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E1E;Norm
11997E087 EG Art87;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: EU 2007/0008 23. April 2009 * EuGH-Zahl: C-460/07 * Ausgesetzte Beschwerde gemäß §38 AVG iVm §62 VwGG:2005/15/0064 B 24. September 2007 2005/15/0067 B 24. September 2007 2006/15/0274 B 28. Oktober 2008 * Enderledigung des gegenständlichen Ausgangsverfahrens im fortgesetzten Verfahren: 2009/15/0100 E 28. Mai 2009Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, in der Beschwerdesache der S P, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 40, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 2. März 2005, GZ. RV/1186- L/04, betreffend Umsatzsteuer 2002 und 2003, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Verstößt die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (in der Folge 6. RL), insbesondere deren Art. 17, gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte (den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz), weil sie bewirkt, dass Steuerpflichtige Eigentum an Wohnobjekten für ihre privaten Wohnzwecke (Konsum) um rund 5% günstiger erwerben können als andere EU-Bürger, wobei der absolute Betrag dieses Vorteils unbegrenzt mit der Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Wohnobjektes steigt? Ergibt sich ein derartiger Verstoß auch dadurch, dass Steuerpflichtige Eigentum an Wohnobjekten für ihre privaten Wohnzwecke, welche sie zumindest geringfügigst für ihr Unternehmen verwenden, um rund 5% günstiger erwerben können als andere Steuerpflichtige, welche ihre privaten Wohngebäude nicht zumindest geringfügigst für das Unternehmen nutzen?
2. Verstößt die in Umsetzung der 6. RL, insbesondere deren Art. 17, ergangene nationale Maßnahme gegen Art. 87 EG, weil sie den in Frage 1 angesprochenen Vorteil für die vom Steuerpflichtigen privat genutzten Wohnobjekte zwar jenen Steuerpflichtigen einräumt, die steuerpflichtige Umsätze tätigen, diesen Vorteil aber Steuerpflichtigen mit befreiten Umsätzen vorenthält?
3. Entfaltet Art. 17 Abs. 6 der 6. RL weiterhin seine Wirkung, wenn der nationale Gesetzgeber eine Vorsteuerausschlussbestimmung des nationalen Rechts (hier § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994), die sich auf Art. 17 Abs. 6 der 6. RL stützen konnte, mit der ausdrücklichen Absicht ändert, diesen Vorsteuerausschluss beizubehalten, und sich aus dem nationalen UStG auch ein Beibehalten des Vorsteuerausschlusses ergäbe, der nationale Gesetzgeber aber auf Grund eines erst nachträglich erkennbaren Irrtums über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts (hier Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL) eine Regelung getroffen hat, die - isoliert betrachtet - nach dem Gemeinschaftsrecht (in der durch das Urteil Seeling getroffenen Auslegung des Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL) einen Vorsteuerabzug zulässt?
4. Falls die Frage 3. verneint wird:
Kann es die auf die "Stand-still Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL gestützte Wirkung eines Vorsteuerausschlusses (hier § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994) beeinträchtigen, wenn der nationale Gesetzgeber von zwei einander überlappenden Vorsteuerausschlüssen des nationalen Rechts (hier § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 und § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994) einen ändert und im Ergebnis deshalb aufgibt, weil er sich in einem Rechtsirrtum befunden hat?
Begründung
I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
Die Beschwerdeführerin errichtete im Zeitraum vom November 2002 bis Juni 2004 ein Einfamilienwohnhaus samt Schwimmbad. Mit Eingabe vom 10. Juli 2003 teilte sie dem Finanzamt mit, dass sie ein Zimmer des Einfamilienhauses zu Bürozwecken steuerpflichtig vermieten und daraus einen voraussichtlichen Umsatz von rund 2.000 EUR jährlich erzielen werde. Neben den zu erwartenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beziehe sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von rund 10.000 EUR jährlich.
Im Zuge einer im Herbst 2004 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass sich im Gebäude zwei Büroräume befinden, von welchen der eine ab November 2003 und der andere ab Jänner 2004 vermietet wurden. Die Privatnutzung habe im November 2003 begonnen. Der unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes betrage rund 11%. Im Zeitraum von Oktober 2002 bis März 2004 seien Errichtungskosten von rund
609.200 EUR brutto (darin enthalten Vorsteuern in Höhe von rund 99.800 EUR) angefallen. Die Beschwerdeführerin habe das Einfamilienhaus zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet und unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache "Seeling" die für die Errichtung des Gebäudes in Rechnung gestellten Vorsteuern zur Gänze geltend gemacht.
Mit Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 ließ das Finanzamt die für die Errichtung des Schwimmbades in Rechnung gestellten Umsatzsteuern nicht zum Abzug zu und anerkannte von den übrigen Errichtungskosten nur einen Vorsteuerabzug im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung von 11%.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde u. a. mit der Begründung ab, dass für gemischt genutzte Gebäude schon vor dem Beitrittszeitpunkt Österreichs zur EU ein Vorsteuerausschluss hinsichtlich privat genutzter Gebäudeteile bestanden habe und der nationale Gesetzgeber sein diesbezügliches gemeinschaftsrechtliches Beibehaltungsrecht nicht aufgegeben habe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die gänzliche Zuordnung eines Gegenstandes (gegenständlich ihres Wohnhauses) zum Unternehmensbereich nach der Judikatur des EuGH das Recht auf vollen Vorsteuerabzug vermittle und gegenständlich auch kein Fall vorliege, in dem ein Mitgliedstaat iSd Art. 17 Abs. 6 der 6. RL zur Fortführung eines bestehenden Vorsteuerausschlusses berechtigt sei.
II. Österreichische Rechtslage
In Bezug auf privaten Wohnraum enthält das UStG 1994 zwei einander überlappende Bestimmungen, die einen Vorsteuerabzug entgegenstehen können:
§ 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 schließt Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpflichtigen vom Vorsteuerabzug aus. Unter den Begriff der Lebensführung fallen Aufwendungen für die Nahrung, bürgerliche Kleidung und die eigene Wohnung des Steuerpflichtigen.
Daneben enthält § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 Vorschriften zum Vorsteuerabzug bei Grundstücken.
Für ein Gebäude, bei dem ein Teil der Räume für private Wohnzwecke und der andere Teil der Räume für das Unternehmen genutzt wird, bewirkt jede dieser Bestimmungen (§ 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 einerseits und § 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 andererseits) für sich, dass der Vorsteuerabzug nur für jenen Teil des Gebäudes gewährt wird, der dem Unternehmen dient, nicht aber für jenen Teil, der privaten Wohnzwecken dient (siehe hiezu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 2007, 2005/14/0091).
Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 hat seit dem EU-Beitritt Österreichs folgende Änderungen erfahren:
Bei Inkrafttreten des UStG 1994 (mit 1. Jänner 1995) bestimmte § 12 Abs. 2 Z. 1 (wie das Vorgängergesetz UStG 1972), dass Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt gelten, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Das bedeutet, dass der Vorsteuerabzug hinsichtlich jenes Teiles des Gebäudes, der privaten Wohnzwecken des Steuerpflichtigen dient, nicht gewährt wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe den Vorlagebeschluss vom 22. September 1999 in der Rs Metropol und Stadler, C-409/99) ist dieser Bestimmung die Bedeutung beizulegen, dass ein bloßer Vorsteuerausschluss vorliegt, sodass etwa im Falle der Änderung der Verhältnisse eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 12 Abs. 10 UStG 1994 vorzunehmen ist.
(Anmerkung: Eine praktisch wenig bedeutsame Ausnahme ergab sich aus der Technik des Gesetzes, in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 an die Einkommensteuer anzuknüpfen, dadurch, dass nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur Einkommensteuer eine Aufteilung des Gebäudes dann nicht vorzunehmen ist, wenn die betriebliche Nutzung weitaus überwiegt, d.h. 80% der Fläche des Gebäudes erreicht. Ein solches zu 80% oder mehr betrieblich genutztes Gebäude wird nicht aufgeteilt, sondern gehört zur Gänze zum Betriebsvermögen. In einem solchen Fall erfolgt die erforderliche Korrektur bei der Gewinnermittlung des Betriebes dadurch, dass die private Nutzung als "Nutzungsentnahme" (insbesondere anteilige Absetzung für Abnutzung) angesetzt wird. Wenn auch jedes Jahr der Betriebsausgabenabzug durch den Ansatz einer "Nutzungsentnahme" sofort und unmittelbar wieder neutralisiert wird, letztlich also auch ein untergeordnet privat genutzter Teil eines Betriebsgebäudes nicht zu Betriebsausgaben, wie sie in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 und 1994 angesprochen sind, führt, haben Rechtsprechung und Verwaltungspraxis in einer großzügigen Auslegung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 und 1994 in solchen Fällen den Vorsteuerabzug doch für das gesamte Betriebsgebäude zuerkannt.)
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 9/1998, wurde einerseits in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 normiert, dass gemischt genutzte Gebäude auf Antrag des Steuerpflichtigen zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet werden können, und zugleich in § 6 Abs. 1 Z. 16 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 UStG 1994 bestimmt, dass die Verwendung der Gebäudeteile für private Wohnzwecke einen (den Vorsteuerabzug ausschließenden) steuerbefreiten Umsatz darstellt.
In den Gesetzesmaterialien zum Abgabenänderungsgesetz 1997, 933 BlgNR 20. GP, 14, verweist der Gesetzgeber ausdrücklich darauf, dass sich aus der Rechtsprechung des EuGH eine Entlastung für den privaten Wohnzwecken der Steuerpflichtigen dienenden Wohnraum ergeben könne und durch die mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 eingeführte Steuerbefreiung der Umsätze, die in der privaten Nutzung der dem Unternehmen zugeordneten Räume bestehen, sichergestellt bleiben solle, dass diese nicht gewollte Entlastung des privaten Bereiches unterbleibt. Der österreichische Gesetzgeber wollte mit dieser ausdrücklichen Regelung den Vorsteuerausschluss auf jene Weise fortführen, wie es zu jener Zeit der Praxis in Deutschland entsprach. Damals (bis zum Urteil Seeling) wurde in Deutschland das Versagen des Vorsteuerabzugs für private Wohnräume auf § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a des deutschen UStG gestützt, die Nutzung von Gebäudeteilen für private Wohnzwecke sohin als steuerbefreiter Umsatz angesehen.
(Anzumerken ist, dass die in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 vorgenommene Umstellung der Technik des Vorsteuerausschlusses auf jene der Bundesrepublik Deutschland dazu geführt hat, dass das Gesetz - seinem Wortlaut nach - auch jene Privaträume vom Vorsteuerabzug ausschließen würde, die in zu 80% und mehr betrieblich genutzten Gebäuden (Gewerbeimmobilien und Industrieimmobilien) gelegen sind. Der Verwaltungsgerichtshof hegt aber keine Zweifel, dass für solche (beinahe zur Gänze für das Unternehmen verwendete) Immobilien der zum 1. Jänner 1995 bestehenden Rechtsprechung entsprechend der Vorsteuerabzug zu gewähren ist.)
Mit dem Steuerreformgesetz 2000, BGBl I Nr. 106/1999, hat § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 eine weitere, im gegebenen Zusammenhang nicht bedeutsame Änderung erfahren: Seit dieser mit dem Jahr 2000 in Kraft getretenen Änderung bedarf es keines Antrages des Steuerpflichtigen auf (gänzliche) Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen mehr, sondern ergibt sich eine solche Zuordnung als Regelfall unmittelbar aus dem Gesetz. § 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 hat auch durch dieses Gesetz keine Änderung erfahren.
Nach Ergehen des EuGH-Urteils vom 8. Mai 2003, C-269/00, (im Folgenden Rs Seeling), in dem ausgesprochen wurde, dass die private Nutzung von Wohnraum nicht der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL unterliegt, hat der österreichische Gesetzgeber - bei Beibehaltung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 - mit dem Bundesgesetz, BGBl I Nr. 27/2004, wiederum eine neue Gesetzestechnik zur Sicherstellung des Vorsteuerausschlusses versucht (siehe auch Bundesgesetz, BGBl I Nr. 134/2003). Der österreichische Gesetzgeber hat in den Materialien zu dieser Novelle, 436 BlgNR 22. GP, darauf hingewiesen, dass die durch das Urteil Seeling geschaffene Rechtslage zu einer krassen Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen einerseits und anderen EU-Bürgern andererseits führe. Diese neue Rechtslage (BGBl I Nr. 134/2003) liegt nicht dem gegenständlichen Vorabentscheidungsersuchen zu Grunde.
Das gegenständliche Vorabentscheidungsersuchen betrifft die von 1998 bis 2003 bestehende Rechtslage, für welche eine große Anzahl von Berufungsverfahren anhängig ist. Spätestens seit Ergehen des Urteils Seeling, zum Teil aber bereits seit dem Bekanntwerden des entsprechenden Vorlagebeschlusses des BFH, gehört es standardmäßig zum Aufgabenfeld der berufsmäßigen Steuerberater, darauf zu achten, dass bei den Steuerpflichtigen "Seeling-Konstellationen" vorliegen; davon sind in sehr vielen Fällen vor dem Jahr 2003 liegende Jahre betroffen, weil das Verfahrensrecht eine Aufrollung der vergangenen Jahre ermöglicht hat (siehe z.B. Gurtner/Schima, EuGH Rs Seeling: Unechte Steuerbefreiung des Verwendungseigenverbrauchs von Gebäuden EUwidrig, ÖStZ 2003, 334).
Die österreichische Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass das Urteil in der Rs Seeling für Österreich nicht anwendbar sei, weil Österreich von der Ausnahmebestimmung des Art. 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der 6. RL Gebrauch gemacht habe (siehe Rz. 1912 der österreichischen Umsatzsteuerrichtlinien). III. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts
Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der 6. RL lautet:
"Soweit die Gegenstände oder Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer (ua) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, abzuziehen."
Für die Auslegung dieser Richtlinienbestimmung ist darauf hinzuweisen, dass auch in anderssprachigen Fassungen von "Insoweit" bzw. "In jenem Ausmaß, in dem" die Rede ist, so beispielsweise in der englischen ("In so far as"), der französischen ("Dans la mesure ou"), der italienischen ("Nella misura in cui") und der spanischen Fassung ("En la medida en que").
Als Steuerpflichtiger gilt gem. Art. 4 der 6. RL, wer eine (in Abs. 2 näher beschriebene) wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Art. 6 Abs. 2 der 6. RL lautet:
"Dienstleistungen gegen Entgelt werden gleichgestellt:
a) die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat; ..."
Die angeführten anderssprachigen Fassungen der 6. RL knüpfen
die Steuerpflicht ebenfalls (mit Ausnahme der englischen Fassung)
daran, dass der Vorsteuerabzug (offenbar vorher) zugestanden hat
(Französisch: "lorsque ce bien a ouvert droit a une deduction
..."; Italienisch: "qualora detto bene abbia consentito una
deduzione ..."; Spanisch: "cuando tales bienes hubieran originado
el derecho a la deduccion ..."). Die englische Fassung des Art. 6
Abs. 2 Buchstabe a der 6. RL ("...where the value added tax on
such goods is ... deductible") ließ die zeitliche Abfolge offen.
Durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hat auch die englische
Sprachfassung (nunmehr Art. 26 Abs. 1 Buchstabe a) eine
Klarstellung erfahren, indem es nunmehr heißt: "... where the VTA
on such goods was ... deductible" (siehe Krumenacker,
Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen, UR 2007, 473ff, der in Fußnote 26 besonders auf diese Neufassung des englischen Textes durch die RL 2006/112/EG hinweist).
Art. 17 Abs. 6 der 6. RL lautet:
"Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind."
IV. Erläuterungen zu den Vorlagefragen 1 und 2
1. Beginnend mit dem im Jahr 1969 ergangenen Urteil Stauder (EuGH vom 12. November 1969, 29-69) hat der EuGH in seiner Rechtsprechung herausgearbeitet, dass Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, die zu wahren zu den Aufgaben des Gerichtshofes gehört und denen Akte der Gemeinschaftsorgane entsprechen müssen (siehe hiezu Skouris, Das Verhältnis von Grundfreiheiten und Grundrechten im europäischen Gemeinschaftsrecht, DÖV 2006, 89 (91)). Mittlerweile ist es gefestigte Rechtsprechung des EuGH, dass Grundrechte zum gemeinschaftsrechtlichen Primärrecht gehören. Art und Inhalt der Grundrechte leitet die Rechtsprechung des EuGH aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie aus völkerrechtlichen Verträgen zum Schutz der Menschenrechte, insb. der EMRK, ab.
2. Zu den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten gehört auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe hiezu etwa die Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 18. März 2004, C- 36/02, Rn 50, 88, und die Urteile des EuGH vom 25. November 1986, 201 und 202/85, Klensch, und vom 3. Oktober 2000, C-411/98, Angelo Ferlini, sowie Schwarze, Der Schutz der Grundrechte durch den EuGH, NJW 2005, 3459 (3460)). Der EuGH verweist beispielsweise auch in dem zur Umsatzsteuer ergangenen Urteil vom 21. April 2005, C-25/03, HE, auf den Grundsatz der Gleichbehandlung (Rn 72).
3. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt ein Verstoß gegen diesen Grundsatz vor, wenn unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewendet werden oder wenn die gleiche Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewendet wird, ohne dass eine spezielle Rechtfertigung hiefür gegeben ist (vgl. EuGH vom 19. September 2000, C-156/98, Kommission/Deutschland, Rn. 84).
4. Aus dem Urteil des EuGH vom 17. Juni 1999; C-166/98, Socridis, ergibt sich, dass Richtlinien nicht gegen den Vertrag (gegen Gemeinschaftsgrundrechte) verstoßen, soweit sie den Mitgliedstaaten ausdrücklich einen Spielraum (bei der Umsetzung in nationales Recht) belassen, der weit genug ist, um eine Umsetzung in einer mit dem Vertrag (Grundrechte) in Einklang stehenden Weise zu ermöglichen.
5. In der Rs Seeling hat der EuGH ausgesprochen, aus Art. 17 Abs. 2 der 6. RL ergebe sich, dass der Unternehmer (Steuerpflichtige) für privat genutzte Teile eines Gebäudes den Vorsteuerabzug geltend machen könne, wenn er einen anderen Teil dieses Hauses für sein Unternehmen nutzt.
6. Nach Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der 6. RL wird die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat. Bei den Umsätzen nach Art. 6 Abs. 2 der 6. RL ist Besteuerungsgrundlage (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der 6. RL) der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Leistung. Was unter dem "Betrag der Ausgaben" im Falle eines privaten Wohnhauses, für welches der Vorsteuerabzug geltend gemacht worden ist, zu verstehen sei, war in der Literatur zunächst umstritten.
7. Mit Urteil vom 14. September 2006, C-72/05, Wollny, hat der EuGH ausgesprochen, dass die Bemessungsgrundlage für die private Nutzung des privaten Wohnhauses, für welches der Vorsteuerabzug geltend gemacht worden ist, (zumindest) ein Zehntel der Herstellungskosten des Gebäudes betragen dürfe (korrespondierend zum Zehnjahreszeitraum des Art. 20 Abs. 2 der 6. RL).
8. Von den Urteilen Seeling und Wollny ausgehend, ergibt sich für den Erwerb bzw. die Errichtung von Wohngebäuden für private Wohnzwecke des jeweiligen Eigentümers Folgendes: Errichtet der Steuerpflichtige ein Wohnhaus für seine privaten Wohnzwecke, kann er die gesamte im Zusammenhang mit der Gebäudeerrichtung angefallene MwSt als Vorsteuer abziehen, wenn er zumindest einen Raum dieses Wohnhauses für sein Unternehmen verwendet. Die private Nutzung zu Wohnzwecken führt zu einer Besteuerung nach Art. 6 Abs. 2 der 6. RL, wobei diese Besteuerung auf zehn Jahre verteilt erfolgt. Für die Rückzahlung des MwSt-Betrages ist somit ein zinsenloser "Kredit" auf zehn Jahre eingeräumt. In der steuerrechtlichen Literatur wurde aufgezeigt, dass dieser Vorteil - finanzmathematisch abgezinst - rund ein Viertel der gesamten geltend gemachten Vorsteuern beträgt (zur Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils im Einzelnen siehe etwa Hiller, Die Umsatzbesteuerung der privaten Nutzung, Entnahme und Veräußerung unternehmerischer Gegenstände, DStR 2005, 809 (811), Prodinger, EuGH-Urteil Wollny: Das Ende von Seeling? SWK 2006, S 782 (785) und Aigner/Prechtl, SWK 2006, 952 (954)).
9. Betragen die Gesamterrichtungskosten eines privaten Wohnhauses beispielsweise 400.000 EUR zuzüglich einer darauf entfallenden MwSt von 80.000 EUR, erreicht der wirtschaftliche Vorteil, der sich für den Steuerpflichtigen ergibt, einen Betrag von rund 20.000 EUR. Ein solcher Betrag stellt nach Ansicht des vorlegenden Gerichtes keine vernachlässigbare Größe dar: Zur Darstellung der Relation sei darauf verwiesen, dass das Jahres-Nettoeinkommen vieler Arbeitnehmer in der EU den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteigt.
10. Auch hat der EuGH den Zinsenvorteil stets als wirtschaftlich relevante Größe angesehen (siehe z.B. EuGH vom 17. September 2002, C-392/00, Finanzamt Hannover-Nord gegen Norddeutsche Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH, oder auch EuGH vom 8. März 2001, C-397/98 und C-410/98, Metallgesellschaft Ltd und Hoechst).
11. Der absolute Betrag des Vorteils ist umso größer, je größer und aufwendiger die privaten Wohngebäude errichtet werden.
Somit ist festzustellen: Die Anschaffung bzw. Herstellung von privaten Wohngebäuden durch Steuerpflichtige einerseits und durch andere EU-Bürger wird gravierend unterschiedlich behandelt. Obwohl in beiden Fällen Endverbrauch vorliegt, begünstigt die 6. RL den Steuerpflichtigen mit ca. 5% der Kosten des privaten Wohnhauses, während anderen EU-Bürgern für den gleichen Endverbrauch ein solcher wirtschaftlicher Vorteil vorenthalten wird. Wie unten ausgeführt wird, ist dieser Vorteil zu Gunsten der privaten Wohngebäude der Steuerpflichtigen nicht durch das System der MwSt zwingend vorgegeben oder durch einen sonstigen Rechtfertigungsgrund gedeckt.
12. Auch in der steuerrechtlichen Literatur werden Bedenken gegen die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Regelung des 6. RL mit dem Gleichheitsgrundsatz geäußert (siehe dazu etwa Stadie, UR 2004, 597; Hiller, DStR 2005, 809 (812); Novacek, Umsatzsteuerliche Behandlung gemischt genutzter Gebäude, FJ 2006, 420 (421); Zorn/Twardosz, ÖStZ 2006, 58; Zorn, FS-Ruppe, 744ff).
13. Vor diesem Hintergrund hegt auch der Verwaltungsgerichtshof Zweifel, ob die Regelung der 6. RL, wonach ein Steuerpflichtiger für sein Wohngebäude, das seinen privaten Wohnzwecken dient, den vollen Vorsteuerabzug geltend machen kann und damit sofort die gesamte auf das Objekt enthaltene MwSt erstattet erhält, wenn zumindest ein geringfügiger Teil des Gebäudes für das Unternehmen verwendet wird, gegen den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz verstößt.
14. Bei einem Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte wäre die sekundärrechtliche Richtlinienregelung ungültig. Aus innerstaatlicher österreichischer Sicht bestünde eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Regelung, wäre sie originär vom innerstaatlichen Gesetzgeber getroffen worden, gegen den in Art. 7 Abs. 1 B-VG verankerten Gleichheitssatz verstoßen würde. Dass die Regelung in einer EG-Richtlinie getroffen worden ist, hindert nicht das Aufgreifen einer Grundrechtsverletzung, zumal die aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ableitbaren Grundrechte auch Teil des Gemeinschaftsrechts sind. Sekundärrecht der EG als grundrechtswidrig zu erklären, fällt allerdings in die ausschließliche Kompetenz des EuGH.
15. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Vorsteuerabzug für private Wohngebäude (mit einzelnen für das Unternehmen genutzten Räumen) wesentlich vom Vorsteuerabzug für gemischt genutzte bewegliche Sachen unterscheidet: Bei gemischt genutzten beweglichen Sachen (z.B. Fahrzeugen), wie sie dem Urteil des EuGH vom 4. Oktober 1995 in der Rechtssache Armbrecht (C- 291/92) zu Grunde liegen, wird der Gesamtgegenstand für das Unternehmen und für private Zwecke genutzt; bei beweglichen Sachen geht es also nicht darum, dass bloß einzelne Teile (z.B. Reifen) für das Unternehmen und andere Teile ausschließlich für private Zwecke genutzt werden. Das hier angesprochene Problem betrifft hingegen Wohngebäude des Steuerpflichtigen, in denen bloß ein einzelner Raum (oder einige einzelne Räume) für das Unternehmen genutzt werden. Dazu kommt, dass die Anschaffung von Wohngebäuden in der Regel die größte Konsumausgabe im Leben eines Konsumenten darstellt. Demgegenüber verursachen die gemischt genutzten beweglichen Gegenstände (in der Praxis geht es lediglich um PC und Kfz) weitaus geringere Kosten. Weiters weisen bewegliche Gegenstände, die für eine gemischte Nutzung in Frage kommen (insbesondere PC und Kfz), eine deutlich geringere wirtschaftliche "Lebensdauer" auf als Gebäude, und übersteigen deren wirtschaftliche "Lebensdauer" in der Regel nicht den Fünfjahreszeitraum des Art. 20 Abs. 2 der 6. RL. Der in Art. 20 Abs. 2 festgelegte Zeitraum von fünf Jahren unterscheidet sich auch deutlich vom zehnjährigen Zeitraum für Grundstücke. Dazu kommt, dass der Steuerpflichtige bei Gebäuden weitgehend frei gestalten kann, ob das private Wohnhaus einerseits und das Betriebsgebäude andererseits als getrennte Gebäude errichtet oder (zum Teil) zu einem Gebäude verbunden werden. Es steht auch im Belieben des Steuerpflichtigen, ob er den einen oder anderen Raum des privaten Wohnhauses für das Unternehmen nutzt (in Frage kommt etwa auch die bloße Lagerung von geschäftlichen Unterlagen) oder nicht.
16. Dies zeigt, dass das System der 6. RL hinsichtlich der bedeutsamsten Konsumausgabe seiner Zielsetzung, den privaten Konsum Steuerpflichtiger wie jeden anderen Endverbrauch mit MwSt zu belasten, nicht gerecht wird. Durch die zinsenlose Kreditierung der gesamten auf private Wohnhäuser eines Steuerpflichtigen entfallenden MwSt begünstigt die RL den Konsum der Steuerpflichtigen gegenüber dem Konsum anderer EU-Bürger, ohne dass diese Ungleichbehandlung durch das System der MwSt erforderlich wäre oder ein anderer Rechtfertigungsgrund hiefür vorläge. Art. 6 Abs. 2 der 6. RL hat den Zweck, in Bezug auf die nichtunternehmerische Nutzung eine Gleichstellung zwischen Steuerpflichtigen und Endverbrauchern herbeizuführen. Steuerpflichtige sollen, soweit sie Gegenstände als Privatpersonen nutzen, so behandelt werden, als ob sie die Gegenstände als Privatpersonen ohne Recht auf Vorsteuerabzug erworben hätten. Tatsächlich wird aber eine solche Gleichstellung nicht erreicht, wenn Steuerpflichtigen die MwSt von Privatgebäuden, die regelmäßig eine bedeutsame Höhe erreicht, auf zehn Jahre zinsenlos kreditiert wird, sodass - finanzmathematisch abgezinst - Steuerpflichtige nur ca. 75% des auf das Privatgebäude entfallenden MwSt-Betrages zahlen.
17. Auch innerhalb der Gruppe der Steuerpflichtigen ergeben sich aus Art. 17 der 6. RL gleichheitsrechtliche Probleme:
Errichten beispielsweise zwei Steuerpflichtige jeweils ein gleichartiges privates Wohnhaus und verwendet der eine von ihnen eine Abstellkammer dieses Gebäudes für sein Unternehmen, der andere hingegen nicht, so wird nur einem der beiden der hier in Rede stehende Vorteil von 5% der (Netto)Baukosten gewährt. Ob aber ein geringfügiger Raum für Zwecke des Unternehmens verwendet wird, stellt keinen bedeutsamen Unterschied im Tatsächlichen dar. Dennoch führen die beiden Fälle zu völlig unterschiedlichen Rechtsfolgen. Es wird also auch innerhalb der Gruppe der Steuerpflichtigen Gleiches ungleich behandelt.
18. Im gegebenen Zusammenhang ist auch das Beihilfenverbot des Art. 87 EG zu beachten. Nationales Recht, das in Umsetzung der
6. RL ergeht, scheint in wettbewerbsverzerrender Weise zwischen den privaten Wohnhäusern der Steuerpflichtigen mit besteuerten Umsätzen einerseits und den Steuerpflichtigen mit befreiten Umsätzen (z.B. Ärzten) andererseits zu differenzieren. Es scheint eine Unterscheidung zwischen jenen Steuerpflichtigen, die steuerpflichtige Umsätze tätigen, und jenen Steuerpflichtigen, die nur steuerbefreite Umsätze tätigen, zu geben. Es scheint nämlich so zu sein, dass die Zuordnung des privaten Wohnhauses zu den steuerpflichtigen Umsätzen im Wege der unternehmerischen Nutzung eines einzelnen Raumes dieses Hauses demjenigen Steuerpflichtigen nicht möglich ist, der, wie der Arzt, ausschließlich steuerbefreite Umsätze tätigt.
19. Zwischen steuerpflichtigen Unternehmern einerseits und steuerbefreiten Unternehmen andererseits kann Wettbewerb bestehen. Wie der EuGH im Urteil vom 14. Dezember 2006, C-401/05, VDP Dental Laboratory NV gegen Staatssecretaris van FinanciEn, ausgesprochen hat, gilt beispielsweise die Steuerbefreiung für die Lieferung von Zahnersatz nur für Zahnärzte und Zahntechniker, nicht hingegen für bloße Händler bzw. Zwischenhändler. Aus der Sicht der Anschaffung von Wohnhäusern für private Wohnzwecke bedeutet dies, dass den Händlern von Zahnersatz der Vorsteuerabzug zukommt, aber nicht den Zahntechnikern. Liefern beide Gruppen von Steuerpflichtigen im Wettbewerb zueinander Zahnersatz, so kann der Vorsteuerabzug für die privaten Wohnzwecken dienenden Wohnhäuser (bzw. der wirtschaftliche Wert eines zehnjährigen zinsenlosen Kredits), der nur einer der beiden Gruppen von Steuerpflichtigen gewährt wird, den Wettbewerb verzerren und eine Beihilfe iSd Art. 87 EG darstellen.
