TE OGH 2007/2/14 7Rs10/07b

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Veröffentlicht am 14.02.2007
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Kopf

Im Namen der Republik

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger als Vorsitzenden, die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Stürzenbecher-Vouk und Mag. Weixelbraun sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christoph Ruis (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Reinhard Altenhof (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj. J***** S*****, geboren *****, vertreten durch deren Mutter I***** S***** als gesetzliche Vertreterin, beide wohnhaft ***** Wien, O***** D*****, vertreten durch Dr. Günther Flemmich, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, wider die beklagte Partei Magistrat der Stadt Wien, MA 15, 1150 Wien, Camillo-Sitte Gasse 6-8/6, vertreten durch Maga. A***** W*****, MSc., ebendort, wegen Pflegegeld, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12.9.2006, 32 Cgs 220/05k-12, gemäß §§ 2 ASGG, 492 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger als Vorsitzenden, die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Stürzenbecher-Vouk und Mag. Weixelbraun sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christoph Ruis (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Reinhard Altenhof (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj. J***** S*****, geboren *****, vertreten durch deren Mutter I***** S***** als gesetzliche Vertreterin, beide wohnhaft ***** Wien, O***** D*****, vertreten durch Dr. Günther Flemmich, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, wider die beklagte Partei Magistrat der Stadt Wien, MA 15, 1150 Wien, Camillo-Sitte Gasse 6-8/6, vertreten durch Maga. A***** W*****, MSc., ebendort, wegen Pflegegeld, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12.9.2006, 32 Cgs 220/05k-12, gemäß Paragraphen 2, ASGG, 492 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, der Klägerin Pflegegeld der Stufe 5 ab 1.8.2005 in Höhe von EUR 859,30 abzüglich des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder unter Anrechnung der aufgrund des Bescheides vom 5.10.2005 bereits geleisteten Zahlungen zu gewähren, und wies das auf Zuerkennung eines Pflegegeldes ab 12.7.2005 im gesetzlichen Ausmaß, mindestens jedoch der Stufe 6, gerichtete Begehren ab.

Es ging dabei von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Die Klägerin leidet unter dem Angelman-Syndrom (siehe Seiten 4, 5 dieses Urteiles) mit dem Bild eines schweren psychomentalen und mäßiggradig motorischen Entwicklungsstandes. Sie ist nicht in der Lage, sich sprachlich zu äußern. Das rezeptive Sprachverständnis ist deutlich gestört. Die Klägerin leidet an einer hochgradigen psychomotorischen Unruhe mit der mangelnden Fähigkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit auch nur über einen geringen Zeitraum hinweg konsequent zu halten. Sie benötigt - im einzelnen festgestellte - Betreuung und Hilfe mit einem Aufwand von 188 Stunden pro Monat. Die ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson während des Tages und die dauernde Bereitschaft in der Nacht sind erforderlich. Die regelmäßig zu verrichtenden Betreuungsmaßnahmen sind nicht unkoordinierbar. Wenn die Klägerin erbricht, ist rasches Einschreiten notwendig, dies ist aber nicht regelmäßig der Fall. In der Nacht genügt die Rufbereitschaft über das Babyfon, man muss sich nicht unbedingt im unmittelbaren Wohnbereich aufhalten, um sogleich innerhalb von 1 bis 2 Minuten einschreiten zu können, es genügt ein Aufenthalt in einiger Entfernung. Erstickungsanfälle als Folge von Erbrechen kommen nicht regelmäßig oder oft vor, es ist über das Babyfon zu erkennen, ob ein Erstickungsanfall vorliegt oder ein reiner Brechreiz.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, die Voraussetzung für die Gewährung von Stufe 6 nach § 4 Abs 2 Z 1 Wiener Pflegegeldgesetz, nämlich das Erfordernis zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen, welche regelmäßig während des Tages und in der Nacht zu erbringen seien, sei jedenfalls nicht gegeben. Nach Z 2 leg cit sei die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht notwendig. Die Anwesenheit einer Pflegeperson bedeute zwar nicht eine Sitzwache neben dem Bett, darunter sei aber die weitgehende permanente Anwesenheit im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebdürftigen zu verstehen. Von den Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 5 unterscheide sich diese Voraussetzung durch die Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen einer Pflegeperson. Ein unmittelbares Einschreiten innerhalb von 1 bis 2 Minuten sei aber nicht regelmäßig erforderlich. Nur wenn Erstickungsanfälle im Rahmen von Erbrechen aufträten, sei ein rasches Einschreiten notwendig, es sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht regelmäßig und oft erbreche und nicht auf jedes Erbrechen ein Erstickungsanfall folge. Eine dauernde Anwesenheit sei nur dann notwendig, wenn eine Gefahr der Eigen- oder Fremdgefährdung wahrscheinlich sei, die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reiche nicht aus. Auch in der Klage werde von der Mutter der Klägerin nur angeführt, dass bei leichter Verkühlung wegen Schleimbildung Erstickungsgefahr bestehe. Aus den Verfahrensergebnissen sei aber nicht abzuleiten, dass die Klägerin besonders verkühlungsanfällig sei. Eine Aufsicht wegen Erstickungsgefahr im Fall einer Verkühlung sei daher jedenfalls nicht regelmäßig zu leisten, sondern nur in den Zeiträumen, in denen eine solche vorliege. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegegeldstufe 6 seien daher nicht gegeben.In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, die Voraussetzung für die Gewährung von Stufe 6 nach Paragraph 4, Absatz 2, Ziffer eins, Wiener Pflegegeldgesetz, nämlich das Erfordernis zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen, welche regelmäßig während des Tages und in der Nacht zu erbringen seien, sei jedenfalls nicht gegeben. Nach Ziffer 2, leg cit sei die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht notwendig. Die Anwesenheit einer Pflegeperson bedeute zwar nicht eine Sitzwache neben dem Bett, darunter sei aber die weitgehende permanente Anwesenheit im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebdürftigen zu verstehen. Von den Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 5 unterscheide sich diese Voraussetzung durch die Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen einer Pflegeperson. Ein unmittelbares Einschreiten innerhalb von 1 bis 2 Minuten sei aber nicht regelmäßig erforderlich. Nur wenn Erstickungsanfälle im Rahmen von Erbrechen aufträten, sei ein rasches Einschreiten notwendig, es sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht regelmäßig und oft erbreche und nicht auf jedes Erbrechen ein Erstickungsanfall folge. Eine dauernde Anwesenheit sei nur dann notwendig, wenn eine Gefahr der Eigen- oder Fremdgefährdung wahrscheinlich sei, die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reiche nicht aus. Auch in der Klage werde von der Mutter der Klägerin nur angeführt, dass bei leichter Verkühlung wegen Schleimbildung Erstickungsgefahr bestehe. Aus den Verfahrensergebnissen sei aber nicht abzuleiten, dass die Klägerin besonders verkühlungsanfällig sei. Eine Aufsicht wegen Erstickungsgefahr im Fall einer Verkühlung sei daher jedenfalls nicht regelmäßig zu leisten, sondern nur in den Zeiträumen, in denen eine solche vorliege. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegegeldstufe 6 seien daher nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es klagsstattgebend abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt (ON 13).

