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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verweigerung einer non-refoulement-Prüfung bei Abweisung eines Asylantrags infolge fälschlicher Anwendung einer ÜbergangsbestimmungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 1.962 € bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein albanischer Staatsangehöriger, reiste am 13. Dezember 1995 illegal in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl, da er in Albanien aufgrund eines Fluchtversuches während des Militärdienstes in Haft gewesen und Folter sowie Mißhandlung ausgesetzt gewesen sei. Seine Ehefrau und seine beiden Kinder leben seit 1992 als Asylwerber in Österreich.
2. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 21. Dezember 1995 gemäß §3 Asylgesetz 1991, BGBl. 8/1992, abgewiesen, der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1997 keine Folge gegeben. Nachdem mit 1. Jänner 1998 das Asylgesetz 1997, BGBl. 76 (im folgenden: AsylG 1997), in Kraft getreten war, wies der angerufene Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gemäß §44 Abs3 AsylG 1997 zurück und leitete die Akten an den nunmehr zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenat (im folgenden bloß: Bundesasylsenat) weiter.
Mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 8. April 2002 wurde die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung gemäß §7 AsylG 1997 abgewiesen, da der Beschwerdeführer eine individuelle gegen ihn gerichtete aktuelle Verfolgungsgefahr nicht aufgezeigt habe. Von einem Abspruch nach §8 AsylG 1997 (Non-refoulement-Prüfung) sah der Bundesasylsenat hingegen ab.
II. 1. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (BVG BGBl. 390/1973) gerügt und die Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten ohne Erstattung einer Gegenschrift vor.
III. Die Beschwerde, deren meritorischer Erledigung Verfahrenshindernisse nicht entgegenstehen, erweist sich als gerechtfertigt.
1. Die Beschwerde entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen der Beschwerdesache B872/01, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken kann auf die Entscheidungsgründe seines in dieser Beschwerdesache am heutigen Tag gefällten Erkenntnisses hinzuweisen; aus diesem ergibt sich sinngemäß auch für den vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde und der Bescheid daher aufzuheben ist.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 327 € auf die Umsatzsteuer.
VI. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.
Schlagworte
Asylrecht, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Übergangsbestimmung, VfGH / Anlaßfall, VfGH / AnlaßverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B936.2002Dokumentnummer
JFT_09978789_02B00936_2_00