TE OGH 2006/12/20 7Ob271/06p

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Veröffentlicht am 20.12.2006
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Lambert K*****, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 20.348,39 sA (Revisionsinteresse EUR 10.174,19), über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 31. August 2006, GZ 6 R 89/06k-23, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Februar 2006, GZ 4 Cg 44/05s-17, infolge Berufung des Klägers teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 686,88 (darin enthalten EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit dem Jahr 1992 bei der Beklagten unfallversichert. Die Versicherungssumme für dauernde Invalidität beträgt (schon immer) EUR 72.672,84. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2000) zugrunde, die unter anderem folgende Bestimmungen enthalten:

„Artikel 7

Dauernde Invalidität

Soweit nicht anderes vereinbart ist, gilt:

1. Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, dass als Folge des Unfalles eine dauernde Invalidität zurückbleibt, wird aus der hiefür versicherten Summe der dem Grade der Invalidität entsprechende Betrag gezahlt.

2. Für die Bemessung des Invaliditätsgrades gelten folgende Bestimmungen:

2.1 bei völligem Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit

...

eines

Beines...............................................................

....70 %

...

2.2 Bei teilweisem Verlust oder teilweiser Funktionsunfähigkeit der vorgenannten Körperteile oder Organe werden die Sätze des Pkt. 2.1 anteilig angewendet.

3. Lässt sich der Invaliditätsgrad nach Pkt. 2. nicht bestimmen, ist maßgebend, inwieweit die körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt wurde.

4. Mehrere sich aus den Punkten 2. und 3. ergebende Prozentsätze werden zusammengerechnet. Der Invaliditätsgrad kann jedoch nie mehr als 100 % betragen.

5. Beträgt der gemäß Punkt 1 bis 4 festgestellte Invaliditätsgrad 50 % oder mehr, dann wird die dreifache Leistung erbracht.

...

Artikel 18

Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes

...

2. Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades wird ein Abzug in Höhe einer Vorinvalidität nur vorgenommen, wenn durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen ist, die schon vorher beeinträchtigt war.

Die Vorinvalidität wird nach Art. 7, Punkte 2. und 3. bemessen.Die Vorinvalidität wird nach Artikel 7,, Punkte 2. und 3. bemessen.

..."

Der Kläger erlitt am 18. 4. 2003 bei einem Unfall einen Bruch des linken Innenknöchels, Hautabschürfungen am linken Unterschenkel sowie eine Prellung des rechten Kniegelenkes mit blutigem Gelenkerguss. Die Verletzung des rechten Kniegelenkes hatte keine Invalidität zur Folge. Hinsichtlich des linken Beines ergibt sich durch den Unfall vom 18. 4. 2003 isoliert betrachtet eine bleibende Gebrauchswertminderung von 20 % des ganzen Beinwertes (70 %). Zuvor hatte der Kläger bei einem Unfall am 23. 9. 1996 schwere Verletzungen im Bereich beider Kniegelenke erlitten, die zu einer dauernden Invalidität führten. Die Beklagte hatte auf Grund eines von ihr eingeholten Sachverständigen-Gutachtens damals hinsichtlich des linken Beines eine dauernde Invalidität im Ausmaß von 40 % des Beinwertes und hinsichtlich des rechten Beines von 25 % des Beinwertes, zusammen also 65 % von 70 % = 45,5 % der Versicherungssumme von EUR 72.672,84 angenommen und so einen Betrag von EUR 33.066,14 errechnet. Da es sich um einen Freizeitunfall handelte, war die Versicherungsleistung zu verdreifachen, weshalb dem Kläger ein Betrag von EUR 99.198,42 bezahlt wurde.

Tatsächlich betrug die Gebrauchswertminderung des linken Beines nach dem Unfall vom 23. 9. 1996 jedoch nur 13 1/3 %. Daher ergab sich nach dem Unfall vom 18. 4. 2003 für das linke Bein eine Gesamtinvalidität von 33 1/3 % des gesamten Beinwertes von 70 %.

