TE OGH 2006/12/18 8Ob153/06t

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Veröffentlicht am 18.12.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dieter S*****, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, gegen die beklagte Partei Petra D*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 5.960,98 s.A. (Revisionsinteresse EUR 5.176,12), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 15. März 2006, GZ 17 R 3/06x-44, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. September 2005, GZ 18 C 544/04p-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Beklagte schloss mit dem Kläger einen Bestandvertrag über ein Geschäftslokal (Betrieb eines Nagelstudios und Fußpflege) auf einer im Eigentum des Klägers stehenden Liegenschaft. Beginn des Bestandverhältnisses war der 1. 7. 1999, der Bestandzins inklusive Umsatzsteuer und Betriebskostenpauschale betrug ATS 7.356,25 (EUR 534,60) monatlich.

In dem als „Pachtvertrag" bezeichneten Vertrag wurde unter anderem festgehalten (5. 2. „Die Erhaltung des Pachtgegenstandes obliegt dem Pächter. Er hat ihn auf seine Kosten in ordentlichem Zustand zu erhalten und bei Beendigung im selben Zustand ........... zurückzugeben. ............. Der Pächter muss ebenfalls neu ausmalen und reinigen lassen und auch gewöhnlich Abgenutztes durch neues zu ersetzen. ......... Er hat demnach alle laufend notwendigen Reparaturen und Nachbesserungen des Pachtgegenstandes und dessen Anlagen durchzuführen und alle Schäden zu beseitigen die er oder Personen, die sich im Pachtobjekt aufhielten, verursachten. ...

In 8. 2. befindet sich die Klausel: „Gegen den Anspruch auf Zahlung des Pachtzinses, der Nebengebühren oder der Wertsicherung können Gegenforderungen nicht aufgerechnet werden. Jedenfalls ausgeschlossen ist die Zurückbehaltung des Pachtgegenstandes nach Beendigung des Pachtvertrages".

Im Zeitpunkt der Übergabe des im Erdgeschoss gelegenen Geschäftslokals im Juli 1999 war dieses frisch ausgemalt. Die Beklagte nahm verschiedene Adaptionsarbeiten wie Verlegen eines Melanbodens, Montage von Steckdosen und Amaturen und Installation von Warmwasser vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die ersten Schimmelflecken rund um die Steckdosen im ersten Raum und rund um die Steckdosen im zweiten Raum bereits im September 1999 aufgetreten sind.

Ab dem Jahr 1999 kam es immer wieder zu Farbabblätterungen. Die Ursache für diese Farbabblätterungen kann nicht festgestellt werden. Sie wurden von der Beklagten immer wieder übermalt. Ende 2001 gab die Beklagte den (Teil-)Betrieb der Fußpflege auf und führte nur mehr die Nagelpflege durch. Der Grund für die Einstellung des Betriebs, insbesondere ob sie wegen des Zustandes des Raums erfolgte, kann nicht festgestellt werden.

Im vorderen Behandlungsraum kam es im Bereich der Steckdosen und beim Telefonkabel zu aufsteigender Feuchtigkeit. Ob dies auf einen Wassereintritt, generelle Feuchtigkeit der Wände aufgrund des Bauzustandes des Mietobjekts oder auf auftretende Feuchtigkeit mangels Belüftung zurückzuführen ist, kann nicht festgestellt werden. Ein von den über dem Bestandobjekt der Beklagten liegenden Räumlichkeiten ausgehender Wasserschaden im Jahr 2003 kann nicht festgestellt werden.

Während der Dauer des Vertragsverhältnisses roch es in den Bestandräumlichkeiten muffig; anlässlich eines Lokalaugenscheins am 10. 5. 2004 konnte vom Richter keine aktuelle Feuchtigkeit festgestellt werden. Der Geruch wurde als muffig, aber nicht als Feuchtigkeitsgeruch wahrgenommen. Mit gerichtlichem Räumungsvergleich vom 10. 5. 2004 verpflichtete sich die Beklagte zur Räumung des Bestandobjekts bis spätestens 20. 9. 2004.

Der Kläger begehrte (nach Einschränkung) EUR 5.960,98 s. A. an ausständigem Mietzins.

