TE OGH 2006/10/19 2Ob223/06t

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Veröffentlicht am 19.10.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei „J*****" ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Denk & Kaufmann, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Vertragszuhaltung (Streitwert: EUR 36.000), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 31. August 2006, GZ 14 R 114/06t-40, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird gemäß Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte nahm mit Mietvertrag vom 10. 4. 1992 befristet auf 10 Jahre einen ca 33 m2 großen Geschäftsraum in einem Einkaufszentrum der Klägerin in Bestand, das eine Gesamtfläche von ca 41.000 m2 erreicht (davon reine Verkaufsfläche: 33.000 bis 34.000 m2) und in dem 80 bis 90 Bestandnehmer Geschäfte unterschiedlicher Art betreiben. Das Bestandobjekt wurde der Mieterin ausschließlich zum Betrieb eines Reisebüros überlassen. Die Mieterin verpflichtete sich, den Geschäftsbetrieb im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums aufrecht zu halten. Im Gegenzug hatte die Vermieterin der Mieterin Konkurrenzschutz zu gewähren.

Am 26. 8. 2003 vereinbarten die Streitteile 1. die Verlängerung des Bestandverhältnisses bis 1. 8. 2008; 2. die mietkostenneutrale Vergrößerung des Geschäftslokales um ca 20 m2; 3. die Einräumung des Untervermietrechtes im Gegenzug für die Zustimmung der Mieterin hinsichtlich der Vergabe einer Fläche bis maximal 60 m2 an ein Reisebüro des Last-Minute-Segmentes im für 2007 geplanten Zubau. Von Beginn 2003 bis Ende 2005 betrieb eine Untermieterin das Reisebüro im Bestandobjekt. Mit der (geplanten) Rückstellung der untervermieteten Räumlichkeiten am 31. 12. 2005 sollte auch das Hauptmietverhältnis zwischen den Streitteilen beendet werden. Die näheren Details der Vertragsbeendigung bzw des Aufrechtbleibens des Vertragsverhältnisses konnten im Provisorialverfahren nicht als bescheinigt angenommen werden.

Innerhalb der ersten Tage nach Schließung des Reisebüros fragten Kunden bei der Informationsstelle des Einkaufszentrums nach, ob das Reisebüro vorübergehend geschlossen sei oder allfällig mit neuem Sortiment wiedereröffnen würde. Nach wie vor deponieren Kunden, sie müssten mangels eines Reisebüros im Einkaufszentrum das nächstgelegene aufsuchen, wobei einige gezielt das Reisebüro ihres Vertrauens suchen, wenn mit einer in der Vergangenheit erfolgten Buchung eine positive Erfahrung gemacht wurde. Es steht nicht fest, dass derartige Kunden dem Einkaufszentrum insgesamt verloren gehen, Kunden von Vornherein wegen eines fehlenden Reisebüros nicht in das Einkaufszentraum kommen, die Umsätze des Einkaufscenters aufgrund der Betriebseinstellung des Reisebüros rückläufig waren oder der Ruf des Hauses gelitten hat. Ein auf einer Kleinstfläche betriebenes Reisebüro kann die Kundenfrequenz in einem Einkaufszentrum weder steigern noch verringern.

Die Vorinstanzen haben den auf die Einhaltung der Betriebspflicht gerichteten Sicherungsantrag im Wesentlichen mangels konkreter Gefährdung durch einen relevanten Kundenverlust abgewiesen. Der Klägerin ist zunächst zuzugeben, dass Unklarheiten über die Vertragsbeendigung nicht zulasten der Bestandgeberin gehen. Beweispflichtig wäre nämlich die Bestandnehmerin, die sich auf eine Vertragsauflösung beruft. Was die Anspruchsbescheinigung im Provisorialverfahren anlangt, wäre somit von einem Anspruch auf Einhaltung der Betriebspflicht auszugehen. Insoweit ist eine endgültige Klärung erst im Hauptverfahren zu erwarten. Was hingegen die einzelfallbezogene (RIS-Justiz RS0005118; RIS-Justiz RS0005103) Beurteilung der Anspruchsgefährdung betrifft, so lässt sich hier keine krasse Fehlbeurteilung der Vorinstanzen erkennen:

