TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2006/06/0087

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

25/01 Strafprozess;
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

RAO 1868 §5 Abs2;
StPO 1975 §39 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. M N in K, vertreten durch Mag. Thomas Margreiter, Rechtsanwalt in 6250 Kundl, Dr. Bachmann Straße 27, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 27. Jänner 2006, Zl. BMJ-A906.963/0001-III 4/2005, betreffend Eintragung in die Verteidigerliste, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde im Sommer 1983 in die Verteidigerliste eingetragen und übte von 1985 bis 1998 die Rechtsanwaltschaft aus (die näheren Daten wie auch das Geburtsdatum des Beschwerdeführers und damit sein Alter sind aktenkundig, werden aber aus Gründen der Anonymisierung (des Persönlichkeitsschutzes) hier nicht näher angeführt, wie auch sonst gewisse Daten nur verkürzt wiedergegeben werden).

Mit Urteil eines Landesgerichtes im Jahr 1992 (bestätigt vom Berufungsgericht im Jahr 1993) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida in den Erscheinungsformen der § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2, § 161 Abs. 1 und § 12 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten verurteilt, die unter einer Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dieser Verurteilung lagen die Insolvenzen von zwei Unternehmen zu Grunde, an denen der Beschwerdeführer beteiligt war.

Mit einem weiteren Urteil eines Landesgerichtes im Jahr 1997 wurde der Beschwerdeführer des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146 und 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StGB sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, in der Zeit von 1988 bis 1991 mit einem abgesondert verfolgten Mittäter mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz Verantwortliche einer Bank durch eine näher umschriebene Täuschung, zur Gewährung und Auszahlung von drei Krediten in der Höhe von insgesamt rund 12,6 Mio. DM verleitet zu haben, die das Kreditinstitut in dieser Höhe am Vermögen geschädigt habe; dann im Jahr 1994 in der Strafsache gegen einen abgesondert verfolgten Mittäter bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache vor Gericht durch eine näher umschriebene Behauptung falsch ausgesagt zu haben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge und sprach den Beschwerdeführer hinsichtlich eines Betrages von DM 1,498.295,-- vom Vorwurf des Verbrechens des schweren Betruges gemäß § 259 Z 3 StPO frei. Für das ihm weiterhin zur Last liegende Verbrechen des schweren Betruges (Gesamtschaden: DM 11,148.690,49) und das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht wurde er zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde die bedingte Nachsicht der im früheren Verfahren verhängten Freiheitsstrafe von 7 Monaten widerrufen. Bei der Strafzumessung wertete der Oberste Gerichtshof die Begehung von zwei strafbaren Handlungen verschiedener Art während eines anhängigen Strafverfahrens, die mehrfache Qualifikation, den außergewöhnlich hohen Schaden des Betruges sowie die führende Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat als erschwerend. Zudem wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Ausführung des schwer kriminellen Betruges nach Lage des Falles ohne die Mitwirkung des Beschwerdeführers, welcher dafür unter hochgradig missbräuchlichem Einsatz seiner beruflichen Stellung die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen geschaffen habe, unmöglich gewesen wäre. Mit dem - angesichts der exorbitanten Schadenshöhe im Verhältnis zu vergleichbaren Betrugsdimensionen in anderen Strafverfahren - zurückhaltenden Strafausmaß von sechs Jahren könne nur deshalb das Auslangen gefunden werden, weil im konkreten Fall nicht unmittelbar persönliches Bereicherungsstreben des Beschwerdeführers, sondern auf wirtschaftliche Fremdinteressen ausgerichtete Dritteinflüsse tatbestimmend gewirkt hätten. Das Verhalten des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt lasse insgesamt eine derart ablehnende Einstellung gegenüber rechtlich geschützten Werten erkennen, dass es zusätzlich des Vollzuges der im Vorverfahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 7 Monaten bedürfe, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Der Beschwerdeführer wurde aus dem Vollzug dieser Freiheitsstrafen (in der Dauer von insgesamt sechs Jahren und sieben Monaten) im Juni 2002 gemäß § 46 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

Über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde der Konkurs eröffnet, sodass seine Berechtigung, die Rechtsanwaltschaft auszuüben, kraft Gesetzes erlosch. Weiters wurde der Beschwerdeführer auch mit Bescheid des Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichtes aus dem Jahr 1997, letztlich bestätigt durch einen Bescheid der belangten Behörde im Jahr 1999, aus der Liste der Verteidiger für den Sprengel jenes Oberlandesgerichtes von Amts wegen ausgeschlossen.

