Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Jelinek als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr. Bibulowicz und den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Herberger in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Clemens R*****, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T***** Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Engelhart & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar, Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 51.209,-- s.A., über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 16.10.2006, GZ 37 Cg 101/06s-5, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die gegenständliche Klage wurde der Beklagten am 22.8.2006 (durch eigenhändige Übernahme durch den Geschäftsführer) zugestellt. Die vierwöchige Klagebeantwortungsfrist (§ 230 Abs 1 ZPO) endete am 19.9.2006.Die gegenständliche Klage wurde der Beklagten am 22.8.2006 (durch eigenhändige Übernahme durch den Geschäftsführer) zugestellt. Die vierwöchige Klagebeantwortungsfrist (Paragraph 230, Absatz eins, ZPO) endete am 19.9.2006.
Die am 20.9.2006 (Datum der Postaufgabe) erstattete Klagebeantwortung wurde vom Erstgericht mit Beschluss vom 22.9.2006 (ON 3) als verspätet zurückgewiesen.
Am 26.9.2006 (Datum der Postaufgabe) beantragte die Beklagte die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Klagebeantwortungsfrist. Als Begründung brachte sie vor, sie habe nach telefonischer Vorankündigung vom selben Tag am 15.9.2006 die Klage und die dieser vorausgegangene Korrespondenz dem Beklagtenvertreter mit dem Auftrag zur Klagebeantwortung übermittelt. In Vertretung der urlaubsbedingt abwesenden, grundsätzlich für die Bearbeitung der Eingangspost und die Führung des Fristenbuches verantwortlichen Kanzleimitarbeiterin der Beklagtenvertreter habe die Ehegattin eines der Kanzleipartner, Frau Gertrude O***** die eingehende Faxsendung übernommen, den Handakt angelegt und die Klagebeantwortungsfrist eingetragen. Dabei habe sie sich um einen Tag verzählt und im Fristenbuch irrtümlich den 20.9.2006 als letzten Tag der Frist eingetragen. Frau O***** arbeite grundsätzlich genau und verlässlich und verfüge auch über langjährige Erfahrung in allen mit der Führung einer Rechtsanwaltskanzlei verbundenen Aufgaben. Ein derartiges Versehen sei bis dato nicht vorgekommen. Die unrichtige Fristeintragung beruhe auf einem minderen Grad des Versehens. Infolge dieses Versehens sei die am 18.9.2006 erstellte und vom Beklagtenvertreter unterschriebene Klagebeantwortung um einen Tag verspätet erst am 20.9.2006 abgesandt worden. Der Irrtum sei durch Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 26.9.2006 entdeckt worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag zusammengefasst im Wesentlichen mit der Begründung ab, der von der Wiedereinsetzungswerberin vorgebrachte Sachverhalt sei zwar mit den von ihr vorgelegten Bescheinigungsmitteln durchaus in Einklang zu bringen, doch sei in der Kanzlei des Beklagtenvertreters zumindest zweimal die unrichtige Terminvormerkung übersehen worden, nämlich anlässlich der Terminvormerkung selbst und ein zweites Mal anlässlich der Verfassung der Klagebeantwortung. Von einem minderen Grad des Versehens könne daher nicht ausgegangen werden.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Bewilligung der Wiedereinsetzung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin meint im Wesentlichen, der Beklagtenvertreter hätte sich anlässlich der Verfassung der Klagebeantwortung am 18.9.2006 darauf verlassen dürfen, dass das Fristende von der Kanzleiangestellten richtig eingetragen worden sei. Es sei daher nur einmal zu einem Versehen gekommen, nämlich durch die Kanzleiangestellte bei der Eintragung der Frist. Dieser Fehler beruhe auf einem minderen Grad des Versehens.
Ob das Verschulden seiner Kanzleiangestellten dem Rechtsanwalt und damit auch der Partei direkt zurechenbar ist oder ob - abgesehen von einem eigenen Verschulden der Partei - nur ein allfälliges (Überwachungs-)Verschulden des Rechtsanwaltes (oder seines Substituten) die Bewilligung der Wiedereinsetzung hindern kann, ist in Lehre und Rechtsprechung umstritten (vgl Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² II/2 § 146 ZPO RZ 52 mwN). Dieser Frage kommt hier jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, weil ein einmaliges Versehen einer ansich zuverlässigen Kanzleiangestellten bei der Termineintragung grundsätzlich nicht als grob fahrlässig zu beurteilen wäre (Rz 57 aaO mwN). Grobes Verschulden des Rechtsanwaltes liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn dieser einer ihn treffenden Überwachungs- und Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist. Einfache Tätigkeiten - wie die Führung des Fristenbuches und die Berechnung einfacher Fristen - kann der Anwalt einer bereits erprobten Angestellten zur selbständigen Erledigung überlassen, ohne dass es dabei einer besonderen Überwachung bedürfte (Rz 56 aaO mwN).Ob das Verschulden seiner Kanzleiangestellten dem Rechtsanwalt und damit auch der Partei direkt zurechenbar ist oder ob - abgesehen von einem eigenen Verschulden der Partei - nur ein allfälliges (Überwachungs-)Verschulden des Rechtsanwaltes (oder seines Substituten) die Bewilligung der Wiedereinsetzung hindern kann, ist in Lehre und Rechtsprechung umstritten vergleiche Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² II/2 Paragraph 146, ZPO RZ 52 mwN). Dieser Frage kommt hier jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, weil ein einmaliges Versehen einer ansich zuverlässigen Kanzleiangestellten bei der Termineintragung grundsätzlich nicht als grob fahrlässig zu beurteilen wäre (Rz 57 aaO mwN). Grobes Verschulden des Rechtsanwaltes liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn dieser einer ihn treffenden Überwachungs- und Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist. Einfache Tätigkeiten - wie die Führung des Fristenbuches und die Berechnung einfacher Fristen - kann der Anwalt einer bereits erprobten Angestellten zur selbständigen Erledigung überlassen, ohne dass es dabei einer besonderen Überwachung bedürfte (Rz 56 aaO mwN).