Der Kläger begehrte im Hinblick auf die durch den Unfall vom 18. 4. 2003 bewirkte Invalidität zuletzt (nach Klagsausdehnung) EUR 20.348,39 sA. Diesen Betrag habe ihm die Beklagte für die durch diesen Unfall bewirkte Gebrauchswertminderung des linken Beines entsprechend den Versicherungsbedingungen zu leisten. Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe dem Kläger die auf Grund des Unfalles vom 23. 9. 1996 eingetretene dauernde Invalidität im Ausmaß von 40 % (links) bzw 25 % (rechts) des Beinwertes durch

eine Versicherungsleistung von EUR 99.198,42 abgegolten (= 65 % von

70 % = 45,5 % von EUR 72.672,84 = EUR 33.066,14, verdreifacht wegen

des Vorliegens eines Freizeitunfalles). Da der Grad der auf Grund des Unfalles vom 18. 4. 2003 erlittenen Invalidität des linken Beines (20 % von 70 %) das Ausmaß der infolge des Vorunfalles erlittenen Invalidität (40 % von 70 %) nicht übersteige, bestehe keine Leistungspflicht. Für den Fall eines Freizeitunfalles sei mit dem Kläger eine Verdoppelung der Versicherungsleistung ab einem Invaliditätsgrad von 20 %, bezogen auf den Gesamtkörper, vereinbart worden. Die vom Kläger behauptete Invalidität betrage, bezogen auf den Gesamtkörper, nur 14 % (20 % von 70 %).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Art 18 Z 2 AUVB 2000 sei dahin auszulegen, dass ein Unfall, der für sich gesehen zu einer geringeren Invalidität führe als ein Vorunfall, keine Versicherungsleistung nach sich ziehen könne. Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, wonach bei Vorliegen einer bereits 40 %-igen dauernden Invalidität ein späterer Unfall, der für sich gesehen nur zu einer 20 %-igen Invalidität geführt hätte, nicht insgesamt zu einer 60 %-igen Invalidität führen könne. Der Rechtsansicht des Klägers, wonach die Invaliditätsgrade auf Grund verschiedener Verletzungen solange zu addieren seien, bis letztlich 100 % erreicht seien, sei nicht zu folgen. Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz, die es hinsichtlich der Abweisung von EUR 10.174,20 sA bestätigte, im Übrigen dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger EUR 10.174,19 samt 4 % Zinsen seit 28. 2. 2005 zu bezahlen. Die Beklagte sei hinsichtlich des Unfalles vom 23. 9. 1996 an den - für sie nachteiligen, weil von einer Funktionsminderung des linken Beines von 40 % ausgehenden - Vergleich gebunden. Die Auffassung des Erstgerichtes, es liege kein entschädigungspflichtiger Versicherungsfall vor, da auf Grund des Folgeunfalles keine Minderung des Beinwertes über 40 % eingetreten sei, führte inhaltlich zu einem Abgehen vom Abfindungsvergleich. Es stehe fest, dass die Invalidität auf Grund des Vorunfalles (tatsächlich) 13 1/3 % betragen und sich durch den Unfall vom 18. 4. 2003 um 20 % auf insgesamt 33 1/3 % (jeweils vom Beinwert von 70 %) erhöht habe. Wollte man den Kläger auf die auf Grund des Vorunfalles bereits bezogene Versicherungsleistung für eine 40 %-ige Funktionsminderung verweisen, hätte dies zum Ergebnis, dass der Folgeunfall bereits durch die für den Vorunfall ausbezahlte Versicherungsleistung abgegolten wäre, obwohl der Abfindungsvergleich nur die Versicherungsleistung für den Vorunfall zum Gegenstand gehabt und der Folgeunfall tatsächlich zu einer Erhöhung des Invaliditätsgrades geführt habe. Einer Anrechnung der für den Folgeunfall gebührenden Versicherungsleistung auf die für den Vorunfall bereits erhaltene Versicherungsleistung stehe die Bereinigungswirkung des in Ansehung des Vorunfalles abgeschlossenen Abfindungsvergleiches entgegen. Der am 18. 4. 2003 erlittene Folgeunfall sei getrennt vom Vorunfall abzurechen. Nach Art 18 Z 2, zweiter Satz AUVB 2000 sei hiebei die Vorinvalidität nach Art 7 Pkt. 2. und 3. zu bemessen. Hiedurch werde eine Bemessung der Versicherungsleistung für den Folgeunfall getrennt vom Vorunfall und ohne Eingriff in die Bereinigungswirkung des Abfindungsvergleiches gewährleistet. Eine Vorinvalidität sei dadurch zu berücksichtigen, dass zunächst die Gesamtinvalidität festgestellt und von dieser die Vorinvalidität abgezogen werde. Die hiedurch festgestellte unfallbedingte Invalidität sei das Ergebnis dieser Subtraktion. Da die Gesamtinvalidität des rechten Beines mit 33 1/3 % und die Vorinvalidität des rechten Beines auf Grund des Unfalles vom 23. 9. 