TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/25 2006/06/0309

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Veröffentlicht am 25.09.2007
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Index

L10016 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Steiermark;
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §63 Abs1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs6;
BauRallg;
GdO Stmk 1967 §94 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Gemeinde L, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Oktober 2006, GZ. FA13B-12.10-L-202/2006- 51, betreffend Antrag auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG (mitbeteiligte Parteien: 1. NK und 2. MK, beide in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0077, verwiesen werden. Zusammenfassend kann dazu festgestellt werden, dass die Mitbeteiligten Eigentümer eines Grundstückes sind, das in einem Eckpunkt an jenes benachbarte Grundstück in der KG U. grenzt, auf dem der Beschwerdeführerin als Privatrechtsträgerin mit Bescheid vom 9. August 2001 die Baubewilligung für die Errichtung eines Aussichtsturmes am K-Berg unter Auflagen erteilt worden war. In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Benützungsbewilligung für den mittlerweile errichteten Aussichtsturm. Aus einem diesem Antrag angeschlossenen Austauschplan ergab sich, dass die Errichtung des Turmes u.a. um 90 Grad gedreht erfolgt ist. Die Mitbeteiligten stellten in der Folge einen Antrag auf Beseitigung des Bauwerkes (betreffend den Aussichtsturm und den Parkplatz) und machten Lärmimmissionen und eine Abstandsverletzung geltend. Diesen Antrag wies letztlich der Gemeinderat im gemeindebehördlichen Instanzenzug im Hinblick auf den Aussichtsturm mit Bescheid vom 24. August 2004 zurück. Die Abweichungen bei der Errichtung des Turmes seien mit der Benützungsbewilligung bewilligt worden, auf einen Turm fänden die Abstandsbestimmungen keine Anwendung und eine verdrehte Lage von 180 Grad berühre keine Belange des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG. Es liege für den errichteten Turm eine Baubewilligung vor.

Die belangte Behörde hob in der Folge auf Grund der Vorstellung der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 17. Jänner 2005 den Berufungsbescheid auf. Es handle sich bei der abweichenden Errichtung (insbesondere der Verdrehung um 90 Grad ) nicht um eine geringfügige Abweichung im Sinne des § 38 Abs. 6 Stmk. BauG, die mit der Benützungsbewilligung nachträglich bewilligt worden sei. Für den errichteten Turm liege, da er durch die Drehung des Turmes um ca. 90 Grad , das Heranrücken an die Grundstücksgrenze und die Anbringung einer Beleuchtung im Hinblick auf das bewilligte Bauvorhaben ein Aliud darstelle, keine Baubewilligung vor. Eine solche sei auch mit der Benützungsbewilligung nicht erteilt worden. Mit den geltend gemachten Verletzungen in Nachbarrechten der Mitbeteiligten (Abstand und Lärm) hätte sich die Baubehörde auseinander zu setzen.

Mit dem angeführten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den zuletzt genannten Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 2005 mit der Begründung auf, dass sich einer der die Aufhebung tragenden Gründe, nämlich die mangelnde Auseinandersetzung der Baubehörde im Hinblick auf die Einhaltung des Abstandes des ohne Baubewilligung abweichend errichteten Turmes zur südlichen Grundgrenze, als rechtswidrig erweise. Im Übrigen teilte der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den bekämpften Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde. Die Aufhebung wurde zusammenfassend damit begründet, dass sich das Bauwerk durch die Drehung des Turmes um ca. 90 Grad sowie durch die Anbringung einer Beleuchtung als ein anderes darstelle, für das eine Baubewilligung nicht vorliege. Eine solche sei auch nicht durch die Benützungsbewilligung vom 21. Mai 2002 erteilt worden. Die Abweichungen vom bewilligten Projekt seien zweifelsohne mehr als geringfügig. Auf Grund der zu Unrecht von den Baubehörden vertretenen Ansicht, für die gegenständliche bauliche Anlage liege ein aufrechter baubehördlicher Konsens vor, hätten sich die Gemeindebehörden nicht mit den von den Mitbeteiligten befürchteten Lärmimmissionen durch den errichteten Turm entsprechend auseinander gesetzt, weshalb die Mitbeteiligten in ihren Rechten verletzt seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde stehe die verdrehte Errichtung des verfahrensgegenständlichen Turmes um 90 Grad außer Streit. Aus dieser allein könnten sich aber keine zusätzlichen Lärmimmissionen ergeben. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Sachverhaltsfeststellungen, warum bzw. auf Grund welcher technischer oder örtlicher Gegebenheiten aus einer bloßen Verdrehung der Turmanlage von dieser zusätzliche (also über das aus dem Bewilligungsbescheid vom 9. August 2001 enthaltene Immissionsmaß hinausgehende) Immissionen ausgehen könnten bzw. sollten. Es sei richtig, dass auf dem Turm ursprünglich ein Scheinwerfer montiert worden sei. Dieser sei jedoch auf Grund der Beschwerden vom März 2004 schon zumindest im Juli 2004 durch technische Unterbrechung der Stromversorgung auf Dauer vom Stromnetz genommen und damit außer Betrieb bzw. in der Folge auch abmontiert worden. Die belangte Behörde habe es (offensichtlich auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht, dass man auf das Einreichprojekt zum Bescheid vom 21. Mai 2002 abstellen könne) unterlassen, die maßgeblichen örtlichen Verhältnisse zu erheben. Im vorangegangenen Verfahren habe man die Frage dieses Scheinwerfers vernachlässigen bzw. nicht weiter behandeln können, da die Rechtsfrage zu erörtern gewesen sei, ob die Benützungsbewilligung vom 21. Mai 2002 im aufgezeigten Umfang eine Baubewilligung ersetze. Hätte die Behörde derartige Ermittlungen angestellt und den mangelnden Einsatz des Scheinwerfers festgestellt, wäre sie zu einem anderen Beurteilungsergebnis gekommen, nämlich dass "auch keine zusätzlichen Lärmimmissionen in den Abendstunden entstehen".

