TE OGH 2006/10/24 5Ob153/06w

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Veröffentlicht am 24.10.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg P*****, vertreten durch Hauser Milchrahm & Stadlmann, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Heinz-Dieter P*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum und Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 24. Februar 2006, GZ 16 R 4/06m-82, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. Juni 2005, GZ 13 C 116/02g-72, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Verschuldensausspruch dahingehend abgeändert, sodass sie in diesem Teil zu lauten haben wie folgt:

„Das Verschulden trifft den Beklagten allein."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 779,74 (darin enthalten EUR 66,62 an USt und EUR 380 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien schlossen am 5. 11. 1977 die Ehe, aus der drei Kinder entstammen. Die Streitteile führten von Anfang an eine Ehe mit der Rollenverteilung, dass der Beklagte das „Oberhaupt der Familie" und bis zur Aufnahme der selbstständigen Berufstätigkeit der Klägerin Alleinverdiener war. Er beglich die Fixkosten des Hauses und war, schon aufgrund des Altersunterschiedes von rund 14 Jahren, der deutlich dominante Partner. Die Klägerin führte den Haushalt und betreute die Kinder. Sie erhielt „Haushaltsgeld" für laufende Aufwendungen. Die Klägerin war über viele Jahre mit dieser Art Partnerschaft einverstanden. Nach den schweren Erkrankungen des Beklagten und insbesondere nach seiner Frühpensionierung im Jahr 1995 steigerte sich seine Dominanz innerhalb der Familie. Sie führte immer wieder zu Wutausbrüchen, wenn er mit dem Verhalten und den Leistungen der Klägerin oder der Kinder nicht zufrieden war. Der Beklagte entschied praktisch ohne Absprache über die Finanzgebarung der Familie. Auch nach seiner Pensionierung beteiligte er sich an der Hausarbeit kaum. Da der Beklagte gegenüber den Kindern einen sehr autoritären Erziehungsstil anwandte, kam es zu schwerwiegenden Störungen des Eltern-Kind-Verhältnisses zu allen drei Kindern, was insbesondere die Klägerin sehr stark belastete.

Mit der Pensionierung des Beklagten im Jahr 1995 häuften sich die Konflikte und die Klägerin war immer weniger bereit, die Dominanz ihres Mannes zu tolerieren. Der Beklagte zeigte keinerlei Verständnis dafür, dass die Klägerin mit der vom Beginn der Ehe geübten Rollenverteilungen und seiner Dominanz zunehmend nicht einverstanden war und deutete dies lediglich als „Midlifecrisis". Mehrere Jahre lang befand sich die Ehe an der Grenze der Zerrüttung, wobei beide Streitteile immer wieder versuchten, an der Ehe festzuhalten und durch Paar- und Ehetherapien ihr Verhältnis zu bessern. Ende Februar 2002 packte der Beklagte den alten Hund seiner Schwiegermutter, an dem diese sehr hing, grob an, weil dieser Hund nach Meinung des Beklagten den wesentlich größeren Hund der Streitteile beim Fressen behindert hätte. Als ihm die Klägerin vorhielt, dass dies nicht notwendig gewesen sei, begann er mit der Klägerin zu brüllen, was nicht nur diese und ihre Mutter verstörte, sondern wodurch auch der Klägerin klar wurde, dass sie an der Ehe nicht mehr festhalten wollte. Ende Juli 2002 legte der durch die Streitigkeiten ebenfalls stark belastete Beklagte seiner Frau schriftlich nahe, aus dem gemeinsamen Schlafzimmer auszuziehen. Als in der Folge eine Scheidungsklage der Klägerin zum Thema wurde, äußerte der Beklagte beim zufälligen Zusammentreffen mit einem befreundeten Ehepaar, er werde die Klägerin im Falle einer Scheidung „vernichten".

Im Sommer oder Herbst 2002 drang der Beklagte in das Badezimmer im gemeinsamen Haus, in dem sich die Klägerin zum Duschen eingeschlossen hatte, durch Öffnen des Schlosses von außen ein und schrie die Klägerin an, dass er in seinem Haus jederzeit in alle Räume gehen könnte.

