TE OGH 2007/2/7 2Ob234/05h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2007
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopoldine K*****, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen EUR 6.672 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 28. April 2005, GZ 21 R 128/05i-30, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 17. Februar 2005, GZ 6 C 2110/03h-26, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Vierkanthofes, dessen unter dem Wirtschaftsgebäude befindlicher Ziegelgewölbekeller am 31. 7. 2002 durch den bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten, den Strohstadl befahrenden Traktor zum Einsturz gebracht wurde. Die Ziegelfestigkeit des 100 Jahre alten Gewölbes war als mittelmäßig bis gut einzustufen. An jenem Gewölbeteil, der im Zuge des Schadensereignisses nicht einstürzte, bestanden keine Schäden wie Verformungen oder Brüche. Die technische Lebensdauer der Gewölbedecke war mit 200 Jahren anzunehmen. Die erforderliche Neuerrichtung des Gewölbes kostet EUR 15.342. Das neue Gewölbe hätte eine technische Lebensdauer von 200 bis 300 Jahren.

Ausschließlich strittig ist der Abzug „neu für alt", den das Erstgericht entsprechend der Restlebensdauer des alten Gewölbes im Verhältnis zur Lebensdauer des neuen Gewölbes im Ausmaß von 64 % für berechtigt hielt.

Hingegen verneinte das Berufungsgericht eine dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechende Bereicherung der geschädigten Klägerin bei Neuerrichtung eines 100-jährigen Kellergewölbes, das der „bereits betagten" Klägerin mit Sicherheit bis an ihr Lebensende im gleichen Ausmaß wie ein neuerrichtetes gedient hätte, und nahm keinen Abzug vor. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit der fehlenden Behandlung eines vergleichbaren Sachverhaltes in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und einer uneinheitlichen Rechtsprechung zur Berechtigung des Abzugs „neu für alt".

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

1. Die geltend gemachte Nichtigkeit/Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht ist entgegen dem in der Revision erhobenen Vorwurf nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen; die Ausführungen der zweiten Instanz über die Brauchbarkeit des neuen Gewölbes stellen Überlegungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung dar, ob die festgestellte Lebensdauer eines neuen Gewölbes eine Bereicherung der Klägerin bedeute.

2. Der Abzug „neu für alt" setzt eine dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken (RIS-Justiz RS0022586; RS0023471) widersprechende Bereicherung des Geschädigten voraus; seine Anwendung ist gerechtfertigt, wenn die neu hergestellte Sache dem Beschädigten mit Sicherheit eine längere Brauchbarkeit bietet als die beschädigte, gebrauchte Sache noch geboten hätte (RIS-Justiz RS0030246; 2 Ob

159/98s; 2 Ob 56/83 = SZ 56/54 = JBl 1984, 491; 3 Ob 165/04t; vgl 10159/98s; 2 Ob 56/83 = SZ 56/54 = JBl 1984, 491; 3 Ob 165/04t; vergleiche 10

