TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/21 2005/05/0062

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Veröffentlicht am 21.09.2007
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Index

L70707 Theater Veranstaltung Tirol;
L70717 Spielapparate Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z4;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VeranstaltungsG Tir 2003 §19 Abs1 litb;
VeranstaltungsG Tir 2003 §2 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Mag. Christoph Weiss in Linz, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16. Dezember 2004, Zl. I-Rm- 00087e/2004, betreffend Versagung einer Veranstaltungsbewilligung, nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 794,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtmagistrats der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. Juli 2004 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Ansuchens die Bewilligung für die Aufstellung und den Betrieb eines näher bezeichneten Spielapparates an einem näher bezeichneten Standort versagt. Aus der Anmeldung vom 14. Juni 2004, insbesondere aus der Spielbeschreibung des Apparates gehe hervor, dass es sich hierbei um einen Geldspielapparat im Sinne der einschlägigen Gesetzesbestimmungen handle, dessen Aufstellung und Betrieb verboten sei.

In seiner dagegen erstatteten Berufung machte der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Als Berufungsbegründung wurde ausgeführt:

"Die Bewilligung hätte erteilt werden müssen. Weitere Ausführungen und Beweisanbote bleiben ausdrücklich vorbehalten."

Darauf holte die Berufungsbehörde Befund und Gutachten des Sachverständigen Ing. N.T. vom 6. Oktober 2004 ein. Der Sachverständige ging von der mit dem seinerzeitigen Antrag vorgelegten Spielbeschreibung aus. Es würden die Spiele "Magic Life" als Videopokerspiel mit Zufallsgenerator, der das Glücksspiel steuert, und "Reel-Star" als Videowalzenspiel mit Zufallsgenerator, der das Glücksspiel steuert, beschrieben. Der Einsatz betrage für beide Spielprogramme mindestens EUR 0,10, maximal EUR 0,50. Der Gewinnplan sehe verschieden hohe Quoten vor, wobei der Spielgewinn dem Kredit hinzugerechnet oder weiter eingesetzt werde. Die Kreditauszahlung erfolge über die am Gerät angebrachte Auszahltaste, der eingebaute "Hopper" werfe den entsprechenden Gewinnbetrag aus. Der Sachverständige gelangte zum Ergebnis, dass der Spielautomat als Geldspielautomat zu qualifizieren sei. Gewinn und Verlust würden ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 hielt die Berufungsbehörde dem Beschwerdeführer dieses Gutachten zur Wahrung des Parteiengehörs vor und räumte eine Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme ein. In einem Amtsvermerk vom 18. November 2004 wurde festgehalten, dass laut telefonischer Auskunft die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers das Gutachten am 13. Oktober 2004 erhalten habe; eine Stellungnahme sei nicht erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach eingehender Überprüfung der im Rahmen der Anmeldung eingebrachten Beschreibung sei der von der Berufungsbehörde beigezogene Sachverständige zum Schluss gelangt, dass der Spielautomat ein Geldspielapparat sei. Die dazu gewährte Möglichkeit des Parteiengehörs hätte der Beschwerdeführer nicht genützt. Auf Grund der Eindeutigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens stehe für die Behörde fest, dass es sich beim gegenständlichen Spielautomaten um einen Geldspielautomaten handle, dessen Aufstellung im Sinne des § 19 Abs. 1 lit. b des Tiroler Veranstaltungsgesetzes verboten sei.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung dieses Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in seinem Recht auf "freies Aufstellen" eines Spielapparates verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Rahmen seiner Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, dass der beantragte Spielapparat nicht unter die Bestimmung des § 19 Tiroler Veranstaltungsgesetz falle. Die Behörde habe ihr Ermessen bei der Feststellung, ob es sich um einen genehmigungspflichtigen Spielapparat handle, nicht im Sinne des Gesetzes geübt. Dem Bescheid fehle jegliche Begründung. Ein Ermittlungsverfahren habe nicht stattgefunden. Dass der Beschwerdeführer in der Berufung darauf hingewiesen habe, dass weitere Ausführungen vorbehalten seien, habe der bekämpfte Bescheid mit Stillschweigen zur Kenntnis genommen. Das Gutachten, worauf sich die belangte Behörde beziehe, sei dem Beschwerdeführer nicht übermittelt worden; dessen Inhalt sei ihm unbekannt. Entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde keine Verhandlung durchgeführt.

