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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1997 §1 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des N S in L, geboren 1971, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24. Mai 2006, Zl. St-348/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 24. Mai 2006 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß §§ 31, 53 und 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei im Juli 2001 mit Schlepperunterstützung illegal nach Österreich gelangt und habe am 21. Juli 2001 einen Asylantrag gestellt. Diesbezüglich habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Juni 2005 die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt. Damit sei das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen. Am 18. Juli 2005 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag eingebracht, der mit seit 12. September 2005 rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei. Der am 3. Oktober 2005 gestellte dritte Asylantrag des Beschwerdeführers sei ebenfalls mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden. Über die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers sei bisher noch nicht entschieden worden.
Die Anhängigkeit dieses Berufungsverfahrens ändere nichts an dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit Abschluss des ersten Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, hätten ihn die weiteren Asylanträge doch nicht zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt. Der Tatbestand des § 53 FPG sei daher erfüllt.
Im Weiteren führt die belangte Behörde aus, aus welchen Gründen die vorliegende Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG gerechtfertigt sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde im Verfahren über den am 3. Oktober 2005 gestellten (dritten) Asylantrag des Beschwerdeführers, der von der Behörde erster Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist, über die Berufung noch nicht entschieden. Aus dem vom Beschwerdevertreter mit Schreiben vom 17. Jänner 2006 im Verwaltungsverfahren vorgelegten (siehe Blatt 115 des Verwaltungsaktes) Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Jänner 2006, Zl. AW 2006/19/0003, ergibt sich, dass die Zurückweisung dieses Asylantrages mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 22. Dezember 2005 bestätigt worden und der dagegen gerichteten Beschwerde mit der Wirkung aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist, dass dem Beschwerdeführer wieder die Rechtsstellung als Asylwerber zukommt.
2. Da das behördliche Verfahren über den dritten Asylantrag des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, geführt worden ist, kommt dem Beschwerdeführer auf Grund der Gewährung von aufschiebender Wirkung durch den zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes die Stellung als Asylwerber im Sinn von § 1 Z. 3 dieses Gesetzes zu. Das In-Kraft-Treten des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100, mit 1. Jänner 2006 hat daran nichts geändert, weil nach der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind. Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wäre also selbst für den Fall der Aufhebung des den Asylantrag zurückweisenden Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates durch den Verwaltungsgerichtshof - mit Wirkung ex tunc - nach dem Asylgesetz 1997 fortzuführen.
3. Das Asylgesetz 1997 enthält in seinem mit "Schutz vor Aufenthaltsbeendigung" überschriebenen § 21 Abs. 1 keinen Schutz von Asylwerbern vor einer Ausweisung.
Das gemeinsam mit dem Asylgesetz 2005 und dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG als Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100 kundgemachte FPG normiert in seinem § 1 Abs. 2 erster Satz, dass u.a. der die Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel regelnde § 53 FPG auf Asylwerber (§ 2 (zu ergänzen: Abs. 1) Z. 14 Asylgesetz 2005) nicht anzuwenden ist. Durch das ausschließliche Abstellen auf das Asylgesetz 2005 in diesem Klammerausdruck (anders als etwa in § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG) wird die in den Materialien (RV 952 BlgNR 22. GP) dargestellte Absicht des Gesetzgebers, dass unter Asylwerbern jene Fremde zu verstehen sind, die unter den Begriff des Asylwerbers nach dem Asylgesetz 2005 fallen, zum Ausdruck gebracht.
§ 1 Abs. 2 erster Satz FPG steht somit der Ausweisung des Beschwerdeführers nicht entgegen.
4. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
Auf Grund der Stellung des dritten Asylantrages kam dem Beschwerdeführer zunächst gemäß § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1997 faktischer Abschiebeschutz zu. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2005/18/0159, ausgeführt hat, wäre dieser faktische Abschiebeschutz nur dann in ein vorläufiges Aufenthaltsrecht übergegangen, wenn nicht binnen 20 Tagen nach Einbringung des Asylantrages eine durchsetzbare Entscheidung ergangen wäre.
Nach dem im Akt erliegenden, von der Bundespolizeidirektion Linz am 10. Jänner 2006 erstellten Auszug aus dem Asylwerberinformationssystem wurde der vom Beschwerdeführer zunächst schriftlich durch einen Rechtsanwalt der Behörde übermittelte (dritte) Asylantrag vom 3. Oktober 2005 erst am 15. November 2005 durch den Beschwerdeführer persönlich in einer Erstaufnahmestelle vorgetragen und damit gemäß § 3 Abs. 3 Asylgesetz 1997 "eingebracht". Binnen 20 Tagen danach, nämlich am 5. Dezember 2005, wurde der erstinstanzliche Bescheid vom selben Tag, mit dem dieser Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, durch Zustellung an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers erlassen.
Da unstrittig innerhalb von 12 Monaten vor diesem Datum, nämlich am 12. September 2005, über den am 18. Juli 2005 eingebrachten (zweiten) Asylantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig entschieden worden war, kam der Berufung gegen den den dritten Asylantrag zurückweisenden Bescheid vom 5. Dezember 2005 gemäß § 32 Abs. 8 Asylgesetz 1997 keine aufschiebende Wirkung zu.
Somit ist binnen 20 Tagen nach Einbringung des dritten Asylantrages eine durchsetzbare (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2004/18/0319) - wenn auch noch nicht rechtskräftige - Entscheidung ergangen, weshalb dem Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - auf Grund dieses Antrages keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt. Die in der Beschwerde allein bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei erfüllt, ist daher unbedenklich.
5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. September 2007
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006180195.X00Im RIS seit
29.10.2007Zuletzt aktualisiert am
19.02.2010