Im November 2002 brachte die Klägerin die Klage ein. Ebenfalls im November 2002 war dem Beklagten klar, dass die Ehe „kaputt" war, ohne dass die Ehe für ihn damals subjektiv unheilbar zerrüttet schien. Erst mit der Einbringung des Mitverschuldensantrages in der Tagsatzung vom 23. 9. 2004 war auch für den Beklagten subjektiv die Ehe unheilbar zerrüttet.

Die Klägerin zog Ende August 2003 aus der Ehewohnung aus. Seit Anfang 2004 unterhält die Klägerin zum nunmehrigen Klagevertreter (seit 18. Juni 2004) eine Beziehung.

Im Sommer 2002 nahm die Klägerin dem Beklagten gehörende Dokumente an sich und kopierte diese. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin im Rahmen eines Griechenlandurlaubes im Jahr 2003 eine außereheliche Beziehung eingegangen wäre. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin die Kinder gegen den Beklagten aufgebracht hätte.

Das Erstgericht schied die Ehe nach § 49 EheG iVm § 60 EheG und sprach aus, dass das Verschulden beide Ehegatten treffe. Auch nach Eintritt der Zerrüttung gesetzte Eheverfehlungen seien beachtlich, wenn eine weitere Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen sei und der andere Teil das Verhalten des Ehegatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden könnte. Die subjektive und objektive unheilbare Zerrüttung der Ehe sei mit Einbringung des Mitverschuldenseinwandes durch den Beklagten und Außerstreitstellung der Zerrüttung in der Tagsatzung vom 23. 9. 2004 eingetreten. Den Beklagten treffe das weitaus überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe für den Zeitraum bis Anfang 2004. Als schwere Eheverfehlung sei ihm das Zufügen von schwerem seelischen Leid durch festgestellte wiederholte Wutausbrüche, die Verletzung der Pflicht zur gemeinsamen Haushaltsführung, die Verletzung der Pflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern durch deren psychische und physische Misshandlungen und die Verletzung des Einvernehmlichkeitsgebotes zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem er habe erkennen müssen, dass die Klägerin mit der von ihm in der Vergangenheit gepflogenen und von ihr zumindest geduldeten Dominanz in allen Lebensbereichen nicht mehr einverstanden gewesen sei, anzulasten. Da die unheilbare Zerrüttung der Ehe erst im September 2004 eingetreten sei, könne aber das festgestellte Verhältnis der Klägerin zum Klagevertreter nicht ganz ohne Beachtung bleiben. Wenngleich hier das Verschulden des Beklagten zwar höher zu bewerten sei als jenes der Klägerin, trete es doch nicht derart in den Hintergrund, dass ein überwiegendes Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe auszusprechen gewesen wäre.Das Erstgericht schied die Ehe nach Paragraph 49, EheG in Verbindung mit Paragraph 60, EheG und sprach aus, dass das Verschulden beide Ehegatten treffe. Auch nach Eintritt der Zerrüttung gesetzte Eheverfehlungen seien beachtlich, wenn eine weitere Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen sei und der andere Teil das Verhalten des Ehegatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden könnte. Die subjektive und objektive unheilbare Zerrüttung der Ehe sei mit Einbringung des Mitverschuldenseinwandes durch den Beklagten und Außerstreitstellung der Zerrüttung in der Tagsatzung vom 23. 9. 2004 eingetreten. Den Beklagten treffe das weitaus überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe für den Zeitraum bis Anfang 2004. Als schwere Eheverfehlung sei ihm das Zufügen von schwerem seelischen Leid durch festgestellte wiederholte Wutausbrüche, die Verletzung der Pflicht zur gemeinsamen Haushaltsführung, die Verletzung der Pflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern durch deren psychische und physische Misshandlungen und die Verletzung des Einvernehmlichkeitsgebotes zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem er habe erkennen müssen, dass die Klägerin mit der von ihm in der Vergangenheit gepflogenen und von ihr zumindest geduldeten Dominanz in allen Lebensbereichen nicht mehr einverstanden gewesen sei, anzulasten. Da die unheilbare Zerrüttung der Ehe erst im September 2004 eingetreten sei, könne aber das festgestellte Verhältnis der Klägerin zum Klagevertreter nicht ganz ohne Beachtung bleiben. Wenngleich hier das Verschulden des Beklagten zwar höher zu bewerten sei als jenes der Klägerin, trete es doch nicht derart in den Hintergrund, dass ein überwiegendes Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe auszusprechen gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab den Rechtsmitteln beider Parteien nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil und die erstgerichtliche Rechtsansicht. Soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, führte es noch aus, dass nur dann, wenn die Zerrüttung bereits zum völligen Erlöschen der ehelichen Gesinnung geführt habe und eine Vertiefung der Zerrüttung unmöglich sei, weitere Eheverfehlungen - mangels eines Kausalzusammenhanges zwischen Verfehlung und Zerrüttung

