TE OGH 2006/11/8 13Os102/06h

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Veröffentlicht am 08.11.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter R***** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. April 2006, GZ 24 Hv 24/06g-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter R***** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 86 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. April 2006, GZ 24 Hv 24/06g-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Walter R***** wurde des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 2. Dezember 2005 in Wien Josef R***** durch einen Faustschlag gegen das Gesicht, wodurch dieser nach hinten taumelte und mit dem Hinterkopf gegen eine Therme schlug, am Körper verletzt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte.Walter R***** wurde des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 86 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 2. Dezember 2005 in Wien Josef R***** durch einen Faustschlag gegen das Gesicht, wodurch dieser nach hinten taumelte und mit dem Hinterkopf gegen eine Therme schlug, am Körper verletzt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gegen die Erfolgsqualifikation des § 86 StGB ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.Der aus Ziffer 10, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO gegen die Erfolgsqualifikation des Paragraph 86, StGB ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Richtig ist, dass die Zurechnung der Todesfolge an den Primärverursacher unterbleibt, wenn der Verletzte nach der Tat - über eine auffallende Sorglosigkeit hinaus - ein zum Tod führendes Fehlverhalten setzt, das für jeden vernünftigen Menschen in seiner Lage schlechthin unbegreiflich ist, so etwa, wenn der Verletzte in voller Kenntnis seines verletzungsbedingten lebensbedrohlichen Zustands und der zu gewärtigenden Konsequenzen unterlassener sofortiger lebensrettender ärztlicher Behandlung sich dieser bewusst nicht unterzieht, vorausgesetzt, dass ohne dieses Fehlverhalten die schwere Tatfolge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (vgl 9 Os 47/86, EvBl 1987/142, 505 = RZ 1987/71; vgl auch Burgstaller in WK2 § 80 Rz 81 und § 6 Rz 72; Kienapfel/Schroll BT I5 § 80 Rz 80; Fuchs AT I6 13/47; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 27 Rz 9; Triffterer in SbgK § 6 Rz 68 f; Fabrizy StGB9 § 86 Rz 2). Indem der Beschwerdeführer sich indes - übrigens ohne Hinweis auf konkrete Beweisergebnisse - darauf beschränkt, „Aufenthalte des Josef R***** in diversen Gasthäusern und die Möglichkeit, sich einer Behandlung zu unterziehen, zumal Josef R***** dem Akteninhalt zufolge von Zeugen auf seine Blutungen aus dem Ohr angesprochen worden sei" sowie den Umstand ins Treffen zu führen, dass „laut Polizeiakt sowohl die Lokalbesitzerin K*****, als auch Gerhard E***** starke Blutungen aus dem Ohr wahrgenommen" hätten, „sodass auch diese ihn animieren hätten können, unverzüglich ein Krankenhaus aufzusuchen", wird ein auf diese Kriterien bezogener Feststellungsmangel nicht geltend gemacht. Dass es aber für den Ausschluss der normativen Erfolgszurechnung genügt, wenn Dritte die Möglichkeit gehabt hätten, den Verletzten dazu zu bewegen, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, wird mit dem Vorwurf, es seien „offensichtlich ja auch die allfälligen Bemühungen der Dritten gegenüber dem Opfer erfolglos" gewesen, weder mit Bestimmtheit behauptet noch methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet.Richtig ist, dass die Zurechnung der Todesfolge an den Primärverursacher unterbleibt, wenn der Verletzte nach der Tat - über eine auffallende Sorglosigkeit hinaus - ein zum Tod führendes Fehlverhalten setzt, das für jeden vernünftigen Menschen in seiner Lage schlechthin unbegreiflich ist, so etwa, wenn der Verletzte in voller Kenntnis seines verletzungsbedingten lebensbedrohlichen Zustands und der zu gewärtigenden Konsequenzen unterlassener sofortiger lebensrettender ärztlicher Behandlung sich dieser bewusst nicht unterzieht, vorausgesetzt, dass ohne dieses Fehlverhalten die schwere Tatfolge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre vergleiche 9 Os 47/86, EvBl 1987/142, 505 = RZ 1987/71; vergleiche auch Burgstaller in WK2 Paragraph 80, Rz 81 und Paragraph 6, Rz 72; Kienapfel/Schroll BT I5 Paragraph 80, Rz 80; Fuchs AT I6 13/47; Kienapfel/Höpfel AT I11 Ziffer 27, Rz 9; Triffterer in SbgK Paragraph 6, Rz 68 f; Fabrizy StGB9 Paragraph 86, Rz 2). Indem der Beschwerdeführer sich indes - übrigens ohne Hinweis auf konkrete Beweisergebnisse - darauf beschränkt, „Aufenthalte des Josef R***** in diversen Gasthäusern und die Möglichkeit, sich einer Behandlung zu unterziehen, zumal Josef R***** dem Akteninhalt zufolge von Zeugen auf seine Blutungen aus dem Ohr angesprochen worden sei" sowie den Umstand ins Treffen zu führen, dass „laut Polizeiakt sowohl die Lokalbesitzerin K*****, als auch Gerhard E***** starke Blutungen aus dem Ohr wahrgenommen" hätten, „sodass auch diese ihn animieren hätten können, unverzüglich ein Krankenhaus aufzusuchen", wird ein auf diese Kriterien bezogener Feststellungsmangel nicht geltend gemacht. Dass es aber für den Ausschluss der normativen Erfolgszurechnung genügt, wenn Dritte die Möglichkeit gehabt hätten, den Verletzten dazu zu bewegen, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, wird mit dem Vorwurf, es seien „offensichtlich ja auch die allfälligen Bemühungen der Dritten gegenüber dem Opfer erfolglos" gewesen, weder mit Bestimmtheit behauptet noch methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet.