Dem ist entgegenzuhalten, dass der maßgebliche tragende Aufhebungsgrund der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid war, dass die Berufungsbehörde zu Unrecht davon ausgegangen war, für den von der ursprünglichen Baubewilligung abweichend errichteten Aussichtsturm liege eine baubehördliche Bewilligung vor, weshalb sie sich mit den von den Mitbeteiligten befürchteten Lärmimmissionen durch den errichteten Turm nicht auseinander gesetzt habe. Wenn die Beschwerdeführerin von zusätzlichen Lärmimmissionen spricht, die sich aus der bloßen Verdrehung des Turmes nicht ergeben könnten, geht sie zu Unrecht davon aus, dass über einen Teil der möglichen Lärmimmissionen aus dem anders errichteten Turm (u.a. aus der Benützung der Stahlblechtreppenkonstruktion und der Plattformen bei Tag) in der erteilten Bewilligung für einen Aussichtsturm in anderer Lage bereits abgesprochen sein könnte. Für den tatsächlich errichteten Turm liegt vielmehr keine Baubewilligung vor und es war daher in dem vorliegenden auf Antrag der Mitbeteiligten eingeleiteten Beseitigungsverfahren über sämtliche, von den Mitbeteiligten geltend gemachten Lärmimmissionen (auch die, die sie während des Tages durch die Benützung des Turmes befürchteten) abzusprechen. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass die mögliche Lärmbelästigung von der belangten Behörde allein auf Grund der möglichen Benützung des Turmes in den Abendstunden abgeleitet wurde.

Die belangte Behörde hat zwar im angefochtenen Bescheid - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis - die Lärmimmissionen, die sich durch die auf Grund der Beleuchtung mögliche, abendliche Benützung ergeben könnten, ausdrücklich erwähnt. Sie hat damit aber nicht in bindender Weise über die im vorliegenden Beseitigungsverfahren allein abzusprechenden und in Frage kommenden Lärmimmissionen abgesprochen. Insoweit sind diese Feststellungen im angefochtenen Bescheid - wie auch im angeführten Vorerkenntnis - nicht als Teil der tragenden Gründe der Aufhebung zu qualifizieren. Auch die Auffassung der belangten Behörde, es liege ein Aliud vor, ergab sich schon allein aus der verdrehten Errichtung des Turmes. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch die Anbringung eines Scheinwerfers am Turm erwähnte, war dies für die vertretene Auffassung kein maßgebliches Argument, da die belangte Behörde ganz offensichtlich im Sinne des angeführten hg. Erkenntnisses entscheiden wollte. In dem angeführten Erkenntnis stellte der festgestellte Scheinwerfer aber nur ein Zusatzargument für die Frage dar, ob ein Aliud vorliegt.

Der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte in Bezug auf die Frage der Antrags- bzw. der Rechtsmittellegitimation der Mitbeteiligten die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse in Bezug auf den in Frage stehenden errichteten Aussichtsturm erheben müssen, was zu dem Ergebnis geführt hätte, dass im Hinblick auf den behaupteten Wegfall der Scheinwerfer die geltend gemachten Lärmimmissionen hätten verneint werden müssen, kann nicht gefolgt werden. Gemäß der hg. Judikatur zu § 41 Abs. 6 Stmk. BauG kommt es zwar für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß dieser Bestimmung darauf an, dass geltend gemachte Nachbarrechte tatsächlich verletzt sind (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0151). Für die Antrags- bzw. Rechtsmittellegitimation in einem solchen Beseitigungsverfahren muss aber die Möglichkeit der Verletzung in einem behaupteten Nachbarrecht durch den Antragsteller als ausreichend angesehen werden, andernfalls wäre die maßgebliche inhaltliche Frage für das Beseitigungsverfahren, gleichzeitig die maßgebliche Frage für die Antragslegitimation. Diese Möglichkeit der Verletzung von Nachbarrechten durch Lärmemissionen gemäß § 26 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG ist im vorliegenden Fall zu bejahen, selbst in dem Fall, dass an dem in Frage stehenden Aussichtsturm, wie das nunmehr in der Beschwerde behauptet wird, kein Scheinwerfer mehr montiert ist und die Benützung am Abend nicht mehr angenommen werden könnte. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid implizit die Antrags- und Rechtsmittellegitimation der Mitbeteiligten für den verfahrensgegenständlichen Antrag bejaht hat, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. September 2007

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060309.X00

Im RIS seit

07.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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