Mit Eingabe vom 3. Juli 2005 beantragte der Beschwerdeführer die (Wieder-)Aufnahme in die Verteidigerliste.

In den vom Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichtes A eingeholten Stellungnahmen des Präsidenten des Landesgerichtes B, des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft A und des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für das Bundesland C wurde übereinstimmend die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 2 RAO iVm § 39 Abs. 3 StPO unter Hinweis auf seine strafgerichtlichen Verurteilungen als nicht gegeben erachtet.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes A vom 22. September 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, der mit dem angefochtenen Bescheid nicht Folge gegeben wurde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der eingangs (des angefochtenen Bescheides) festgestellte Sachverhalt (betreffend die Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie die Daten hinsichtlich der Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. der Eintragung in die Verteidigerliste) sei unstrittig. Der Beschwerdeführer bestreite auch gar nicht, dass sich aus diesem Sachverhalt Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit ergäben, er sei jedoch der Meinung, dass diese Zweifel im Hinblick auf die mittlerweile verstrichene Zeit und sein seitheriges Wohlverhalten nicht mehr zur Verweigerung der Eintragung in die Verteidigerliste führen könnten. Er habe nach seiner erstmaligen strafgerichtlichen Verurteilung im Jahr 1993 nicht mehrere, sondern nur eine Straftat (falsche Zeugenaussage) begangen. Das Ende des "wesentlichen" strafbaren Verhaltens, nämlich seine "Beteiligung am Betrug" (im Original jeweils unter Anführungszeichen) sei im Februar 1991 gewesen und liege somit nahezu 15 Jahre zurück. Danach sei er bis zu seiner Inhaftierung im Jänner 1998, somit noch nahezu sieben Jahre, als Rechtsanwalt tätig gewesen und habe sich dabei vollauf als vertrauenswürdig erwiesen. Auch sei es unzutreffend, die Zeit seiner Haft aus der Beurteilung auszuklammern, weil er gerade durch sein stets regelkonformes Verhalten während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe bewiesen habe, dass er verantwortungsbewusst und vertrauenswürdig sei. Schließlich sei er nunmehr nahezu eineinhalb Jahre als Unternehmensberater gewerblich tätig und habe sich auch in dieser Tätigkeit als vertrauenswürdig erwiesen.

Dem Beschwerdeführer sei grundsätzlich beizupflichten, führte die belangte Behörde weiter aus, dass bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im hier maßgeblichen Sinn auch eine zeitliche Komponente rechtserheblich sei. Nicht nur das in der Vergangenheit gesetzte Verhalten des Bewerbers sondern auch dessen Verhalten nach der Straftat und der Verurteilung sei bei der aus Anlass eines Ansuchens um Wiederaufnahme in die Verteidigerliste zu treffenden Prognoseentscheidung zu berücksichtigen. Ein längerer Beobachtungszeitraum gestatte eine verlässlichere Prognoseentscheidung, auch verliere das Unrecht vergangener Straftaten mit zunehmender zeitlicher Entfernung aus der "Sicht der Allgemeinheit" gleichsam an Gewicht, wobei wiederum diese "Sicht der Allgemeinheit" (im Original unter Anführungszeichen) aus dem Blickwinkel relevant sei, dass die Maßnahme der Streichung aus der Verteidigerliste bzw. die Verweigerung der Wiederaufnahme in diese Liste Nachteile für das Ansehen der Strafjustiz und der Strafverteidiger hintanhalten solle. Allerdings müsse auch bei längerem Wohlverhalten in anderen Berufsstellungen die Fortdauer der Vertrauensunwürdigkeit angenommen werden, wenn sie auf Verfehlungen beruhe, die im reiferen Alter begangen worden seien und deren Schwere und Wiederholung auf Charaktermängel schließen lasse (Hinweise auf hg. Judikatur).

Dazu sei zunächst festzuhalten, dass von einer sieben Jahre andauernden Tätigkeit des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt (nach Vollendung des seiner strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Betruges), in der er sich als vollkommen vertrauenswürdig erwiesen habe, keinesfalls gesprochen werden könne. Es sei zwar richtig, dass er nach seiner Verurteilung im Jahr 1992 nur mehr eine strafbare Handlung begangen habe, nämlich die falsche Zeugenaussage vor Gericht im Jahr 1994. Er verkenne dabei aber, dass nicht nur die Verurteilung wegen Betruges eine wesentliche Grundlage zur Beurteilung seiner Vertrauenswürdigkeit bilde. Im Hinblick darauf, dass Strafverteidiger Organe der Rechtspflege seien, sei eine Verurteilung wegen falscher Beweisaussage vor Gericht, also wegen einer strafbaren Handlung gerade gegen jenes Rechtsgut, welches von Strafverteidigern durch ihre Gewissenhaftigkeit und absolute Integrität eigentlich geschützt werden sollte, für die Frage der Vertrauenswürdigung von besonderer Bedeutung. Dass der Beschwerdeführer, wie er behaupte, durch seine falsche Zeugenaussage für seine eigenen Interessen nichts habe gewinnen können, sondern eher diese nur aus Loyalität zu einem Mitbeschuldigten abgelegt habe, vermöge daran nichts zu ändern, dass dieses Delikt bei einem Angehörigen eines Rechtsberufes besonders schwer wiege.

Weiters komme der Schwere der Betrugshandlungen des Beschwerdeführers entscheidendes Gewicht zu: Dies nicht nur im Hinblick auf den exorbitant hohen Schaden (über 11 Mio. DM), sondern auch im Hinblick auf die führende Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat, und den Umstand, dass die Ausführung der Tat ohne seine Mitwirkung, da er dafür unter hochgradig missbräuchlichem Einsatz seiner beruflichen Stellung die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen geschaffen habe, unmöglich gewesen wäre (Hinweis auf die Begründung des Obersten Gerichtshofes zur Strafbemessung). Demnach müsse dieser Tat eine über vergleichbare Fälle weit hinausgehende Handlungs- und Gesinnungsumkehr zugemessen werden.

Soweit der Beschwerdeführer die Verwerflichkeit seiner Tat dadurch zu relativieren versuche, dass er sich durch diesen Betrug nicht persönlich bereichert habe, sei darauf hinzuweisen, dass der Oberste Gerichtshof diesen Umstand im Rahmen der Strafbemessung ohnedies berücksichtigt, jedoch auch ausgesprochen habe, dass die Tat dessen ungeachtet als schwer kriminell anzusehen sei. Dass der Beschwerdeführer dabei nicht als anwaltlicher Parteienvertreter aufgetreten sei, möge zwar zutreffen, ändere jedoch ebenfalls nichts an den daraus folgenden Zweifeln an seiner Vertrauenswürdigkeit, die sich auch aus außerberuflichem Verhalten ergeben können; zudem verweise der Oberste Gerichtshof darauf, dass der Beschwerdeführer seine berufliche Stellung als Rechtsanwalt missbräuchlich zur Ermöglichung der inkriminierten Betrugshandlungen eingesetzt habe.

Auch dürfe nicht übersehen werden, dass das gegenständliche Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer und zwei weitere Personen keinesfalls von der Öffentlichkeit unbeachtet geblieben sei, was im Hinblick darauf relevant sei, dass es sich bei der Ausschließung aus der Verteidigerliste auch um eine Maßnahme handle, die Nachteile für die Rechtspflege und das Ansehen der Strafverteidiger und der Strafjustiz hintanhalten solle.

Schließlich falle ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1987 bis 1994, somit jedenfalls schon im reiferen Alter, wiederholt strafbare Handlungen begangen habe. Dabei könne entgegen den Berufungsausführungen auch die erste Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nicht außer Betracht gelassen werden. Es treffe zwar zu, dass die gerichtliche Strafbarkeit der fahrlässigen Gläubigerschädigung zwischenzeitig durch die Novelle BGBl. I Nr. 58/2000 eingeschränkt worden sei, was aber nichts daran ändere, dass diese Taten im Begehungszeitpunkt strafbar gewesen seien und bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit jedenfalls ins Gewicht fielen, zumal sich darin die gleiche schädliche Neigung manifestiere, die auch in den nachfolgenden betrügerischen Handlungen des Beschwerdeführers zum Ausdruck gekommen sei.

Unter Bedachtaufnahme auf diese Umstände, insbesondere die Art und Schwere der Anlasstat und den Umstand, dass die Ausschließung aus der Verteidigerliste eine Maßnahme darstelle, die auch Nachteile für das Ansehen der Strafverteidiger und der Strafjustiz hintanhalten solle, teile die belangte Behörde die Ansicht, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme in die Verteidigerliste unter Zugrundelegung des gebotenen strengen Maßstabes ein Erfolg versagt bleiben müsse, auch wenn man seinem Vorbringen folge, dass er sich seit den Taten wohl verhalten habe.

Davon ausgehend, versagten auch die weiteren Argumente der Berufung (wird näher ausgeführt, insbesondere auch zum Vorbringen, dass es zur Prüfung der Vertrauenswürdigkeit auch der Erstellung von Befund und Gutachten eines Psychologen bedurft hätte; dies treffe nicht zu, weil die Frage der Vertrauenswürdigkeit keine Fachfrage, sondern eine Rechtsfrage sei).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der im Beschwerdefall maßgebliche § 39 Abs. 3 der Strafprozessordnung, BGBl. Nr. 631/1975, lautet:

"(3) Der Präsident jedes Gerichtshofes zweiter Instanz hat für seinen Sprengel eine Verteidigerliste anzulegen, mit Anfang eines jeden Jahres zu erneuern und allen Strafgerichten zuzustellen, bei denen sie zu jedermanns Einsicht offenzuhalten ist. In diese Liste sind vorerst alle im Sprengel des Gerichtshofes zweiter Instanz die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden Rechtsanwälte aufzunehmen. Auf ihr Ansuchen sind aber auch für die Rechtsanwaltschaft oder das Notariat geprüfte Rechtsverständige aufzunehmen, sofern nicht Umstände vorliegen, die nach dem Gesetz die Ausschließung von der Rechtsanwaltschaft oder dem Notariat zur Folge haben. Wer sich durch die Ausschließung aus der Verteidigerliste gekränkt erachtet, kann sich binnen vierzehn Tagen, nachdem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist, beim Bundesministerium für Justiz beschweren."

Nach § 5 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868, ist die Eintragung in die Liste (der Rechtsanwälte) zu verweigern, wenn der Bewerber eine Handlung begangen hat, die ihn des Vertrauens unwürdig macht.

Zusammengefasst trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht seinen strafgerichtlichen Verurteilungen entscheidendes Gewicht beigemessen und die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände unberücksichtigt gelassen bzw. nicht geprüft. An den strafgerichtlichen Verurteilungen gebe es nichts zu beschönigen. Allerdings sei auch die falsche Beweisaussage im Zusammenhang mit den Betrugshandlungen gestanden (und somit nicht isoliert zu betrachten). Bei seiner anwaltlichen Tätigkeit habe er sich allerdings tadellos verhalten, auch nicht minder in seiner beruflichen Tätigkeit seit der Entlassung aus der Strafhaft. Die Tatzeiträume lägen so weit zurück, dass ihnen nicht mehr die Bedeutung zukomme, die ihnen die belangte Behörde zumessen wolle; außerdem habe er festgestellt, dass diese Taten in der Öffentlichkeit in Vergessenheit geraten seien. Zu Unrecht habe es die belangte Behörde unterlassen, nähere Ermittlungen zu seiner Persönlichkeitsstruktur und damit zu seiner persönlichen Vertrauenswürdigkeit durchzuführen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit kommt es darauf an, ob das gesamte Verhalten geeignet ist, Vertrauen in die konkrete Berufsausübung zu erwecken. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1999, Zl. 97/19/0787, und vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0103).

Der Beschwerdefall ist hinsichtlich der maßgeblichen Problematik durchaus vergleichbar mit dem (von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid genannten) Fall, der dem (zuvor genannten) hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0103, zu Grunde lag (auch dort ging es um eine frühere strafgerichtliche Verurteilung). Die Aussagen in jenem Erkenntnis lassen sich auch auf den Beschwerdefall sinngemäß übertragen: Ob die "Vertrauenswürdigkeit" im Sinne des § 5 Abs. 2 RAO iVm § 19 Abs. 3 StPO zu bejahen ist, ist letztlich nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist nicht allein auf die Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden abzustellen (subjektive Komponente), sondern (unter anderem) ebenso darauf, dass auch Verteidiger in Strafsachen wie Rechtsanwälte zu den Organen der Rechtspflege zählen (objektiver Aspekt). So wie es sich bei der Ausschließung aus der Liste der Strafverteidiger um eine Maßnahme handelt, die Nachteile für die Rechtspflege und das Ansehen der Strafverteidiger und der Strafjustiz hintanhalten soll, gilt dasselbe sinngemäß für die Verweigerung der Aufnahme in diese Liste. Die von der belangten Behörde wie auch vom Beschwerdeführer (wenngleich in unterschiedlicher Richtung) thematisierte zeitliche Komponente ist im gegebenen Zusammenhang rechtserheblich. Einerseits gestattet ein längerer Beobachtungszeitraum eine verlässliche Prognoseentscheidung, andererseits verliert das Unrecht vergangener Straftaten mit zunehmender zeitlicher Entfernung auch aus der "Sicht der Allgemeinheit" gleichsam an Gewicht (wie dies etwa in den Regelungen hinsichtlich der Tilgung strafgerichtlicher Verurteilung zum Ausdruck kommt), wobei wiederum diese "Sicht der Allgemeinheit" aus dem Blickwinkel relevant ist, dass, wie gesagt, die Maßnahme der Streichung aus der Liste bzw. hier die Verweigerung der Aufnahme in die Liste Nachteile für das Ansehen der Strafjustiz und der Strafverteidiger hintanhalten soll. Soweit in der Beschwerde diese zeitliche Komponente mit Blickwinkel auf die (Verfolgungs-)Verjährung unter dem Aspekt thematisiert wird, dass seit den Tatzeitpunkten die Verjährungsfristen bereits verstrichen wären, mag das zwar zutreffen; da der Beschwerdeführer aber strafgerichtlich verurteilt wurde, ist bei diesem zeitlichen Aspekt auch auf die Tilgungsfristen Bedacht zu nehmen.

Unter Bedachtnahme auf die Art und Schwere der Anlasstaten, und den Umstand, dass die Verweigerung der Aufnahme in die Liste der Strafverteidiger auch Nachteile für das Ansehen der Strafverteidiger und der Strafjustiz hintanhalten soll, zumal die Verurteilungen offensichtlich noch nicht getilgt sind, ist der Verwaltungsgerichtshof mit der belangten Behörde der Auffassung, dass auch dann, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner vorgetragenen positiven Eigenschaften (subjektive Komponente der Vertrauenswürdigkeit) zutreffen sollte, die zeitliche Komponente noch seinem Begehren entgegensteht, seinem Begehren somit zu Recht ein Erfolg versagt wurde, dies auch dann, wenn die Anlasstaten, wie vom Beschwerdeführer behauptet, in der (breiten) "Öffentlichkeit" in Vergessenheit geraten sein sollten. Damit begründete es keine Verfahrensmängel, wenn es die belangte Behörde unterließ, die vom Beschwerdeführer beantragte Beweisaufnahme hinsichtlich seiner (persönlichen) "Vertrauenswürdigkeit" durchzuführen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060087.X00

Im RIS seit

25.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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