Bleibt anzumerken, dass ein mit Nichtigkeit bedrohter Verstoß gegen die Pflicht zu amtswegiger Sachaufklärung schon deshalb nicht vorliegt, weil es dem Angeklagten unbenommen war, zur Frage nachträglichen Fehlverhaltens des Verletzten aus seiner Sicht erforderliche Beweisanträge zu stellen (RIS-Justiz RS0114036). Nach insoweit übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung muss der Täter keineswegs alle Einzelheiten des Kausalverlaufs vorauszusehen in der Lage sein. Vielmehr genügt dessen Voraussehbarkeit in den wesentlichen Zügen. Für die subjektive Zurechenbarkeit des Erfolgs (§ 7 Abs 2 StGB) reicht es aus, wenn der Täter allgemein voraussehen kann, dass dieser in einer Weise zustande kommt, die den Anforderungen des Adaequanz- und Risikozusammenhangs genügt, wogegen die Vorhersehbarkeit des konkreten Kausalverlaufs innerhalb dieses Rahmens nicht erforderlich ist (Burgstaller in WK2 § 6 Rz 97 f; Fuchs AT I6 26/9; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 25 Rz 33).Bleibt anzumerken, dass ein mit Nichtigkeit bedrohter Verstoß gegen die Pflicht zu amtswegiger Sachaufklärung schon deshalb nicht vorliegt, weil es dem Angeklagten unbenommen war, zur Frage nachträglichen Fehlverhaltens des Verletzten aus seiner Sicht erforderliche Beweisanträge zu stellen (RIS-Justiz RS0114036). Nach insoweit übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung muss der Täter keineswegs alle Einzelheiten des Kausalverlaufs vorauszusehen in der Lage sein. Vielmehr genügt dessen Voraussehbarkeit in den wesentlichen Zügen. Für die subjektive Zurechenbarkeit des Erfolgs (Paragraph 7, Absatz 2, StGB) reicht es aus, wenn der Täter allgemein voraussehen kann, dass dieser in einer Weise zustande kommt, die den Anforderungen des Adaequanz- und Risikozusammenhangs genügt, wogegen die Vorhersehbarkeit des konkreten Kausalverlaufs innerhalb dieses Rahmens nicht erforderlich ist (Burgstaller in WK2 Paragraph 6, Rz 97 f; Fuchs AT I6 26/9; Kienapfel/Höpfel AT I11 Ziffer 25, Rz 33).

