TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2004/18/0187

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
ABGB §179a;
AVG §38;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/18/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerden

1. der SJ in W, geboren 1969, 2. des SJ in W, geboren 1968, beide vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien je vom 14. Mai 2004, Zl. SD 607/04 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2004/18/0187), und Zl. SD 608/04 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer, hg. Zl. 2004/18/0188), jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Mai 2004 wurden die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin sei am 28. September 2000 auf Grund eines bis zum 5. Oktober 2000 gültigen Visums "C" nach Österreich eingereist. Der Zweitbeschwerdeführer sei am 12. August 2001 auf Grund eines bis zum 22. August 2001 gültigen Visums "C" nach Österreich eingereist. Die Beschwerdeführer hätten zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel oder eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Sie seien nach Ablauf ihrer Visa am 5. Oktober 2000 bzw. am 22. August 2001 in Österreich verblieben und hielten sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vorlägen.

Der Zweitbeschwerdeführer habe am 16. Jänner 2004 beim Bezirksgericht Hernals einen Antrag auf gerichtliche Genehmigung seiner Adoption durch die österreichische Staatsbürgerin Zivana R. (seine Tante) eingebracht. Die Beschwerdeführer würden sich seit dreieinhalb Jahren bzw. knapp drei Jahren in Österreich befinden und neben ihren familiären Bindungen zueinander und zu ihren beiden (ebenfalls nicht rechtmäßig in Österreich aufhältigen) Kindern über weitere zu Tanten, Onkeln und einer Schwester (bzw. Schwägerin) verfügen. Sie würden durch ihre Familienangehörigen finanziell unterstützt. Beide seien zudem krankenversichert. Es sei daher davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben der Beschwerdeführer verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von den Beschwerdeführern angesichts der Tatsache, dass sie nach Ablauf ihrer Visa dreieinhalb bzw. knapp drei Jahre lang unrechtmäßig im Bundesgebiet geblieben seien, in gravierender Weise missachtet worden. Ihr Versuch, ihren Verbleib im Bundesgebiet mit der baldigen gerichtlichen Genehmigung der Adoption des Zweitbeschwerdeführers durch eine österreichische Wahlmutter zu rechtfertigen, könne nicht positiv gewertet werden. Die Genehmigung sei (noch) nicht erteilt worden. Die Beschwerdeführer könnten daher nicht als Angehörige eines begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG, denen Niederlassungsfreiheit zukommen würde, eingestuft werden. Die durch das Verhalten der Beschwerdeführer bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass ihre gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien, als das Interesse der Allgemeinheit daran, dass sie aus dem Bundesgebiet ausreisten. Da darüber hinaus keine besonderen, zu Gunsten der Beschwerdeführer sprechenden Umstände gegeben seien, habe die erkennende Behörde von der Erlassung der Ausweisungen auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor, nahm jedoch von der Erstattung von Gegenschriften Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, jeweils mit einem Visum "C" nach Österreich eingereist und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Visa im Bundesgebiet verblieben zu sein. Sie bringen indes vor, ihnen komme Niederlassungsfreiheit als Angehörige eines Österreichers im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG zu, weil vor dem Bezirksgericht Hernals bereits ein Verfahren mit dem Zweck der gerichtlichen Genehmigung des bereits am 14. Dezember 2003 abgeschlossenen Adoptionsvertrages zwischen dem Zweitbeschwerdeführer und dessen Wahlmutter geführt werde. Es sei zu erwarten, dass der Adoptionsvertrag in Kürze gerichtlich genehmigt werde. Aus dem Akt des Bezirksgerichtes Hernals würde sich "die Berechtigung zur Antragstellung auf die Erteilung eines Sichtvermerkes im Inland zweifelsfrei ergeben".

1.2. Dem ist entgegen zu halten, dass ein Fremder ohne gerichtliche Bewilligung eines Adoptionsvertrages keine auf eine Adoption gestützte Niederlassungsfreiheit als Angehöriger eines österreichischen Staatsbürgers im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG in Anspruch nehmen kann. Ein anhängiges Adoptionsverfahren steht daher einer Ausweisung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2004/18/0034, m.w.N.).

2.1. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführer seit 28. September 2000 bzw. seit 12. August 2001 sowie den inländischen (ebenfalls unrechtmäßigen) Aufenthalt ihrer beiden Kinder sowie weiters ihre familiären Bindungen zu hier lebenden Tanten, Onkeln und einer Schwester bzw. Schwägerin berücksichtigt. Die aus der Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer ableitbare Integration ist von geringem Gewicht, weil ihr inländischer Aufenthalt seit Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Visa (seit 5. Oktober 2000 bzw. seit 22. August 2001) unrechtmäßig war und davor lediglich auf einem Reisevisum beruht hat. Den nicht besonders ausgeprägten privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht gegenüber, dass deren Verhalten, unrechtmäßig im Bundesgebiet zu verbleiben, eine erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Die Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisungen seien zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG), kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.2. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel rügen, dass die belangte Behörde ihren in der Sammelberufung vom 5. Mai 2004 gestellten Anträgen auf Vernehmung mehrerer Zeugen nicht entsprochen habe, so ist dem zu entgegnen, dass die Beschwerdeführer nicht darlegen, welches für sie im gegebenen Zusammenhang günstige Ergebnis die Aussage dieser Zeugen ergeben hätte. Das bloße Vorbringen, die Zeugen würden für die "erfolgte persönliche und familiäre Integration" der Beschwerdeführer genannt, reicht in Ermangelung jeglicher Konkretisierung dazu nicht hin. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit dem behaupteten Verfahrensmangel Relevanz zukommen soll.

3. Da sich die Beschwerden somit als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004180187.X00

Im RIS seit

24.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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