1996 mit 13 1/3 %, jeweils vom gesamten Beinwert von 70 %, festgestellt worden seien, errechne sich eine Invalidität des rechten Beines auf Grund des Folgeunfalles von 20 % (von 70 % des Beinwertes). Dem Kläger gebühre, ausgehend von einer Versicherungssumme für den Gesamtkörper von EUR 72.672,84, daher eine Versicherungsleistung von EUR 10.174,19. Der Kläger gehe offenbar davon aus, dass diese Summe zu verdoppeln sei, weil ein Freizeitunfall vorliege. Da ein Anspruch auf eine Verdoppelung der Versicherungsleistung aber erst ab einem Invaliditätsgrad von 20 % (bezogen auf den Gesamtkörper) bestehe, der Invaliditätsgrad des Klägers auf Grund des Unfalles vom 18. 4. 2003 bezogen auf den Gesamtkörper jedoch nur 14 % betrage, gebühre dem Kläger nur die einfache Versicherungsleistung von EUR 10.174,19.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Artikel 18, Ziffer 2, AUVB 2000 sei dahin auszulegen, dass ein Unfall, der für sich gesehen zu einer geringeren Invalidität führe als ein Vorunfall, keine Versicherungsleistung nach sich ziehen könne. Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, wonach bei Vorliegen einer bereits 40 %-igen dauernden Invalidität ein späterer Unfall, der für sich gesehen nur zu einer 20 %-igen Invalidität geführt hätte, nicht insgesamt zu einer 60 %-igen Invalidität führen könne. Der Rechtsansicht des Klägers, wonach die Invaliditätsgrade auf Grund verschiedener Verletzungen solange zu addieren seien, bis letztlich 100 % erreicht seien, sei nicht zu folgen. Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz, die es hinsichtlich der Abweisung von EUR 10.174,20 sA bestätigte, im Übrigen dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger EUR 10.174,19 samt 4 % Zinsen seit 28. 2. 2005 zu bezahlen. Die Beklagte sei hinsichtlich des Unfalles vom 23. 9. 1996 an den - für sie nachteiligen, weil von einer Funktionsminderung des linken Beines von 40 % ausgehenden - Vergleich gebunden. Die Auffassung des Erstgerichtes, es liege kein entschädigungspflichtiger Versicherungsfall vor, da auf Grund des Folgeunfalles keine Minderung des Beinwertes über 40 % eingetreten sei, führte inhaltlich zu einem Abgehen vom Abfindungsvergleich. Es stehe fest, dass die Invalidität auf Grund des Vorunfalles (tatsächlich) 13 1/3 % betragen und sich durch den Unfall vom 18. 4. 2003 um 20 % auf insgesamt 33 1/3 % (jeweils vom Beinwert von 70 %) erhöht habe. Wollte man den Kläger auf die auf Grund des Vorunfalles bereits bezogene Versicherungsleistung für eine 40 %-ige Funktionsminderung verweisen, hätte dies zum Ergebnis, dass der Folgeunfall bereits durch die für den Vorunfall ausbezahlte Versicherungsleistung abgegolten wäre, obwohl der Abfindungsvergleich nur die Versicherungsleistung für den Vorunfall zum Gegenstand gehabt und der Folgeunfall tatsächlich zu einer Erhöhung des Invaliditätsgrades geführt habe. Einer Anrechnung der für den Folgeunfall gebührenden Versicherungsleistung auf die für den Vorunfall bereits erhaltene Versicherungsleistung stehe die Bereinigungswirkung des in Ansehung des Vorunfalles abgeschlossenen Abfindungsvergleiches entgegen. Der am 18. 4. 2003 erlittene Folgeunfall sei getrennt vom Vorunfall abzurechen. Nach Artikel 18, Ziffer 2,, zweiter Satz AUVB 2000 sei hiebei die Vorinvalidität nach Artikel 7, Pkt. 2. und 3. zu bemessen. Hiedurch werde eine Bemessung der Versicherungsleistung für den Folgeunfall getrennt vom Vorunfall und ohne Eingriff in die Bereinigungswirkung des Abfindungsvergleiches gewährleistet. Eine Vorinvalidität sei dadurch zu berücksichtigen, dass zunächst die Gesamtinvalidität festgestellt und von dieser die Vorinvalidität abgezogen werde. Die hiedurch festgestellte unfallbedingte Invalidität sei das Ergebnis dieser Subtraktion. Da die Gesamtinvalidität des rechten Beines mit 33 1/3 % und die Vorinvalidität des rechten Beines auf Grund des Unfalles vom 23. 9. 1996 mit 13 1/3 %, jeweils vom gesamten Beinwert von 70 %, festgestellt worden seien, errechne sich eine Invalidität des rechten Beines auf Grund des Folgeunfalles von 20 % (von 70 % des Beinwertes). Dem Kläger gebühre, ausgehend von einer Versicherungssumme für den Gesamtkörper von EUR 72.672,84, daher eine Versicherungsleistung von EUR 10.174,19. Der Kläger gehe offenbar davon aus, dass diese Summe zu verdoppeln sei, weil ein Freizeitunfall vorliege. Da ein Anspruch auf eine Verdoppelung der Versicherungsleistung aber erst ab einem Invaliditätsgrad von 20 % (bezogen auf den Gesamtkörper) bestehe, der Invaliditätsgrad des Klägers auf Grund des Unfalles vom 18. 4. 2003 bezogen auf den Gesamtkörper jedoch nur 14 % betrage, gebühre dem Kläger nur die einfache Versicherungsleistung von EUR 10.174,19.