TE OGH 2006/9/21 8Ob103/06i

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.2006
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Lore J*****, über den Revisionsrekurs der einstweiligen Sachwalterin für dringende Angelegenheiten Dr. Martina Simlinger-Haas, Rechtsanwältin, Resnerstraße 31, 1030 Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Mai 2006, GZ 48 R 62/06g-140, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4. Jänner 2006, GZ 29 P 9/04w-130, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Rekurswerberin wurde mit Beschluss vom 8. 4. 2004 zur Vertretung der betroffenen Person im Sachwalterschaftsverfahren gemäß § 238 Abs 1 AußStrG (alt) sowie zur einstweiligen Sachwalterin gemäß § 238 Abs 2 AußStrG zur Besorgung der im Einzelnen aufgezählten dringenden Angelegenheiten (Vertretung in diversen gerichtlichen Verfahren) bestellt.Die Rekurswerberin wurde mit Beschluss vom 8. 4. 2004 zur Vertretung der betroffenen Person im Sachwalterschaftsverfahren gemäß Paragraph 238, Absatz eins, AußStrG (alt) sowie zur einstweiligen Sachwalterin gemäß Paragraph 238, Absatz 2, AußStrG zur Besorgung der im Einzelnen aufgezählten dringenden Angelegenheiten (Vertretung in diversen gerichtlichen Verfahren) bestellt.

Mit Beschluss vom 19. 7. 2004 sprach das Erstgericht auf Grund der Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes Dr. L***** durch die betroffene Person aus, dass die Vertretungsmacht der nunmehrigen Rekurswerberin hinsichtlich der Vertretung der betroffenen Person im Sachwalterbestellungsverfahren erloschen sei. Mit Beschluss vom 18. 7. 2005 bestellte das Erstgericht anstelle der nunmehrigen Rekurswerberin Dr. L***** auch zum einstweiligen Sachwalter für die Besorgung der dringenden Angelegenheiten (Vertretung in den angeführten Verfahren). Gegen diesen Beschluss erhob dieser Rekurs, dem mit Beschluss des Rekursgerichtes vom 24. 11. 2005 nicht Folge gegeben wurde. Die Rekursentscheidung konnte jedoch an ihn nicht mehr wirksam zugestellt werden, da er am 16. 12. 2005 verstarb. Mit Beschluss vom 4. 1. 2006 „hielt das Erstgericht fest", dass infolge Ablebens des Rechtsanwaltes Dr. L***** vor Rechtskraft des Beschlusses vom 18. 7. 2005 weiterhin die nunmehrige Rekurswerberin einstweilige Sachwalterin der betroffenen Person für dringende Angelegenheiten im Sinn des Beschlusses vom 8. 4. 2004 sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der einstweiligen Sachwalterin nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Der Rekurswerberin sei zwar darin beizupflichten, dass Beschlüsse zur Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nach der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 238 Abs 2 AußStrG aF bereits mit Zustellung wirksam werden und diese Rechtsprechung auch auf die seit 1. 1. 2005 in Kraft getretene Bestimmung des § 120 AußStrg idF BGBl Nr 111/203 anwendbar sei, in der sogar ausdrücklich davon die Rede sei, dass die Bestellung zum einstweiligen Sachwalter mit sofortiger Wirksamkeit erfolge, daraus könne aber nicht zwingend abgeleitet werden, dass im Fall eines „Wegfalles" des Bestellungsbeschlusses die vor dessen Zustellung bestehende Rechtslage endgültig beseitigt sei. Im vorliegenden Fall sei der sofort wirksam gewordene Umbestellungsbeschluss nicht im Rechtsmittelweg ganz oder teilweise weggefallen, sondern habe bloß nie in Rechtskraft erwachsen können, weil der bestellte einstweilige Sachwalter nach Zustellung, aber vor Rechtskraft des Beschlusses verstorben sei. Auch in diesem Fall sei klar, dass der neue Sachwalter nie habe tätig werden können, sodass die zunächst eingetretene Wirksamkeit des Umbestellungsbeschlusses letztlich nie eintreten könne. Für ein Wiederaufleben der Bestellung der bisherigen einstweiligen Sachwalterin spreche der Umstand, dass die Enthebung uno actu mit der Neubestellung eines anderen einstweiligen Sachwalters erfolgt sei und durch dieses Wiederaufleben eine Vakanz in der Vertretung der dringenden Angelegenheiten der betroffenen Person vermieden werden könne. Dagegen spreche, dass die Enthebung des bisherigen Sachwalters in manchen Fällen sofort wirksam werden solle, zB wenn dieser seine Pflichten vernachlässige. Falle die ursprüngliche Wirksamkeit der Bestellung des neuen Sachwalters durch dessen Ableben vor Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses weg, könne dies nur vom Erstgericht geklärt werden. Genau dies habe das Erstgericht im angefochtenen Beschluss offensichtlich getan. Die Enthebung der Rekurswerberin vom Amt als einstweilige Sachwalterin sei nämlich nicht deswegen erfolgt, weil diese zur Ausübung ihres Amtes in irgendeiner Weise ungeeigneter als andere Rechtsanwälte erschienen sei, sondern weil auf Grund der Aktenlage die Hoffnung bestanden habe, dass die Betroffene, die die Bestellung eines Sachwalters und die Zusammenarbeit mit einem solchen ja grundsätzlich ablehnte, zu dem von ihr für das Sachwalterbestellungsverfahren frei gewählten Rechtsanwalt möglicherweise auch bei der Besorgung der dringenden Angelegenheit, nämlich der Vertretung in anhängigen Gerichtsverfahren, zumindest ein gewisses Vertrauen haben könnte. Eine Klarstellung durch den angefochtenen Beschluss sei sohin grundsätzlich zulässig und zweckmäßig. Da gegen den darin jedenfalls auch zum Ausdruck gebrachten Willen des Erstgerichtes, die Rekurswerberin möge die Besorgung der dringenden Angelegenheiten der betroffenen Person wieder übernehmen, keine Bedenken bestehen, sei dem Rekurs der Erfolg zu versagen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, da zu den rechtlichen Auswirkungen im Fall des Todes des neuen einstweiligen Sachwalters nach Zustellung, aber vor Rechtskraft des Umbestellungsbeschlusses, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.Der Rekurswerberin sei zwar darin beizupflichten, dass Beschlüsse zur Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nach der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu Paragraph 238, Absatz 2, AußStrG aF bereits mit Zustellung wirksam werden und diese Rechtsprechung auch auf die seit 1. 1. 2005 in Kraft getretene Bestimmung des Paragraph 120, AußStrg in der Fassung BGBl Nr 111/203 anwendbar sei, in der sogar ausdrücklich davon die Rede sei, dass die Bestellung zum einstweiligen Sachwalter mit sofortiger Wirksamkeit erfolge, daraus könne aber nicht zwingend abgeleitet werden, dass im Fall eines „Wegfalles" des Bestellungsbeschlusses die vor dessen Zustellung bestehende Rechtslage endgültig beseitigt sei. Im vorliegenden Fall sei der sofort wirksam gewordene Umbestellungsbeschluss nicht im Rechtsmittelweg ganz oder teilweise weggefallen, sondern habe bloß nie in Rechtskraft erwachsen können, weil der bestellte einstweilige Sachwalter nach Zustellung, aber vor Rechtskraft des Beschlusses verstorben sei. Auch in diesem Fall sei klar, dass der neue Sachwalter nie habe tätig werden können, sodass die zunächst eingetretene Wirksamkeit des Umbestellungsbeschlusses letztlich nie eintreten könne. Für ein Wiederaufleben der Bestellung der bisherigen einstweiligen Sachwalterin spreche der Umstand, dass die Enthebung uno actu mit der Neubestellung eines anderen einstweiligen Sachwalters erfolgt sei und durch dieses Wiederaufleben eine Vakanz in der Vertretung der dringenden Angelegenheiten der betroffenen Person vermieden werden könne. Dagegen spreche, dass die Enthebung des bisherigen Sachwalters in manchen Fällen sofort wirksam werden solle, zB wenn dieser seine Pflichten vernachlässige. Falle die ursprüngliche Wirksamkeit der Bestellung des neuen Sachwalters durch dessen Ableben vor Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses weg, könne dies nur vom Erstgericht geklärt werden. Genau dies habe das Erstgericht im angefochtenen Beschluss offensichtlich getan. Die Enthebung der Rekurswerberin vom Amt als einstweilige Sachwalterin sei nämlich nicht deswegen erfolgt, weil diese zur Ausübung ihres Amtes in irgendeiner Weise ungeeigneter als andere Rechtsanwälte erschienen sei, sondern weil auf Grund der Aktenlage die Hoffnung bestanden habe, dass die Betroffene, die die Bestellung eines Sachwalters und die Zusammenarbeit mit einem solchen ja grundsätzlich ablehnte, zu dem von ihr für das Sachwalterbestellungsverfahren frei gewählten Rechtsanwalt möglicherweise auch bei der Besorgung der dringenden Angelegenheit, nämlich der Vertretung in anhängigen Gerichtsverfahren, zumindest ein gewisses Vertrauen haben könnte. Eine Klarstellung durch den angefochtenen Beschluss sei sohin grundsätzlich zulässig und zweckmäßig. Da gegen den darin jedenfalls auch zum Ausdruck gebrachten Willen des Erstgerichtes, die Rekurswerberin möge die Besorgung der dringenden Angelegenheiten der betroffenen Person wieder übernehmen, keine Bedenken bestehen, sei dem Rekurs der Erfolg zu versagen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, da zu den rechtlichen Auswirkungen im Fall des Todes des neuen einstweiligen Sachwalters nach Zustellung, aber vor Rechtskraft des Umbestellungsbeschlusses, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen der, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Rechtsansicht des Rekursgerichtes unzulässig. Die vom Rekursgericht relevierte Problematik stellt sich im vorliegenden Verfahren nämlich nicht.