Die Beklagte bestritt und wendete ein, dass der Kläger den Bestandgegenstand von Anfang an nicht in bedungenem Zustand übergeben habe. Einerseits sei die Bestandfläche gegenüber den Angaben um 7 m2 kleiner, andererseits seien Teile des Bestandobjekts vereinbarungswidrig nicht zur alleinigen Nützung der Beklagten überlassen worden. Die Beklagte habe erhebliche Beträge für Neuinstallationen elektrischer Leitungen, Lichtschalter und für Malerarbeiten und Bodenbelag aufgewendet. Infolge erheblicher Nässeschäden, die zu Schimmelbildungen und Geruchsbelästigungen geführt hätten, habe die Beklagte die Fußpflege aufgeben müssen. Den Verdienstentgang von EUR 87.977,36 wendete die Beklagte (bis zur Höhe der Klagsforderung) aufrechnungsweise ein. Da die Feuchtigkeit und der Schimmel bereits ein außergewöhnliches und gesundheitsschädigendes Ausmaß erreicht hätten, sei ein ernster Schaden des Hauses vorgelegen, der die Erhaltungspflicht des Klägers als Vermieter ausgelöst habe. Der Beklagten stehe daher eine Mietzinsminderung- bzw Befreiung zu. Sie habe daher monatlich lediglich einen Betrag von je EUR 261,62 an den Kläger überwiesen. Für Spachtel- und Ausmalarbeiten habe die Beklagte EUR 1.260 aufgewendet und diese mit den Mietzinsen ab August 2003 gegenverrechnet. Letztlich habe die Beklagte die Behebung der Mängel an der elektrischen Anlage selbst vorgenommen, von der vereinbarten Kaution von 18.000 ATS den Betrag von ATS 5.500 in Abzug gebracht und ATS 12.500 an den Kläger als Kaution überwiesen. Diese Kaution werde als Gegenforderung geltend gemacht.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als mit EUR 4.247,04 zu Recht bestehend fest, wies die Gegenforderung als nicht aufrechenbar ab und verurteilte die beklagte Partei zur Bezahlung des festgestellten Betrags.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung beider Streitteile das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung mit EUR 5.176,12 s. A. und Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 784,86 s. A. ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Zur Berufung der Beklagten führte das Berufungsgericht aus, dass gemäß § 1096 Abs 1 ABGB der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit sei, wenn das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft sei oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft werde, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht tauge. Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre sei grundsätzlich zulässig, die Pflicht zur Instandhaltung auf den Bestandnehmer zu überwälzen. Mängel, zu deren Behebung sich der Mieter im Mietvertrag auf seine Kosten verpflichtet habe, könnten einen Zinsminderungsanspruch nicht bewirken. Nach den maßgeblichen Feststellungen habe der Kläger die Erhaltungspflicht - zulässigerweise - auf die Beklagte übertragen. Diese habe nicht nachweisen können, dass seitens des Vermieters Maßnahmen zur Sanierung notwendig gewesen wären. Ihr Begehren auf (weitere) Mietzinsminderung sei daher nicht berechtigt.Zur Berufung der Beklagten führte das Berufungsgericht aus, dass gemäß Paragraph 1096, Absatz eins, ABGB der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit sei, wenn das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft sei oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft werde, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht tauge. Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre sei grundsätzlich zulässig, die Pflicht zur Instandhaltung auf den Bestandnehmer zu überwälzen. Mängel, zu deren Behebung sich der Mieter im Mietvertrag auf seine Kosten verpflichtet habe, könnten einen Zinsminderungsanspruch nicht bewirken. Nach den maßgeblichen Feststellungen habe der Kläger die Erhaltungspflicht - zulässigerweise - auf die Beklagte übertragen. Diese habe nicht nachweisen können, dass seitens des Vermieters Maßnahmen zur Sanierung notwendig gewesen wären. Ihr Begehren auf (weitere) Mietzinsminderung sei daher nicht berechtigt.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht teilweise - unter Hinweis auf seine Rechtsausführungen im Zusammenhang mit der Berufung der Beklagten - Folge. Da nach der Rechtsprechung die Sanierung „ernster Schäden" (gemäß § 3 Abs 2 MRG) nicht auf den Mieter überwälzt werden dürfe, stelle sich die erhebliche Rechtsfrage, ob die Negativfeststellungen über die Ursachen der Schimmelbildungen und Farbabblätterungen zu Lasten der Beklagten gehen. Diese Rechtsfrage rechtfertige die Zulässigkeit der Revision.Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht teilweise - unter Hinweis auf seine Rechtsausführungen im Zusammenhang mit der Berufung der Beklagten - Folge. Da nach der Rechtsprechung die Sanierung „ernster Schäden" (gemäß Paragraph 3, Absatz 2, MRG) nicht auf den Mieter überwälzt werden dürfe, stelle sich die erhebliche Rechtsfrage, ob die Negativfeststellungen über die Ursachen der Schimmelbildungen und Farbabblätterungen zu Lasten der Beklagten gehen. Diese Rechtsfrage rechtfertige die Zulässigkeit der Revision.

Die Revision der Beklagten ist entgegen der den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts, nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Vorinstanzen vorgenommene Qualifikation des gegenständlichen Bestandverhältnisses als Geschäftsraummiete wird in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen.

