TE OGH 2007/1/31 8Ob138/06m

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Veröffentlicht am 31.01.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Amiel A***** Y*****, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Julia M*****, vertreten durch Mag. Hermann Fröschl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einräumung des Eigentumsrechtes (Streitwert 181.682,09 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. Juli 2006, GZ 15 R 96/06g-31, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Februar 2006, GZ 56 Cg 179/04m-27, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 2.147,24 EUR (darin enthalten 357,87 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist grundbücherliche Miteigentümerin von insgesamt 132/1094 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Grundstücksadresse *****. Mit diesen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an Lager 2, Wohnung 3 und Wohnung 7 untrennbar verbunden.

Die Beklagte hält diese Anteile als Treuhänderin ihres Bruders Juri M***** (in der Folge immer: Treugeber), der über diese Anteile wirtschaftlich verfügt. So unterschrieb die Beklagte auch in der Vergangenheit die die Liegenschaftsanteile betreffenden Verträge bloß dann, wenn sie vom Treugeber dazu aufgefordert wurde. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Einverleibung des bücherlichen Eigentumsrechtes an den genannten Liegenschaftsanteilen. Die Beklagte fungiere als verdeckte Treuhänderin. Der Treugeber sei wahrer Eigentümer. Schon bei einem früheren Liegenschaftserwerb habe der Treugeber aufgrund einer Vollmacht der Beklagten für die Beklagte gehandelt.

Der Kläger habe mit dem Treugeber Kaufvertragsverhandlungen über die Liegenschaftsanteile aufgenommen. Er habe sich mit dem Treugeber geeinigt, dass die Beklagte dem Kläger die Anteile um einen Kaufpreis von 2,5 Mio S (181.682,09 EUR) lastenfrei, bestandfrei und frei von sonstigen Rechten Dritter verkaufe und der Treugeber die Vorbereitung einer grundbücherlichen Kaufurkunde, die die Beklagte als grundbücherliche Eigentümerin beglaubigt unterschreiben sollte, organisieren werde. Vereinbarungsgemäß habe der Treugeber seinen Rechtsanwalt zu beauftragen, den Kaufvertrag zu verfassen. Der Kläger habe an den Treugeber auf den Kaufpreis eine Teilzahlung von 1,2 Mio S bar geleistet. Der Restkaufpreis von 1,3 Mio S sollte vereinbarungsgemäß gegen den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung einer Kaufpreisfinanzierung für ein anderes Haus verrechnet werden. Der Kläger habe somit den gesamten Kaufpreis bezahlt. Trotz der Einigung verweigerten der Treugeber und die Beklagte, die sich an die Weisungen des Treugebers halte, ihre Mitwirkung zur grundbücherlichen Durchführung des geschlossenen und vom Kläger erfüllten Vertrages. Alle Absprachen, die der Kläger mit dem Treugeber über die Liegenschaftsanteile getroffen habe, würden die Beklagte binden. Die Beklagte wendet ein, ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Treugeber sei nicht zustande gekommen. Die Beklagte treffe keine Verpflichtung zur Übertragung der Liegenschaftsanteile. Sie sei durch ihren Bruder zu keinem Zeitpunkt angewiesen und beauftragt worden, in einen Kaufvertrag in grundbuchsfähiger Form einzuwilligen bzw diesen zu unterfertigen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Über den eingangs festgestellten Sachverhalt traf das Erstgericht die Feststellung, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Treugeber mit einem Verkauf der Liegenschaftsanteile an den Kläger einverstanden gewesen sei. Der Treugeber habe entsprechende Anbote des Klägers mehrfach abgelehnt.

Rechtlich gelangte das Erstgericht zur Beurteilung, dass mangels einer nachgewiesenen Einigung zwischen dem Kläger und dem Treugeber keine Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung der Liegenschaftsanteile bestehe.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige (dreifacher Einheitswert). Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Passivlegitimation des Treuhänders hinsichtlich vom Treugeber bezüglich des Treugutes geschlossener Verpflichtungsgeschäfte fehle. Das Berufungsgericht übernahm die vom Kläger bekämpfte Feststellung, dass eine Einigung zwischen ihm und dem Treugeber über den Kauf der Liegenschaftsanteile zustande gekommen sei, ausdrücklich wegen Irrelevanz nicht. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass bei der fiduziarischen Treuhand der Treuhänder Rechte als Eigenrechte mit der Bestimmung empfange, sie nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse zu gebrauchen. Im Innenverhältnis sei das Treuhandgeschäft ein aus Leistung (zB Übereignung) und Zwecksetzung zusammengesetztes Rechtsgeschäft, dessen Eigentümlichkeit darin bestehe, dass der Empfänger durch Zwecksetzungsvertrag (Treuhandvertrag) verpflichtet werde, über das Empfangene nur in bestimmter Richtung zu verfügen. Eine schiedsrichterliche Funktion komme dem Treuhänder bei Interessenkonflikten nicht zu. Er habe sich gemäß dem Treuhandvertrag zu verhalten. Daraus ergebe sich, dass bei der vom Kläger behaupteten einseitigen fremdnützigen Treuhand die Beklagte ausschließlich zur Wahrung der Interessen ihres Bruders als des Treugebers verpflichtet sei und sich an dessen Weisungen zu halten habe. Aus der vom Kläger behaupteten schuldrechtlichen Beziehung zum Treugeber leite sich kein unmittelbarer Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten ab. Es bestehe zwischen den Streitteilen weder eine vertragliche Beziehung als Rechtstitel für die begehrte Übereignung noch könne sich der Kläger auf einen dinglichen Herausgabeanspruch berufen. Dass der Treugeber seinen Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten an den Kläger abgetreten habe, habe der Kläger nicht behauptet. Grundlage des Klagebegehrens sei vielmehr ausschließlich die behauptete Verpflichtung des Treugebers gegenüber dem Kläger, die Errichtung der Kaufvertragsurkunde und deren Unterfertigung durch die Beklagte zu „organisieren". Es erübrige sich daher eine Prüfung, ob ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Treugeber überhaupt zustande gekommen sei. Die Beklagte sei vielmehr für allfällige Ansprüche des Klägers aus einem allenfalls zwischen dem Kläger und dem Treugeber geschlossenen Kaufvertrag nicht legitimiert.

Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass der Bruder der Beklagten Treugeber und die Beklagte Treuhänderin in Ansehung jener Liegenschaftsanteile ist, auf die sich das Einverleibungsbegehren des Klägers bezieht. Der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkter Verfügungsberechtigter, jedoch im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers (oder eines dritten Begünstigten) auszuüben. Das zu treuen Handen übertragene Recht scheidet zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus (Apathy in Schwimann ABGB³ IV, § 1002 Rz 11; 1 Ob 147/00z je mwN). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein unmittelbarer Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übereignung der Liegenschaftsanteile, die der Treugeber nach den Behauptungen des Klägers an den Kläger verkaufte, nur in Betracht käme, wenn entweder ein schuldrechtlicher Rechtstitel des Klägers gegenüber der Beklagten auf Herausgabe der Liegenschaftsanteile bestünde oder wenn der Treugeber seinen ihm gegen die Beklagte zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Treuhandgutes an den Kläger abgetreten hätte. Ein Vorbringen in diese Richtung hat jedoch der Kläger nicht erstattet: Er hat sich lediglich darauf bezogen, dass er mit dem Treugeber persönlich einen Kaufvertrag geschlossen habe und der Treugeber die - in der Folge nicht eingehaltene - Verpflichtung übernommen habe, die Vorbereitung einer grundbücherlichen Kaufurkunde, welche die Beklagte als grundbücherliche Eigentümerin beglaubigt zu unterschreiben habe, zu „organisieren". Darauf, dass der Treugeber dem Kläger seinen Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten abgetreten habe, hat sich der Kläger nicht berufen. Insoweit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall grundlegend von den in der Revision zitierten Entscheidungen: In 8 Ob 565/87 (= SZ 61/153) wurde erkannt, dass der beklagte Treuhänder das Treugut auf Weisung des Treugebers herauszugeben hat. Eine entsprechende Weisung des Treugebers fehlt jedoch hier gerade.Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass der Bruder der Beklagten Treugeber und die Beklagte Treuhänderin in Ansehung jener Liegenschaftsanteile ist, auf die sich das Einverleibungsbegehren des Klägers bezieht. Der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkter Verfügungsberechtigter, jedoch im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers (oder eines dritten Begünstigten) auszuüben. Das zu treuen Handen übertragene Recht scheidet zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus (Apathy in Schwimann ABGB³ römisch IV, Paragraph 1002, Rz 11; 1 Ob 147/00z je mwN). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein unmittelbarer Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übereignung der Liegenschaftsanteile, die der Treugeber nach den Behauptungen des Klägers an den Kläger verkaufte, nur in Betracht käme, wenn entweder ein schuldrechtlicher Rechtstitel des Klägers gegenüber der Beklagten auf Herausgabe der Liegenschaftsanteile bestünde oder wenn der Treugeber seinen ihm gegen die Beklagte zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Treuhandgutes an den Kläger abgetreten hätte. Ein Vorbringen in diese Richtung hat jedoch der Kläger nicht erstattet: Er hat sich lediglich darauf bezogen, dass er mit dem Treugeber persönlich einen Kaufvertrag geschlossen habe und der Treugeber die - in der Folge nicht eingehaltene - Verpflichtung übernommen habe, die Vorbereitung einer grundbücherlichen Kaufurkunde, welche die Beklagte als grundbücherliche Eigentümerin beglaubigt zu unterschreiben habe, zu „organisieren". Darauf, dass der Treugeber dem Kläger seinen Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten abgetreten habe, hat sich der Kläger nicht berufen. Insoweit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall grundlegend von den in der Revision zitierten Entscheidungen: In 8 Ob 565/87 (= SZ 61/153) wurde erkannt, dass der beklagte Treuhänder das Treugut auf Weisung des Treugebers herauszugeben hat. Eine entsprechende Weisung des Treugebers fehlt jedoch hier gerade.

Der Entscheidung 8 Ob 587/93 ist nur zu entnehmen, dass der Anspruch aus oder um das Treugut gegenüber Dritten durch den Treuhänder geltend zu machen ist, weil der Treuhänder im eigenen Namen, aber für Rechnung und Risiko des Treugebers handelt und ihm das volle Recht übertragen wird. Im vorliegenden Fall fehlt es aber gerade an einem Handeln der Beklagten als Treuhänderin im eigenen Namen. Vielmehr schloss nach den Behauptungen des Klägers der Treugeber selbst den Kaufvertrag mit dem Kläger, ohne dass die Beklagte in die behauptete schuldrechtliche Vereinbarung eingebunden gewesen wäre. Die Entscheidung 8 Ob 86/99a behandelt die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Treuhänders (bzw seiner Erben) bei Beendigung des Treuhandverhältnisses gegenüber dem Treugeber.

In der Entscheidung 1 Ob 147/00z schließlich wurde zwar der Geschenknehmer einer Liegenschaft für berechtigt erkannt, vom Treuhänder des Geschenkgebers die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der geschenkten Liegenschaft zu begehren. Wesentliche Begründung dafür war allerdings, dass im konkreten Fall der Treugeber dem Geschenknehmer sein Recht im Wege der Zession übertrug. Eine solche Abtretung des Herausgabeanspruchs des Treugebers gegenüber dem Treuhänder fehlt hier jedoch.

Zutreffend hat somit das Berufungsgericht die Passivlegitimation der Beklagten verneint. Aus diesem Grund ist daher - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannte - nicht relevant, ob der Kläger mit dem Treugeber überhaupt einen wirksamen Kaufvertrag schloss.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E834038Ob138.06m

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inÖJZ-LS 2007/35 = Zak 2007/268 S 153 - Zak 2007,153 = MietSlg 59.112XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0080OB00138.06M.0131.000

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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