Wenn auch die Gefahr des Verlustes von Kunden einen dem Geschäftsbetrieb drohenden (unwiederbringlichen) Schaden darstellen kann (RIS-Justiz RS0005256) und einstweilige Verfügungen zur Sicherung einer vertraglich vereinbarten Betriebspflicht als zulässig erachtet werden (1 Ob 303/60 = SZ 33/97; vgl RIS-Justiz RS0005084), so muss doch der nach § 389 Abs 1 EO beweispflichtige (RIS-Justiz RS0005175 [T9]) Kläger konkrete Tatsachen bescheinigen, die eine Beeinträchtigung des Anspruches als wahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005118 [T5]) oder die Annahme eines unwiederbringlichen Schadens rechtfertigen (RIS-Justiz RS0005118 [T6]). Dafür reicht nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der - hier in Betracht kommenden - Vereitelung oder Erschwerung der Verwirklichung des Anspruches oder der Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens aus (RIS-Justiz RS0005175 [T2]; RS0005118 [T1 und T4]).Wenn auch die Gefahr des Verlustes von Kunden einen dem Geschäftsbetrieb drohenden (unwiederbringlichen) Schaden darstellen kann (RIS-Justiz RS0005256) und einstweilige Verfügungen zur Sicherung einer vertraglich vereinbarten Betriebspflicht als zulässig erachtet werden (1 Ob 303/60 = SZ 33/97; vergleiche RIS-Justiz RS0005084), so muss doch der nach Paragraph 389, Absatz eins, EO beweispflichtige (RIS-Justiz RS0005175 [T9]) Kläger konkrete Tatsachen bescheinigen, die eine Beeinträchtigung des Anspruches als wahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005118 [T5]) oder die Annahme eines unwiederbringlichen Schadens rechtfertigen (RIS-Justiz RS0005118 [T6]). Dafür reicht nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der - hier in Betracht kommenden - Vereitelung oder Erschwerung der Verwirklichung des Anspruches oder der Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens aus (RIS-Justiz RS0005175 [T2]; RS0005118 [T1 und T4]).

Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hatte die Schließung des Reisebüros trotz vereinzelter Kundennachfragen über dessen Schicksal weder negative Auswirkungen auf die Besucherfrequenz noch generell auf den Geschäftsbetrieb des Einkaufszentrums. Das der zitierten Entscheidung SZ 33/97 entnommene Argument, wesentlicher Grundgedanke von Unternehmensverpachtungen mit aufrechter Betriebspflicht sei die Sicherung der Kontinuität des Betriebes als eines lebendigen Wirtschaftsorganismuses, übersieht, dass die Klägerin selbst die beantragte Sicherungsmaßnahme auf die Gefahr des Verlustes von Kunden für das Einkaufszentrum stützt und damit den Begriff des verpachteten Unternehmens auf den Wirtschaftsorganismus „Einkaufszentrum als Ganzes", und nicht auf das einzelne Bestandobjekt bezieht. Hatten aber die Einstellung des einzigen Reisebüros und die damit verbundene Reduktion des „Branchen-Mix" nicht zu wesentlichen Kundenverlusten für das Einkaufszentrum geführt, ist die Rechtsauffassung der Vorinstanzen im Einzelfall vertretbar, zumal die Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO bei der Vorwegnahme des Prozesserfolges aufgrund eines bloß bescheinigten Sachverhaltes grundsätzlich streng auszulegen sind (RIS-Justiz RS0005300).Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hatte die Schließung des Reisebüros trotz vereinzelter Kundennachfragen über dessen Schicksal weder negative Auswirkungen auf die Besucherfrequenz noch generell auf den Geschäftsbetrieb des Einkaufszentrums. Das der zitierten Entscheidung SZ 33/97 entnommene Argument, wesentlicher Grundgedanke von Unternehmensverpachtungen mit aufrechter Betriebspflicht sei die Sicherung der Kontinuität des Betriebes als eines lebendigen Wirtschaftsorganismuses, übersieht, dass die Klägerin selbst die beantragte Sicherungsmaßnahme auf die Gefahr des Verlustes von Kunden für das Einkaufszentrum stützt und damit den Begriff des verpachteten Unternehmens auf den Wirtschaftsorganismus „Einkaufszentrum als Ganzes", und nicht auf das einzelne Bestandobjekt bezieht. Hatten aber die Einstellung des einzigen Reisebüros und die damit verbundene Reduktion des „Branchen-Mix" nicht zu wesentlichen Kundenverlusten für das Einkaufszentrum geführt, ist die Rechtsauffassung der Vorinstanzen im Einzelfall vertretbar, zumal die Voraussetzungen des Paragraph 381, Ziffer 2, EO bei der Vorwegnahme des Prozesserfolges aufgrund eines bloß bescheinigten Sachverhaltes grundsätzlich streng auszulegen sind (RIS-Justiz RS0005300).

Anmerkung

E86150 2Ob223.06t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0020OB00223.06T.1019.000

Dokumentnummer

JJT_20061019_OGH0002_0020OB00223_06T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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