Index
L70707 Theater Veranstaltung Tirol;Norm
VeranstaltungsG Tir 2003 §2 Abs4 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des JH in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. Jänner 2005, Zl. uvs- 2004/22/154+155-6, betreffend Übertretungen nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz (weitere Partei: Tiroler Landesregierung),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung seines Spruchpunktes I. (betreffend die Tathandlung vom 22. Februar 2004) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Der Schuldspruch im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz (BH) vom 4. Oktober 2004 lautete wie folgt:
"1.)
Herr (Beschwerdeführer), hat am 22.2.2004 um ca. 00.50 Uhr (im Lokal 'Z.' in F.) ein Spiel, bei dem kein Geldspielapparat verwendet wurde, und zwar das Kartenspiel 'House Card Poker' erwerbsmäßig veranstaltet, wobei er selbst im Lokal anwesend war und - als Bevollmächtigter des F. H. - die Vermietung des Spieltisches durchgeführt und die Tischmiete eingehoben hat, wobei vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wurden und Gewinn oder Verlust nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhingen (Geschicklichkeitsspiel) und nicht nur um geringe Beträge gespielt wurde, da die Einsatzhöhe zwischen EUR 0,50 und EUR 5,-- betrug und in Bezug auf den Gewinn das Vierzigfache des Einsatzes, somit EUR 200,--, möglich waren.
2.)
Herr (Beschwerdeführer), hat am 28.3.2004 um ca. 04.05 Uhr (im Lokal 'Z.' in F.) ein Spiel, bei dem kein Geldspielapparat verwendet wurde, und zwar das Kartenspiel 'House Card Poker' erwerbsmäßig veranstaltet, wobei er selbst im Lokal anwesend war und - als Bevollmächtigter des F. H. - die Vermietung des Spieltisches durchgeführt und die Tischmiete eingehoben hat, wobei vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wurden und Gewinn oder Verlust nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhingen (Geschicklichkeitsspiel) und nicht nur um geringe Beträge gespielt wurde, da die Einsatzhöhe jedenfalls EUR 0,50 betrug und in Bezug auf den Gewinn das Vierzigfache des Einsatzes, somit EUR 20,--, möglich waren.
Herr (Beschwerdeführer) hat dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
zu 1) § 19 (1) lit. c iVm § 32 (1) lit. d Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003
zu 2) § 19 (1) lit. c iVm § 32 (1) lit. d Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003"
Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.500,--, insgesamt also EUR 3.000,--, verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Spruchpunkt 1. des Bescheides der BH erhobene Berufung als unbegründet ab (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides), hingegen gab sie der Berufung gegen den Spruchpunkt 2. des Bescheides der BH Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides). Die belangte Behörde ging dabei vom nachstehend wiedergegebenen Sachverhalt aus:
"Die Übertretungen, die dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt werden, wurden bei Kontrollen durch Organe des Gendarmeriepostens Schwaz festgestellt.
Sowohl bei der Kontrolle am 22.02.2004 zu Spruchpunkt 1. als auch am 28.03.2004 zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde das Geschicklichkeitsspiel 'House-Card-Poker' veranstaltet. Dieses Spiel wurde jeweils mit Bankhalter gespielt. Dieser Bankhalter ist der Spielleiter, der den Tisch mietet und das Risiko über Gewinn und Verlust trägt. Die Jetons wurden unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Bei beiden Kontrollen war der Berufungswerber anwesend, als Tischmieterin war jeweils Frau U. K. tätig. Es spielten jeweils zwei Personen. Am 22.2.2004 betrug die Einsatzhöhe zwischen 0,50 EUR und EUR 5,--, am 28.03.2004 0,50 EUR pro Spieler und Runde. An beiden Tagen befand sich an der Wand hinter dem 'House-Card-Poker'-Spieltisch eine Schautafel, wonach der Maximalgewinn bei diesem Spiel das Vierzigfache des Einsatzes beträgt.
