TE OGH 2007/2/7 2Ob117/05b

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Veröffentlicht am 07.02.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der klagenden Partei Marietta J*****, vertreten durch Dr. Christian Obrist, Rechtsanwalt in Zell am See, wider die beklagten Parteien 1. Elisabeth S*****, 2. G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Brüggl & Harasser OEG in Kitzbühel, wegen EUR 8.986,18 sA über die Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Parteien (Revisionsinteresse der klagenden Partei EUR 2.995,39, Revisionsinteresse der beklagten Parteien EUR 5.990,78) gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2004, GZ 4 R 493/04k-20, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 12. Juli 2004, GZ 4 C 1449/03p-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortungen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung ordentlicher Revisionen wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). Entgegen dem nachträglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Aufgrund der festgestellten Örtlichkeiten hat das Berufungsgericht im Einzelfall vertretbar ausgeführt, dass in Fahrtrichtung der beteiligten Lenker der natürliche Verlauf der Straße in den Linksbogen der Pillersee Landesstraße (L 2) in der beabsichtigten Fahrtrichtung der Klägerin führt. Somit hat die Erstbeklagte, die in die Strubstraße einbog, nicht nur faktisch (bedingt durch die von rechts hereinragende Gehsteigvorziehung), sondern auch rechtlich gemäß § 11 StVO die Fahrtrichtung geändert. Dass die Erstbeklagte dabei nicht das Vorbeifahren der Klägerin im natürlichen Verlauf der Pillersee Landesstraße abgewartet hat, begründet ein Verschulden. Zutreffend hat das Berufungsgericht den ursprünglich von der Klägerin benützten rechten Fahrbahnstreifen, der durch eine unterbrochene weiße Linie parallel zum Fahrbahnrand vom Rest der Fahrbahn abgegrenzt war, nicht als Mehrzweckstreifen qualifiziert. Gemäß § 2 Abs 1 Z 7a StVO ist ein Mehrzweckstreifen ein Radfahrstreifen, der jedoch gemäß § 2 Abs 1 Z 7 StVO nur dann vorliegt, wenn der Verlauf durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen und das Ende durch die Schriftzeichenmarkierung „Ende" angezeigt wird (in diesem Sinn auch Stolzlechner, Hauptpunkte der 19. StVO-Novelle, ZVR 1994, 353 [354]; vgl Robatsch, Radverkehr auf Mehrzweckstreifen, ZVR 1998, 207 [209]). Daran mangelte es an der Unfallstelle. Da dieser Streifen auch kein Radweg (§ 2 Abs 1 Z 8 StVO), kein Geh- und Radweg (§ 2 Abs 1 Z 11a StVO) und keine Radfahrerüberfahrt (§ 2 Abs 1 Z 12a StVO), und somit keine Radfahranlage gemäß § 2 Abs 1 Z 11b StVO ist, fällt der Klägerin beim Verlassen dieses Streifens keine Vorrangverletzung gemäß § 19 Abs 6a StVO zur Last.Die Zurückweisung ordentlicher Revisionen wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO). Entgegen dem nachträglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht vor. Aufgrund der festgestellten Örtlichkeiten hat das Berufungsgericht im Einzelfall vertretbar ausgeführt, dass in Fahrtrichtung der beteiligten Lenker der natürliche Verlauf der Straße in den Linksbogen der Pillersee Landesstraße (L 2) in der beabsichtigten Fahrtrichtung der Klägerin führt. Somit hat die Erstbeklagte, die in die Strubstraße einbog, nicht nur faktisch (bedingt durch die von rechts hereinragende Gehsteigvorziehung), sondern auch rechtlich gemäß Paragraph 11, StVO die Fahrtrichtung geändert. Dass die Erstbeklagte dabei nicht das Vorbeifahren der Klägerin im natürlichen Verlauf der Pillersee Landesstraße abgewartet hat, begründet ein Verschulden. Zutreffend hat das Berufungsgericht den ursprünglich von der Klägerin benützten rechten Fahrbahnstreifen, der durch eine unterbrochene weiße Linie parallel zum Fahrbahnrand vom Rest der Fahrbahn abgegrenzt war, nicht als Mehrzweckstreifen qualifiziert. Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 7 a, StVO ist ein Mehrzweckstreifen ein Radfahrstreifen, der jedoch gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 7, StVO nur dann vorliegt, wenn der Verlauf durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen und das Ende durch die Schriftzeichenmarkierung „Ende" angezeigt wird (in diesem Sinn auch Stolzlechner, Hauptpunkte der 19. StVO-Novelle, ZVR 1994, 353 [354]; vergleiche Robatsch, Radverkehr auf Mehrzweckstreifen, ZVR 1998, 207 [209]). Daran mangelte es an der Unfallstelle. Da dieser Streifen auch kein Radweg (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 8, StVO), kein Geh- und Radweg (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11 a, StVO) und keine Radfahrerüberfahrt (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 12 a, StVO), und somit keine Radfahranlage gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11 b, StVO ist, fällt der Klägerin beim Verlassen dieses Streifens keine Vorrangverletzung gemäß Paragraph 19, Absatz 6 a, StVO zur Last.

Die Bodenmarkierung, die die Klägerin überfahren hat, ist eine Längsmarkierung gemäß § 55 Abs 3 StVO. Weder Leit- noch Ordnungslinien noch Begrenzungslinien gemäß § 55 Abs 3 StVO haben einen Gebots- oder Verbotscharakter. Die Ordnungslinie kann auf den Vorrang und die sich aus diesem ergebende Wartepflicht keinen Einfluss haben (8 Ob 153/82 = ZVR 1983/209). Auch eine Leitlinie bedeutet kein Gebot oder Verbot (Pürstl/Somereder, StVO11 § 55 Anm 1 und E 7).Die Bodenmarkierung, die die Klägerin überfahren hat, ist eine Längsmarkierung gemäß Paragraph 55, Absatz 3, StVO. Weder Leit- noch Ordnungslinien noch Begrenzungslinien gemäß Paragraph 55, Absatz 3, StVO haben einen Gebots- oder Verbotscharakter. Die Ordnungslinie kann auf den Vorrang und die sich aus diesem ergebende Wartepflicht keinen Einfluss haben (8 Ob 153/82 = ZVR 1983/209). Auch eine Leitlinie bedeutet kein Gebot oder Verbot (Pürstl/Somereder, StVO11 Paragraph 55, Anmerkung 1 und E 7).

Ohne auffallende Fehlbeurteilung des Einzelfalls hat das Berufungsgericht schließlich ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Kreuzung bei Überfahren der beschriebenen Längsmarkierung zur Vermeidung einer unklaren Verkehrslage zur Vorsicht verpflichtet gewesen wäre. Sie hätte auf den Nachfolgeverkehr achten oder durch ein entsprechendes Handzeichen dem Nachfolgeverkehr die von ihr beabsichtigte Fahrtrichtung andeuten müssen.

Auch in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Verschuldensteilung von 2 : 1 zugunsten der Klägerin ist keine auffallende Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre, zu erblicken.

Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO (RIS-Justiz RS0117737).Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 393, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 2, ZPO (RIS-Justiz RS0117737).

Anmerkung

E831612Ob117.05b

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inVeith, ZVR 2009/48 S 112 (Rechtsprechungsübersicht) - Veith, ZVR2009,112 (Rechtsprechungsübersicht)XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00117.05B.0207.000

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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