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil der Berücksichtigung der Vorinvalidität nach Art 18 Z 2 AUVB 2000 Bedeutung über die vorliegende Rechtssache hinaus zukomme und höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Rechtsfrage nicht aufgefunden habe werden können. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig sei, weil der Berücksichtigung der Vorinvalidität nach Artikel 18, Ziffer 2, AUVB 2000 Bedeutung über die vorliegende Rechtssache hinaus zukomme und höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Rechtsfrage nicht aufgefunden habe werden können. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel seiner Prozessgegnerin keine Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Unterliegt ein Versicherungsverhältnis - wie hier - den AUVB 2000, ist bei Vorschäden an unfallbedingt beeinträchtigten Funktionen oder Gliedern eine durch den Versicherungsfall (den zu beurteilenden Unfall) bewirkte Invalidität nach Art 7 Punkte 2. und 3. AUVB 2000 zu bemessen und dann die - nach dem klaren Wortlaut des Art 18 Punkt 2. ebenso zu bemessende - Vorinvalidität abzuziehen. Entsprechend der so ermittelten Invalidität des zu beurteilenden Unfalles hat der Versicherer seine Leistung zu erbringen (vgl Knappmann in Prölss/Martin VVG27 § 7 AUB 94 Rn 31). Diese Vorgehensweise bei der Bestimmung der unfallskausalen Invalidität bei bestehender Vorinvalidität entspricht der bei ganz vergleichbarer Bedingungslage (§ 7 I Abs 3 AUB 88 und AUB 94; Ziff. 2.1.2.2.3 AUB 99) in Deutschland in Judikatur und Schrifttum vertretenen Ansicht (Wussow/Pürckhauer, AUB6 § 7 I (3) Rn 45; Grimm, Unfallversicherung4 2/39f; Knappmann aaO; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 47 Rn 196 f, jeweils mwN). Dieser Auffassung schließt sich ohnehin auch die Revisionswerberin ausdrücklich an. Sie geht daher zunächst zutreffend von der beim Kläger festgestellten „Gesamtinvalidität" von 33 1/3 % (des Beinwertes von 70 %) aus. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sei davon aber nicht die weiters festgestellte (tatsächliche) Vorinvalidität von 13 1/3 % (von 70 %) abzuziehen, da die durch den Vorunfall vom 23. 9. 1996 verursachte Invalidität im betreffenden Abfindungsvergleich der Streitteile mit 40 % (von 70 %) festgelegt worden sei. Diese Festlegung sei auf Grund der Bindungswirkung des Vergleiches für die Parteien weiterhin bindend. Ausgehend demnach von einer Vorinvalidität von 40 % (von 70 %) habe der Versicherungsfall keine weitere Invalidität zur Folge gehabt und sei das Klagebegehren daher nicht berechtigt.Unterliegt ein Versicherungsverhältnis - wie hier - den AUVB 2000, ist bei Vorschäden an unfallbedingt beeinträchtigten Funktionen oder Gliedern eine durch den Versicherungsfall (den zu beurteilenden Unfall) bewirkte Invalidität nach Artikel 7, Punkte 2. und 3. AUVB 2000 zu bemessen und dann die - nach dem klaren Wortlaut des Artikel 18, Punkt 2. ebenso zu bemessende - Vorinvalidität abzuziehen. Entsprechend der so ermittelten Invalidität des zu beurteilenden Unfalles hat der Versicherer seine Leistung zu erbringen vergleiche Knappmann in Prölss/Martin VVG27 Paragraph 7, AUB 94 Rn 31). Diese Vorgehensweise bei der Bestimmung der unfallskausalen Invalidität bei bestehender Vorinvalidität entspricht der bei ganz vergleichbarer Bedingungslage (Paragraph 7, römisch eins Absatz 3, AUB 88 und AUB 94; Ziff. 2.1.2.2.3 AUB 99) in Deutschland in Judikatur und Schrifttum vertretenen Ansicht (Wussow/Pürckhauer, AUB6 Paragraph 7, römisch eins (3) Rn 45; Grimm, Unfallversicherung4 2/39f; Knappmann aaO; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch Paragraph 47, Rn 196 f, jeweils mwN). Dieser Auffassung schließt sich ohnehin auch die Revisionswerberin ausdrücklich an. Sie geht daher zunächst zutreffend von der beim Kläger festgestellten „Gesamtinvalidität" von 33 1/3 % (des Beinwertes von 70 %) aus. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sei davon aber nicht die weiters festgestellte (tatsächliche) Vorinvalidität von 13 1/3 % (von 70 %) abzuziehen, da die durch den Vorunfall vom 23. 9. 1996 verursachte Invalidität im betreffenden Abfindungsvergleich der Streitteile mit 40 % (von 70 %) festgelegt worden sei. Diese Festlegung sei auf Grund der Bindungswirkung des Vergleiches für die Parteien weiterhin bindend. Ausgehend demnach von einer Vorinvalidität von 40 % (von 70 %) habe der Versicherungsfall keine weitere Invalidität zur Folge gehabt und sei das Klagebegehren daher nicht berechtigt.

