TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2007/18/0648

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des M U in W, geboren 1985, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. Juli 2007, Zl. St 154/07, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 2. Juli 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 iVm den §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer sei seit seiner Einreise im Jahr 1993 mit den österreichischen Gesetzen mehrfach in Konflikt geraten.

So sei er erstmalig vom Landesgericht Wels am 25. Februar 2004 gemäß § 142 Abs. 1, § 12, § 164 Abs. 1 und 2 und § 229 Abs. 1 StGB (wegen Raubes, Hehlerei und Urkundenunterdrückung) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 11. September 2003 in Gmunden einer betagten Frau die Handtasche, Geldbörse, Wohnungsschlüssel und Bargeld geraubt habe, indem er sie durch Versetzen eines Stoßes in den Magenbereich zu Boden gestoßen und sein Komplize in der Folge der am Boden liegenden Frau die Handtasche entrissen habe. Darüber hinaus habe er zu einem von einem anderen am 28. Oktober 2003 in Gmunden verübten Raubüberfall, bei dem dieser seinem weiblichen Opfer einen Schlag gegen den Hinterkopf versetzt habe, wodurch dieses zu Sturz gekommen sei, und er der am Boden liegenden Geschädigten die Handtasche entrissen habe, dadurch einen Beitrag geleistet, dass er gemeinsam mit seinem Komplizen dieses Opfer für einen weiteren Überfall ausgewählt und zumindest vier Minuten lang verfolgt habe und bei Ausführung des Raubes im unmittelbaren Tatbereich verblieben sei, um erforderlichenfalls bei der unmittelbaren Tatausführung Hilfe zu leisten. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer eine Sache, die der genannte Täter durch Diebstahl erlangt habe, dadurch an sich gebracht, dass er sich den auf ihn entfallenden Anteil der Zeche bei gemeinsamen Lokalbesuchen aus der Diebsbeute habe bezahlen lassen. Bei dieser Verurteilung seien die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein teilweises Geständnis als mildernd und als erschwerend die Beteiligung an zwei Raubüberfällen, die Ausnützung der Hilflosigkeit eines als gebrechlich erkennbaren Opfers und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen berücksichtigt worden.

Am 6. April 2004 habe der Beschwerdeführer, zu den genannten Taten befragt, angegeben, dass er zu den Opfern gehen würde, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen, und darüber hinaus versprochen, in Zukunft keine Verstöße gegen die Rechtsordnung mehr zu begehen, wobei er hinsichtlich seiner Suchtgiftprobleme angegeben habe, dass er davon losgekommen wäre. In einer weiteren Stellungnahme zum damals gegen ihn geplanten Aufenthaltsverbot habe er angegeben, dass er nunmehr arbeiten wollte und um eine zweite Chance ersuchte.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 10. Jänner 2007 sei über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall Suchtmittelgesetz - SMG eine bedingte Freiheitsstrafe von vier Wochen rechtskräftig verhängt worden.

Am 9. März 2007 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Wels wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 erster Fall SMG und der Vergehen nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall leg. cit. zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass er in Wels, Gmunden und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt habe, indem er in der Zeit von etwa Juni/Anfang Juli 2006 bis Ende Jänner 2007 insgesamt etwa 410 g Heroin an 16 namentlich bekannte und an unbekannt gebliebene Abnehmer verkauft habe sowie Cannabisprodukte und Heroin in der Zeit von etwa Anfang 2003 bis 1. Juli 2003 und vom 29. Mai 2006 bis 2. Februar 2007 in wiederholten Angriffen erworben und bis zum Eigenkonsum besessen habe.

Weiters sei der Beschwerdeführer zweimal wegen Lenkens eines KFZ ohne gültige Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 FSG) rechtskräftig bestraft worden.

Der Beschwerdeführer halte sich seit 1993 in Österreich auf , sei hier "kaum" einer geregelten Beschäftigung nachgegangen und habe seinen Lebensunterhalt durch gewinnbringenden Verkauf von Suchtgift finanziert. Auch seine Familienmitglieder seien in Österreich aufhältig. In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid habe der Beschwerdeführer (u.a.) vorgebracht, in Österreich die Schule absolviert zu haben und weder gut kroatisch schreiben zu können noch eine Chance zu haben, in seinem Heimatland ein gutes berufliches Umfeld zu finden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde zusammengefasst die Auffassung, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei und darüber hinaus auch von der Ermessensbestimmung des § 60 Abs. 1 FPG Gebrauch zu machen gewesen sei, weil eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes diesbezüglich die öffentliche Ordnung zu schwer beeinträchtigen würde. Der Beschwerdeführer habe im Bereich der Raubkriminalität ein Charakterbild offenbart, welches von einer erheblichen Gewaltbereitschaft und geringen Hemmschwelle geprägt sei, und er habe überdies trotz seiner einschlägigen Vorstrafe nach dem SMG den Unrechtsgehalt gesteigert und sei in kurzer Zeit rückfällig geworden, wobei ihn auch die Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten können.