Auf die in den umfangreichen Ausführungen der Rechtsmittelwerberin vehement abgelehnte Problematik des „Wiederauflebens" des ursprünglichen Bestellungsbeschlusses als einstweilige Sachwalterin ist aus nachstehenden Erwägungen nicht einzugehen. Das Rekursgericht hat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS008550; 10 ObS 214/02x; 9 Ob 97/98z ua) ohne Rechtsirrtum dargelegt, dass die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters mit der Zustellung wirksam wird. Aus den Materialien (224 der Beil XXII GP) zu § 120 AußStrG ergibt sich, dass die im ersten Satz der leg cit gebrauchte Wendung „mit sofortiger Wirksamkeit" dahin zu verstehen sei, dass einem Rekurs ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt, und Dr. L***** daher (zunächst) wirksam zum einstweiligen Sachwalter der betroffenen Person bestellt wurde. Allerdings ergab sich auf Grund seines kurz darauf erfolgten Ablebens die Notwendigkeit einen neuen einstweiligen Sachwalter zu bestellen. Die Auffassung des Rekursgerichtes, dass das Erstgericht in seinem Bestellungsbeschluss - der ebenfalls mit der Zustellung wirksam wurde - jedenfalls auch seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass die nunmehrige Rechtsmittelwerberin als die vor der Umbestellung tätige einstweilige Sachwalterin (neuerlich) als einstweilige Sachwalterin der betroffenen Person agieren sollte, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Der Umstand, dass das Erstgericht in diesem Beschluss rechtsirrig - ausgesprochen hat, dass die Rechtsmittelwerberin „weiterhin" einstweilige Sachwalterin der Betroffenen für dringende Angelegenheiten sei, vermag daran nichts zu ändern. Auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die Vertretung der betroffenen Person in den im ursprünglichen Bestellungsbeschluss angeführten Angelegenheiten weiterhin erforderlich ist, ist jedenfalls vertretbar.Auf die in den umfangreichen Ausführungen der Rechtsmittelwerberin vehement abgelehnte Problematik des „Wiederauflebens" des ursprünglichen Bestellungsbeschlusses als einstweilige Sachwalterin ist aus nachstehenden Erwägungen nicht einzugehen. Das Rekursgericht hat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS008550; 10 ObS 214/02x; 9 Ob 97/98z ua) ohne Rechtsirrtum dargelegt, dass die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters mit der Zustellung wirksam wird. Aus den Materialien (224 der Beil römisch 22 Gesetzgebungsperiode zu Paragraph 120, AußStrG ergibt sich, dass die im ersten Satz der leg cit gebrauchte Wendung „mit sofortiger Wirksamkeit" dahin zu verstehen sei, dass einem Rekurs ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt, und Dr. L***** daher (zunächst) wirksam zum einstweiligen Sachwalter der betroffenen Person bestellt wurde. Allerdings ergab sich auf Grund seines kurz darauf erfolgten Ablebens die Notwendigkeit einen neuen einstweiligen Sachwalter zu bestellen. Die Auffassung des Rekursgerichtes, dass das Erstgericht in seinem Bestellungsbeschluss - der ebenfalls mit der Zustellung wirksam wurde - jedenfalls auch seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass die nunmehrige Rechtsmittelwerberin als die vor der Umbestellung tätige einstweilige Sachwalterin (neuerlich) als einstweilige Sachwalterin der betroffenen Person agieren sollte, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Der Umstand, dass das Erstgericht in diesem Beschluss rechtsirrig - ausgesprochen hat, dass die Rechtsmittelwerberin „weiterhin" einstweilige Sachwalterin der Betroffenen für dringende Angelegenheiten sei, vermag daran nichts zu ändern. Auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die Vertretung der betroffenen Person in den im ursprünglichen Bestellungsbeschluss angeführten Angelegenheiten weiterhin erforderlich ist, ist jedenfalls vertretbar.

Der Revisionsrekurs ist daher mangels Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.Der Revisionsrekurs ist daher mangels Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zurückzuweisen.

Anmerkung

E82177 8Ob103.06i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0080OB00103.06I.0921.000

Dokumentnummer

JJT_20060921_OGH0002_0080OB00103_06I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten