Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Heimo Jilek, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagten Parteien 1.) Wolfgang F*****, 2.) Dkfm Elisabeth P*****, beide vertreten durch Burgstaller & Preyer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 63.505,55 sA und Feststellung (EUR 4.000,--), über den Rekurs des Erstbeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 15. Februar 2005, GZ 2 R 14/05d-50, womit das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 11. November 2004, GZ 5 Cg 161/02v-46, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Zurückweisung eines vom Berufungsgericht zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz, § 528a ZPO).Die Zurückweisung eines vom Berufungsgericht zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz, Paragraph 528 a, ZPO).
Am 3. 7. 1999 wurde die damals 11-jährige Sabrina K***** als Reiterin bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Sabrina K***** war in Begleitung des Erstbeklagten als ihres Reitlehrers am Bankett zwischen der Landesstraße 112 und dem Bahndamm der Mariazeller Museumstramway unterwegs. In derselben Richtung wie die Reiter kam Franz G***** mit seinem Motorrad auf der Landesstraße von hinten an die Reiter heran. Am Motorrad kam es zu einer Fehlzündung, der einen lauten Knall, der einem Schussknall entspricht, auslöste. Das von Sabrina K***** gerittene Pferd brach deshalb zur Fahrbahnmitte aus, wodurch es in der Folge zur Kollision des Pferdes mit dem Motorrad, zum Sturz des Pferdes und somit zur schweren Verletzungen von Sabrina K***** kam.
Die Klägerin als Haftpflichtversicherung für das unfallbeteiligte Motorrad haftet Sabrina K***** für alle künftigen Schäden aus dem Unfall bis zur Höhe der Haftungshöchstbeträge nach § 15 EKHG (2 Ob 75/02x = ZVR 2003/46).Die Klägerin als Haftpflichtversicherung für das unfallbeteiligte Motorrad haftet Sabrina K***** für alle künftigen Schäden aus dem Unfall bis zur Höhe der Haftungshöchstbeträge nach Paragraph 15, EKHG (2 Ob 75/02x = ZVR 2003/46).
Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagten im Weg des Versicherungsregresses in Anspruch.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen den Erstbeklagten statt und wies es gegen die Zweitbeklagte rechtskräftig ab. Es stellte fest, Sabrina K***** sei noch keine erfahrene Reiterin gewesen. Auf den von der Stute auf Grund des Fehlzündungsknalles zur Fahrbahnmitte hinausgeführten Sprung hätte innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit auch ein voll ausgebildeter Reiter nicht in der Form reagieren können, dass er noch irgendwelche Abwehrmaßnahmen treffen hätte können. Selbst Spitzenreiter seien nicht in der Lage, derartige Sprünge ihrer Pferde im Ansatz zu verhindern. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Erstbeklagten bestehe darin, dass er mit der nicht ausreichend ausgebildeten Sabrina K***** einen Reitausflug unternommen habe, was der Minderjährigen damals auf Grund ihres reiterischen Könnens generell noch nicht zugemutet habe werden können. Auch die Wahl der Reitstrecke im Bereich von öffentlichen Verkehrsflächen sei rechtswidrig.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil hinsichtlich des Erstbeklagten zur neuerlichen Entscheidung auf. Es erachtete die erstgerichtliche Feststellung, auch ein voll ausgebildeter Reiter hätte nicht unfallvermeidend reagieren können, als nicht ausreichend begründend. Um zu dieser Feststellung zu gelangen, seien weitere Feststellungen über den konkreten Ablauf des Unfalles nötig, die eine Überprüfung der strittigen Feststellung zur Vermeidbarkeit ermöglichten. Die Beweislast dafür, dass auch ein ausreichend ausgebildeter Reiter den Unfall nicht hätte verhindern können, treffe den Erstbeklagten als Schädiger. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen gewesen, weil auch die gegenteilige Auffassung vertreten werden könnte, die Beweislast für das Vorliegen des Rechtswidrigkeitszusammenhanges treffe die Klägerin oder es seien insofern (nur) die Regeln des Anscheinsbeweises anzuwenden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Erstbeklagten ist unzulässig.
Vertretbar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, der Erstbeklagte als Reitlehrer sei gegenüber Sabrina K***** als Reitschülerin aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag verpflichtet gewesen, die Reitausbildung einschließlich der Reitausflüge dem jeweiligen Ausbildungsstand entsprechend durchzuführen. Ausritte ins freie Gelände, insbesondere auch an Straßen, seien daher zu unterlassen gewesen, solange - wie hier - nicht eine sichere Beherrschung des Pferdes gewährleistet gewesen sei. Der Erstbeklagte habe diese Pflicht verletzt und damit rechtswidrig gehandelt. Sein Verschulden werde nach § 1298 ABGB vermutet. Da ohne den Ausritt der Unfall unterblieben wäre, sei die Pflichtverletzung für den Unfall ursächlich.Vertretbar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, der Erstbeklagte als Reitlehrer sei gegenüber Sabrina K***** als Reitschülerin aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag verpflichtet gewesen, die Reitausbildung einschließlich der Reitausflüge dem jeweiligen Ausbildungsstand entsprechend durchzuführen. Ausritte ins freie Gelände, insbesondere auch an Straßen, seien daher zu unterlassen gewesen, solange - wie hier - nicht eine sichere Beherrschung des Pferdes gewährleistet gewesen sei. Der Erstbeklagte habe diese Pflicht verletzt und damit rechtswidrig gehandelt. Sein Verschulden werde nach Paragraph 1298, ABGB vermutet. Da ohne den Ausritt der Unfall unterblieben wäre, sei die Pflichtverletzung für den Unfall ursächlich.
