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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 2005 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des H M, geboren 1982, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. Juli 2007, Zl. St 169/07, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 11. Juli 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 und §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein mit zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.
Die Bezirkshauptmannschaft Braunau (Erstbehörde) habe (in ihrem Bescheid vom 30. Mai 2007) folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Roma an und sei muslimischen Glaubens. Er sei am 20. Jänner 2006 in Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Seinen Angaben im Asylverfahren zufolge sei er von Oktober 2003 bis 25. September 2004 in Deutschland aufhältig gewesen und habe dort einen Asylantrag gestellt, der negativ entschieden worden sei. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und den zwei Töchtern wäre er am 25. September 2004 freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt.
Der Beschwerdeführer, der ohne Reisedokument und unter Umgehung der Grenzkontrolle unter Zuhilfenahme eines Schleppers in Österreich eingereist sei, sei hier derzeit zum Asylverfahren zugelassen. Er lebe hier mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen minderjährigen, am 11. April 2000 und 13. Juli 2001 geborenen Kindern im gemeinsamen Haushalt.
Am 13. Jänner 2007 sei der Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahles zur Anzeige gebracht und über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. März 2007 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 StGB sowie der Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 leg. cit. eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von neun Monaten rechtskräftig verhängt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass er in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei Mittätern Diebstähle begangen habe, indem er teilweise in ein Gebäude eingebrochen und eingestiegen sei bzw. ein Behältnis aufgebrochen habe, und zwar
1. ca. Ende Dezember 2006/Anfang Jänner 2007 näher bezeichnete Teile einer Musikanlage im Wert von insgesamt ca. EUR 2.150,--, indem sie in den Proberaum in einer Hauptschule eingebrochen seien,
2. in der Nacht zum 4. Jänner 2007 Zigaretten im Wert von rund EUR 1.200,--, sowie Bargeld von EUR 50,-- bis EUR 150,--, indem sie einen Zigarettenautomaten aufgebrochen hätten,
3. in der Nacht zum 4. Jänner 2007 einem anderen Zigaretten im Wert von EUR 1.220,-- und Bargeld in der Höhe von rund EUR 30,--
gestohlen hätten, indem sie einen weiteren Zigarettenautomaten heruntergerissen und vom Tatort verbracht hätten.
Ferner liege dem genannten Urteil zu Grunde, dass die genannten Täter in der Nacht zum 4. Jänner 2007 eine Hausmauer und die Halterung des genannten Zigarettenautomaten zerstört, beschädigt, verunstaltet bzw. unbrauchbar gemacht hätten, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von EUR 5.400,-- herbeigeführt worden sei.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des wesentlichen Berufungsvorbringens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, dass in Anbetracht der Verurteilung des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei. Es sei auch von der Ermessensbestimmung des § 62 Abs. 1 FPG Gebrauch zu machen gewesen, dies insbesondere, weil er bereits innerhalb eines Jahres nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet erstmals massive strafrechtliche Sachverhalte verwirklicht habe, wodurch er ein Charakterbild habe erkennen lassen, dass er keinen Respekt vor den Rechtsgütern anderer habe.
Die Erlassung des Rückkehrverbotes sei in Anbetracht dieser Straftaten auch dringend erforderlich. Hiebei hätten die persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers, nämlich das Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt, und der Umstand Berücksichtigung gefunden, dass er am 20. Jänner 2006 mit seiner Familie in Österreich eingereist sei und das Asylverfahren bislang nicht abgeschlossen sei. Was die von ihm geltend gemachten Fluchtgründe anlange, so sei die Frage der Verfolgung eines Fremden in seiner Heimat nicht im Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes, sondern im Asylverfahren zu entscheiden.
Unter Abwägung aller Tatsachen und im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Verhaltensprognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, weshalb das Rückkehrverbot auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Ferner könnten weder aus den Verwaltungsakten noch aus seiner Berufungsschrift besondere Umstände ersehen werden, die eine Ermessensübung zu seinen Gunsten begründen würden.
Die von der Erstbehörde festgesetzte Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, weil erst nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass er sich an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der (gemäß § 62 Abs. 2 FPG) heranziehbare Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. erfüllt sei, begegnet in Anbetracht der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 7. März 2007 keinen Bedenken.
1.2. Die Beschwerde bestreitet die oben (I.1.) wiedergegebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht. Danach hat er in der Zeit von Ende Dezember 2006 bis 4. Jänner 2007 drei Einbruchsdiebstähle verübt und darüber hinaus an fremdem Eigentum einen Sachschaden in der Höhe von EUR 5.400,-- herbeigeführt.
In Anbetracht dieses Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers und des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 FPG erfüllt seien, somit die in dieser Gesetzesbestimmung umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde die Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgefährtin und seinen beiden minderjährigen Kindern, mit denen er im gemeinsamen Haushalt lebt - diese hätten laut dem Beschwerdevorbringen ebenso Asylanträge gestellt, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei - berücksichtigt und zutreffend einen relevanten Eingriff im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Wenn sie dennoch in Anbetracht seines Fehlverhaltens und insbesondere des Umstandes, dass er sich bei Verübung dieser Straftaten erst ca. ein Jahr im Bundesgebiet aufgehalten hat, die Erlassung des Rückkehrverbotes im Sinn der genannten Bestimmung für dringend geboten erachtet hat, so ist diese Beurteilung in Ansehung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Verhinderung strafbarer Handlungen nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang meint, die belangte Behörde hätte zu Gunsten des Beschwerdeführers auf die bei der Verurteilung des Beschwerdeführers gewürdigten Milderungsgründe (untergeordnete Rolle bei der Tatausführung, reumütiges Geständnis, bisherige Unbescholtenheit und Mitwirkung an der Schadensgutmachung) Bedacht nehmen müssen, so übersieht die Beschwerde, dass die Fremdenpolizeibehörde ihre Beurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des FPG und unabhängig von strafgerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung, wie zu den Milderungsgründen, zu treffen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, Zl. 2006/18/0438, mwN).
Unter Zugrundelegung des obgenannten großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers begegnet auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung keinen Bedenken. Die aus dem bisherigen, verhältnismäßig kurzen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich (seit 20. Jänner 2006) ableitbare Integration wird in ihrer sozialen Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten deutlich beeinträchtigt. Seinen persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich kommt jedenfalls kein größeres Gewicht zu als dem durch sein Fehlverhalten gefährdeten Allgemeininteresse bzw. den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes, und zwar auch dann, wenn man neben den von der belangten Behörde festgestellten persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers den weiteren, in der Beschwerde behaupteten Umstand berücksichtigte, dass seine Lebensgefährtin am 29. Jänner 2007 in Österreich ein weiteres gemeinsames Kind zur Welt gebracht habe und sich diese, wie seine übrigen Kinder, auf Grund (gesonderter) Asylverfahren in Österreich aufhielten. Im Übrigen kommt dem Beschwerdeführer, solange das Asylverfahren noch nicht beendet ist, als Asylwerber trotz des Rückkehrverbotes faktischer Abschiebeschutz zu (vgl. § 12 und 13 AsylG 2005). Ab dem Zeitpunkt, in dem ihm kein faktischer Abschiebeschutz mehr zukommen sollte, müssen jedoch die Folgen des Rückkehrverbotes im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 25. September 2007
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180642.X00Im RIS seit
31.10.2007Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009