Glücksspielautomaten, die nicht dem Glücksspielmonopol unterlägen, seien Automaten, bei denen die vermögensrechtliche Leistung des Spielers je Spiel den Betrag oder den Gegenwert von EUR 0,50 nicht übersteige und der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteige. Auf Grund der landesrechtlichen Regelungen, so auch in Tirol, bestünden je nach Bundesland entweder gänzliche Verbote oder sei die Betreibung dieser Geldspielautomaten an Bewilligungen bzw. an Konzessionen geknüpft. Genau diese Regelung sei untragbar und eine Rechtsunsicherheit, die zu Lasten des Beschwerdeführers gehe. Während in den anderen Bundesländern eine Anmeldung problemlos zu sein scheine, werde seitens der zuständigen Behörde im Raum Innsbruck immer wieder versucht, dem Beschwerdeführer "einen Prügel zwischen die Beine zu werfen". Aus völlig unsachlichen Motiven werde dem Beschwerdeführer die Bewilligung versagt. Die Behörde habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, es hätte eine Subsumtion unter § 4 Glücksspielgesetz erfolgen müssen.

Im Rahmen der Verfahrensrüge führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde habe ihren Bescheid nicht so begründet, dass eine Überprüfung, ob sie von einer Beurteilung im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe, möglich sei. Es sei auch nicht begründet worden, warum eine mündliche Berufungsverhandlung entbehrlich geblieben sei. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass mit dem gegenständlichen Spielapparat lediglich der Spielbetrieb des so genannten "kleinen Glücksspiels" möglich sei. Durch die Verletzung der Begründungspflicht leide der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer regt an, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften den Akt zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Themenkreis EG-Konformität namentlich genannter Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und des Tiroler Veranstaltungsgesetzes vorzulegen. Bei der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde stelle sich die Frage der Auslegung von Gemeinschaftsrechten. Nach ständiger Judikatur des EuGH sei davon auszugehen, dass die geltende österreichische Gesetzeslage nicht die notwendige EG-Konformität aufweise.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 2003 (VeranstaltungsG) lauten:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Veranstaltungen im Sinne dieses Gesetzes sind:

...

b) die Bereitstellung technischer Einrichtungen, die der Unterhaltung der Benützer dienen, insbesondere von Spielapparaten;

...

(6) Spielapparat ist eine technische Einrichtung, die der Durchführung wenigstens eines Spieles dient und die gegen Entgelt betrieben wird.

(7) Geldspielapparat ist ein Spielapparat, bei dem einem Spieler vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt werden, gleichgültig, ob Gewinn oder Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen oder nicht. Spielapparate, die nach ihrer Art und Beschaffenheit eine Gewinnausspielung erwarten lassen, gelten auch dann als Geldspielapparate, wenn in Hinweisen oder Ankündigungen die Erzielung eines Gewinnes ausgeschlossen wird.

§ 19

Verbote

(1) Verboten sind:

...

b) die Aufstellung und der Betrieb von Geldspielapparaten und von Spielapparaten, die eine verrohende Wirkung ausüben oder das sittliche Empfinden erheblich verletzen. Eine verrohende Wirkung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn Gegenstand des Spieles die in naturalistischer Weise dargestellte Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren ist;

..."

§ 4 Glücksspielgesetz lautet:

"§ 4. (1) Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 0,50 Euro nicht übersteigt.

     (2) Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten

unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

     1.        die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den

Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und

     2.        der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von

20 Euro nicht übersteigt.

(3) Warenausspielungen mittels eines Glücksspielapparates unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn die vermögensrechtliche Leistung den Betrag oder den Gegenwert von 1 Euro nicht übersteigt und es sich um die Schaustellergeschäfte des 'Fadenziehens', 'Stoppelziehens', 'Glücksrades', 'Blinkers', 'Fische- oder Entenangelns', 'Plattenangelns', 'Fische- oder Entenangelns mit Magneten', 'Plattenangelns mit Magneten', 'Zahlenkesselspiels', 'Zetteltopfspiels' sowie um diesen ähnliche Spiele handelt. Eine Warenausspielung liegt nicht vor, wenn die Einlösung des Gewinns in Geld möglich ist.