Der Berufungswerber ist der Eigentümer (des Lokals 'Z'). Dieser Betrieb ist als Gastgewerbebetrieb Diskothek gewidmet. In diesem Betrieb gibt es einen Raum, in dem sich früher der Bistroraum befand. Der Berufungswerber hat diesen Raum komplett neu möbliert, indem er zwei Kartenspieltische und einen Roulettetisch aufgestellt hat, und dann diesen Raum samt Inventar und Jetons laut Pachtvertrag an Herrn F. H. für einen monatlichen Pachtzins von Euro 800.-- verpachtet. Da der Pächter selten selbst anwesend war, hat der Berufungswerber die Tische vermietet. Die Tischmiete betrug zwischen Euro 50,-und Euro 100.--. Wenn nicht gespielt wurde, wurde auch keine Miete bezahlt. Für die Abrechnung mit dem Pächter gab es kein System, diese Abrechnung erfolgte auf Vertrauensbasis. Aufzeichnungen dazu liegen keine mehr vor. Diese Mieten wurden vom Berufungswerber eingenommen. Ob Mieteinnahmen an den Pächter tatsächlich weitergeleitet wurden, kann nicht mehr festgestellt werden.
Bei dem Spiel 'House-Card-Poker' erhält jeder Spieler und der Spielleiter 5 Karten, davon jeweils eine offen. Die Spieler können sich dann gegenseitig beraten und wenn sie wollen noch eine Karte dazu erwerben. Dann entscheiden sie sich, ob sie mitgehen oder nicht. Bei diesem Spiel hängt also Gewinn und Verlust nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall ab, sondern (auch) von einer genauen Beobachtung durch den Spieler."
Rechtlich ging die belangte Behörde davon aus, das Anbieten dieser Kartenspiele diene der Unterhaltung und Erbauung der Besucher und Teilnehmer und sei daher als Veranstaltung im Sinne des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 2003 zu werten. Es habe sich auch um eine öffentliche Veranstaltung gehandelt. Die Voraussetzung eines erlaubten Spiels nach § 19 Abs. 1 lit. c Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003, "sofern nicht um geringe Beträge gespielt wird", wurde beim festgestellten Spiel am 22. Februar 2004 verneint, beim Spiel vom 28. März 2004 aber bejaht, weshalb es diesbezüglich (Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses bzw. Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides) zu einer Verfahrenseinstellung kam.
Im Hinblick auf die Einsatzhöhe von EUR 5,-- und die Gewinnchance von jeweils EUR 200,-- sei bei dem Spiel vom 22. Februar 2004 nicht von einem "geringen Betrag" auszugehen gewesen und liege daher ein verbotenes Spiel vor.
Zur Veranstalterstellung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, F.H. habe eine Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Veranstaltung und Organisation von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter". Hier sei aber mit Bankhalter gespielt worden, weshalb keine Gewerbeberechtigung vorlag, die die veranstalteten Spiele betraf. Strafbar sei nach § 32 Abs. 1 lit. d Tiroler Veranstaltungsgesetz, wer eine Veranstaltung trotz eines Verbotes nach § 19 Abs. 1 leg. cit. durchführt. Das sei derjenige, der nach außen als Veranstalter auftrete oder nach Lage des Falles als solcher anzusehen sei. Das sei insbesondere derjenige, der auch die Möglichkeit habe, das faktische Geschehen in Bezug auf die Durchführung der Veranstaltung zu bestimmen, wie etwa der Inhaber der Betriebsanlage.
In der Öffentlichkeit sei nicht der Pächter F.H., sondern der Beschwerdeführer als Veranstalter aufgetreten bzw. sei er nach Lage des Falles als solcher anzusehen. Er habe die Tischmieten kassiert und erst am Ende des Monats "auf Vertrauensbasis" mit dem Pächter abgerechnet. Nach detaillierter Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls als der tatsächliche Veranstalter anzusehen sei und daher den Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt habe. Für die Verwirklichung der angelasteten Übertretung reiche Fahrlässigkeit aus.