Dem kann nicht beigepflichtet werden. Im Bereich der privaten Unfallversicherung ist grundsätzlich jeder Unfall mit seinen konkreten Folgen getrennt zu beurteilen und abzurechnen (BGH VersR 1988, 461 = r+s 1988, 151; OLG Köln, VersR 1989, 1036). Ob die Vorinvalidität auch bereits auf einem leistungspflichtigen Unfall beruhte oder auf einer sonstigen Krankheit, ist unerheblich. Ein neuer Unfall ist jeweils ein neuer Versicherungsfall in der Unfallversicherung und ist als solcher zu entschädigen (Wussow/Pürckhauer aaO). Haben sich der Versicherungsnehmer und der Versicherer hinsichtlich der Entschädigung einer Vorinvalidität - wie hier - vergleichsweise geeinigt, betrifft dies daher allein den Vorunfall und kann eine Bindungswirkung für künftige Versicherungsfälle nicht bewirken. Wäre der Versicherungsnehmer an eine - sich später als unrichtig herausstellende - Festlegung des Grades einer Vorinvalidität bei der Bestimmung der Invalidtität auf Grund eines (weiteren) Unfalles gebunden, würde dies, wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, eine nachträgliche Korrektur des die Parteien betreffend den Vorunfall bindenden vergleichsweise erzielten Ergebnisses bedeuten. Es würde dies dem Erfordernis einer getrennten Beurteilung und Abrechnung jedes einzelnen Unfalles widersprechen und etwa im Fall der Versicherung des Vorunfalles bei einem anderen Versicherer dazu führen, dass der (aktuelle) Versicherer von einer Fehleinschätzung der Vorinvalidität ungerechtfertigterweise profitierte. Die Parteien haben sich im Abfindungsvergleich dahin geeinigt, welche Versicherungsleistung der Kläger auf Grund des Vorunfalles zu erhalten hat. Keinesfalls wurde damit der Invaliditätsgrad des Vorunfalles auch für die Zukunft verbindlich festgelegt. Die Beklagte kann daher den vorliegenden Versicherungsfall nicht dazu benutzen, eine ihr hinsichtlich der Vorinvalidität unterlaufene Fehleinschätzung, die damals zu einer objektiv überhöhten Versicherungsleistung führte, nunmehr zu kompensieren.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das seiner Bemessung der dem Kläger gebührenden Versicherungsleistung daher zutreffend die durch den Versicherungsfall tatsächlich bewirkte Invalidität von 20 % (des Beinwertes von 70 %) zugrundegelegt hat, erweist sich demnach frei von Rechtsirrtum. Die Revision der Beklagten muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E83006 7Ob271.06p

Schlagworte

Kennung XPUBL - XBEITR Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in zuvo 2007/18 S 24 - zuvo 2007,24 = RZ 2007,122 EÜ217 - RZ 2007 EÜ217 = VersR 2007,1295 = Ertl, ecolex 2007,908 (Rechtsprechungsübersicht) XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0070OB00271.06P.1220.000

Dokumentnummer

JJT_20061220_OGH0002_0070OB00271_06P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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