Zu der von der Rechtsmittelwerberin als erheblich relevierten Frage, ob die Überwälzung der Erhaltungspflicht gemäß § 1096 auf den Bestandnehmer auch bei ernsten Schäden des Bestandobjekts möglich sei, besteht ausreichende, von der Lehre gebilligte Rechtsprechung. Außerhalb der in § 3 Abs 2 MRG genannten Arbeiten kann die Erhaltungspflicht nach § 1096 ABGB auch im Anwendungsbereich des MRG durch Vereinbarung auf den Mieter überwälzt werden (Würth in Rummel3 § 3 MRG Rz 3 mwH); der zwingende Charakter der Erhaltungspflicht des Vermieters, was den Mietgegenstand selbst betrifft, bezieht sich nur auf die ernsten Schäden des Hauses, nicht aber auf jene Aufwendungen, die sonst noch notwendig sind, um den Mietgegenstand in brauchbaren Zustand zu versetzen (1 Ob 228/00m; 5 Ob 233/04g; RIS-Justiz RS0112725). Nur ein Schaden, der einerseits die ordentliche Benützung des Bestandobjekts unmöglich macht, andererseits ein außergewöhnliches Ausmaß erreicht, kann als „ernst" angesehen werden (SZ 69/137; 5 Ob 42/02s, RIS-Justiz RS0102183). Das Auftreten von Schimmelflecken rund um zwei Steckdosen, reicht nicht für die Annahme einer nachhaltigen Schimmelbildung mit Auswirkungen auf die Bausubstanz im Sinn der Entscheidung 5 Ob 2060/96v (= SZ 69/137) aus. Auch die sich aus den Feststellungen ergebenden „Farbabblätterungen" erfüllen für sich nicht die Voraussetzungen eines „ernsten Schadens" im Sinn des § 3 Abs 2 Z 2 MRG. Ebensowenig konnte ein Wasserschaden festgestellt werden.Zu der von der Rechtsmittelwerberin als erheblich relevierten Frage, ob die Überwälzung der Erhaltungspflicht gemäß Paragraph 1096, auf den Bestandnehmer auch bei ernsten Schäden des Bestandobjekts möglich sei, besteht ausreichende, von der Lehre gebilligte Rechtsprechung. Außerhalb der in Paragraph 3, Absatz 2, MRG genannten Arbeiten kann die Erhaltungspflicht nach Paragraph 1096, ABGB auch im Anwendungsbereich des MRG durch Vereinbarung auf den Mieter überwälzt werden (Würth in Rummel3 Paragraph 3, MRG Rz 3 mwH); der zwingende Charakter der Erhaltungspflicht des Vermieters, was den Mietgegenstand selbst betrifft, bezieht sich nur auf die ernsten Schäden des Hauses, nicht aber auf jene Aufwendungen, die sonst noch notwendig sind, um den Mietgegenstand in brauchbaren Zustand zu versetzen (1 Ob 228/00m; 5 Ob 233/04g; RIS-Justiz RS0112725). Nur ein Schaden, der einerseits die ordentliche Benützung des Bestandobjekts unmöglich macht, andererseits ein außergewöhnliches Ausmaß erreicht, kann als „ernst" angesehen werden (SZ 69/137; 5 Ob 42/02s, RIS-Justiz RS0102183). Das Auftreten von Schimmelflecken rund um zwei Steckdosen, reicht nicht für die Annahme einer nachhaltigen Schimmelbildung mit Auswirkungen auf die Bausubstanz im Sinn der Entscheidung 5 Ob 2060/96v (= SZ 69/137) aus. Auch die sich aus den Feststellungen ergebenden „Farbabblätterungen" erfüllen für sich nicht die Voraussetzungen eines „ernsten Schadens" im Sinn des Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 2, MRG. Ebensowenig konnte ein Wasserschaden festgestellt werden.

Was die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Frage betrifft, ob die Negativfeststellungen über die Ursachen der Schimmelbildung und Farbabblätterungen zu Lasten der Beklagten gehen, ist Folgendes auszuführen:

Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RIS-Justiz RS0037797 uva). Die Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliegt, der eine Zinsminderung rechtfertigt, trifft den Bestandnehmer (7 Ob 3/03x; 1 Ob 146/05k; RIS-Justiz RS0021416). Es besteht keine Veranlassung im vorliegenden Fall von der allgemeinen Beweislastregel abzuweichen. Auch für das Vorliegen ernster Schäden im Sinn des § 3 Abs 2 Z 2 MRG, hinsichtlich derer eine „Überwälzung" der Instandhaltungspflicht unzulässig wäre, ist daher der Bestandnehmer beweispflichtig.Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RIS-Justiz RS0037797 uva). Die Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliegt, der eine Zinsminderung rechtfertigt, trifft den Bestandnehmer (7 Ob 3/03x; 1 Ob 146/05k; RIS-Justiz RS0021416). Es besteht keine Veranlassung im vorliegenden Fall von der allgemeinen Beweislastregel abzuweichen. Auch für das Vorliegen ernster Schäden im Sinn des Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 2, MRG, hinsichtlich derer eine „Überwälzung" der Instandhaltungspflicht unzulässig wäre, ist daher der Bestandnehmer beweispflichtig.

Die von der Rechtsmittelwerberin ebenfalls als erheblich relevierte Frage der Berechnung der Zinsminderung für Geschäftsräumlichkeiten stellt sich - abgesehen davon, dass die Mietzinsminderung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist (SZ 2004/47) - im vorliegenden Fall daher gar nicht.

Da die Entscheidung im hier zu beurteilenden Verfahren nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO abhängt, ist die Revision zurückzuweisen.Da die Entscheidung im hier zu beurteilenden Verfahren nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO abhängt, ist die Revision zurückzuweisen.

Textnummer

E82855

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0080OB00153.06T.1218.000

Im RIS seit

17.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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