  • -Strichaufzählung
    nicht mehr zu berücksichtigen seien. Auch im Fall einer zerrütteten Ehe könnten weiterhin schutzwürdige Interessen der Partner bestehen, wie etwa betreffend den Schutz ihrer Ehre oder ihres Vermögens. Gewisse Pflichten aus der Ehe - wie jene zur anständigen Begegnung - wirkten in jedem Fall über die Zerrüttung hinaus. Gegen diese nachwirkenden Pflichten gerichtete Verfehlungen könnten auch nach eingetretener Zerrüttung bei der Verschuldensabwägung eine Rolle spielen. Selbst wenn man - mit der Klägerin entgegen dem Erstgericht
  • -Strichaufzählung
    die Ansicht vertreten würde, die objektive Zerrüttung der Ehe sei schon mit Einbringung der Scheidungsklage eingetreten, so habe doch das gesamte Verhalten des Beklagten unzweifelhaft deutlich gemacht, dass er die Aufnahme einer ehewidrigen Beziehung durch seine Frau mit Anfang 2004 noch als zerrüttend empfinden habe müsse und eine weitere Zerrüttung und Vertiefung zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, sondern geeignet gewesen sei, die bereits vorhandene Zerrüttung noch zu vertiefen und zu vervollständigen. Der Beklagte habe auch während des gesamten Verfahrens trotz der letztlich auch von ihm zugestandenen Zerrüttung der Ehe an dieser festgehalten und lediglich hilfsweise einen Mitschuldensantrag im Falle der Scheidung gestellt. Auch in seiner Berufung habe er primär die Abänderung der Entscheidung im Sinne einer Klagsabweisung begehrt. Dieses weitere Festhalten an der Ehe habe sich nicht nur in seinen mündlichen und schriftlichen Auftritten vor Gericht dokumentiert, sondern vor allem auch im Auftrag an das Detektivbüro im April 2005, das letztlich die ehewidrige Beziehung der Klägerin zu Tage gebracht habe. All diese Umstände dokumentierten, dass die Anfang 2004 begonnene Beziehung doch geeignet gewesen sei, eine weitere Vertiefung der Zerrüttung herbeizuführen. Auch in den Rechtsmittelschriftsätzen werde die tiefsitzende Kränkung des Beklagten durch das Verhalten seiner Frau manifest. Vor diesem Hintergrund aber könne die außereheliche Beziehung der Klägerin bei der nach § 60 Abs 3 EheG vorzunehmenden Verschuldensabwägung nicht unbeachtlich bleiben. Damit komme es auf den Zeitpunkt der objektiven Ehezerrüttung erst mit Erhebung des Mitverschuldenseinwandes nicht mehr an. Vor diesem Hintergrund sei die Verschuldensteilung des Erstgerichtes zu billigen. Gegen den Verschuldensausspruch allein, nicht auch gegen die Kostenentscheidungen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Alleinverschulden, hilfsweise das überwiegende Verschulden, des Beklagten festgestellt werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.die Ansicht vertreten würde, die objektive Zerrüttung der Ehe sei schon mit Einbringung der Scheidungsklage eingetreten, so habe doch das gesamte Verhalten des Beklagten unzweifelhaft deutlich gemacht, dass er die Aufnahme einer ehewidrigen Beziehung durch seine Frau mit Anfang 2004 noch als zerrüttend empfinden habe müsse und eine weitere Zerrüttung und Vertiefung zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, sondern geeignet gewesen sei, die bereits vorhandene Zerrüttung noch zu vertiefen und zu vervollständigen. Der Beklagte habe auch während des gesamten Verfahrens trotz der letztlich auch von ihm zugestandenen Zerrüttung der Ehe an dieser festgehalten und lediglich hilfsweise einen Mitschuldensantrag im Falle der Scheidung gestellt. Auch in seiner Berufung habe er primär die Abänderung der Entscheidung im Sinne einer Klagsabweisung begehrt. Dieses weitere Festhalten an der Ehe habe sich nicht nur in seinen mündlichen und schriftlichen Auftritten vor Gericht dokumentiert, sondern vor allem auch im Auftrag an das Detektivbüro im April 2005, das letztlich die ehewidrige Beziehung der Klägerin zu Tage gebracht habe. All diese Umstände dokumentierten, dass die Anfang 2004 begonnene Beziehung doch geeignet gewesen sei, eine weitere Vertiefung der Zerrüttung herbeizuführen. Auch in den Rechtsmittelschriftsätzen werde die tiefsitzende Kränkung des Beklagten durch das Verhalten seiner Frau manifest. Vor diesem Hintergrund aber könne die außereheliche Beziehung der Klägerin bei der nach Paragraph 60, Absatz 3, EheG vorzunehmenden Verschuldensabwägung nicht unbeachtlich bleiben. Damit komme es auf den Zeitpunkt der objektiven Ehezerrüttung erst mit