20. Würde der nationale Gesetzgeber originär eine Regelung schaffen, die eine Gruppe von Steuerpflichtigen gegenüber einer anderen Gruppe von Steuerpflichtigen privilegiert und dadurch den Wettbewerb verzerrt, so könnte eine Beihilfe iSd Art. 87 EG vorliegen. Im gegenständlichen Fall liegt die Besonderheit darin, dass die wettbewerbsverzerrende Wirkung nationalen Rechts auf Vorgaben einer Regelung einer EG-Richtlinie zurückzuführen ist. Die vom Richtliniengeber wohl nicht vorhergesehene Folge einer einzelnen Regelung einer Richtlinie erweist sich als wettbewerbsverzerrend. Allerdings stellt nationales Recht wohl auch dann eine nationale Maßnahme iSd Art. 87 EG dar, wenn es in Umsetzung einer EG-Richtlinie ergangen ist. Ob die nationale Maßnahme auch in einem solchen Fall eine verbotene Beihilfe iSd Art. 87 EG darstellen kann, hat der EuGH bisher noch nicht entschieden. Das Problem betrifft das Verhältnis zwischen dem primärrechtlichen Art. 87 EG und der in Ausführung einer auf Art. 93 gestützten Richtlinie ergangenen wettbewerbsverzerrenden nationalen Norm.
21. Bei der Frage, ob durch die 6. RL in Bezug auf privaten Wohnraum ein gegen den Gleichheitssatz verstoßendes System geschaffen wird, handelt es sich nicht um eine solche "hypothetischer" Natur, deren Beantwortung nicht zu den Aufgaben des EuGH im Verfahren nach Art. 234 EG zählen würde. Nationale Gerichte, wie auch das vorlegende Gericht, sind nämlich nicht ohne weiteres befugt, Unrecht zu vollziehen. Für die Erledigung eines beim nationalen Gericht anhängigen Falles ist es daher von entscheidender Bedeutung, ob die anzuwendende Norm mit den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist oder ob diese Norm gegen Grundrechte verstößt und damit unanwendbar ist. Ähnliche Überlegungen wie jene zu der Grundrechtsverletzung sind auch in Bezug auf die Verletzung des Beihilfenverbotes anzustellen: Ergibt sich, dass die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteiles in Höhe von 5% des Wertes der privaten Wohnhäuser an eine Gruppe von Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Verweigerung eines solchen Vorteiles an eine andere Gruppe von Steuerpflichtigen eine unzulässige Beihilfe iSd Art. 87 EG darstellt, könnte es dem nationalen Gericht untersagt sein, die Beihilfenregelung zu vollziehen.
22. In der Literatur sind viele Vorschläge entwickelt worden, wie im Rahmen der bestehenden 6. RL eine dem Gleichheitsgebot entsprechende Regelung herbeigeführt werden könnte. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien an dieser Stelle einige erwähnt:
22.1. Die private Nutzung eines Gebäudes ist nach Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der 6. RL einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt. Wenn die private Nutzung von Wohnräumen, wie sich dies aus dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Armbrecht und den Folgeurteilen ergibt, den Vorsteuerabzug begründen kann, so könnte diese fiktive Dienstleistung gegen Entgelt auch für sich allein bereits die Eigenschaft als Steuerpflichtiger iSd Art. 4 der 6. RL begründen. Bei einer solchen Auslegung des Art. 4 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 der 6. RL wäre auch Dienstnehmern die Wahlmöglichkeit eingeräumt, von den in ihrem Eigentum stehenden privaten Wohnräumen den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Damit wäre sowohl dem Grundsatz der Gleichbehandlung als auch dem Grundsatz der Neutralität der MwSt entsprochen. Zudem könnte, wenn man Art. 6 Abs. 2 der 6. RL diese Bedeutung beimisst, auch jenen Steuerpflichtigen, die ihr Privathaus nicht einmal geringfügig für das Unternehmen nutzen, der Vorsteuerabzug gewährt werden.
22.2. Achatz (RFG 2006, 20 (21)), will ein "systemwidriges Ergebnis" vermeiden, indem auf den Wortlaut des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der 6. RL (betreffend die Bemessungsgrundlage für Art. 6 Abs. 2 6. RL) Bedacht genommen wird. Er hält es danach für zulässig, im Zeitpunkt der Zahlung (Ausgabe) der die privaten Räume betreffenden Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten diese auf die privaten Räume entfallenden Ausgaben sofort der MwSt zu unterziehen. In der Tat würde die durch Achatz vorgeschlagene Interpretation zu einer Gleichstellung von privatem Wohnraum im Eigentum von Dienstnehmern einerseits und privatem Wohnraum im Eigentum der Steuerpflichtigen andererseits führen. Dem Gleichheitssatz wäre entsprochen.
22.3. Eine Lösung des in Rede stehenden Problems ergibt sich auch aus der Kritik von Beiser (SWK 2006, S 634 (638)) am Urteil Seeling. Beiser meint, es sei übersehen worden, dass Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der 6. RL eine juristische Fiktion aufstellt: Nach dem Sinn dieser Bestimmung sei das private Wohnen eines Unternehmers in seinem, dem Unternehmen zugeordneten Gebäude ebenso zu behandeln, wie die entgeltliche Wohnraumüberlassung an andere. Die entgeltliche Wohnraumüberlassung werde aber durch Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL geregelt. Auch dieser Ansatz würde zu einer systemkonformen Lösung der aufgezeigten Problemstellungen führen. Zudem könnte (wie auch bei den ersten beiden Vorschlägen) jede Änderung der Nutzung im Wege einer Berichtigung nach Art. 20 der
6. RL berücksichtigt werden. Für die Anwendbarkeit von Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL auf Umsätze nach Art. 6 Abs. 2 spricht sich im Übrigen auch Reiß, UR 2003, Kein Renditefonds, 428 (439), aus.