Nach dem vom Erstgericht offenbar als bescheinigt angenommenen (Feststellungen wurden - soweit erkennbar - nicht getroffen) Vorbringen der Wiedereinsetzungswerberin war die Mitarbeiterin in der Kanzlei der Beklagtenvertreter, welche in Vertretung der grundsätzlich mit der Terminvormerkung betrauten Angestellten das Ende der Klagebeantwortungsfrist im Kalender aufgrund eines einmaligen Versehens um einen Tag zu spät eintrug, eine erfahrene und an sich verlässliche Kanzleikraft. Einer generellen Überwachung der Terminvormerkung durch diese Mitarbeiterin bedurfte es nach den oben dargestellten Grundsätzen daher nicht. Wäre der Handakt dem Beklagtenvertreter aufgrund der unrichtigen Fristvormerkung verspätet zur Verfassung der Klagebeantwortung vorgelegt worden, so könnte von einem groben (Überwachungs-)Verschulden somit nicht ausgegangen werden.
Von einem sorgfältigen Rechtsanwalt muss jedoch erwartet werden, dass er anlässlich des Verfassens eines fristgebundenen Schriftsatzes (etwa einer Klagebeantwortung oder eines Rechtsmittels) das Ende der hiefür zur Verfügung stehenden Frist und damit dessen Rechtzeitigkeit jedenfalls überprüft. So beginnt etwa die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu laufen, wenn der Rechtsanwalt bei (verspäteter) Verfassung eines Rechtsmittels die Fristversäumnis erkennen konnte, die Prüfung der Rechtzeitigkeit jedoch unterließ (vgl MGA15 E 13 zu § 148 ZPO; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² II/2 § 148 ZPO Rz 11 mwN). Wenngleich von einem Rechtsanwalt, der eine verlässliche Kanzleimitarbeiterin mit der Eintragung von Fristen im Fristenbuch betraut hat, nicht erwartet werden kann, dass er diese Eintragungen generell (vorsorglich) kontrolliert, so ist es ihm regelmäßig zumutbar, sich anlässlich der Verfassung einer Klagebeantwortung oder einer Berufung durch einen Blick in den Kalender davon zu überzeugen, wann die konkrete Frist abläuft. Wäre dies geschehen, so hätte im gegenständlichen Fall die Klagebeantwortung jedenfalls am 19.9.2006 fristwahrend zur Post gegeben werden können. Dass der Beklagtenvertreter aus Anlass der Verfassung der gegenständlichen Klagebeantwortung deren Rechtzeitigkeit nicht überprüfte, kann nicht mehr als ein minderer Grad des Versehens beurteilt werden. Damit hat das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag zutreffend abgewiesen.Von einem sorgfältigen Rechtsanwalt muss jedoch erwartet werden, dass er anlässlich des Verfassens eines fristgebundenen Schriftsatzes (etwa einer Klagebeantwortung oder eines Rechtsmittels) das Ende der hiefür zur Verfügung stehenden Frist und damit dessen Rechtzeitigkeit jedenfalls überprüft. So beginnt etwa die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages zu laufen, wenn der Rechtsanwalt bei (verspäteter) Verfassung eines Rechtsmittels die Fristversäumnis erkennen konnte, die Prüfung der Rechtzeitigkeit jedoch unterließ vergleiche MGA15 E 13 zu Paragraph 148, ZPO; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² II/2 Paragraph 148, ZPO Rz 11 mwN). Wenngleich von einem Rechtsanwalt, der eine verlässliche Kanzleimitarbeiterin mit der Eintragung von Fristen im Fristenbuch betraut hat, nicht erwartet werden kann, dass er diese Eintragungen generell (vorsorglich) kontrolliert, so ist es ihm regelmäßig zumutbar, sich anlässlich der Verfassung einer Klagebeantwortung oder einer Berufung durch einen Blick in den Kalender davon zu überzeugen, wann die konkrete Frist abläuft. Wäre dies geschehen, so hätte im gegenständlichen Fall die Klagebeantwortung jedenfalls am 19.9.2006 fristwahrend zur Post gegeben werden können. Dass der Beklagtenvertreter aus Anlass der Verfassung der gegenständlichen Klagebeantwortung deren Rechtzeitigkeit nicht überprüfte, kann nicht mehr als ein minderer Grad des Versehens beurteilt werden. Damit hat das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag zutreffend abgewiesen.
Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.
Der Ausspruch über über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses
gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.gründet sich auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00606 3R145.06zEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2006:00300R00145.06Z.1129.000Dokumentnummer
JJT_20061129_OLG0009_00300R00145_06Z0000_000