Erhebung des Mitverschuldenseinwandes nicht mehr an. Vor diesem Hintergrund sei die Verschuldensteilung des Erstgerichtes zu billigen. Gegen den Verschuldensausspruch allein, nicht auch gegen die Kostenentscheidungen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Alleinverschulden, hilfsweise das überwiegende Verschulden, des Beklagten festgestellt werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, dass unheilbare Ehezerrüttung iSd § 49 EheG dann anzunehmen ist, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigsten bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (10 Ob 6/03k, 9 Ob 52/03t, 6 Ob 138/04v, RIS-Justiz RS0056832). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer neuen Verfehlung und der Zerrüttung im allgemeinen nicht vorhanden ist, wenn die Ehe so tief zerrüttet ist, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (6 Ob 138/04v, 9 Ob 52/03t; RIS-Justiz RS0056939, RS0056921). Ist also im Zeitpunkt einer Eheverfehlung bereits die unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten, so ist diese Eheverfehlung für die Zerrüttung der Ehe nicht mehr kausal und daher beim Verschuldensausspruch nicht zu berücksichtigen. Auch ein Ehebruch der erst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurde, spielt bei der Verschuldensabwägung keine Rolle (RIS-Justiz RS0056900). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Ehe zwar tiefgreifend, aber noch nicht unheilbar zerrüttet ist und in denen vor allem ein Teil die Zerrüttung noch nicht als unheilbar empfand, weshalb er die Eheverfehlungen noch als ehezerstörend ansehen musste. Nach Eintreten der (noch nicht gänzlichen und unheilbaren) Zerrüttung gesetzten Eheverfehlungen sind daher nicht schlechthin unbeachtlich, da auch eine schon bestehende Zerrüttung noch vertieft werden kann. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, ob durch weitere Eheverfehlungen eine solche Vertiefung tatsächlich eingetreten ist, ob also zwischen der Zerrüttung und weiteren Eheverfehlungen ein kausaler Zusammenhang besteht. Selbst nachdem die Ehe aus dem Verschulden eines Ehegatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teiles dann noch von Belang und geeignet Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst schuldtragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf (6 Ob 138/04v, 3 Ob 146/03x mwN).Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, dass unheilbare Ehezerrüttung iSd Paragraph 49, EheG dann anzunehmen ist, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigsten bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (10 Ob 6/03k, 9 Ob 52/03t, 6 Ob 138/04v, RIS-Justiz RS0056832). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer neuen Verfehlung und der Zerrüttung im allgemeinen nicht vorhanden ist, wenn die Ehe so tief zerrüttet ist, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (6 Ob 138/04v, 9 Ob 52/03t; RIS-Justiz RS0056939, RS0056921). Ist also im Zeitpunkt einer Eheverfehlung bereits die unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten, so ist diese Eheverfehlung für die Zerrüttung der Ehe nicht mehr kausal und daher beim Verschuldensausspruch nicht zu berücksichtigen. Auch ein Ehebruch der erst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurde, spielt bei der Verschuldensabwägung keine Rolle (RIS-Justiz RS0056900). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Ehe zwar tiefgreifend, aber noch nicht unheilbar zerrüttet ist und in denen vor allem ein Teil die Zerrüttung noch nicht als unheilbar empfand, weshalb er die Eheverfehlungen noch als ehezerstörend ansehen musste. Nach Eintreten der (noch nicht gänzlichen und unheilbaren) Zerrüttung gesetzten Eheverfehlungen sind daher nicht schlechthin unbeachtlich, da auch eine schon bestehende Zerrüttung noch vertieft werden kann. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, ob durch weitere Eheverfehlungen eine solche Vertiefung tatsächlich eingetreten ist, ob also zwischen der Zerrüttung und weiteren Eheverfehlungen ein kausaler Zusammenhang besteht. Selbst nachdem die Ehe aus dem Verschulden eines Ehegatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teiles dann noch von Belang und geeignet Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst schuldtragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf (6 Ob 138/04v, 3 Ob 146/03x mwN).

Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irreversiblen Tatsachenbereich zuzuordnen ist, stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage dar (6 Ob 138/04v, RIS-Justiz RS0043432).

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass es auf die Beurteilung, wann die objektive Zerrüttung der Ehe anzusetzen sei, im vorliegenden Fall im Hinblick auf die subjektive Kränkung des Beklagten nach Bekanntwerden der außerehelichen Beziehung der Klägerin nicht ankomme, kann nicht geteilt werden.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass für die Klägerin die Ehe bereits im Februar 2002 subjektiv zerrüttet war. Im Juli 2002 forderte der Beklagte die Klägerin auf, das gemeinsame Schlafzimmer zu verlassen. Die Klägerin brachte im November 2002 die vorliegende Klage ein. Dem Beklagten war aber auch bereits im November 2002 klar, dass die Ehe „kaputt" war. Die Klägerin zog Ende August 2003 aus der Ehewohnung aus. Außer Streit steht, dass mehrere Ehe- und Familientherapien der Streitteile erfolglos verliefen, wobei eine einvernehmliche Lösung insbesondere auch wegen unterschiedlicher Vorstellungen hinsichtlich der Vermögensaufteilung scheiterten. Aus all diesen Anhaltspunkten ergibt sich, dass die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten objektiv jedenfalls schon lange vor Anfang 2004, also bei Eingehen der außerehelichen Beziehung mit dem Klagevertreter, objektiv unheilbar zerrüttet war. Die frühere subjektive unheilbare Zerrüttung für die Klägerin steht fest. Damit ist die außereheliche Beziehung (selbst wenn sie nach den Feststellungen bereits Anfang 2004 bestanden haben mag) für die unheilbare Zerrüttung der Ehe der Streitteile nicht mehr kausal oder bei verständiger Würdigung der Umstände auch nur geeignet, die Zerrüttung noch weiter zu vertiefen, selbst wenn der Beklagte subjektiv auf das Bekanntwerden der Beziehung gekränkt reagierte.

Das Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe wurde von den Vorinstanzen dargelegt und vom Beklagten im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft. Da dem Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe kein kausales Fehlverhalten der Klägerin gegenübersteht, war auszusprechen, dass ihn das Alleinverschulden iSd § 60 EheG trifft. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 iVm 45a ZPO. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen wurden von der Klägerin nicht bekämpft.Das Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe wurde von den Vorinstanzen dargelegt und vom Beklagten im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft. Da dem Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe kein kausales Fehlverhalten der Klägerin gegenübersteht, war auszusprechen, dass ihn das Alleinverschulden iSd Paragraph 60, EheG trifft. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 in Verbindung mit 45a ZPO. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen wurden von der Klägerin nicht bekämpft.

Anmerkung

E82409 5Ob153.06w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00153.06W.1024.000

Dokumentnummer

JJT_20061024_OGH0002_0050OB00153_06W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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