Ob 31/00g = RdW 2001, 590 = bbl 2001, 155 = ecolex 2001/211). Bei der Neuerrichtung eines beschädigten Gebäudes (hier Gebäudeteils) kommt zwar in der Regel ein objektiver Vorteil des Geschädigten (vgl 10 Ob 31/00g) wegen der längeren Lebensdauer und der Ersparnis von Aufwendungen in Frage (4 Ob 98/01t: Neuaufbau einer in schlechtem Zustand gewesenen Almhütte mit einer Restnutzungsdauer von 15 Jahren; 8 Ob 40/86 = JBl 1987, 325: Neuerrichtung einer Brücke mit einer um 32 Jahre längeren Lebensdauer). Im Unterschied zu den eben zitierten beiden Fällen, in denen der Abzug „neu für alt" für gerechtfertigt erachtet wurde, liegt hier ein wirtschaftlicher Vorteil für die Klägerin nicht auf der Hand: Das beschädigte Bauwerk war ungeachtet seines Alters in einem relativ guten Erhaltungszustand und hätte einer Nutzung über einen Zeitraum von weiteren 100 Jahren stand gehalten. Aufgrund des Erhaltungszustandes wären offenbar besondere Reparaturmaßnahmen nicht zu erwarten gewesen, weshalb sich auch die Annahme einer Ersparnis bezogen auf die der Klägerin als Eigentümerin zu Last fallenden Aufwendungen nicht aufdrängt. Der Vergleich zwischen der Restlebensdauer des alten Bauwerks und jener des neuen Gewölbes erreicht auch andere Dimensionen als in dem „Brückenfall" (8 Ob 40/86). Eine Wertsteigerung des gesamten Vierkanthofes durch Erneuerung der Gewölbedecke als unselbständigen Bestandteils (vgl RIS-Justiz RS0009909 [T10]; Spielbüchler in Rummel3, § 294 ABGB Rz 7) steht nicht fest, was zu Lasten der in diesem Punkt behauptungs- und beweispflichtigen (RIS-Justiz RS0036710) Schädigerin geht. Die Beurteilung, ob ein Abzug „neu für alt" entsprechend einer verhältnismäßigen Abnützungsquote gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach den konkreten Besonderheiten des Einzelfalls, was die teils unterschiedlichen Ergebnisse in der vom Berufungsgericht ausführlich dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erklärt. Das Fehlen einer Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt kann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht begründen, weil andernfalls die ordentliche Revision im Zulassungsbereich nahezu immer zulässig wäre (RIS-Justiz RS0102181; RS0110702). Aus diesen Erwägungen war die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.Ob 31/00g = RdW 2001, 590 = bbl 2001, 155 = ecolex 2001/211). Bei der Neuerrichtung eines beschädigten Gebäudes (hier Gebäudeteils) kommt zwar in der Regel ein objektiver Vorteil des Geschädigten vergleiche 10 Ob 31/00g) wegen der längeren Lebensdauer und der Ersparnis von Aufwendungen in Frage (4 Ob 98/01t: Neuaufbau einer in schlechtem Zustand gewesenen Almhütte mit einer Restnutzungsdauer von 15 Jahren; 8 Ob 40/86 = JBl 1987, 325: Neuerrichtung einer Brücke mit einer um 32 Jahre längeren Lebensdauer). Im Unterschied zu den eben zitierten beiden Fällen, in denen der Abzug „neu für alt" für gerechtfertigt erachtet wurde, liegt hier ein wirtschaftlicher Vorteil für die Klägerin nicht auf der Hand: Das beschädigte Bauwerk war ungeachtet seines Alters in einem relativ guten Erhaltungszustand und hätte einer Nutzung über einen Zeitraum von weiteren 100 Jahren stand gehalten. Aufgrund des Erhaltungszustandes wären offenbar besondere Reparaturmaßnahmen nicht zu erwarten gewesen, weshalb sich auch die Annahme einer Ersparnis bezogen auf die der Klägerin als Eigentümerin zu Last fallenden Aufwendungen nicht aufdrängt. Der Vergleich zwischen der Restlebensdauer des alten Bauwerks und jener des neuen Gewölbes erreicht auch andere Dimensionen als in dem „Brückenfall" (8 Ob 40/86). Eine Wertsteigerung des gesamten Vierkanthofes durch Erneuerung der Gewölbedecke als unselbständigen Bestandteils vergleiche RIS-Justiz RS0009909 [T10]; Spielbüchler in Rummel3, Paragraph 294, ABGB Rz 7) steht nicht fest, was zu Lasten der in diesem Punkt behauptungs- und beweispflichtigen (RIS-Justiz RS0036710) Schädigerin geht. Die Beurteilung, ob ein Abzug „neu für alt" entsprechend einer verhältnismäßigen Abnützungsquote gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach den konkreten Besonderheiten des Einzelfalls, was die teils unterschiedlichen Ergebnisse in der vom Berufungsgericht ausführlich dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erklärt. Das Fehlen einer Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt kann eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht begründen, weil andernfalls die ordentliche Revision im Zulassungsbereich nahezu immer zulässig wäre (RIS-Justiz RS0102181; RS0110702). Aus diesen Erwägungen war die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Anmerkung

E831982Ob234.05h

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inecolex 2007/143 S 346 - ecolex 2007,346 = ZVR 2007/209 S 334 - ZVR2007,334 = ZVR 2008/54 S 128 (Danzl, tabellarische Übersicht) - ZVR2008,128 (Danzl, tabellarische Übersicht)XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00234.05H.0207.000

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten