Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mousa W***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Steyr vom 30. August 2006, GZ 11 Hv 26/06p-75, weiters über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mousa W***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach Paragraph 87, Absatz eins und Absatz 2, zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Steyr vom 30. August 2006, GZ 11 Hv 26/06p-75, weiters über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss gemäß Paragraph 494 a, StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden und auch Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Mousa W***** der Verbrechen (zu 1.) der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und (zu 2.) des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden und auch Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Mousa W***** der Verbrechen (zu 1.) der absichtlichen schweren Körperverletzung nach Paragraph 87, Absatz eins und Absatz 2, zweiter Fall StGB und (zu 2.) des Raubes nach Paragraph 142, Absatz eins, StGB schuldig erkannt.
Danach hat er
1./ am 12. Mai 2006 in Steyr Yaya S***** dadurch, dass er ihm mit einem 30 cm langen Küchenmesser einen Stich in den Oberschenkel versetzte, eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Durchtrennung der Oberschenkelartherie sowie der Oberschenkelvene, absichtlich zugefügt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte; 2./ am 25. März 2006 in Linz dadurch, dass er Elsa G***** von hinten einen Fußtritt versetzte und ihr Mobiltelefon an sich nahm, der Genannten mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschworenen hatten die auf das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB gerichtete Hauptfrage 1 verneint, jedoch die auf das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB gerichtete Eventualfrage 2 sowie die auf das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB gerichteten Hauptfrage 6 bejaht.Die Geschworenen hatten die auf das Verbrechen des Mordes nach Paragraph 75, StGB gerichtete Hauptfrage 1 verneint, jedoch die auf das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach Paragraph 87, Absatz eins und Absatz 2, zweiter Fall StGB gerichtete Eventualfrage 2 sowie die auf das Verbrechen des Raubes nach Paragraph 142, Absatz eins, StGB gerichteten Hauptfrage 6 bejaht.
In der Straffrage ging das Geschworenengericht davon aus, dass der Angeklagte - entgegen seinen Angaben - zu den Tatzeitpunkten älter als 18 Jahre (aber nicht älter als 21 Jahre) war (US 6) und maß die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 87 Abs 2 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 36 StGB aus.In der Straffrage ging das Geschworenengericht davon aus, dass der Angeklagte - entgegen seinen Angaben - zu den Tatzeitpunkten älter als 18 Jahre (aber nicht älter als 21 Jahre) war (US 6) und maß die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des Paragraph 87, Absatz 2, StGB unter Anwendung der Paragraphen 28 und 36 StGB aus.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Fragenrüge (Z 6) behauptet unter Berufung auf die Altersangaben des Beschwerdeführers und unter Hinweis auf Schwierigkeiten einer fundierten Altersfeststellung, es hätte eine uneigentliche Zusatzfrage gemäß § 316 StPO oder eine Eventualfrage gemäß § 314 StPO in Richtung einer „Anwendbarkeit des Jugendgerichtsgesetzes" gestellt werden müssen. Dabei orientiert sich die Beschwerde nicht an den genau zwischen Subsumtions- und Sanktionsfrage differenzierenden Vorschriften über das geschworenengerichtliche Verfahren. Die Stellung einer Eventualfrage (§ 314 StPO) zu einer Hauptfrage setzt voraus, dass rechtlich verschiedene Unterstellungen der Tat aktuell sind, von denen die in der Hauptfrage zum Ausdruck gekommene die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (Schindler, WK-StPO § 314 Rz 6).Gegen das Urteil richtet sich die auf Paragraph 345, Absatz eins, Ziffer 6,, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Fragenrüge (Ziffer 6,) behauptet unter Berufung auf die Altersangaben des Beschwerdeführers und unter Hinweis auf Schwierigkeiten einer fundierten Altersfeststellung, es hätte eine uneigentliche Zusatzfrage gemäß Paragraph 316, StPO oder eine Eventualfrage gemäß Paragraph 314, StPO in Richtung einer „Anwendbarkeit des Jugendgerichtsgesetzes" gestellt werden müssen. Dabei orientiert sich die Beschwerde nicht an den genau zwischen Subsumtions- und Sanktionsfrage differenzierenden Vorschriften über das geschworenengerichtliche Verfahren. Die Stellung einer Eventualfrage (Paragraph 314, StPO) zu einer Hauptfrage setzt voraus, dass rechtlich verschiedene Unterstellungen der Tat aktuell sind, von denen die in der Hauptfrage zum Ausdruck gekommene die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (Schindler, WK-StPO Paragraph 314, Rz 6).
Eine uneigentliche Zusatzfrage (§ 316 StPO) wiederum behält den Geschworenen die tatsächliche Lösung der Frage vor, ob „im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungs- oder Mildungsgründe die Anwendung eines anderen Strafsatzes" bedingen und spricht damit unbestritten die rechtliche Kategorie einer „strafbaren Handlung" an (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 25, 666; 14 Os 80/04).Eine uneigentliche Zusatzfrage (Paragraph 316, StPO) wiederum behält den Geschworenen die tatsächliche Lösung der Frage vor, ob „im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungs- oder Mildungsgründe die Anwendung eines anderen Strafsatzes" bedingen und spricht damit unbestritten die rechtliche Kategorie einer „strafbaren Handlung" an (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 25, 666; 14 Os 80/04).
Ob die Voraussetzungen für die Änderung des anzuwendenden Strafsatzes durch § 5 Z 2 bis 5 JGG wegen Tatbegehung als Jugendlicher (§ 1 Z 2 JGG) vorliegen, ist hingegen nicht von den Geschworenen allein, sondern bei der Beratung über die Strafe vom Schwurgerichtshof gemeinsam mit den Geschworenen zu entscheiden (§ 338 StPO) und im Urteil zu begründen (vgl RIS-Justiz RS0119249). Dieser Vorgabe entsprechend hat das Geschworenengericht die Feststellung getroffen, dass der Angeklagte zu den Tatzeiten älter als 18, aber nicht älter als 21 Jahre war, und diesen Ausspruch auf das gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten gegründet (US 6).Ob die Voraussetzungen für die Änderung des anzuwendenden Strafsatzes durch Paragraph 5, Ziffer 2 bis 5 JGG wegen Tatbegehung als Jugendlicher (Paragraph eins, Ziffer 2, JGG) vorliegen, ist hingegen nicht von den Geschworenen allein, sondern bei der Beratung über die Strafe vom Schwurgerichtshof gemeinsam mit den Geschworenen zu entscheiden (Paragraph 338, StPO) und im Urteil zu begründen vergleiche RIS-Justiz RS0119249). Dieser Vorgabe entsprechend hat das Geschworenengericht die Feststellung getroffen, dass der Angeklagte zu den Tatzeiten älter als 18, aber nicht älter als 21 Jahre war, und diesen Ausspruch auf das gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten gegründet (US 6).
Die Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert das Fehlen einer Rechtsbelehrung „hinsichtlich des Alters des Angeklagten und der unter Umständen notwendigen Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes". Die Beschwerde orientiert sich wiederum nicht am Gesetz, bezeichnet sie doch keinen der in § 321 Abs 2 StPO angeführten Punkte, die notwendiger Inhalt einer Rechtsbelehrung sind.Die Instruktionsrüge (Ziffer 8,) kritisiert das Fehlen einer Rechtsbelehrung „hinsichtlich des Alters des Angeklagten und der unter Umständen notwendigen Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes". Die Beschwerde orientiert sich wiederum nicht am Gesetz, bezeichnet sie doch keinen der in Paragraph 321, Absatz 2, StPO angeführten Punkte, die notwendiger Inhalt einer Rechtsbelehrung sind.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit der Behauptung, die „Absichtlichkeit der Zufügung der Verletzung" sei „im gesamten Beweisverfahren nicht hervorgekommen" und „keinesfalls erweislich", keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Beschwerde verkennt dabei das Wesen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO), welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen (13 Os 16/00). Aufgrund der Angaben der Zeugen zum äußeren Tatgeschehen, welche den Schluss auf die innere Tatseite zulassen (vgl 11 Os 120/02), begegnet die bekämpfte Konstatierung keinen Bedenken.Die Tatsachenrüge (Ziffer 10 a,) vermag mit der Behauptung, die „Absichtlichkeit der Zufügung der Verletzung" sei „im gesamten Beweisverfahren nicht hervorgekommen" und „keinesfalls erweislich", keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Beschwerde verkennt dabei das Wesen der freien Beweiswürdigung (Paragraph 258, Absatz 2, StPO), welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen (13 Os 16/00). Aufgrund der Angaben der Zeugen zum äußeren Tatgeschehen, welche den Schluss auf die innere Tatseite zulassen vergleiche 11 Os 120/02), begegnet die bekämpfte Konstatierung keinen Bedenken.
Schließlich vernachlässigt das gegen den Wahrspruch wegen Raubes gerichtete Beschwerdevorbringen, dem zufolge einzelnen Beweisergebnissen kein den Angeklagten belastender Wert zukomme, sämtliche weiteren den Schuldspruch stützenden Verfahrensergebnisse, sodass auch in diesem Punkt keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Wahrspruchs bestehen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.Schließlich vernachlässigt das gegen den Wahrspruch wegen Raubes gerichtete Beschwerdevorbringen, dem zufolge einzelnen Beweisergebnissen kein den Angeklagten belastender Wert zukomme, sämtliche weiteren den Schuldspruch stützenden Verfahrensergebnisse, sodass auch in diesem Punkt keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Wahrspruchs bestehen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraphen 285 d, Absatz eins,, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (Paragraphen 285 i,, 344, 498 Absatz 3, StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.
Anmerkung
E83142 15Os1.07xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0150OS00001.07X.0122.000Dokumentnummer
JJT_20070122_OGH0002_0150OS00001_07X0000_000