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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des FC in W, geboren 1989, vertreten durch Mag. Hans Pircher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. April 2004, Zl. SD 464/04, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. April 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Juli 2003 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe über eine bis zum 31. März 2004 gültige Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der (Schul)Ausbildung verfügt. Mit Antrag vom 15. Juli 2003 habe er bei der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) eine Niederlassungsbewilligung beantragt und vorgebracht, dass seinem Bruder und dessen Ehefrau am 21. Februar 2003 mit Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus die Obsorge (Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzlichen Vertretung) über ihn übertragen worden sei. Er habe sich als begünstigter Drittstaatsangehöriger betrachtet und auf eine Sachentscheidung durch die Erstbehörde bestanden. (Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der am 15. Juli 2003 bei der Erstbehörde gestellte Antrag am 14. Oktober 2003 an den Landeshauptmann von Wien weitergeleitet und von diesem auf Grund des Beharrens des Antragstellers auf einer Sachentscheidung durch die Erstbehörde am 19. Dezember 2003 an diese zurückgeleitet worden ist).
Die Erstbehörde habe zu Recht ihre sachliche Unzuständigkeit ausgesprochen, weil Geschwister vom § 47 Abs. 3 Z 2 FrG nicht umfasst und der Beschwerdeführer daher nicht begünstigter Drittstaatsangehöriger sei. Daran ändere nichts, dass dem Bruder des Beschwerdeführers die Obsorge über diesen übertragen worden sei. Da der Beschwerdeführer nicht unter eine der im § 89 Abs. 2 FrG genannten Personengruppen falle, wäre gemäß § 89 Abs. 1 FrG für seinen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung der Landeshauptmann (von Wien) zuständig gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht mehr, dass der Beschwerdeführer kein begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 47 Abs. 3 FrG ist und dass daher über den Antrag des Beschwerdeführers auf Niederlassungsbewilligung der Landeshauptmann von Wien hätte entscheiden müssen. Sie bringt jedoch vor, sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde wären gemäß § 6 AVG verpflichtet gewesen, den bei der unzuständigen Erstbehörde anhängigen Antrag auf Niederlassungsbewilligung von Amts wegen an die zuständige Behörde zu überweisen.
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass ein Beharren des Antragstellers auf der Entscheidung durch eine bestimmte Behörde nicht zu einer Entscheidungsberechtigung der unzuständigen Behörde führen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2006, Zl. 2004/21/0259, mwN). Die unzuständige erstinstanzliche Behörde hätte den Antrag des Beschwerdeführers somit nicht zurückweisen dürfen, sondern hätte ihn gemäß § 6 AVG dem Landeshauptmann von Wien zur Entscheidung, ob eine Niederlassungsbewilligung erteilt wird, zu übermitteln gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2001, Zl. 2000/19/0131, sowie nochmals das Erkenntnis Zl. 2004/21/0259). Dieselbe Verpflichtung träfe die Erstbehörde im Übrigen gemäß § 14 Abs. 6 FrG auch in dem Fall, dass ein Fremder, der einen Antrag auf (Verlängerung der) Aufenthaltserlaubnis gestellt hat, eine Niederlassungsbewilligung benötigt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. November 2003, Zl. 99/18/0021, vom 18. März 2003, Zl. 99/18/0214, und vom 31. März 2004, Zl. 2003/18/0076).
2. Auch die belangte Behörde war aus den genannten Gründen im Instanzenzug zu einer Zurückweisung des in Rede stehenden Antrags nicht berechtigt, sondern hätte den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid ersatzlos aufzuheben gehabt. Indem sie dies unterließ, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
3. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. September 2007
Schlagworte
Voraussetzungen des Berufungsrechtes Diverses Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Instanzenzug Zuständigkeit Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Berufungsrecht DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180223.X00Im RIS seit
01.11.2007