In der vorliegenden Beschwerde, in der ohne Einschränkung der gesamte Bescheid bekämpft wird, erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, dass das ihn betreffende Verwaltungsverfahren eingestellt werde, wenn er eine zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nachweislich nicht begangen habe. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
(Zur Tat vom 28. März 2004):
Der Beschwerdeführer hat offenbar nicht erkannt, dass die belangte Behörde im Spruchpunkt II. mit einer Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG vorgegangen ist. Nach dieser Bestimmung hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Durch seinen Spruchpunkt II war der angefochtene Bescheid nicht geeignet, den Beschwerdeführer im geltend gemachten Recht auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verletzen. Der Beschwerde steht daher insofern der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegen, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
(Zur Tat vom 22. Februar 2004):
Der Beschwerdeführer bestreitet insbesondere, Veranstalter gewesen zu sein. Er sei nur Eigentümer und Verpächter der Räumlichkeiten, in welchen die gegenständlichen Spiele abgehalten worden seien; Veranstalter sei F.H., der Pächter der gegenständlichen Räumlichkeiten, gewesen. Ein gewichtiges Indiz für dessen Veranstaltereigenschaft sei auch, dass er über den im Bescheid genannten Gewerbeschein verfügte. Auch wenn der Beschwerdeführer über die Vermietung der Tische Buch führte und monatlich mit dem Veranstalter F.H. abgerechnet habe, so habe er damit auf diese Art und Weise den F.H. nur unterstützt. Wenn im Falle einer anmeldepflichtigen Veranstaltung als Veranstalter nur derjenige gelte, welchem die Anmeldung nicht untersagt worden sei, dann könne im Falle einer vermeintlich verbotenen Veranstaltung die Sanktion für die Durchführung nur den Veranstalter, also F.H., treffen. Der Beschwerdeführer selbst habe nie eine Anmeldung durchgeführt.
Bei einem Mindesteinsatz von EUR 0,50 bis EUR 5,-- und einem Gewinn bis EUR 200,-- handle es sich eindeutig um "geringe Beträge". § 19 Tiroler Veranstaltungsgesetz konkretisiere nicht, was unter "geringen Beträgen" zu erstehen sei, es handle sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Aus diesem Grund wird in der Beschwerde auch der Antrag gestellt, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG einen Antrag auf Aufhebung des § 19 Abs. 1 lit. c Tiroler VeranstaltungsG stellen.
Das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2007, Zl. 2004/05/0244, betraf gleichfalls die Aktivitäten des Beschwerdeführers im auch hier gegenständlichen Lokal Z. Auch damals ging der Verwaltungsgerichtshof von der Feststellung der belangten Behörde aus, dass der Beschwerdeführer die Räumlichkeiten sowie das Inventar für den Casinobetrieb an F.H. zu einem monatlichen Pachtzins von EUR 800,-- verpachtet hat, dass er während des Betriebes des Casinos selbst anwesend war und Spieltische an interessierte Gäste vermietete, wobei er die eingenommenen Tischmieten mit F.H. abgerechnet hat.
Sowohl hinsichtlich der Gesetzeswiedergaben als auch der rechtlichen Beurteilung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, in Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof gelangte zum Ergebnis, dass Subjekt der Verbotsnorm des § 32 Abs. 1 lit. d Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 ("Wer eine Veranstaltung trotz eines Verbotes nach § 19 Abs. 1 ... durchführt") nur der in diesem Gesetz ausdrücklich definierte "Veranstalter" und nicht etwa (wie die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid ausführt) ein "tatsächlicher" Veranstalter sein kann. Täter ist ja nicht derjenige, der etwa ein "Spiel" durchführt, sondern derjenige, der eine "Veranstaltung" durchführt; "Veranstalter" wie auch "Veranstaltung" werden im § 2 leg. cit. ausdrücklich definiert. Die Ausdehnung der Strafbestimmung des § 32 Abs. 1 lit. d Tiroler VeranstaltungsG 2003 auf andere Personen als den im Gesetz definierten Veranstalter erscheint mit dem Verbot der ausdehnenden Auslegung von Verwaltungsstrafnormen (siehe die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 18) unvereinbar.
Im Vorerkenntnis wurde klargelegt, dass, da die Veranstaltung im Rahmen eines Gastgewerbes durchgeführt wurde, Veranstalter der Inhaber der (diesbezüglichen) gewerberechtlichen Bewilligung ist (§ 2 Abs. 4 lit. b letzter Halbsatz Tiroler VeranstaltungsG 2003).
Dazu wären auch im Beschwerdefall Feststellungen erforderlich gewesen; da die belangte Behörde dies, ausgehend von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung unterließ, belastete sie ihren Bescheid (Spruchpunkt I) mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer wie auch der angesprochene Einheitssatz bereits in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung berücksichtigt ist.
Wien, am 21. September 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005050150.X00Im RIS seit
23.10.2007