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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Ing. JK und 2. der AK, beide in T und beide vertreten durch Dr. Elfriede Kropiunig und Dr. Michael Kropiunig, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Max-Tendler-Straße 28, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Dezember 2003, Zl. FA 13A-
12.10 T 115-03/2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. FR, N, 2. MR, ebenda, 3. Stadtgemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 14. November 2002 begehrten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines überdachten Kfz-Abstellplatzes mit einer Fläche von 5,22 m mal 6,05 m für zwei PKW mit einem auf Trägern stehenden, als Satteldach mit 48 Grad Neigung und einer Gesamthöhe von 5,76 m ausgebildeten Dach auf einem im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde gelegenem Grundstück.
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer einer an den Bauplatz angrenzenden Zufahrtsstraße und erhoben vor der am 19. März 2003 durchgeführten Bauverhandlung schriftlich Einwendungen gegen das Projekt (eine Kundmachung bzw. Ladung zur Verhandlung liegt im übermittelten Akt nicht ein). Die Baulichkeit unterscheide sich von der üblichen auch im Stmk BauG vorgesehenen Bauweise eines Carports in mehreren Punkten. An Stelle der ortsüblichen Fläche von 30 m2 für zwei PKW weise sie eine Fläche von 40 m2 und ein Obergeschoss auf, welches als Lager oder Stauraum verwendet werden könne. Zusätzlich sei das Objekt in massiver Holzbauweise projektiert um später, wie von den Beschwerdeführern angenommen, eine Verschalung vom Dachfirst bis zur eingezogenen Decke vornehmen zu können. Im Fall der Herstellung einer Verschalung sei der geforderte Abstand zur Grundstücksgrenze nicht eingehalten, da das Objekt nur ca. 45 cm von dieser entfernt sei. Auch sei der Abstellplatz nicht ortsüblich mit einem Flachdach gedeckt, sondern mit einem Dach mit einer Neigung von 48 Grad und weise einen einseitig verschalten Dachfirst auf. Der Abstellplatz verstoße gegen den von der Stadtgemeinde T erlassenen Teilbebauungsplan, der in seinem § 12 ausdrücklich vorsehe, dass Nebengebäude und Carports sowie Garagen nur gekuppelt an der gemeinsamen Grundstücksgrenze oder freistehend errichtet werden dürften und dass die Dachneigung der freistehenden Nebengebäude 30 Grad zu betragen habe. Da der überdachte PKW-Abstellplatz freistehend sei, dürfe die Dachneigung nur 30 Grad betragen und das Dach entspreche nicht dem geltenden Bebauungsplan. Überhaupt füge sich das Objekt der Bauwerber nicht in die Verbauung der kleinen Grundstücke der Siedlung ein, wirke störend für die Beschwerdeführer, sei sichtbehindernd und in seiner Form unzumutbar.
Mit Bescheid vom 28. März 2003 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gemäß § 29 Abs. 3 Stmk BauG die Baubewilligung für das gemäß § 19 Z. 3 leg. cit. beurteilte Bauwerk nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Beschreibungen, Pläne und Projektunterlagen unter anderem unter der Auflage, dass gegen das Abrutschen von Schnee geeignete Vorkehrungen in Form von Rohrdurchzügen oder Schneerechen in entsprechender Dimensionierung zu treffen und der Nachweis über deren Wirksamkeit zu erbringen sei.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2003 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab und führte zur Frage der Dachneigung aus, dass die angeführten Teilbebauungspläne keine Vorschreibungen hinsichtlich der Gestaltung von Flugdächern enthielten, da es sich hiebei weder um Nebengebäude noch um Garagen handle. Die Angleichung der Dachneigung an das Hauptdach bewirke insgesamt ein ruhiges Erscheinungsbild der Bebauung des Grundstücks.
Gegen den Bescheid vom 6. Juni 2003 führten die Beschwerdeführer in ihrer Vorstellung zur Frage der Eingeschossigkeit des Objekts aus, dass das errichtete Carport mit einem ortsüblichen eingeschoßigen Carport, welches mit einem Flachdach gedeckt sei, nicht vergleichbar sei, weil auf einem solchen nicht verschiedene Fahrnisse gelagert werden könnten. Dies sei jedoch im gegenständlichen Fall möglich und es handle sich nicht, wie von der Behörde angenommen, um Mutmaßungen hinsichtlich der Verwendung des sich im Dachfrist ergebenden Raumes. Vielmehr liege auf der Hand, dass die Mitbeteiligten mit der Errichtung eines Carports und einer Abdeckung mit einem Dach mit 48 Grad Neigung einen über der Abstellfläche sich ergebenden Dachraum erzeugen hätten wollen. Die Mitbeteiligten wären auch nach den Teilbebauungsplänen nicht berechtigt gewesen, das Carport mit einem Satteldach mit einer Neigung von 30 Grad zu decken, sondern es wäre ein Flachdach anzubringen gewesen. Die Teilbebauungspläne, deren Inhalt zur Erreichung eines ruhigen Erscheinungsbildes der Siedlung diene, würden ausdrücklich die Dachneigung der freistehenden Nebengebäude mit 30 Grad festlegen. Es sei daher völlig unverständlich und absurd, wenn die Berufungsbehörde behaupte, die freistehende Errichtung eines Carports mit einem Satteldach von 48 Grad bewirke ein ruhiges Erscheinungsbild der Bebauung auf dem Grundstück.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2003 wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab und begründete dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit, dass das Stmk BauG eine Größenbeschränkung für Carports nicht kenne. Die Größe eines Carports könne allenfalls im Zusammenhang damit eine Rolle spielen, wenn gemäß § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk BauG zu beurteilen sei, ob ein Bauwerk in seiner gestalterischen Bedeutung dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild gerecht werde. Hinsichtlich dieser Bestimmung komme aber dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu.
Das projektierte Objekt sei als eingeschoßiges Bauwerk einzustufen, weil der darin vorgesehene Dachraum gemäß § 4 Z. 33 Stmk BauG die in § 67 Stmk BauG vorgesehene Raumhöhe nicht erreiche. Die Festlegung der Dachneigung in Teilbebauungsplänen habe einzig und allein gestalterische Gründe und berühre Fragen des Ortsbildschutzes. Ein Immissionsschutz sei damit nicht verbunden, und ein diesbezügliches Mitspracherecht des Nachbarn sei nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch der Erst- und die Zweitmitbeteiligte erstatteten eine Gegenschrift, auf welche die Beschwerdeführer replizierten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Dies gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 bzw. BGBl. I Nr. 10/2004 die Parteistellung beibehalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006, Zl. 2005/06/0318).
Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 des Steiermärkisches Baugesetzes - Stmk BauG, LGBl. Nr. 59/1995, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
§ 13 Abs. 1 und 2 Stmk BauG lautet:
"(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschossanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
...
(9) Der Gebäudeabstand hat, sofern ein geringerer Abstand als nach Abs. 1 zulässig ist, mindestens 2,0 m zu betragen."
Gemäß § 12 Abs. 3 des im vorliegenden Fall in Betracht kommenden Teilbebauungsplanes "Hanlo - Siedlung - Erweiterung" der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. Dezember 1997 (in Kraft getreten am 10. Februar 1998) hat die "Dachneigung der freistehenden Nebengebäude (Garagen) ... 30o zu betragen". Weiter heißt es: "Bei gekuppelter Bauweise mit dem Hauptgebäude ist die Dachneigung des Nebengebäudes (Garage) an das Hauptgebäude anzupassen bzw. kann auch mit Flachdach ausgeführt werden."
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil bei der Erteilung der Baubewilligung § 13 Stmk BauG verletzt worden sei, da das Objekt lediglich 45 cm von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet worden sei. Das von der mitbeteiligten Partei errichtete Objekt stelle eine offene Garage im Sinne des § 4 Z. 27 leg. cit. dar. Daher handle es sich um ein Gebäude im Sinne des § 4 Z. 28 leg. cit., bei dem die Abstandsbestimmungen des § 13 leg. cit. einzuhalten seien. Gemäß § 13 Abs. 9 leg. cit. habe der Gebäudeabstand mindestens 2 m zu betragen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben es jedoch verabsäumt, die von ihnen behauptete mögliche Verletzung von Abstandsbestimmungen vor den Gemeindebehörden oder der belangten Behörde geltend zu machen. Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer konkreten Rechtsverletzung immanent. Das im Einwendungsschriftsatz vom 10. März 2003 erstattete Vorbringen, das Objekt sei nur ca. 45 cm von der Grundstücksgrenze entfernt aufgestellt und würde im Falle einer Verschalung den geforderten Abstand zur Grundstücksgrenze nicht einhalten, stelle keine Einwendung dar, mit welcher die nunmehr in der Beschwerde behauptete Nichteinhaltung von Abstandsbestimmungen des § 13 Stmk BauG konkret geäußert worden wäre, weil das beantragte und bewilligte Projekt keine Verschalung aufweist. Weder in der Berufung noch in der Vorstellung haben die Beschwerdeführer ein solches Argument vorgebracht. Daher handelt es sich um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung. Die Frage musste daher nicht beantwortet werden, ob es sich bei der vom Mitbeteiligten projektierten baulichen Herstellung um ein - abstandsrelevantes - Gebäude im Sinne des § 13 Stmk BauG handelt.
Des Weiteren sehen sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Einhaltung des Bebauungsplanes vom 19. Dezember 1997 verletzt, da mit den Bestimmungen über die Dachneigung freistehender Nebengebäude der Schutz gegen Dachlawinen verbunden sei, der einen Immissionsschutz im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. darstelle. Das gegenständliche Carport sei einem freistehenden Nebengebäude (Garage) gleichzusetzen und hätte daher eine Dachneigung von 30 Grad einzuhalten gehabt. Auch sei der Bau deshalb errichtet worden, um später eine Verschalung vom Dachfirst bis zur eingezogenen Decke zum Untergeschoß und allenfalls noch eine Verschalung der einzelnen Steher vorzunehmen. Dadurch würde sich die Brandgefahr noch erhöhen. Auch sei das Carport der Bauwerber schlicht unzumutbar und widerspreche in seiner Gestaltung auch jeglichem Ortsbildschutz.
Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan. Den oben wiedergegebenen Bestimmungen des Teilbebauungsplanes "Hanlo - Siedlung - Erweiterung" der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. Dezember 1997 betreffend die Dachneigung von Carports kann nämlich die von den Beschwerdeführern behauptete Bedeutung eines Immissionsschutzes im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk BauG nicht entnommen werden. Sie dienen vielmehr der Zielsetzung des Ortsbildschutzes (vgl. auch § 28 Abs. 4 des Stmk ROG 1974, wonach der Bebauungsplan insbesondere den Zwecken des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes dient). Wie die Behörde richtig dargelegt hat, fehlt es in dieser Hinsicht dem Nachbarn an einem subjektivöffentlichen Recht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 2000/06/0096).
Soweit die Beschwerdeführer sich auf eine Rechtsverletzung auf Grund der erhöhten Brandgefahr infolge einer zukünftigen möglichen Verschalung des Kfz-Abstellplatzes beziehen, ist auszuführen, dass damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt wird, weil es sich im Bauverfahren um ein Projektbewilligungsverfahren handelt, in dem das konkrete Projekt und nicht mögliche davon abweichende bauliche Maßnahmen zu beurteilen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2001/06/0076).
Die behauptete Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten liegt sohin nicht vor, daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 25. September 2007
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004060016.X00Im RIS seit
31.10.2007Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009