Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef A. B*****, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Bundespensionsamt, Barichgasse 38, 1031 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Pflegegeld, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juli 2006, GZ 9 Rs 37/06m-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Oktober 2005, GZ 5 Cgs 138/05v-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 277,60 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger bezieht beim beklagten Bundespensionsamt (früher: Bundesrechenamt) seit 1. 1. 1984 laufend Ruhegenuss nach dem Pensionsgesetz 1965. Nach seiner am 5. 8. 1997 verstorbenen ersten Ehefrau bezog er außerdem seitens der PVA der Arbeiter eine Witwerpension und hiezu ab 1. 6. 2000 auch Pflegegeld der Stufe 2. Am 25. 9. 2004 ging er die zweite Ehe mit seiner nunmehrigen Gattin ein. Daraufhin stellte die beklagte Partei mit Bescheid vom 20. 4. 2005 fest, dass ihm ab seiner Wiederverehelichung am 25. 9. 2004 kein Pflegegeld gebühre, weil kein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich bestehe.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger Pflegegeld der Stufe 2. Sein Zustand habe sich seit der Zuerkennung nicht gebessert sondern eher verschlechtert. Der bloße Wechsel in der Zuständigkeit berechtige die beklagte Partei nicht zur Neubemessung des Pflegegeldes.
Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung. Sie sei, nachdem der Anspruch auf Witwerpension durch die Wiederverehelichung erloschen sei, zur Entscheidung über das Pflegegeld zuständig geworden. Mangels eines Pflegebedarfs von mehr als 50 Stunden monatlich habe der Kläger keinen Anspruch auf Pflegegeld.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Da der festgestellte Pflegebedarf weniger als 50 Stunden monatlich betrage, bestehe kein Anspruch auf Pflegegeld. Während des Bezuges der Witwenpension sei (infolge bundesgesetzlicher Grundleistung nach dem ASVG) zur Entscheidung über den Pflegegeldanspruch des Klägers die PVA der Arbeiter zuständig gewesen; nach dem Wegfall dieser Pensionsleistung sei (im Hinblick auf die bundesgesetzliche Grundleistung nach dem Pensionsgesetz) die beklagte Partei zuständig geworden. Aufgrund dieses Zuständigkeitswechsels handle es sich nicht um den Fall der Herabsetzung der Pflegegeldeinstufung nach § 9 Abs 4 BPGG durch den (bisherigen) Pflegegeldträger, sondern um eine gänzliche Neubeurteilung und damit Neubemessung durch einen anderen Entscheidungsträger auf der Grundlage des von ihm erhobenen Sachverhalts.Das Erstgericht wies die Klage ab. Da der festgestellte Pflegebedarf weniger als 50 Stunden monatlich betrage, bestehe kein Anspruch auf Pflegegeld. Während des Bezuges der Witwenpension sei (infolge bundesgesetzlicher Grundleistung nach dem ASVG) zur Entscheidung über den Pflegegeldanspruch des Klägers die PVA der Arbeiter zuständig gewesen; nach dem Wegfall dieser Pensionsleistung sei (im Hinblick auf die bundesgesetzliche Grundleistung nach dem Pensionsgesetz) die beklagte Partei zuständig geworden. Aufgrund dieses Zuständigkeitswechsels handle es sich nicht um den Fall der Herabsetzung der Pflegegeldeinstufung nach Paragraph 9, Absatz 4, BPGG durch den (bisherigen) Pflegegeldträger, sondern um eine gänzliche Neubeurteilung und damit Neubemessung durch einen anderen Entscheidungsträger auf der Grundlage des von ihm erhobenen Sachverhalts.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers Folge, erkannte die beklagte Partei schuldig, ihm - ungeachtet seines dieses Ausmaß unstrittig nicht erreichenden Pflegebedarfs - Pflegegeld der Stufe 2 zu gewähren, und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Dass eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse (§ 9 Abs 4 BPGG) nach der ursprünglichen, ab 1. 6. 2000 erfolgten Zuerkennung des Pflegegeldes durch die PVA der Arbeiter eingetreten sei, habe die beklagte Partei gar nicht behauptet. Eine gänzlich neue Beurteilung und Neubemessung des Anspruchs auf Pflegegeld wäre daher nur zulässig gewesen, wenn ein Übergang der Leistungszuständigkeit von einem Land auf den Bund gemäß § 9 Abs 1 letzter Halbsatz BPGG zu einer amtswegigen Einleitung des Verfahrens zur (Neu-)Feststellung der Voraussetzungen des neu entstandenen Anspruches (nach Erlöschen des früheren Pflegeggeldanspruches nach dem Landespflegegeldgesetz) geführt hätte. Hier sei das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen jedoch (ohnehin) bereits auf Grundlage des Bundespflegegeldgesetzes festgestellt worden. Die materiell rechtskräftig erledigte Sache dürfe nicht neu aufgerollt werden, weil weder eine Änderung der Sach- noch der Rechtslage eingetreten sei.Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers Folge, erkannte die beklagte Partei schuldig, ihm - ungeachtet seines dieses Ausmaß unstrittig nicht erreichenden Pflegebedarfs - Pflegegeld der Stufe 2 zu gewähren, und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Dass eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse (Paragraph 9, Absatz 4, BPGG) nach der ursprünglichen, ab 1. 6. 2000 erfolgten Zuerkennung des Pflegegeldes durch die PVA der Arbeiter eingetreten sei, habe die beklagte Partei gar nicht behauptet. Eine gänzlich neue Beurteilung und Neubemessung des Anspruchs auf Pflegegeld wäre daher nur zulässig gewesen, wenn ein Übergang der Leistungszuständigkeit von einem Land auf den Bund gemäß Paragraph 9, Absatz eins, letzter Halbsatz BPGG zu einer amtswegigen Einleitung des Verfahrens zur (Neu-)Feststellung der Voraussetzungen des neu entstandenen Anspruches (nach Erlöschen des früheren Pflegeggeldanspruches nach dem Landespflegegeldgesetz) geführt hätte. Hier sei das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen jedoch (ohnehin) bereits auf Grundlage des Bundespflegegeldgesetzes festgestellt worden. Die materiell rechtskräftig erledigte Sache dürfe nicht neu aufgerollt werden, weil weder eine Änderung der Sach- noch der Rechtslage eingetreten sei.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil diese Auslegungsfrage zum BPGG in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht beantwortet sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde geprüft,
er ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).er ist nicht gegeben (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Die Revision hält daran fest,
Anmerkung
E8287110ObS173.06ySchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5760/4/07 = infas 2007,83 S21 - infas 2007 S21 = DRdA 2007,241 =RdW 2007/267 S 235 - RdW 2007,235 = Jus-Extra OGH-Z 4317 = SSV-NF20/88 = SZ 2006/190XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2006:010OBS00173.06Y.1219.000Zuletzt aktualisiert am
24.01.2009