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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §38 Abs1 idF 2003/078;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des KR in F, vertreten durch Dr. Hannes K. Müller, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 18, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. Februar 2006, GZ. FA13B-
12.10 F 170 - 06/3, betreffend baupolizeiliche Aufträge gemäß Stmk. Baugesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. November 1972 wurde dem Beschwerdeführer die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung einer eingeschossigen Werkshalle für einen Tischlereibetrieb auf den Grundstücken Nr. 548/1, 547/2 und 538/12 KG. S. mit einem Grenzabstand zu dem südöstlich benachbarten Grundstück Nr. 538/3 von 3,0 m (gemäß Auflage 8. dieses Bescheides) erteilt.
In einem Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. März 1993 an den Beschwerdeführer wird ausgeführt, im Zuge diverser Ortsaugenscheine (gewerbebehördliche Überprüfung, Feuerbeschau) sei festgestellt worden, dass die Bauausführung der Werkhalle in den wesentlichsten Teilen nicht der erteilten Baubewilligung entspreche. Gravierend sei auch der nordseitig ohne Bewilligung errichtete Zubau. Es ergingen die Aufträge, die Bauarbeiten einzustellen bzw. entsprechende Ansuchen auf Widmungsbewilligung bzw. Baubewilligung zu stellen.
Mit Bescheid vom 18. November 2002 verfügte der Bürgermeister im Hinblick auf den nordseitigen Zubau auf dem Grundstück Nr. 538/12 die sofortige Baueinstellung.
In der Stellungnahme des Bausachverständigen Baumeister J.F. vom 23. März 2005 stellte dieser auf Grund eines am selben Tag durchgeführten Lokalaugenscheines folgende Abweichungen in Bezug auf den mit Baubewilligung vom 9. November 1972 bewilligten Tischlereibetrieb fest:
"Gegenüber dem bewilligten Projekt wurden folgende bauliche Maßnahmen zusätzlich ausgeführt:
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Errichtung eines eingeschossigen Zubaues im Ausmaß von ca. 8,00*6,50 m = ca. 52 m2 in nordöstlicher Richtung (H...weg). Über diesen wurde eine offene Holzskelettkonstruktion aufgestellt, die eine zusätzliche Aufstockung des Zubaues vorsieht.
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Errichtung eines zweigeschossigen Zubaues im Ausmaß von ca. 4,50*4,50 m = ca. 20 m2 in nordwestlicher Richtung. Dieser wird augenscheinlich als Spänesilo genutzt.
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Aufstockung des bewilligten Gebäudes entlang des H...weges. Die neu gewonnene Bruttogeschoßfläche beträgt ca. 200 m2.
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Im nördlichen Bereich des Grundstückes Nr. 548/6 wurde eine allseitig überwiegend offene Lagerhalle mit einer überbauten Fläche von ca. 100 m2 errichtet. In dieser werden augenscheinlich Utensilien und Geräte gelagert, die nicht im Tischlereibetrieb Verwendung finden.
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Auf Grundstück Nr. 548/1 (Eigentümer ... ) wurde ein trichterförmiger Stahlblechsilo aufgestellt. Von diesen führen Rohrleitungen in das bestehende Gebäude.
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Nach vorliegender DKM-Datenkopie ist augenscheinlich der erforderliche Grenzabstand von 4,00 m zur Grundstückgrenze des Grundstückes Nr. 538/3 und 3,00 m zur Grundstückgrenze des Grundstückes Nr. 548/1 nicht gegeben. Eine genaue Überprüfung wurde nicht durchgeführt.
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Auf dem Grundstück 548/6 sind Gerüstteile, Baugeräte, Gerüstteile etc sowie alte LKW abgestellt."