Auf Grund der langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sei dem Beschwerdeführer zwar ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen, seine Verurteilungen bewiesen jedoch, dass ihm seine soziale Integration völlig misslungen sei. Da sich seine Familienmitglieder in Österreich aufhielten, werde durch das Aufenthaltsverbot in seine familiären Bindungen eingegriffen. Im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Verhaltensprognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes jedoch wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, weshalb das Aufenthaltsverbot auch im Sinn des § 66 FPG zulässig sei.

In Anbetracht seines Fehlverhaltens könne derzeit nicht abgesehen werden, wann bzw. ob er sich an die im Gastland geltenden Rechtsnormen halten würde, sodass das Aufenthaltsverbot auf unbefristete Zeit zu erlassen gewesen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In Anbetracht der insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu den gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers begegnet die - unbekämpfte - Ansicht, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

1.2. Der Beschwerdeführer hat, wie oben dargestellt, im Jahr 2003 an zwei Raubüberfällen mitgewirkt, wobei er nicht davor zurückschreckte, gegenüber einer betagten und hilflosen Frau Gewalt anzuwenden. Obwohl er im Jahr 2004 wegen dieser Verbrechen zu einer empfindlichen, teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war und er in Anbetracht eines ihm drohenden Aufenthaltsverbotes versprochen hatte, sich künftig wohlzuverhalten, wurde er in massiver Weise neuerlich straffällig, indem er in der Zeit von Ende Juni/Anfang Juli 2006 bis etwa Ende Jänner 2007 Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) gewerbsmäßig, das heißt in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB), dadurch in Verkehr setzte, dass er insgesamt etwa 410 g Heroin an eine Vielzahl von Abnehmern verkaufte.

In Anbetracht dieses massiven Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers ist die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht zu beanstanden, und es zeigt die Beschwerde mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe aus seinen Fehlern gelernt und nunmehr erstmals für eine längere Zeit das Haftübel verspürt, weshalb er fest gewillt sei, sich in Zukunft wohlzuverhalten, keine Rechtswidrigkeit dieser Beurteilung auf.

2. Bei der Interessenabwägung im Sinn des § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde die lange Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 1993 und seine familiären Bindungen zu seinen hier lebenden Familienangehörigen berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen (§ 66 Abs. 1 FPG).

Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an seinem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht jedoch die von ihm ausgehende, im Hinblick auf sein obgenanntes Gesamtfehlverhalten massive Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber. Der Beschwerdeführer hat, wie oben dargestellt, nicht nur im Jahr 2003 an zwei massiven Gewaltverbrechen mitgewirkt, sondern auch trotz Verhängung einer empfindlichen Freiheitsstrafe über ihn im Jahr 2004 und seines Versprechens gegenüber der Fremdenpolizeibehörde, sich künftig wohlzuverhalten, in der Zeit von Sommer 2006 bis Jänner 2007 Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt und an zahlreiche Abnehmer verkauft.

In Anbetracht dieser Straftaten und der vom Beschwerdeführer ausgehenden großen Gefährdung öffentlicher Interessen begegnet auch die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers jedenfalls nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dessen Erlassung, sodass diese Maßnahme auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei, keinen Bedenken, dies auch dann, wenn man dieser Beurteilung das Beschwerdevorbringen zugrunde legte, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit dem Jahr 1991 im Bundesgebiet aufhalte. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang vorbringt, dass sich der gesamte Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich befinde und er zu Kroatien keine Beziehungen habe, so sind - abgesehen davon, dass mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht ausgesprochen wird, dass er in ein bestimmtes Land, wie etwa Kroatien, auszureisen habe - die Folgen des Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

3. Schließlich begegnet auch die festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes keinen Bedenken.

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann ein Aufenthaltsverbot (oder ein Rückkehrverbot) in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 leg. cit. unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Dieses ist - unter Bedachtnahme auf § 63 Abs. 1 leg. cit. - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0396, mwN).

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts der vom Beschwerdeführer verübten massiven Straftaten die Auffassung vertreten hat, dass nicht abgesehen werden könne, ob bzw. wann sich der Beschwerdeführer an die im Gastland geltenden Rechtsnormen halten würde, und es zeigt die Beschwerde auch keine Umstände auf, die diese Annahme als unrichtig erscheinen ließen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 25. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180648.X00

Im RIS seit

31.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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