TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2003/06/0175

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Tir 2001 §22 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Gemeinde P, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. September 2003, Zl. Ve1-8-1/12- 2, betreffend die Untersagung einer Bauführung (mitbeteiligte Partei: EK in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einer mit 6. Dezember 2002 datierten und am selben Tag bei der Beschwerdeführerin eingelangen Eingabe erstattete der Mitbeteiligte die Bauanzeige, wonach er auf der im Freiland gelegenen Gp. 62/2, KG. P, einen Reitplatz anlege. Laut Baubeschreibung soll der Reitplatz eine Größe von 21 m x 41 m aufweisen und südlich des Wirtschaftsgebäudes auf der Parzelle 62/2, KG. P, liegen. Der Humus werde abgehoben und durch eine Sandschicht ersetzt. Unter der Sandschicht werde ein Bauvlies ausgelegt, begrenzt werde der Platz durch eine Einfriedung mit Kanthölzern.

Anlässlich einer Baukontrolle am 18. Dezember 2002 um ca. 14.00 Uhr wurde festgestellt, dass 18 Fundamentlöcher mit einer Tiefe von ca. 1,30 m ausgehoben waren, zum Teil war in diese Löcher bereits Beton eingebracht worden. Am 20. Dezember 2002 führte der hochbautechnische Sachverständige der Beschwerdeführerin, Arch. D.I. O. einen zusätzlichen Lokalaugenschein durch, anlässlich dieser Überprüfung wurden Fotos angefertigt, auf welchen der Erdaushub, die Löcher und teilweise eingebrachter Beton in den Löchern erkennbar sind.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2002 ordnete der Bürgermeister der Beschwerdeführerin an, dass die Bauarbeiten auf dem Grundstück gemäß § 33 Abs. 3 TBO 1998 einzustellen seien. Anlässlich eines Lokalaugenscheins sei im Beisein des Mitbeteiligten (Bauherren) festgestellt worden, dass auf dem Grundstück Nr. 62/2 (mit der Widmung Freiland und im Flächenwidmungsplan als archäologisches Grabungsgebiet ausgewiesen) die Humusschicht im Ausmaß von ca. 1000 m2 abgetragen, 18 Fundamentlöcher mit einer Tiefe von ca. 1,30 m ausgegraben und mit Beton verfüllt gewesen seien. Offensichtlich solle hier eine Reithalle entstehen.

Die dagegen eingebrachte Berufung des Mitbeteiligten vom 30. Dezember 2002 hat der Gemeindevorstand der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 6. März 2003 als unbegründet abgewiesen.

Zwischenzeitlich hat Dr. CO, Rechtsanwalt in I, für den Mitbeteiligten folgende, mit 30. Dezember 2002 datierte und am selben Tag bei der Beschwerdeführerin eingelangte Eingabe eingebracht:

"An das Gemeindeamt P

U 26

P

Betrifft: EK, Bauanzeige vom 6.12.2002 Ergänzung und Erläuterungen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

In Ergänzung der Bauanzeige des von mir vertretenen Herrn EK, auf dessen Bevollmächtigung ich mich berufe, lege ich ergänzend einen Detailplan für die geplante Einfriedung des Reitplatzes vor.

Wie mein Mandant bereits in seiner Eingabe erwähnte hat, wird die Fundamentierung der Einfriedung so dimensioniert, dass ein späterer Ausbau, z.B. die Überdachung des Reitplatzes zu einem späteren Zeitpunkt, möglich ist, ohne dass eine für solche Zwecke nicht geeignete, nur den statischen Erfordernissen einer Einfriedung (Bande) genügende Fundamentierung wieder entfernt werden muss.

...

Sonst können keine Einwände gegen die Ausführung des Reitplatzes samt Einfriedung bestehen, wie Sie selbst bereits festgestellt haben, ist jene Stelle als archäologisches Grabungsgebiet nicht relevant, da es sich um ein vor etwa 27 Jahren aufgeschüttetes Überschwemmungsgebiet handelt. Wie Sie weiters bereits zu Zl. 131-9/143-6/2001 festgestellt haben, können auch weder von der Flächenwidmung noch von der Bauordnung her irgendwelche Einwände bestehen.

Ich ersuche daher zur Vermeidung von Frost- und anderen Schäden möglichst rasch im Sinn des § 22 Abs. 4 TBO dem Bauvorhaben ausdrücklich zuzustimmen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. CO

Beilage: Ausführungsplan Einfriedung 2-fach"

Mit Schreiben vom 15. Jänner 2003, dem Rechtsfreund des Mitbeteiligten zugestellt am 17. Jänner 2003, erließ der Bürgermeister der Beschwerdeführerin einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 22 TBO 2001 für die am 30. Dezember 2002 eingebrachte Ergänzung und Erläuterung zur Bauanzeige vom 6. Dezember 2002. In diesem Schreiben wurde ausgeführt, dass zu den mit Schreiben vom 30. Dezember 2002 ergänzend vorgelegten Detailplänen betreffend Einfriedung festgestellt werde, dass diese unvollständig seien, da die Höhe und Mächtigkeit (Holz- oder Stahlausführung) daraus nicht hervorgehe. Sei die Bauanzeige unvollständig, so habe die Behörde dem Bauwerber unter Setzung einer höchstens zweiwöchigen Frist die Behebung dieses Mangels aufzutragen. Diese Angaben seien zur Beurteilung der Einfriedung durch die Behörde erforderlich, der Mitbeteiligte werde daher aufgefordert, binnen zwei Wochen die angeführten Mängel der Planunterlagen zu beheben, andernfalls die Bauanzeige zurückzuweisen sein werde.

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2003, eingelangt bei der Beschwerdeführerin am 23. Jänner 2003, teilte der Rechtsvertreter des Mitbeteiligten der Beschwerdeführerin betreffend "Bauanzeige vom 6.12.2002, Errichtung eines Reitplatzes" in Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom 15. Jänner 2003 mit, dass die geplante Einfriedung wie bildlich dargestellt in Form einer Bande aus Holz mit einer Höhe von 1,50 m zur Ausführung gelangen solle. Die hiezu nötigen Steher sollten, sollte die von Frau B.D. eingereichte Reitplatzüberdachung nicht kurzfristig realisierbar sein, aus Stahlprofilen IPE 160 auf den vorbereiteten Punktfundamenten ausgeführt werden.

Mit Bescheid vom 30. Jänner 2003, dem Mitbeteiligten zu Handen seines Rechtsfreundes zugestellt am 3. Februar 2003, wurde die Ausführung des Bauvorhabens laut Bauanzeige vom 6. Dezember 2002 untersagt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Mitbeteiligten hat der Gemeindevorstand der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 6. März 2003 abgewiesen.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid den Bescheid des Gemeindevorstandes aufgehoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zu der Bauanzeige vom 6. Dezember 2002 sei kein Verbesserungsauftrag erteilt und auch nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten die Bewilligungspflicht oder Unzulässigkeit nach bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften festgestellt worden. Erst zu der am 30. Dezember 2002 eingebrachten Bauanzeige - entgegen dem Vorbringen des Mitbeteiligten sei die Eingabe als Bauanzeige zu werten und nicht als "freundliche Mitteilung", da damit ausdrücklich eine Entscheidung gemäß § 22 Abs. 4 TBO 2001 beantragt worden sei - sei ein Mängelbehebungsauftrag erfolgt. Mit der Bauanzeige vom 30. Dezember 2002 sei nur noch die geplante Einfriedung des Reitplatzes angezeigt worden und nicht die Errichtung eines Reitplatzes. Die Untersagung der Ausführung des Reitplatzes sei daher, da die im § 22 Abs. 3 TBO 2001 normierte zweimonatige Entscheidungsfrist abgelaufen sei, zu Unrecht erfolgt.

Die weitere Begründung ist auf Grund offenbar fehlender Worte nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 22 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 74/2001 (TBO),

lautet wie folgt:

"§ 22

Bauanzeige

(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.

(2) Der Bauanzeige sind die Planunterlagen (§ 23) in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Ist die Bauanzeige unvollständig, so hat die Behörde dem Bauwerber unter Setzung einer höchstens zweiwöchigen Frist die Behebung dieses Mangels aufzutragen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid zurückzuweisen.

(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.

(4) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist weder das angezeigte Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem Bauwerber eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung des Planunterlagen auszuhändigen."

Entgegen der Annahme der belangten Behörde erfolgten im vorliegenden Verwaltungsverfahren betreffend die Bauanzeige vom 6. Dezember 2002 eine Ergänzung und Erläuterungen des Bauvorhabens mit Schreiben des Rechtsfreundes des Mitbeteiligten vom 30. Dezember 2002. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Betreff nämlich "EK, Bauanzeige vom 6.12.2002, Ergänzung und Erläuterungen". Diesem Schreiben war ein Plan betreffend die Einfriedung des Reitplatzes zweifach beigelegt, hinsichtlich dieses Detailplanes erging der Mängelbehebungsauftrag vom 15. Jänner 2003, der sich ebenfalls ausdrücklich auf die am 30. Dezember 2002 eingebrachte Ergänzung und Erläuterung zur Bauanzeige vom 6. Dezember 2002 bezog. In diesem Mängelbehebungsauftrag vom 15. Jänner 2003 wurde dem Mitbeteiligten eine Frist von 14 Tagen zur Verbesserung eingeräumt. Diese Verbesserung wurde fristgerecht mit Schreiben vom 22. Jänner 2003, eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 23. Jänner 2003 vorgenommen. Im letztgenannten Schreiben wurde mitgeteilt, in welcher Form und Dimension die Einfriedung ausgeführt werden sollte.

Die Untersagung der Bauausführung erfolgte mit Bescheid vom 30. Jänner 2003, zugestellt dem Rechtsfreund des Mitbeteiligten am 3. Februar 2003. Abgesehen davon, dass die Bescheiderlassung, selbst ausgehend vom Einlangen der Bauanzeige am 6. Dezember 2002, innerhalb der Frist von zwei Monaten erfolgte, sodass es sogar unerheblich wäre, ob eine Ergänzung der Bauanzeige vorgenommen und ein Mängelbehebungsauftrag erteilt wurde, geht aus § 22 Abs. 3 TBO klar hervor, dass die Frist von zwei Monaten erst nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige zu laufen beginnt. Im Beschwerdefall begann die zweimonatige Frist daher mit Einlangen des Schreibens vom 22. Jänner 2003, nämlich am 23. Jänner 2003, sodass der am 3. Februar 2003 zugestellte, auf § 22 TBO gestützte Bescheid in jedem Fall innerhalb der Frist des § 22 Abs. 3 leg. cit. erging.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Schriftsatzaufwand konnte nur im Rahmen des Kostenbegehrens zuerkannt werden, das Mehrbegehren für die Eingabegebühr war abzuweisen, da die beschwerdeführende Gemeinde von der Entrichtung der Stempelgebühren bei Beschwerden betreffend den eigenen Wirkungsbereich befreit ist.

Wien, am 25. September 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003060175.X00

Im RIS seit

25.10.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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