Indem die Subsumtionsrüge einerseits das Erfordernis bloß allgemeiner Vorhersehbarkeit im Tatzeitpunkt für die Zurechnung der Todesfolge zugesteht, andererseits jedoch Feststellungen darüber vermisst, ob der Angeklagte bei seinem Faustschlag gleichwohl den konkreten Ursachenzusammenhang zwischen diesem und dem vier Tage später eingetretenen Tod seines Opfers erkennbar hätte sein müssen und zudem das Fehlen von Feststellungen darüber beklagt, ob Walter R***** durch den Sturz bedingte Blutungen aus einem Ohr seines Opfers hatte wahrnehmen können, erweist sie sich insoweit als unschlüssig. Indizien in Richtung der Beschwerdebehauptung, wonach der Eintritt des Todes als Folge eines (durch einen Faustschlag bedingten) Sturzes aufgrund eines Aufpralls des Kopfes auf ein flächenhaftes starres Objekt „völlig außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Erfahrung" liege (vgl Burgstaller in WK2 § 6 Rz 63; Kienapfel/Schroll BT I5 § 80 Rz 48 f; Fuchs AT I6 13/24 ff; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 25 Rz 28 ff), nennt die Beschwerde nicht.Indem die Subsumtionsrüge einerseits das Erfordernis bloß allgemeiner Vorhersehbarkeit im Tatzeitpunkt für die Zurechnung der Todesfolge zugesteht, andererseits jedoch Feststellungen darüber vermisst, ob der Angeklagte bei seinem Faustschlag gleichwohl den konkreten Ursachenzusammenhang zwischen diesem und dem vier Tage später eingetretenen Tod seines Opfers erkennbar hätte sein müssen und zudem das Fehlen von Feststellungen darüber beklagt, ob Walter R***** durch den Sturz bedingte Blutungen aus einem Ohr seines Opfers hatte wahrnehmen können, erweist sie sich insoweit als unschlüssig. Indizien in Richtung der Beschwerdebehauptung, wonach der Eintritt des Todes als Folge eines (durch einen Faustschlag bedingten) Sturzes aufgrund eines Aufpralls des Kopfes auf ein flächenhaftes starres Objekt „völlig außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Erfahrung" liege vergleiche Burgstaller in WK2 Paragraph 6, Rz 63; Kienapfel/Schroll BT I5 Paragraph 80, Rz 48 f; Fuchs AT I6 13/24 ff; Kienapfel/Höpfel AT I11 Ziffer 25, Rz 28 ff), nennt die Beschwerde nicht.

Da zwar nicht die Kausalität, wohl aber die als Ausnahme angelegte objektive Erfolgszurechnung - prozessual gesehen - eine negative Tatbestandsvoraussetzung darstellt und daher ausdrücklicher Feststellungen nur bedarf, wenn deren Ausschluss indiziert ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602), entzieht sich der eines entsprechenden Hinweises entbehrende Vorwurf mangelnder Feststellungen dazu einer inhaltlichen Erwiderung. Ohne Hinweis auf ein übergangenes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Tatsachensubstrat kann zwar ein Rechtsfehler infolge fehlender Feststellungen, nicht aber ein Feststellungsmangel geltend gemacht werden (WK-StPO § 281 Rz 600; 14 Os 28/05g, EvBl 2005/170, 809 uva; instruktiv Schroll/Schillhammer, Rechtsmittel gegen Urteile (I), AnwBl 2006, 441 (455 ff); nicht zwischen Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen und Feststellungsmängeln differenzierend: Fabrizy StPO9 § 281 Rz 55, E. Steininger Nichtigkeitsgründe im Strafverfahren3 273 ff und Bertel/Venier8 Rz 897 ff).Da zwar nicht die Kausalität, wohl aber die als Ausnahme angelegte objektive Erfolgszurechnung - prozessual gesehen - eine negative Tatbestandsvoraussetzung darstellt und daher ausdrücklicher Feststellungen nur bedarf, wenn deren Ausschluss indiziert ist (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 602), entzieht sich der eines entsprechenden Hinweises entbehrende Vorwurf mangelnder Feststellungen dazu einer inhaltlichen Erwiderung. Ohne Hinweis auf ein übergangenes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Tatsachensubstrat kann zwar ein Rechtsfehler infolge fehlender Feststellungen, nicht aber ein Feststellungsmangel geltend gemacht werden (WK-StPO Paragraph 281, Rz 600; 14 Os 28/05g, EvBl 2005/170, 809 uva; instruktiv Schroll/Schillhammer, Rechtsmittel gegen Urteile (römisch eins), AnwBl 2006, 441 (455 ff); nicht zwischen Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen und Feststellungsmängeln differenzierend: Fabrizy StPO9 Paragraph 281, Rz 55, E. Steininger Nichtigkeitsgründe im Strafverfahren3 273 ff und Bertel/Venier8 Rz 897 ff).

Gleiches gilt für den Vorwurf fehlender Feststellungen zur Frage, ob „zum Zeitpunkt des Faustschlags gegen den Bruder überhaupt vorhersehbar war, dass dies zum tödlichen Ausgang führt."

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (Paragraph 285 i, StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Anmerkung

E82575 13Os102.06h

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Jus-Extra OGH-St 3977 = RZ 2007,100 EÜ140 - RZ 2007 EÜ140 = SSt 2006/79 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0130OS00102.06H.1108.000

Dokumentnummer

JJT_20061108_OGH0002_0130OS00102_06H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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