Somit wären die Voraussetzungen für die Haftung des Erstbeklagten nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen gegeben. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Schutzzweck dieser aus dem Vertrag hergeleiteten, übertretenen Norm (vgl RIS-Justiz RS0017850; Koziol/Welser II13 317 mwN; Harrer in Schwimann3 § 1311 ABGB Rz 37 mwN) sei es aber nicht, Unfälle zu vermeiden, die auch bei erlaubtem Ausreiten mit erfahrenen Reitern nicht vermieden hätten werden können. Hätte anstelle der unerfahrenen Sabrina K***** auch ein erfahrener Reiter den Unfall nicht vermeiden können (was im fortgesetzten Verfahren weiter zu klären sei), hafte der Erstbeklagte mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges (bzw. nach der Lehre vom rechtmäßigen Alternativverhalten) nicht. Jede Partei trifft die Behauptungs- und Beweislast für die Tatsachen, die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnorm sind. Es trägt daher derjenige, der einen Anspruch behauptet, für alle anspruchsbegründenden (rechtserzeugenden) Tatsachen die Behauptungs- und Beweislast. Umgekehrt hat derjenige, der den Anspruch bestreitet, die anspruchshindernden, anspruchsvernichtenden und anspruchshemmenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (2 Ob 2390/96a; 2 Ob 206/97a; RIS-Justiz RS0106638; RS0109287). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes braucht der Geschädigte bloß die objektive Übertretung einer Schutznorm zu beweisen. Dem Schädiger obliegt dann aber der Beweis, dass er sich entweder vorschriftsmäßig verhalten hat oder dass der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten) oder ihn an der Übertretung dieser Schutznorm keine Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden, traf (7 Ob 276/03v, 2 Ob 130/06s; RIS-Justiz RS0112234).Somit wären die Voraussetzungen für die Haftung des Erstbeklagten nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen gegeben. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Schutzzweck dieser aus dem Vertrag hergeleiteten, übertretenen Norm vergleiche RIS-Justiz RS0017850; Koziol/Welser II13 317 mwN; Harrer in Schwimann3 Paragraph 1311, ABGB Rz 37 mwN) sei es aber nicht, Unfälle zu vermeiden, die auch bei erlaubtem Ausreiten mit erfahrenen Reitern nicht vermieden hätten werden können. Hätte anstelle der unerfahrenen Sabrina K***** auch ein erfahrener Reiter den Unfall nicht vermeiden können (was im fortgesetzten Verfahren weiter zu klären sei), hafte der Erstbeklagte mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges (bzw. nach der Lehre vom rechtmäßigen Alternativverhalten) nicht. Jede Partei trifft die Behauptungs- und Beweislast für die Tatsachen, die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnorm sind. Es trägt daher derjenige, der einen Anspruch behauptet, für alle anspruchsbegründenden (rechtserzeugenden) Tatsachen die Behauptungs- und Beweislast. Umgekehrt hat derjenige, der den Anspruch bestreitet, die anspruchshindernden, anspruchsvernichtenden und anspruchshemmenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (2 Ob 2390/96a; 2 Ob 206/97a; RIS-Justiz RS0106638; RS0109287). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes braucht der Geschädigte bloß die objektive Übertretung einer Schutznorm zu beweisen. Dem Schädiger obliegt dann aber der Beweis, dass er sich entweder vorschriftsmäßig verhalten hat oder dass der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten) oder ihn an der Übertretung dieser Schutznorm keine Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden, traf (7 Ob 276/03v, 2 Ob 130/06s; RIS-Justiz RS0112234).
Im Sinne dieser Judikatur trifft daher die Beweislast für die anspruchsvernichtenden Umstände, die zum Wegfall des Rechtswidrigkeitszusammenhanges führen, hier den erstbeklagten Schädiger. Aus der Rechtsfigur des rechtmäßigen Alternativverhaltens als Teilaspekt der Schutzzwecklehre ist für ihn allerdings nichts zu gewinnen, weil ein solches Verhalten in der Unterlassung des Ausritts bestanden hätte.
Soweit der Rekurs ausführt, weitere Beweisaufnahmen im fortgesetzten Verfahren würden sich erübrigen, das Berufungsgericht hätte das Klagebegehren abweisen müssen, ist ihm zu entgegnen: Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten, sofern - wie hier - die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig ist (stRsp: RIS-Justiz RS0042179).
Das Berufungsgericht hat die Rechtsfrage der Beweislast in Übereinstimmung mit der zitierten ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher nicht vor, weshalb der Rekurs zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen (2 Ob190/99a).Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 40 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen (2 Ob190/99a).
Anmerkung
E83335 2Ob129.05tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00129.05T.0222.000Dokumentnummer
JJT_20070222_OGH0002_0020OB00129_05T0000_000