätze für bestehende Gebäude, Gebäudeteile oder bauliche Anlagen, die vor dem 1. Mai 1997 errichtet worden sind, eine erforderliche Baubewilligung nicht haben und auch nach §§ 70, 70a, 71 oder 71a nicht bewilligt werden können, zu erteilen.
Die Baubehörden haben die von der Beschwerdeführerin beantragte Sonderbaubewilligung deshalb versagt, weil der zur Genehmigung eingereichte Gebäudeteil erst nach dem 1. Mai 1997 errichtet worden ist.
Die Beschwerdeführerin bekämpft die Rechtsauffassung der belangten Behörde, der nunmehr bestehende Zubau (allseits umschlossener Kellerabgangsüberbau) stelle ein Aliud zu der ursprünglich vorhandenen Überdachung dar; die Behörden hätten es unterlassen, Feststellungen zu den Ausmaßen und zum Aussehen dieses Zubaus am Stichtag 1. Mai 1997 zu treffen.
Zutreffend verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Berufung ausgeführt hat, dass "im Herbst 1997 zum Schutz gegen starke Witterungseinflüsse am Zubau" Ergänzungen vorgenommen worden sind. Im Hinblick auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse und das Vorbringen der Beschwerdeführerin sowohl im Bauauftragsverfahren als auch im Baubewilligungsverfahren erweist sich daher die Feststellung der belangten Behörde, dass am 1. Mai 1997 die allseitige bauliche Umschließung des Zubaus noch nicht vorhanden gewesen ist, als nicht unschlüssig. Daraus folgt, dass die eine Vergrößerung der bebauten Fläche im Sinne des § 80 Abs. 1 Bauordnung für Wien bildende Abänderung des Zubaus zum Gebäude nach dem Stichtag 1. Mai 1997 ausgeführt wurde. Da mit dem nach dem Stichtag 1. Mai 1997 vorgenommenen Ausbau dieses Zubaus das in § 12 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 normierte Höchstausmaß der bebauten Fläche überschritten wird, hat die belangte Behörde schon mit ihrem rechtskräftigen Bescheid vom 25. Februar 2004 die (nachträgliche) Baubewilligung in Übereinstimmung mit der Rechtslage versagt.
Da auf Grund der in einem mängelfreien Verfahren getroffenen Feststellungen im Beschwerdefall davon auszugehen ist, dass der zur Sonderbaubewilligung eingereichte Gebäudeteil erst nach dem 1. Mai 1997 errichtet worden ist, hat die belangte Behörde zutreffend auch die Voraussetzungen für die Erteilung der Sonderbaubewilligung verneint. Ob die weiteren in § 71b Abs. 3 und 4 Bauordnung für Wien geforderten Voraussetzungen für die Erteilung der Sonderbaubewilligung vorliegen, bedarf daher im Beschwerdefall keiner weiteren Erörterung.
Hinzuweisen ist darauf, dass die in § 71b Abs. 3 Z. 1 Bauordnung für Wien genannte Voraussetzung, dass bereits geschaffener Wohnraum für die Bevölkerung erhalten werden soll, auf den Verlust einer vorhandenen Wohnmöglichkeit abstellt. Ein solcher droht aber bei Beseitigung des beschwerdegegenständlichen Zubaus nicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0032).
Der Antrag der Beschwerdeführerin stützte sich ausdrücklich auf § 71b Bauordnung für Wien. Nach Abs. 6 dieses Paragraphen entscheidet über den Antrag auf Sonderbaubewilligung der Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung (§ 133). Das Ermittlungsverfahren führt der Magistrat, bei dem auch der Antrag einzubringen ist. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Magistrat den Antrag an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten.
Unverständlich sind daher die Ausführungen der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil innerhalb der in § 8 Abs. 6 Wiener Kleingartengesetz 1996 normierten Dreimonatsfrist keine Entscheidung ergangen sei. Die Untersagung der nachträglichen Baubewilligung gemäß § 8 Abs. 6 Wiener Kleingartengesetz 1996 betreffend den gegenständlichen Zubau erfolgte - wie bereits erwähnt - mit rechtskräftigem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. Februar 2004.
Die Beschwerdeführerin behauptet eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil daraus nicht hervorgehe, in welcher Zusammensetzung die Bauoberbehörde entschieden habe; darüber hinaus sei der Bescheid weder mit dem Amtssiegel versehen noch unterfertigt.
Aus der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides muss nicht erkennbar sein, in welcher Zusammensetzung die Bauoberbehörde entschieden hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2003/05/0192, m.w.N.).
Gemäß § 82 Abs. 14 AVG bedürfen Ausfertigungen schriftlicher Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind, aber nicht elektronisch signiert worden sind, und Ausfertigungen, die telegrafisch fernschriftlich mit Telefax im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bis zum 31. Dezember 2007 weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung; bei vervielfältigten schriftlichen Erledigungen bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Zweifellos wurde der bestehende Bescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt, die Anbringung eines Amtssiegels wird vom Gesetz nicht gefordert.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. September 2007
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Rechtmäßigkeit behördlicher ErledigungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006050127.X00Im RIS seit
29.10.2007Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008