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 548/6, 547/2 und 538/12 KG. S. mit Bescheid vom 13. April 2005 den Auftrag, den auf den Grundstücken befindlichen Tischlereibetrieb binnen einer Frist von 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen (Spruchpunkt I.), und untersagte dem Beschwerdeführer als Bauherrn und Eigentümer gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG die Benützung der im Spruch I. bezeichneten baulichen Anlage (Spruchpunkt II). In dieser Entscheidung wurde insbesondere ausgeführt, die tatsächlich vor Ort errichtete bzw. umgebaute und mit Zubauten versehene bauliche Anlage eines Tischlereibetriebes, für den an sich eine rechtskräftige Baubewilligung vom 9. November 1972 zur Errichtung einer eingeschoßigen Werkshalle vorgelegen sei, weiche, wie sich dies aus den Feststellungen des bautechnischen Sachverständigen ergebe, in vielfacher Weise von dem ab, was mit der genannten Baubewilligung genehmigt worden sei. Für all diese baulichen Änderungen, Zu- und Umbauten etc. hätte es vor ihrer Vornahme bzw. Errichtung behördlicher Bewilligungen gemäß § 19 Z. 1 und/oder Z. 2 Stmk. BauG bedurft, die nicht eingeholt bzw. erwirkt worden seien. Demnach liege eine vorschriftswidrige bauliche Anlage gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG vor, hinsichtlich der gemäß dieser Bestimmung ein Beseitigungsauftrag, und zwar für die gesamte bauliche Anlage, zu erteilen gewesen sei. Das vorliegende Bauwerk sei als ein einheitliches zu qualifizieren, da die dem Konsens entsprechenden und die dem Konsens nicht entsprechenden Änderungen, Zu- bzw. Umbauten vom ursprünglich genehmigten Projekt nicht (mehr) trennbar seien.
Der Gemeinderat wies mit Bescheid vom 9. Juni 2005 die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers, insoweit sie sich gegen die Untersagung der Benützung richtete, als unbegründet ab. Im Übrigen wurde die Entscheidung über die Berufung gegen den erteilten Beseitigungsauftrag einem späteren Zeitpunkt vorbehalten.
Die belangte Behörde behob auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 25. August 2005 diesen Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass die Baubehörde vor Untersagung der Benützung dieser baulichen Anlagen, die im Übrigen nicht ausreichend konkretisiert worden sei, ein Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG durchzuführen gehabt hätte. Die Berufungsbehörde hätte im vorliegenden baupolizeilichen Verfahren zu prüfen gehabt, ob die tatsächlich errichteten baulichen Anlagen gemäß § 40 Abs. 2 i. V.m. Abs. 3 Stmk. BauG als rechtmäßig anzusehen seien, und es hätte erst dann, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, die Untersagung der Benützung erfolgen dürfen.
Der bautechnische Sachverständige Baumeister J.F. erstattete im Berufungsverfahren eine weitere Stellungnahme vom 5. September 2005.
"Ergänzung zum nordseitiger Zubau mit Aufstockung im Ausmaß von 8,00*6,50m
Der Abstand des nordseitigen Zubaues einschließlich mit der begonnenen Aufstockung beträgt zur östlichen Nachbargrundgrenze ca. 0,75 m bzw. zur Gemeindestraßengrundgrenze an der engsten Stelle ca. 3,00 m.
Gemäß § 4 Abs. 1 der Stmk. BO 1968 müsste der Abstand zur östlichen Nachbargrundgrenze mind. 4,00 m betragen.
Zum Zeitpunkt der Errichtung wäre dieser Zubau aus Sicht des techn. SV nicht bewilligungsfähig gewesen.
...
Ergänzung zur Aufstockung des Tischlereibetriebes:
Festgehalten wird, dass durch diese bauliche Maßnahmen Nachbarrechte im Sinne § 61 Stmk. BO berührt waren. Der Abstand zur südöstlichen Nachbargrundgrenze (Grundstück Nr. 538/3, KG. S...) beträgt ca. 1,0 m. Entsprechend § 4 Abs. 1 der Stmk. BO 1968 hätte der Abstand zu dieser Nachbargrundgrenze mindestens 4,0 m zu betragen. Aufgrund dieser Gegebenheit wäre zum Zeitpunkt der Errichtung dieser Zubau aus Sicht des techn. SV nicht bewilligungsfähig gewesen.
Ergänzende Feststellung:
Festgehalten wird, dass der bewilligte erdgeschossige Tischlereibetrieb zu den südöstlichen Nachbargrundgrenzen (Grundstücke Nr. 548/1 und 538/3, beide KG. S...) einen Abstand von ca. 1,0 m aufweisen. Gemäß Baubescheid vom 09.11.1972 hätte dieser gesetzliche Mindestabstand 3,0 betragen müssen (Punkt 8 des Baubescheides). Aufgrund dieser Gegebenheit wurde der genehmigte Tischlereibetrieb nicht bewilligungsgemäß unter Einhaltung der Bauvorschriften (Stmk. BO 1968) ausgeführt."
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde behielt sich in dem Bescheid vom 12. Dezember 2005 (Spruchpunkt A) die Entscheidung über die Berufung betreffend Spruchpunkt I. und II. des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides in Bezug auf die allseits überwiegend offene Lagerhalle im nördlichen Bereich des Grundstückes Nr. 548/6, KG S., mit einer überbauten Fläche von ca. 100 m2 vor.
In Spruchpunkt B gab der Gemeinderat der Berufung des Beschwerdeführers in Bezug auf die übrigen baulichen Anlagen teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend ab, dass
"a) dessen Spruch I wie folgt zu lauten hat:
'Gemäß § 41 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes,
LGBL 1995/59 idF LGBl 2003/78, ergeht an Herrn K... R..., ..., als
Eigentümer der Auftrag, die nachstehend genannten baulichen
Anlagen des Tischlereibetriebes auf den Grundstücken Nr. 548/6,
547/2 und 538/12, alle KG S..., nämlich
aa) die Holz(skelett)konstruktion über dem
eingeschossigen Zubau in nordöstlicher Richtung (H...weg),
bb) das mit Baubewilligungsbescheid vom 9.11.1972
bewilligte Tischlereigebäude,
cc) die Aufstockung des (erdgeschossig) bewilligten
Gebäudes entlang des H...weges (Bruttogeschoßfläche ca 200 m2),
dd) den eingeschossigen Zubau im Ausmaß von ca 8,00 x 6,50 m in nordöstlicher Richtung (H...weg) und
ee) den zweigeschossigen Zubau im Ausmaß von ca 4,50 x 4,50 m in nordwestlicher Richtung (Spänesilo)
binnen einer Frist von 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides
zu beseitigen"
Für die selben in lit. a genannten baulichen Anlagen untersagte die Berufungsbehörde im Spruchpunkt B)b) gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG ihre Benützung und änderte insoweit Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides ab.
In dieser Entscheidung wird insbesondere ausgeführt, dass die überwiegend offene Lagerhalle auf dem Grundstück Nr. 548/6 vorbehaltlich der Ergebnisse des von der Behörde erster Instanz amtswegig eingeleiteten Feststellungsverfahrens gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG aller Voraussicht nach als rechtmäßiger Bestand angesehen werden könne, sodass die Entscheidung über die Berufung einem späteren Zeitpunkt vorbehalten worden sei.
Was die nachstehend genannten baulichen Anlagen betreffe, seien diese zwar vor dem 31. Dezember 1984 errichtet worden, was allenfalls ihre Rechtmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG indiziert hätte, doch habe sich ihre mangelnde Bewilligungsfähigkeit im Sinne dieser Bestimmungen nach der zum Zeitpunkt ihrer Errichtung maßgeblichen Rechtslage, das sei die Stmk. BauO 1968, erwiesen:
a) Das mit Baubewilligungsbescheid vom 9. November 1972 bewilligte Tischlereigebäude sei nicht so, wie in der erteilten Bewilligung genehmigt, mit einem Abstand von 3,0 m zur südöstlichen Nachbargrundgrenze, sondern in einem Abstand von ca. 1,00 m von dieser und damit im Widerspruch zu § 4 Stmk. BauO 1968 errichtet worden. Damit erweise es sich aber nicht nur als konsenswidrig, sondern auch als nicht bewilligungsfähig.
b) Die Aufstockung des Tischlereibetriebes entlang des H...weges verfüge nicht nur über keinerlei baulichen Konsens, sondern sei überdies ebenso in Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes gemäß § 4 Stmk. BauO 1968 zur Nachbargrundgrenze ausgeführt und müsse daher gleichfalls als nicht bewilligungsfähig angesehen werden.
c) Gleiches gelte für den eingeschoßigen Zubau in nordöstlicher Richtung am H...Weg und für den zweigeschoßigen Zubau in nordwestlicher Richtung (Spänesilo), die ebenfalls unter Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes zur jeweiligen Nachbargrundgrenze errichtet worden seien.
d) Die Holz(skelett)konstruktion über dem eingeschoßigen Zubau in nordöstlicher Richtung (H...weg) sei unbestritten erst im Jahre 2002 errichtet worden, sodass sich bei ihr die Frage allfälliger Rechtmäßigkeit im Sinne der angeführten Bestimmungen gar nicht stelle bzw. stellen könne. Es bestehe kein Zweifel, dass es sich bei ihr um eine vorschriftswidrige bauliche Anlage gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG handle, da sie ohne baubehördliche Genehmigung errichtet worden sei.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2005 auch Erhebungen darüber verlange, inwieweit eine Zustimmung des (wohl gemeint: jeweiligen) Nachbarn zum Anbau des Gebäudes an die Grundgrenze erteilt worden sei, gehe dieses Vorbringen angesichts der "konstatierten Tatsachen" und der für die Lösung der Vorfrage heranzuziehenden Rechtslage fehl:
Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich ohne jeden Zweifel, dass keines der Gebäude unmittelbar an der jeweiligen Nachbargrundgrenze errichtet worden sei, sondern in einem jeweils den gesetzlichen Mindestabstand nach den Bestimmungen des § 4 Stmk. BauO unterschreitenden Ausmaß. Wie den genannten Bestimmungen (§§ 4 und 21 Abs. 1 Stmk. BauO 1968) zu entnehmen sei, sei eine Unterschreitung von gesetzlichen Mindestabständen auch mit Zustimmung von Nachbarn nicht zulässig, weil es sich bei den Abstandsbestimmungen der Stmk. BauO um zwingende, der nachbarlichen Disposition ebenso wie der des Bauwerbers entzogene Bestimmungen handle, sehe man von § 4 Abs. 2 Stmk. BauO 1968 ab, in welcher zumindest der Baubehörde ein "Abstandverringerungsermessen" dahingehend eingeräumt sei, als sie auf einem Bauplatz geringere Abstände der Gebäude voneinander bzw. für kleinere, ebenerdige, unbewohnte Bauten von untergeordneter Bedeutung auch geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden festsetzen könne. Bei keinem der verfahrensgegenständlichen, von der Vorfragenprüfung umfassten baulichen Anlagen handle es sich aber um ein solches Nebengebäude.
Dass der Sachverständige nur Zirka-Maße hinsichtlich des vorliegenden Abstandes der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen zu den Nachbargrundgrenzen angegeben habe, sei im vorliegenden Fall, da damit die Nichteinhaltung der gesetzlich geforderten Mindestabstände von 3 m bzw. 4 m eindeutig nicht eingehalten seien, nicht zu beanstanden. Eine exakte Vermessung, wie sie vom Beschwerdeführer verlangt werde, sei bei einer solchen Sachlage nicht erforderlich. Da in der Stellungnahme des Beschwerdeführers nichts angegeben werde, was die Nachvollziehbarkeit der Nachbargrundgrenzen in der Natur durch den Sachverständigen als zweifelhaft erscheinen lasse und auch die Berufungsbehörde nichts in diese Richtung hin zu erkennen vermöge, sei dieses Vorbringen in der Berufung nicht geeignet, ihr zum Erfolg zu verhelfen.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Diese Entscheidung wurde insbesondere damit begründet, dass nach dem vorliegenden Gemeindeakt zwei örtliche Erhebungen durch den Sachverständigen stattgefunden hätten und die Ergebnisse dieser Erhebungen dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden seien. Aus dem Akt sei eindeutig erkennbar, dass sich die Feststellungen des Sachverständigen auf die dem Akt zu Grunde liegenden Unterlagen bezögen. Für die Beurteilung, ob das Gebäude konsensgemäß oder konsenslos errichtet worden sei und ob die Grenzabstände eingehalten worden seien oder nicht, sei es nicht von maßgebender Bedeutung, ob der Sachverständige ein Zirka-Maß angebe, da der Abstand zur östlichen Nachbargrundgrenze etwa 0,75 m bzw. zur südöstlichen Nachbargrundgrenze ca. 1 m betrage. Eindeutig sei danach, dass die Abstände zum Nachbargrundstück nicht eingehalten würden. Auch der Beschwerdeführer habe in der Stellungnahme vom 22. Juli 2005 eine Vermessungsurkunde von Dipl. Ing. R.K. vorgelegt, aus der sich unmissverständlich das Unterschreiten der Mindestabstände des Tischlereigebäudes zu den Nachbargrundgrenzen ergebe. Seitens des Beschwerdeführers würden auch keine weiteren Beweismittel vorgelegt, die in irgendeiner Art und Weise Zweifel am bisherigen Ermittlungsverfahren ergeben hätten. Auf Grund des umfangreichen Ermittlungsverfahrens durch die Berufungsbehörde und den umfangreichen Darlegungen im Berufungsbescheid, denen nichts hinzuzufügen sei, sei klargelegt, dass das vorschriftswidrig errichtete vom baupolizeilichen Auftrag erfasste Bauwerk in einem nicht ausreichenden Abstand zur Grundgrenze errichtet worden sei und nicht an der Grundstücksgrenze selbst. Demzufolge erübrige es sich auch, auf den weiteren Einwand des Beschwerdeführers, wonach die Berufungsbehörde die Rechtmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG nicht ausreichend als Vorfrage geprüft habe, näher einzugehen. Dies deshalb, da die Ermittlungen der Berufungsbehörde ausreichend erfolgt seien und diese zum Ergebnis geführt hätten, dass auf Grund des nicht ausreichenden Grenzabstandes eine Bewilligungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes nicht gegeben gewesen sei. Die Vorstellung des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist das Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 (Stmk. BauG), anzuwenden.
Gemäß § 38 Abs. 1 leg. cit. hat der Bauherr nach Vollendung u. a. von Neu-, Zu- oder Umbauten (§ 19 Z. 1) vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.
Gemäß Abs. 8 dieser Bestimmung hat die Behörde die Benützung zu untersagen, wenn eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird.
Gemäß § 40 Abs. 2 leg. cit. gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.
Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist über Antrag des Bauwerbers die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.
Gemäß § 41 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass sich der angefochtene Bescheid auf die Grundstücke Nr. 548/6, 547/2 und 538/11, alle KG S., beziehe. Tatsächlich existierten jedoch die Grundstücke Nr. 538/12 und 547/2 nicht, sondern die Liegenschaft des Beschwerdeführers EZ 170 GB S. bestehe lediglich aus dem Grundstück Nr. 548/6. Bei diesem Vorbringen handelt es sich um ein erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgetragenes Tatsachenvorbringen, das schon im Hinblick auf das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Berücksichtigung mehr finden kann. Abgesehen davon handelt es sich bei den im angefochtenen Bescheid genannten Grundstücken und dem nunmehrigen Grundstück Nr. 548/6 um ein und die selbe Liegenschaft des Beschwerdeführers. Nach den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichtes D vom "7. September 2006" (richtig nach dem im Akt einliegenden Beschluss: 2005) die Löschung der Grundstücke Nr. 538/12 und 547/2 und ihre Einbeziehung in das Grundstück Nr. 548/6. Die Einarbeitung in die digitale Katastermappe des Vermessungsamtes L sei allerdings erst nach der Beschlussfassung des Gemeinderates betreffend den im Verfahren ergangenen letzten Berufungsbescheid vom 12. Dezember 2005 erfolgt.
Weiters meint der Beschwerdeführer, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude bereits seit 33 Jahren existiere. Vor 33 Jahren hätte es keine digitale Vermessung bzw. keine genaue Vermessung der Grundgrenzen gegeben. Es bestünden oft erhebliche Abweichungen der seinerzeitigen Vermessungen zu den nunmehrigen. Bereits in der Vorstellung sei ausgeführt worden, dass das Gebäude des Beschwerdeführers seinerzeit - mit Zustimmung des Nachbarn - direkt an die Grundgrenze errichtet worden sei, ansonsten wäre die Situation auch nicht 33 Jahre unberührt geblieben. Der Beschwerdeführer habe daher einen auch nach den Bestimmungen der Stmk. BauO 1968 möglichen Anbau des Gebäudes an der Grundgrenze vorgenommen. Es stelle daher einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, dass die belangte Behörde diesbezüglich keinerlei weitergehende Beweise aufgenommen habe.
Schon die Berufungsbehörde hat in ihrem ausführlich begründeten Bescheid vom 12. Dezember 2005 zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus den Feststellungen des bautechnischen Sachverständigen im Verfahren ergeben habe, dass keine der baulichen Anlagen unmittelbar an der jeweiligen Nachbargrundgrenze errichtet worden sei und dass der Beschwerdeführer in keiner Weise näher ausgeführt habe, weshalb die vom Sachverständigen angenommenen Nachbargrundgrenzen in der Natur zweifelhaft erscheinen könnten. Die Berufungsbehörde hat auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer selbst in der Stellungnahme vom 22. Juli 2005 eine Vermessungsurkunde des Dipl. Ing. R.K. vorgelegt habe (diese liegt im Akt nicht ein), aus der sich offensichtlich das Unterschreiten der Mindestabstände des errichteten Tischlereigebäudes zu den Nachbargrundgrenzen ergeben habe. Dies ergibt sich auch ohne Vorliegen dieser Urkunde im Akt daraus, dass der Beschwerdeführer in dieser Stellungnahme unter Berufung auf die vorgelegte Vermessungsurkunde darauf hingewiesen hat, es solle mit ihr "die Übertragung von Grundstücken zur Erreichung der Einhaltung der Abstände von den Grundstücksgrenzen vorgenommen werden".
Der Schlussfolgerung der belangten Behörde, wie der Berufungsbehörde, dass das abweichend von der Baubewilligung aus dem Jahre 1972 errichtete Tischlereigebäude und die angeführten Erweiterungen nicht bewilligungsfähig gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG seien, kann im Hinblick auf die im nicht zu beanstandenden Ermittlungsverfahren festgestellten Abstandsverletzungen nicht entgegengetreten werden. Ein wesentlicher Verfahrensmangel des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsverfahrens ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
Weiters richtet sich die Beschwerde dagegen, dass die beiden erteilten baupolizeilichen Aufträge jeweils in lit. bb) von dem "mit Baubewilligungsbescheid vom 09.11.1972 bewilligten Tischlereigebäude(s)" sprechen. Es könne damit nicht der abweichend von dieser Baubewilligung tatsächlich errichtete Bau gemeint sein.
Es ist zuzugeben, dass diese Ausdrucksweise missverständlich ist, im Zusammenhalt mit der Begründung des angefochtenen Bescheides, wie des davor ergangenen Berufungsbescheides, konnte für den Beschwerdeführer nicht fraglich sein, dass damit das abweichend von der Baubewilligung vom 9. November 1972 errichtete Tischlereigebäude gemeint war.
Wenn der Beschwerdeführer auch die Nachvollziehbarkeit der in lit. cc) jeweils angesprochenen baulichen Anlage, nämlich der "Aufstockung des (erdgeschossig) bewilligten Gebäudes entlang des H...weges (Bruttogeschoßfläche ca. 200 m2)" aus dem selben Grund in Frage stellt wie diese Bezeichnung in den jeweiligen Punkten lit. bb), kann auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden. Auch in diesem Zusammenhang musste für den Beschwerdeführer klar sein, dass dabei die Aufstockung des baubewilligungswidrig errichteten Tischlereigebäudes entlang des H...weges gemeint war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. September 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006060108.X00Im RIS seit
01.11.2007Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008