Index
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der W GmbH in G, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in 8054 Graz-Seiersberg, Haushamerstraße 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 10. November 2004, Zl. 056310/2004/0003, betreffend Baubeseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 trug der Stadtsenat der Stadtgemeinde G den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin im Eigentum der verfahrensgegenständlichen Grundstücke die Beseitigung von baulichen Maßnahmen "in Form von Geländeveränderungen (Schüttung ca. 260,00 m2, mit einer Höhe von bis zu 5,00 m)" auf. In der Begründung führte er aus, dass das Aufschütten ohne baubehördliche Genehmigung durchgeführt worden sei. Da es sich bei der Aufschüttung um eine Veränderung des natürlichen Geländes von im Bauland gelegenen Grundflächen im Sinne des § 19 Z 5 Stmk BauG 1995 handle, sei diese Maßnahme vorschriftswidrig erfolgt und ein Beseitigungsauftrag zu erlassen gewesen.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der dagegen erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid der ersten Instanz vollinhaltlich. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Berufungseinwand, dass es sich bloß um ein "Zwischenlager" von Erdmaterial handle, nicht stichhaltig sei, weil § 19 Z 5 Stmk BauG keine Unterscheidung hinsichtlich eines so genannten "Zwischenlagers von Aushubmaterial" treffe, sondern auf Geländeveränderungen schlechthin abstelle. Die baurechtliche Beurteilung habe unabhängig von einer naturschutzrechtlichen oder wasserrechtlichen Beurteilung zu erfolgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003, lauten:
"§ 19
Baubewilligungspflichtige Vorhaben
Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus
den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt:
...
5. Veränderungen des natürlichen Geländes von nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundflächen sowie von im Freiland gelegenen Grundflächen, die an das Bauland angrenzen;
...
§ 20
Anzeigepflichtige Vorhaben
Anzeigepflichtig sind folgende Vorhaben, soweit sich aus § 21
nichts anderes ergibt:
...
4. Veränderungen des natürlichen Geländes von nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundflächen sowie von im Freiland gelegenen Grundflächen, die an das Bauland angrenzen, wenn die Eigentümer der an den Bauplatz angrenzenden Grundstücke durch Unterfertigung der Baupläne ausdrücklich ihr Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt haben;
...
§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn
Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen,
insbesondere wenn
1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im
Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses
Gesetzes ausgeführt werden.
...
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen."
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass für das gegenständliche Vorhaben weder eine Baubewilligung erteilt noch eine Bauanzeige erstattet worden ist. Sie hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die durchgeführten Arbeiten nicht als Veränderungen des natürlichen Geländes von einer nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundfläche anzusehen seien. Nur kurzfristige, durch bauliche Maßnahmen notwendige Veränderungen des Geländes seien vom Gesetz nicht erfasst. Hätte der Gesetzgeber eine derartige Auslegung beabsichtigt, dann hätte er einen entsprechenden Zusatz in den Wortlaut des Gesetzes einfließen lassen, wonach jede Veränderung ein anzeigepflichtiges Vorhaben darstelle. Des Weiteren gehe die belangte Behörde im gegenständlichen Fall von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, wenn sie annehme, dass es durch die Arbeiten der Beschwerdeführerin zu einer Veränderung des natürlichen Geländes gekommen sei. Es seien zwar bei den Bauarbeiten gewisse Geländeumschichtungen durchgeführt worden, diese würden jedoch im Zuge weiterer Bauarbeiten wieder ausgeglichen. Auch fehle es im Bescheid an einer entsprechenden Begründung, sodass nicht erkennbar sei, was die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung seien.
Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 41 Abs. 3 Stmk BauG ist dieser dahingehend auszulegen, dass die Erteilung des Beseitigungsauftrages dann in Betracht kommt, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrags bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig war. Eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk BauG 1995 liegt unter diesen Voraussetzungen jedenfalls vor, bis eine rechtskräftige Baubewilligung gegeben ist oder das Bauvorhaben gemäß § 33 Abs. 6 Stmk BauG 1995 als genehmigt gilt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2001, Zl. 98/06/0177, m.w.N.).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2004/06/0127, dargelegt hat, hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Bewilligungspflicht für Geländeveränderungen im Bauland bzw. von im Freiland gelegenen Grundstücken, die an Bauland angrenzen, durch die Novelle LGBl. Nr. 78/2003 der Baubehörde ein geeignetes Instrumentarium zur Verhinderung der Nachbarbeeinträchtigung durch mit solchen Maßnahmen verbundene Änderungen des Oberflächenwasserabflusses zur Verfügung gestellt. Von der Bestimmung des § 19 Z 5 Stmk BauG sind daher jedenfalls derartige Geländeveränderungen erfasst, die eine solche Nachbarbeeinträchtigung verursachen könnten. Gerade das Anzeigeverfahren des § 20 Z 4 und das Bewilligungsverfahren des § 19 Z 5 leg. cit. dienen dem Zweck, solche Beeinträchtigungen vorab prüfen zu können. Es liegen nach der Aktenlage nicht bloß vorübergehende Veränderungen vor, vielmehr wurde das Gelände im vorliegenden Fall durch das Verlegen von Rohren in der bestehenden Mulde und durch die Aufschüttung der Mulde auf Dauer gestaltet und damit das Gelände verändert.
Im gegenständlichen Fall herrscht zwischen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde Einigkeit darüber, dass es zu einer Veränderung des natürlichen Geländes gekommen ist. Das Baupolizeiamt stellte bei der Erhebung am 16. Juni 2004 die Schüttung einer Mulde, in der sich ein natürliches Gerinne befand, über 260 m2 und bis zu 5 m hoch (tief) mit Verrohrung (Rohrdurchmesser 400) fest. Da die Verschüttung eines natürliches Gerinnes prinzipiell geeignet ist, den Oberflächenwasserabfluss zu ändern, unterliegt die gegenständliche Maßnahme der Anzeige- bzw. der Bewilligungspflicht nach dem Stmk BauG. Die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke haben ihr Einverständnis mit der Maßnahme gegenüber der Behörde erster Instanz offensichtlich nicht erklärt, daher konnte die belangte Behörde von der Bewilligungspflicht nach § 19 Z 5 leg. cit. für diese Baumaßnahme ausgehen.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Behörde sei im gegenständlichen Fall nicht vom tatsächlichen Sachverhalt ausgegangen, ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin selbst von einer "gewissen Geländeumschichtung" ausgeht. Eine solche wurde auch von der Behörde im Zeitraum 14. Juni bis zumindest 17. Juni 2004 festgestellt. Ein Fehler der belangten Behörde ist daher nicht ersichtlich.
Wenn die Beschwerdeführerin das Ermittlungsverfahren im Hinblick darauf nicht als ausreichend erachtet, dass keine Feststellungen getroffen worden seien, in welcher Form bzw. wie lange das auf Grund der Geländeumschichtung anfallende Aushubmaterial gelagert und wann es beseitigt werden würde, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht bestritten wird, dass die gegenständlichen, nach der Aktenlage auch durch Lichtbilder dokumentierten Geländeveränderungen jedenfalls vorgenommen wurden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 und erfolgte antragsgemäß.
Wien, am 25. September 2007
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Niveauveränderungen, Anschüttungen und Abgrabungen BauRallg5/1/7 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004060222.X00Im RIS seit
01.11.2007