TE OGH 2006/9/6 46R499/06g

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Veröffentlicht am 06.09.2006
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Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht durch HR Dr. Breinl als Vorsitzenden sowie Dr. Streller und Dr. Zeller als weitere Richter im Schuldenregulierungsverfahren des Schuldners Karl C***** Wien, *****, über den Rekurs der Gläubigerin mj. Denise C***** Wien, *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge ***** Wien, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 30.5.2006, 13 S 14/06w-13, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, der in Ansehung der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens unberührt bleibt, hinsichtlich der Treuhänderbestellung aufgehoben und dem Erstgericht die Bestellung eines anderen Treuhänders aufgetragen. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 20.000,--. Gegen diese Entscheidung ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Begründung:

Text

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht auf Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren eingeleitet und R***** S***** zum Treuhänder bestellt. Weiters wurde der Drittschuldner angewiesen, die pfändbaren Bezüge an den Treuhänder auf ein bestimmtes Konto zu überweisen.

Gegen diesen Beschluss, und zwar nur gegen die Bestellung von ***** R***** S***** zum Treuhänder, richtet sich der Rekurs der Konkursgläubigerin Denise C*****.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Die Rekurswerberin führt aus, ***** R***** S***** sei als Rechtspflegerin beim Erstgericht tätig. Aus der Funktion des Treuhänders ergebe sich gemäß § 80 Abs 3 KO das Gebot der Unabhängigkeit. Daraus, wie auch aus der Rechnungspflicht gegenüber dem Gericht und der Überprüfungskompetenz des Konkursgerichtes ergebe sich, dass es nicht zulässig sei, einen Rechtspfleger desselben Gerichtes, bei welchem das Abschöpfungsverfahren anhängig ist, zum Treuhänder zu bestellen. Wenn die zum Treuhänder bestellte Rechtspflegerin von ihrer im selben Gericht tätigen Kollegin als Gerichtsorgan kontrolliert werden soll, bestehe eine "schiefe Optik".Die Rekurswerberin führt aus, ***** R***** S***** sei als Rechtspflegerin beim Erstgericht tätig. Aus der Funktion des Treuhänders ergebe sich gemäß Paragraph 80, Absatz 3, KO das Gebot der Unabhängigkeit. Daraus, wie auch aus der Rechnungspflicht gegenüber dem Gericht und der Überprüfungskompetenz des Konkursgerichtes ergebe sich, dass es nicht zulässig sei, einen Rechtspfleger desselben Gerichtes, bei welchem das Abschöpfungsverfahren anhängig ist, zum Treuhänder zu bestellen. Wenn die zum Treuhänder bestellte Rechtspflegerin von ihrer im selben Gericht tätigen Kollegin als Gerichtsorgan kontrolliert werden soll, bestehe eine "schiefe Optik".

Diesen Rekursausführungen ist beizupflichten.

Gemäß § 202 Abs 2 KO bestimmt das Gericht zugleich mit der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens für dessen Dauer einen Treuhänder, auf den der pfändbare Teil der Forderungen des Schuldners auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion nach Maßgabe der Abtretungserklärung übergeht. Nach § 202 Abs 3 KO kann zum Treuhänder auch ein bevorrechteter Gläubigerschutzverband bestellt werden. § 203 KO regelt die Rechtsstellung des Treuhänders. Nach § 203 Abs 2 KO kann das Gericht auf Antrag der Gläubigerversammlung dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, durch angemessene Erhebungen zu prüfen, ob der Schuldner seine Obliegenheiten erfüllt. Nach § 203 Abs 3 hat der Treuhänder dem Gericht und auf Aufforderung des Schuldners auch diesem 1.) jährlich, 2.) nach Ablauf der Abtretungserklärung und 3.) bei Beendigung seiner Tätigkeit Rechnung zu legen.Gemäß Paragraph 202, Absatz 2, KO bestimmt das Gericht zugleich mit der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens für dessen Dauer einen Treuhänder, auf den der pfändbare Teil der Forderungen des Schuldners auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion nach Maßgabe der Abtretungserklärung übergeht. Nach Paragraph 202, Absatz 3, KO kann zum Treuhänder auch ein bevorrechteter Gläubigerschutzverband bestellt werden. Paragraph 203, KO regelt die Rechtsstellung des Treuhänders. Nach Paragraph 203, Absatz 2, KO kann das Gericht auf Antrag der Gläubigerversammlung dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, durch angemessene Erhebungen zu prüfen, ob der Schuldner seine Obliegenheiten erfüllt. Nach Paragraph 203, Absatz 3, hat der Treuhänder dem Gericht und auf Aufforderung des Schuldners auch diesem 1.) jährlich, 2.) nach Ablauf der Abtretungserklärung und 3.) bei Beendigung seiner Tätigkeit Rechnung zu legen.

Gemäß § 203 Abs 4 KO gelten die §§ 84 und 87 entsprechend, § 87 jedoch mit der Maßgabe, dass die Enthebung von jedem Konkursgläubiger beantragt werden kann.Gemäß Paragraph 203, Absatz 4, KO gelten die Paragraphen 84 und 87 entsprechend, Paragraph 87, jedoch mit der Maßgabe, dass die Enthebung von jedem Konkursgläubiger beantragt werden kann.

§ 84 KO bestimmt über die Überwachung des Masseverwalters:Paragraph 84, KO bestimmt über die Überwachung des Masseverwalters:

(Abs 1) Das Konkursgericht hat die Tätigkeit des Masseverwalters zu überwachen. Es kann ihm schriftlich oder mündlich Weisungen erteilen, Berichte und Aufklärungen einholen, Rechnungen oder sonstige Schriftstücke einsehen und die erforderlichen Erhebungen vornehmen. Das Gericht kann anordnen, dass der Masseverwalter über bestimmte Fragen Weisungen des Gläubigerausschusses einholt.(Absatz eins,) Das Konkursgericht hat die Tätigkeit des Masseverwalters zu überwachen. Es kann ihm schriftlich oder mündlich Weisungen erteilen, Berichte und Aufklärungen einholen, Rechnungen oder sonstige Schriftstücke einsehen und die erforderlichen Erhebungen vornehmen. Das Gericht kann anordnen, dass der Masseverwalter über bestimmte Fragen Weisungen des Gläubigerausschusses einholt.

(Abs 2) Kommt der Masseverwalter seinen Obliegenheiten nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kann ihm das Gericht zur pünktlichen Erfüllung seiner Pflichten durch Geldstrafen anhalten und in dringenden Fällen auf seine Kosten und Gefahr zur Besorgung einzelner Geschäfte einen besonderen Verwalter bestellen.(Absatz 2,) Kommt der Masseverwalter seinen Obliegenheiten nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kann ihm das Gericht zur pünktlichen Erfüllung seiner Pflichten durch Geldstrafen anhalten und in dringenden Fällen auf seine Kosten und Gefahr zur Besorgung einzelner Geschäfte einen besonderen Verwalter bestellen.

(Abs 3) Über Beschwerden eines Gläubigers, eines Mitglieds des Gläubigerausschusses oder des Gemeinschuldners gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters entscheidet das Konkursgericht. Gegen dessen Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.(Absatz 3,) Über Beschwerden eines Gläubigers, eines Mitglieds des Gläubigerausschusses oder des Gemeinschuldners gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters entscheidet das Konkursgericht. Gegen dessen Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

Mit Rücksicht auf diese Überwachungs- und Kontrollfunktionen, die das Konkursgericht gegenüber dem Treuhänder wahrzunehmen hat, muss der Anschein von Zweifeln an der vollen Unbefangenheit des Konkursgerichtes bestehen, wenn ein Rechtspfleger desselben zum Treuhänder bestellt wird. Letztlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Treuhänder einmal im Vertretungsfall eine Entscheidung in diesem Abschöpfungsverfahren treffen müsste. Aus der Funktion des Treuhänders ergibt sich, dass das Gebot der Unabhängigkeit (§ 80 Abs 3 KO) auch hier gilt (G. Kodek, Privatkonkurs Rz 580). Die Bestellung einer Rechtspflegerin des Erstgerichtes zum Treuhänder war daher aufzuheben. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der öffentlichen Bekanntmachung in der Insolvenzdatei wird die Auswahl und Bestellung eines anderen Treuhänders dem Erstgericht aufgetragen.Mit Rücksicht auf diese Überwachungs- und Kontrollfunktionen, die das Konkursgericht gegenüber dem Treuhänder wahrzunehmen hat, muss der Anschein von Zweifeln an der vollen Unbefangenheit des Konkursgerichtes bestehen, wenn ein Rechtspfleger desselben zum Treuhänder bestellt wird. Letztlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Treuhänder einmal im Vertretungsfall eine Entscheidung in diesem Abschöpfungsverfahren treffen müsste. Aus der Funktion des Treuhänders ergibt sich, dass das Gebot der Unabhängigkeit (Paragraph 80, Absatz 3, KO) auch hier gilt (G. Kodek, Privatkonkurs Rz 580). Die Bestellung einer Rechtspflegerin des Erstgerichtes zum Treuhänder war daher aufzuheben. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der öffentlichen Bekanntmachung in der Insolvenzdatei wird die Auswahl und Bestellung eines anderen Treuhänders dem Erstgericht aufgetragen.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 171 KO iVm § 528 Abs 1 ZPO. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der letztgenannten Gesetzesstelle war hier nicht zu lösen. Landesgericht für ZRS WienDer Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus Paragraph 171, KO in Verbindung mit Paragraph 528, Absatz eins, ZPO. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der letztgenannten Gesetzesstelle war hier nicht zu lösen. Landesgericht für ZRS Wien

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 11

Anmerkung

EWZ00134 46R499.06g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2006:04600R00499.06G.0906.000

Dokumentnummer

JJT_20060906_LG00003_04600R00499_06G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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