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 14). Die Berufung ist nicht berechtigt.

Zum Behinderungszustand der mj. Klägerin ist vorweg auszuführen:

Unter dem Angelmann-Syndrom versteht man einen neurologischen Gendefekt, der durch eine angeborene Intelligenzstörung, eine fehlende Sprachentwicklung und epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Die betroffenen Patienten haben außerdem eine gestörte psychomotorische Entwicklung. Unter Pschomotorik versteht man die Gestik, Haltung und Gang. Weitere Charakteristika sind unvermittelte Lachanfälle sowie eine deutliche Mikroenzephalie, also ein zu kleines Gehirn. Benannt wurde das Syndrom nach Dr. Harry Angelmann (1915-1996), einem zeitgenössischen britischen Kinderarzt. Es wird wegen der Symptomatik, vor allem im englischsprachigen Raum auch als Happy-Puppet-Syndrom bezeichnet (siehe auch Pschyrenibel, 258. Auflage, Seite 73), wobei weder Vorbeugung noch Behandlung möglich sind.

In ihrem Rechtsmittel führt die Berufungswerberin im Wesentlichen aus, eine regelmäßige unkoordinierte Betreuungsmaßnahme sei nicht erforderlich, jedoch während des Tages die ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson und in der Nacht die Rufbereitschaft über Babyfon. Da die Rufbereitschaft von Pflegepersonen nach der Judikatur des EuGH als Arbeitszeit gelte, sei davon auszugehen, dass für die Betreuung ein Vollarbeitszeitverhältnis auch nachts notwendig sei. Daraus folge, dass unter dauernder Anwesenheit in der Nacht auch eine Rufbereitschaft über Babyfon zu verstehen sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 4 Abs 2 WPGG besteht Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 6 für Personen, deren Pflegebedarf nach § 4 Abs 1 WPGG - wie hier - durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich beträgt, wennDem kann nicht gefolgt werden. Nach Paragraph 4, Absatz 2, WPGG besteht Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 6 für Personen, deren Pflegebedarf nach Paragraph 4, Absatz eins, WPGG - wie hier - durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich beträgt, wenn

1. zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen erforderlich sind und diese regelmäßig während des Tages und in der Nacht zu erbringen sind, oder

2. die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich ist, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist.

Nach § 7 EinstVO liegen zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen vor, wenn ein Pflegeplan wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung des pflegebedürftigen Menschen nicht eingehalten werden kann und die Betreuungsmaßnahme unverzüglich erbracht werden muss. Für die Einstufung in die Pflegegeldstufe 6 müssen die in § 4 Abs 2 Stufe 6 Z 1 WPGG genannten Betreuungsmaßnahmen regelmäßig während der Nachtstunden, dh nahezu jede Nacht, tatsächlich erbracht werden müssen (vgl etwa 10 ObS 108/02h zu den insofern gleichlautenden Bestimmungen des BPGG). Dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, wird von der Berufungswerberin nicht angezweifelt. Nach § 4 Abs 2 Stufe 6 Z 2 WPGG liegt - gleichlautend mit § 4 Abs 2 Stufe 6 Z 2 BPGG - weiters qualifizierter Pflegebedarf vor, wenn die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich ist, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist. Unter dauernder Anwesenheit ist die weitgehend permanente Anwesenheit einer Pflegeperson im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebedürftigen zu verstehen. Diese wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend ein Bedarf nach fremder Unterstützung auftritt. Diese Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen einer Pflegeperson stellt einen wesentlichen Unterschied zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 5 dar (vgl Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld, Rz 347). Ob ein solches Erfordernis im vorliegenden Fall gegeben ist, kann aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen nicht eindeutig beantwortet werden. Wenn die diesbezüglichen Feststellungen so zu verstehen sind, dass zur rechtzeitigen Behandlung von Erstickungsanfällen als Folge von Erbrechen das Einschreiten innerhalb von nur 1 bis 2 Minuten erforderlich ist, so sind wohl nur vernachlässigbare Möglichkeiten des Aufenthaltes außerhalb des „unmittelbaren Wohnbereiches, in einiger (größerer) Entfernung" denkbar. Nicht Anspruchsvoraussetzung ist - wie das Erstgericht zutreffend festhielt - die Notwendigkeit einer Sitzwache neben dem Bett (Greifeneder/Liebhart aaO), sondern nur die Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen (vgl 10 ObS 224/03v ua).Nach Paragraph 7, EinstVO liegen zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen vor, wenn ein Pflegeplan wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung des pflegebedürftigen Menschen nicht eingehalten werden kann und die Betreuungsmaßnahme unverzüglich erbracht werden muss. Für die Einstufung in die Pflegegeldstufe 6 müssen die in Paragraph 4, Absatz 2, Stufe 6 Ziffer eins, WPGG genannten Betreuungsmaßnahmen regelmäßig während der Nachtstunden, dh nahezu jede Nacht, tatsächlich erbracht werden müssen vergleiche etwa 10 ObS 108/02h zu den insofern gleichlautenden Bestimmungen des BPGG). Dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, wird von der Berufungswerberin nicht angezweifelt. Nach Paragraph 4, Absatz 2, Stufe 6 Ziffer 2, WPGG liegt - gleichlautend mit Paragraph 4, Absatz 2, Stufe 6 Ziffer 2, BPGG - weiters qualifizierter Pflegebedarf vor, wenn die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich ist, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist. Unter dauernder Anwesenheit ist die weitgehend permanente Anwesenheit einer Pflegeperson im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebedürftigen zu verstehen. Diese wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend ein Bedarf nach fremder Unterstützung auftritt. Diese Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen einer Pflegeperson stellt einen wesentlichen Unterschied zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 5 dar vergleiche Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld, Rz 347). Ob ein solches Erfordernis im vorliegenden Fall gegeben ist, kann aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen nicht eindeutig beantwortet werden. Wenn die diesbezüglichen Feststellungen so zu verstehen sind, dass zur rechtzeitigen Behandlung von Erstickungsanfällen als Folge von Erbrechen das Einschreiten innerhalb von nur 1 bis 2 Minuten erforderlich ist, so sind wohl nur vernachlässigbare Möglichkeiten des Aufenthaltes außerhalb des „unmittelbaren Wohnbereiches, in einiger (größerer) Entfernung" denkbar. Nicht Anspruchsvoraussetzung ist - wie das Erstgericht zutreffend festhielt - die Notwendigkeit einer Sitzwache neben dem Bett (Greifeneder/Liebhart aaO), sondern nur die Notwendigkeit nach einem unverzüglichen Eingreifen vergleiche 10 ObS 224/03v ua).

Diese Frage kann aber hier dahingestellt bleiben: Eine dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson findet bei der Einstufung nämlich nur dann Berücksichtigung, wenn eine Gefahr der Eigengefährdung oder Fremdgefährdung „wahrscheinlich" ist. Die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reicht noch nicht aus. Nicht einmal akute, aber nur selten auftretende Anfälle, Psychosen etc reichen aus, um einen - ständigen - Bedarf an Betreuung und Hilfe zu rechtfertigen (vgl Greifeneder/Liebhart aaO Rz 351 mwN; 10 ObS 43/04b). Im vorliegenden Fall muss die Klägerin nicht regelmäßig - im Sinn einer besonderen Häufigkeit - erbrechen. Die Feststellung, dass Erstickungsanfälle als Folge von Erbrechen nicht regelmäßig oder oft vorkommen, bedeutet, dass solche ein Einschreiten erfordernde Anfälle noch seltener als ein Erbrechen zu erwarten sind. Die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reicht aber zur Zuerkennung eines Pflegegeldes nach Stufe 6 nicht aus (vgl RIS-Justiz RS0107442 [T13, T14, T17]) das Erfordernis der ständigen Beaufsichtigung, kann nicht darauf aufgebaut werden, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass etwas passiert, gemeint dass etwas nur möglich ist - etwa dass wiederum ein Erstickungsanfall eintritt (vgl 10 ObS 210/02h). Dem Argument, dass für die Betreuung der Klägerin ein Vollarbeitszeitverhältis auch nachts notwendig sei, weil die Rufbereitschaft von Pflegepersonen als Arbeitszeit gelte, kann nicht gefolgt werden. Zweck des Pflegegeldes ist es gem § 1 BPGG in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen so weit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Darauf, ob für die Betreuung die Einstellung einer Vollarbeitskraft erforderlich ist oder die betreuende Tätigkeit, würde sie als Dienstleistung erbracht, als in einem Vollzeitarbeitsverhältnis erbracht zu qualifizieren wäre, stellt das Bundespflegegeldgesetz weder in seiner Zielsetzung noch hinsichtlich der Voraussetzung für die Zuerkennung von Pflegegeld ab. Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.Diese Frage kann aber hier dahingestellt bleiben: Eine dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson findet bei der Einstufung nämlich nur dann Berücksichtigung, wenn eine Gefahr der Eigengefährdung oder Fremdgefährdung „wahrscheinlich" ist. Die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reicht noch nicht aus. Nicht einmal akute, aber nur selten auftretende Anfälle, Psychosen etc reichen aus, um einen - ständigen - Bedarf an Betreuung und Hilfe zu rechtfertigen vergleiche Greifeneder/Liebhart aaO Rz 351 mwN; 10 ObS 43/04b). Im vorliegenden Fall muss die Klägerin nicht regelmäßig - im Sinn einer besonderen Häufigkeit - erbrechen. Die Feststellung, dass Erstickungsanfälle als Folge von Erbrechen nicht regelmäßig oder oft vorkommen, bedeutet, dass solche ein Einschreiten erfordernde Anfälle noch seltener als ein Erbrechen zu erwarten sind. Die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reicht aber zur Zuerkennung eines Pflegegeldes nach Stufe 6 nicht aus vergleiche RIS-Justiz RS0107442 [T13, T14, T17]) das Erfordernis der ständigen Beaufsichtigung, kann nicht darauf aufgebaut werden, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass etwas passiert, gemeint dass etwas nur möglich ist - etwa dass wiederum ein Erstickungsanfall eintritt vergleiche 10 ObS 210/02h). Dem Argument, dass für die Betreuung der Klägerin ein Vollarbeitszeitverhältis auch nachts notwendig sei, weil die Rufbereitschaft von Pflegepersonen als Arbeitszeit gelte, kann nicht gefolgt werden. Zweck des Pflegegeldes ist es gem Paragraph eins, BPGG in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen so weit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Darauf, ob für die Betreuung die Einstellung einer Vollarbeitskraft erforderlich ist oder die betreuende Tätigkeit, würde sie als Dienstleistung erbracht, als in einem Vollzeitarbeitsverhältnis erbracht zu qualifizieren wäre, stellt das Bundespflegegeldgesetz weder in seiner Zielsetzung noch hinsichtlich der Voraussetzung für die Zuerkennung von Pflegegeld ab. Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

Die ordentliche Revision war gemäß §§ 2 ASGG, 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung vorlag und von der Judikatur des OGH nicht abgewichen wird.Die ordentliche Revision war gemäß Paragraphen 2, ASGG, 502 Absatz eins, ZPO nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung vorlag und von der Judikatur des OGH nicht abgewichen wird.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00602 7Rs10.07b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2007:0070RS00010.07B.0214.000

Dokumentnummer

JJT_20070214_OLG0009_0070RS00010_07B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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