Index
41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verweigerung einer non-refoulement-Prüfung bei Abweisung eines Asylantrags infolge fälschlicher Anwendung einer ÜbergangsbestimmungSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 1.962 € be stimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, reiste am 22. März 1996 illegal in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl, da sie in ihrer Heimat von Soldaten verfolgt werde. Am 7. Februar 1998 heiratete die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet einen Staatsanghörigen der Demokratischen Republik Kongo, der in Österreich seit 25. September 1996 anerkannter Flüchtling ist; ein gemeinsamer Sohn kam am 30. November 1999 zur Welt, dem sodann Asyl durch Erstreckung in Ansehung des Vaters gewährt wurde. Ein von der Beschwerdeführerin gestellter Asylerstreckungsantrag wurde zurückgewiesen, weil die Ehe nicht innerhalb eines Jahres nach der Einreise geschlossen worden war (s. §10 Abs2 zweiter Satz AsylG 1997).
2. Der Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 12. November 1996 gemäß §3 Asylgesetz 1991, BGBl. 8/1992, abgewiesen, der dagegen erhobenen Berufung - nach Übermittlung der Verwaltungsakten gemäß §44 Abs1 Asylgesetz 1997, BGBl. 76 (im folgenden: AsylG 1997), durch den Bundesminister für Inneres - mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. September 2001 gemäß §7 AsylG 1997 im wesentlichen mit der Begründung keine Folge gegeben, daß eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Grund nicht gegeben sei. Von einem Abspruch nach §8 AsylG 1997 (Non-refoulement-Prüfung) sah der Bundesasylsenat hingegen ab.
II. 1. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher insbesondere die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (BVG BGBl. 390/1973) gerügt und die Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
III. Die Beschwerde, deren meritorischer Erledigung Verfahrenshindernisse nicht entgegenstehen, erweist sich als gerechtfertigt.
1. Die Beschwerde entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen der Beschwerdesache B872/01, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken kann auf die Entscheidungsgründe seines in dieser Beschwerdesache am heutigen Tag gefällten Erkenntnisses hinzuweisen; aus diesem ergibt sich sinngemäß auch für den vorliegenden Fall, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde und der Bescheid daher aufzuheben ist.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 327 € auf die Umsatzsteuer.
IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.
Schlagworte
Asylrecht, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Übergangsbestimmung, VfGH / Anlaßfall, VfGH / AnlaßverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1467.2001Dokumentnummer
JFT_09978789_01B01467_2_00