22.4. Eine weitere Lösung entwickelte der österreichische unabhängige Finanzsenat (im Folgenden UFS) beispielsweise im Ausgangsverfahren (siehe dazu Pernegger, UFS: Beibehaltungsrecht geht Seeling vor, UFS 2005, 135 (137)): Es sei logisch zu unterscheiden zwischen A) der Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen und B) der nachfolgenden Zuordnung des Gegenstandes zu den besteuerten Umsätzen. Der Vorsteuerabzug sei erst gegeben, wenn sowohl die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen als auch die Zuordnung dieses Gegenstandes zu den besteuerten Umsätzen erfolge. Liege zwar die Zuordnung zum Unternehmen vor, bestehe der Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen aber nur teilweise, stehe der Vorsteuerabzug nur teilweise zu. Änderungen in der Beziehung des Gegenstandes zu den besteuerten Umsätzen des Unternehmens hätten zu Korrekturen nach Art. 20 der 6. RL zu führen. Für die Voraussetzung A (Zuordnung zum Unternehmen) habe der EuGH im Urteil 11. September 1991, C-97/90, Lennartz, das "Zuordnungswahlrecht" entwickelt. Die klare Unterscheidung zwischen Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen (A) und der nachfolgenden Zuordnung zu steuerpflichtigen Umsätzen (B) führe dazu, dass ein gemischt genutzter Gegenstand zwar zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet werden könne, der Vorsteuerabzug aber dennoch nur insoweit zustehe, als der Gegenstand tatsächlich für die steuerpflichtigen Umsätze des Unternehmens verwendet werde. Die Zuordnung zum Unternehmen stelle zu Gunsten des Steuerpflichtigen sicher, dass jegliche in späteren Jahren erfolgende Ausweitung der Nutzung für das Unternehmen zu einer Berichtigung der Vorsteuern nach Art. 20 der 6. RL führe.
23. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes war es stets die Absicht der Mitgliedstaaten (auch bei Schaffung der 6. RL), zu vermeiden, dass private Wohngebäude von Steuerpflichtigen anders als private Wohngebäude von Arbeitnehmern zum Vorsteuerabzug führen (vgl. auch Dziadkowski, EuGH billigt systemwidrigen Vorsteuerabzug bei Gebäuden, IStR 2004, 339).
24. Aber selbst wenn die Mitgliedstaaten ein solches Ergebnis (Besserstellung der privaten Wohnräume von Steuerpflichtigen) gewollt haben sollten, erscheint es in einer Rechtsgemeinschaft wie der EG nicht vorstellbar, dass Regierungen der Mitgliedstaaten Regelungen, die nach dem Maßstab der innerstaatlichen Grundrechte unzulässig wären, dadurch herbeiführen können sollten, dass sie solche Regelungen in Form einer EG-Richtlinie erlassen.
V. Erläuterungen zu den Vorlagefragen 3 und 4
25. Gegenstand dieses Vorabentscheidungsersuchens ist die unter Punkt II dargestellte, durch das Abgabenänderungsgesetz 1997 gestaltete Rechtslage. Für diese ist kennzeichnend, dass die Regelung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 (betreffend Gegenstände der Lebensführung) seit Inkrafttreten der 6. RL für Österreich mit dem Beitritt Österreichs zur EU unverändert beibehalten worden ist. Die Bestimmung scheint daher durch die so genannte "Stand-still Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL gedeckt.
26. Allerdings ist zu beachten, dass die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 geändert wurde (AbgÄG 1997). Diese Änderungen hat der Gesetzgeber jedoch - wie unter Punkt II dargestellt - unzweifelhaft in der Absicht vorgenommen, den Vorsteuerausschluss beizubehalten (siehe dazu auch die Analyse der Rechtsprechung des EuGH durch Ruppe in seinem Beitrag Lennartz, Armbrecht und die Folgen, SWK 1996 A 450). Mit der Neufassung des § 12 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit der Neufassung des § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 wollte der österreichische Gesetzgeber dem EuGH-Urteil Armbrecht entsprechen und gleichzeitig den Vorsteuerausschluss für privat genutzte Gebäudeteile beibehalten (siehe Gunacker-Slawitsch, Umsatzsteuerliche Behandlung gemischt genutzter Gebäude, NZ 2005, 289 (290); Achatz, Nur anteiliger Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden vor 2004?, RFG 2006, 20 (22); Sarnthein, Nochmals: Vorsteuern bei gemischt genutzten Gebäuden?, SWK 2006, S 51 (52)).
27. Aus heutiger Sicht kann aber gesagt werden, dass der österreichische Gesetzgeber in einer klareren Weise von seinem Beibehaltungsrecht nach Art. 17 Abs. 6 der 6. RL Gebrauch gemacht hätte, wenn er jegliche Änderung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 unterlassen hätte. Es hat sich nämlich nachträglich herausgestellt, dass der EuGH im Urteil Seeling die private Nutzung von Gebäuden nicht als befreiten Umsatz iSd Art. 13 der
6. RL ansieht.
28. Auf Grund eines Rechtsirrtums betreffend den Art. 13 der
6. RL, der bis zum Ergehen des Urteils Seeling nicht erkennbar war und dem auch andere Mitgliedstaaten unterlagen, hat der österreichische Gesetzgeber eine Gesetzestechnik gewählt, die - isoliert betrachtet, also ohne Bezugnahme auf die "Standstill Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL - untauglich war, das erklärte Ziel eines Vorsteuerausschlusses zu erreichen.
29. Zu einer anderen "Stand-still Klausel", nämlich jener des Art. 57 Abs. 1 EG, hat der EuGH im Urteil vom 24. Mai 2007, C- 157/05, Holböck, in Rn 41 ausgesprochen, dass nicht jede nationale Maßnahme, die nach einem festgelegten Zeitpunkt erlassen wird, alleine deswegen von der Ausnahmeregelung des fraglichen Gemeinschaftsrechtsakts ohne Weiteres ausgeschlossen ist. Die neue Vorschrift müsse allerdings, um noch von der "Stand-still Klausel" gedeckt zu sein, im Wesentlichen mit der früheren Regelung übereinstimmen.
30. Hiezu ist auszuführen, dass die Stammfassung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 im Ergebnis weitestgehend mit der durch das Abgabenänderungsgesetz 1997 geschaffenen Regelung des § 12 Abs. 2 Z. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 übereinstimmt. Auch sind beide Regelungen von der gleichen Intention des Gesetzgebers getragen, nämlich dem Bestreben nach Ausschluss des Vorsteuerabzuges für privat genutzte Räume eines Gebäudes.