(4) Lebensversicherungsverträge, nach denen die in Ab- und Erlebensfall zu leistende Versicherungssumme für den Fall der Auslosung vorzeitig zu zahlen ist, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol.

(5) Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspiele unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, solange das zusammengerechnete Spielkapital solcher Ausspielungen desselben Veranstalters 4 000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt und wenn mit der Ausspielung nicht persönliche Interessen der Veranstalter oder Erwerbszwecke verfolgt werden."

Dem Umstand, dass die Behörden das einleitende Ansuchen nach den genannten Bestimmungen des VeranstaltungsG beurteilt haben, liegt der vom Beschwerdeführer als fehlend gerügte Subsumtionsvorgang unter § 4 Glücksspielgesetz zu Grunde. Geschicklichkeitsspiele sowie die so genannten "kleinen Glücksspiele" unterliegen, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1975, VfSlg. Nr. 7567, ausgeführt hat, gemäß Art. 15 Abs. 1 iVm Abs. 3 B-VG (Veranstaltungswesen) dem Kompetenzbereich der Länder; nimmt der Bundesgesetzgeber eine Tätigkeit ausdrücklich von ihrer Unterstellung unter ein Monopol aus, so bestehe verfassungsrechtlich kein Hindernis, dass diese Tätigkeit von dem hiezu zuständigen Gesetzgeber einer Regelung unterzogen wird.

Zu den vom Beschwerdeführer in der Verhandlung geäußerten gleichheitsrechtlichen Bedenken ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es im Wesen der Landeskompetenz liegt, dass die Regelungen von Bundesland zu Bundesland verschieden sein können, sodass kein Anlass für eine Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG besteht (hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0060).

Der Beschwerdeführer behauptet ohne nähere Begründung, dass sein Spielapparat nicht unter die Bestimmung des § 19 VeranstaltungsG falle. Ob ein Geldspielautomat vorliegt, ist anhand der zitierten Gesetzesbestimmungen zu beurteilen; diese Gesetzesbestimmungen räumen im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers keinerlei Ermessen ein. Nach den getroffenen Erhebungen beträgt der Einsatz EUR 0,10 bis 0,50 und es werden Gewinne erzielt, wobei die Auszahlung über die am Gerät angebrachte Auszahltaste erfolgt und ein entsprechender Gewinnbetrag ausgeworfen wird.

Der Beschwerdeführer führt nicht an, welche der in § 2 Abs. 1 Z. 6 und 7 VeranstaltungsG geforderten Voraussetzungen - er gibt diese Gesetzesstellen ja wieder - hier nicht vorliegen sollen. Den weiteren - nicht leicht verständlichen - Beschwerdeausführungen lässt sich vielmehr entnehmen, dass er selbst vom Vorliegen eines "kleinen Glücksspiels" ausgeht.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, ihm sei das Sachverständigengutachten nicht zugestellt worden, ist ihm die eindeutige Aktenlage entgegen zu halten; der diesbezüglichen Darstellung in der Gegenschrift - im Bescheid selbst bestand dazu keine Veranlassung - ist er auch in der Verhandlung nicht entgegengetreten. Selbst wenn man unterstellt, dass das Gutachten dem Beschwerdeführer nicht zugekommen wäre, ist der Beschwerde nicht einmal andeutungsweise entnehmbar, was der Beschwerdeführer vorgebracht hätte, wenn ihm das Gutachten zugestellt worden wäre. Weder das Materiengesetz (VeranstaltungsG) noch das AVG verpflichtet die Berufungsbehörde zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Liegt somit ein Geldspielapparat vor, dann greift das Verbot des § 19 Abs. 1 lit. b VeranstaltungsG und erfolgte die Abweisung seines Ansuchens zu Recht. Der Verwaltungsgerichtshof kann weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, noch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erkennen.

Zur Anregung gemäß Art. 234 (EG) lässt der Beschwerdeführer jegliche Begründung vermissen; insbesondere zeigt er nicht auf, welche Bestimmung des Gemeinschaftsrechts einer Auslegung durch den EuGH bedarf. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, inwieweit durch die hier gegenüber einem oberösterreichischen Betreiber ausgesprochene Versagung der Aufstellung eines Geldspielautomaten in Tirol Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts verletzt werden.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 59 Abs. 3 letzter Satz VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2007

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005050062.X00

Im RIS seit

11.10.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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