31. Der Gesetzgeber hat mit § 12 Abs. 2 Z. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1997 allerdings - veranlasst durch das EuGH-Urteil Armbrecht und dessen literarischer Aufbereitung durch Ruppe in SWK 1996, Lennartz, Armbrecht und die Folgen, A 450 (454) - eine Änderung der Gesetzestechnik, den Vorsteuerausschluss zu bewirken, für notwendig erachtet. Er hat die private Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes durch den Steuerpflichtigen als zwingend steuerbefreiten Umsatz normiert. Dass diese, an die damals in Deutschland bestehende Praxis angelehnte Regelungstechnik nicht richtlinienkonform ist, wurde vor dem Ergehen des EuGH-Urteils Seeling nicht erkannt.
32. In Österreich wird unter anderem vom UFS (siehe das Ausgangsverfahren) die Auffassung vertreten, der Vorsteuerausschluss nach § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 in seiner Stammfassung (Anknüpfung an einkommensteuerliche Kriterien) finde ab 1998 seine Fortsetzung in § 12 Abs. 2 Z. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1997 (Steuerbefreiung für private Nutzung des Gebäudes). Das Gemeinschaftsrecht stelle nicht auf die äußere Form einer nationalen Regelung ab, sondern lediglich auf ihr materielles Ergebnis. Das materielle Ergebnis sei in diesem Zusammenhang der Vorsteuerausschluss für die privaten Wohnzwecken dienenden Gebäudeteile. Dieses in der nationalen Rechtsordnung durch die Festlegung der Steuerbefreiung herbeigeführte Ergebnis des Vorsteuerausschlusses sei daher durch das Beibehaltungsrecht des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL gedeckt.
33. In den Urteilen vom 5. Oktober 1999, C-305/97, Royscot ua, vom 14. Juli 2005, C-434/03, Charles, und vom 30. März 2006, C- 184/04, Uudenkaupungin kaupunki, hat der EuGH das Beibehaltungsrecht nach Art. 17 Abs. 6 der 6. RL in Bezug auf alte Mitgliedstaaten dahingehend interpretiert, dass nur beibehalten werden darf, was diese Mitgliedstaaten auch schon unter der Geltung der 2. MwSt-Richtlinie zulässigerweise als Vorsteuerausschluss normieren durften. Danach konnten die Mitgliedstaaten "bestimmte Gegenstände und Dienstleistungen" vom Vorsteuerabzug ausschließen (Rn 22 des Urteils Royscot).
34. Hiezu ist anzumerken, dass die 2. MwSt-Richtlinie für Österreich niemals in Geltung gestanden ist. Die in den vorgenannten Urteilen des EuGH vorgenommene Bezugnahme auf die im betreffenden Mitgliedstaat nach der 2. MwSt-Richtlinie bereits zulässigen Vorsteuerausschlüsse ist daher nicht ohne Weiteres auf Österreich übertragbar. Dennoch hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. März 2007, 2005/14/0091, welches die österreichische Rechtslage der Jahre 1995 bis 1997 betraf, mit der "Stand-still Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL in jenem Verständnis befasst, wie es sich aus der
2. MwSt-Richlinie ergibt, also in jenem Verständnis, wie es u. a. dem EuGH-Urteil Charles zu Grunde liegt.
35. In Bezug auf die in den Jahren 1995 bis 1997 bestehende Rechtslage ist der Verwaltungsgerichtshof zur Auffassung gekommen, dass sowohl § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 als auch die Stammfassung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 durch Art 17 Abs. 6 der 6. RL gedeckt sind. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Beurteilung damit, dass Wohnräume für den privaten Wohnbedarf "bestimmte Gegenstände" iSd Rn 22 des Urteils Royscot darstellen.
36. Während das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 2007 die Rechtslage 1995 bis 1997 betraf, geht es im gegenständlichen Vorabentscheidungsersuchen um eine Regelung, wie sie in Österreich seit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 (Rechtslage 1998 bis 2003) bestanden hat. Für das vorlegende Gericht stellt sich dabei das Problem, dass der österreichische Gesetzgeber mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 einen von zwei einander überlappenden, auf die "Stand-still Klausel" gegründeten Vorsteuerausschlüssen geändert hat. Die Änderung war - wie schon dargestellt - von der Intention getragen, den Vorsteuerausschluss beizubehalten. Nach dem Wissensstand des österreichischen Gesetzgebers bei Erlassung des Abgabenänderungsgesetzes 1997 wäre die Maßnahme (zwingende Steuerbefreiung für die private Nutzung) richtlinienkonform gewesen. Erst durch das Urteil Seeling konnte erkannt werden, dass die Änderungsmaßnahme nicht richtlinienkonform ist und für sich alleine (also ohne Bedachtnahme auf Art. 17 Abs. 6 der 6. RL) betrachtet - im Sinne der Ausführungen des EuGH im Urteil Seeling -
den Vorsteuerausschluss nicht bewirken kann. Es ist fraglich, ob dieser Umstand in Bezug auf die "Stand-still Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL relevant ist und der für privat genutzte Gebäudeteile bestehende Vorsteuerausschluss (§ 12 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994) weiterhin auf die "Stand-still Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL gestützt werden kann.
37. Falls dies nicht der Fall ist, stellt sich die Frage, ob die mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 vorgenommene Änderung des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 allenfalls auch schädliche Wirkungen auf die - hinsichtlich des privaten Wohnraumes - überlappende Vorsteuerausschlussbestimmung nach § 12 Abs. 2 Z. 2 Buchstabe a UStG 1994 zeitigt.
38. Die Beantwortung der gegenständlichen Rechtsfragen scheint nicht derart offenkundig zu sein, dass für einen Zweifel im Sinne der Rechtsprechung C.I.L.F.I.T. (Urteil des EuGH vom 6. Oktober 1982, 283/81) kein Raum bliebe. Die Fragen werden daher dem EuGH mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß
Artikel 234 EG vorgelegt.
Wien, am 24. September 2007
Gerichtsentscheidung
EuGH 61969CJ0029 Erich Stauder VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006150056.X00Im RIS seit
11.02.2008Zuletzt aktualisiert am
20.04.2012