TE OGH 2007/2/22 2Ob272/06y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franziska L*****, und 2. Hans L*****, ebendort, beide vertreten durch Ramsauer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Gerhard S*****, vertreten durch Mag. Norbert Hein, Rechtsanwalt in Linz, wegen (restlich) Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2006, GZ 54 R 209/06h-47, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28. Juni 2006, GZ 11 C 372/04f-42, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Kläger sind Vermieter, der Beklagte ist Mieter einer Liegenschaft samt Haus. Die monatliche Nettomiete beträgt EUR 1.308,11. Die Kläger begehrten zunächst mit der am 30. 4. 2002 eingebrachten Klage die Übergabe des Kautionsbetrages von EUR 4.316,77 sowie die Räumung des Mietobjektes mit der Begründung, die im Mietvertrag vereinbarte Kaution in der Höhe von drei Monatsmieten sei bislang nicht erlegt worden. Die Voraussetzungen des § 1118 zweiter Fall ABGB seien verwirklicht, weil der Beklagte zur Zahlung der Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) von 10 % verpflichtet sei, wobei der Rückstand für den Zeitraum vom 1. 1. 2001 bis einschließlich 30. 4. 2002 EUR 2.092,98 betrage. Zudem liege der monatliche Nettomietzins bei weitem unter der Hälfte des wahren Wertes, da insbesondere auch zu berücksichtigen sei, dass der Rechtsvorgänger der Kläger im Hinblick auf die Ausstattungs- und Erhaltungspflichten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren auf die Geltendmachung der Wertsicherung verzichtet habe und eine Mietzinserhöhung erst erfolgen dürfe, wenn eine Schwankungsbreite von 10 % überschritten werde.Die Kläger sind Vermieter, der Beklagte ist Mieter einer Liegenschaft samt Haus. Die monatliche Nettomiete beträgt EUR 1.308,11. Die Kläger begehrten zunächst mit der am 30. 4. 2002 eingebrachten Klage die Übergabe des Kautionsbetrages von EUR 4.316,77 sowie die Räumung des Mietobjektes mit der Begründung, die im Mietvertrag vereinbarte Kaution in der Höhe von drei Monatsmieten sei bislang nicht erlegt worden. Die Voraussetzungen des Paragraph 1118, zweiter Fall ABGB seien verwirklicht, weil der Beklagte zur Zahlung der Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) von 10 % verpflichtet sei, wobei der Rückstand für den Zeitraum vom 1. 1. 2001 bis einschließlich 30. 4. 2002 EUR 2.092,98 betrage. Zudem liege der monatliche Nettomietzins bei weitem unter der Hälfte des wahren Wertes, da insbesondere auch zu berücksichtigen sei, dass der Rechtsvorgänger der Kläger im Hinblick auf die Ausstattungs- und Erhaltungspflichten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren auf die Geltendmachung der Wertsicherung verzichtet habe und eine Mietzinserhöhung erst erfolgen dürfe, wenn eine Schwankungsbreite von 10 % überschritten werde.

Mit Schriftsatz vom 25. 2. 2004 dehnten die Kläger das Klagebegehren um EUR 4.316,76 sA an rückständiger Mehrwertsteuer aus, in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 auf insgesamt EUR 6.148,07 sA an rückständiger Mehrwertsteuer, wozu sie noch ergänzend vorbrachten, dass die Kläger aufgrund von Mietzinseinnahmen von mehr als EUR 22.000 keine Möglichkeit hätten, auf Mehrwertsteuerbefreiung zu optieren. Auf den Kläger sei die Bedingung, dass er nach Möglichkeit auf Mehrwertsteuerbefreiung zu optieren habe, nicht übergegangen, da er das Bestandobjekt im Wege der Ersteigerung erworben habe. Die Nichtbezahlung des Rückstandsbetrages sei grob fahrlässig erfolgt, sodass auch das Räumungsbegehren gerechtfertigt sei. In der Verhandlung vom 25. 2. 2005 schließlich schränkten die Kläger das Klagebegehren betreffend die rückständige Umsatzsteuer infolge Zahlung von EUR 7.000 „per 18. 2. 2005" „diesbezüglich" auf Nebengebühren ein und dehnten gleichzeitig das Klagebegehren um EUR 808 an Betriebskostenrückstand für das Jahr 2003 aus. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete (zusammengefasst) ein, im Mietvertrag vom 10. 5. 1999 sei vereinbart worden, dass der Vermieter, wenn gesetzlich möglich, für Mehrwertsteuerbefreiung optieren werde. Dem Beklagten sei bislang nicht mitgeteilt worden, ob die Mehrwertsteueroption möglich sei. Eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes liege nicht vor. Dem ursprünglichen Vermieter sei der wahre Wert bekannt gewesen. Zudem könnten sich die Kläger aufgrund ihrer Kaufmannseigenschaft gemäß § 351a HGB nicht auf laesio enormis berufen. Schließlich sei eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung 2003 bis 30. 6. 2004 nicht fristgerecht vorgelegt worden und eine allfällige Forderung aus der Betriebskostenabrechnung 2003 daher verfristet. Im Übrigen hätten die Kläger durch unsachgemäße Bauarbeiten dem Beklagten Schaden zugefügt, der den Betrag von EUR 808 bei weitem übertreffe. Der Beklagte habe sämtliche Mehrwertsteuerbeträge bezahlt, obwohl den Klägern mehrfach mitgeteilt worden sei, dass eine ordentliche Mehrwertsteuerabrechnung zu stellen sei.Mit Schriftsatz vom 25. 2. 2004 dehnten die Kläger das Klagebegehren um EUR 4.316,76 sA an rückständiger Mehrwertsteuer aus, in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 auf insgesamt EUR 6.148,07 sA an rückständiger Mehrwertsteuer, wozu sie noch ergänzend vorbrachten, dass die Kläger aufgrund von Mietzinseinnahmen von mehr als EUR 22.000 keine Möglichkeit hätten, auf Mehrwertsteuerbefreiung zu optieren. Auf den Kläger sei die Bedingung, dass er nach Möglichkeit auf Mehrwertsteuerbefreiung zu optieren habe, nicht übergegangen, da er das Bestandobjekt im Wege der Ersteigerung erworben habe. Die Nichtbezahlung des Rückstandsbetrages sei grob fahrlässig erfolgt, sodass auch das Räumungsbegehren gerechtfertigt sei. In der Verhandlung vom 25. 2. 2005 schließlich schränkten die Kläger das Klagebegehren betreffend die rückständige Umsatzsteuer infolge Zahlung von EUR 7.000 „per 18. 2. 2005" „diesbezüglich" auf Nebengebühren ein und dehnten gleichzeitig das Klagebegehren um EUR 808 an Betriebskostenrückstand für das Jahr 2003 aus. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete (zusammengefasst) ein, im Mietvertrag vom 10. 5. 1999 sei vereinbart worden, dass der Vermieter, wenn gesetzlich möglich, für Mehrwertsteuerbefreiung optieren werde. Dem Beklagten sei bislang nicht mitgeteilt worden, ob die Mehrwertsteueroption möglich sei. Eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes liege nicht vor. Dem ursprünglichen Vermieter sei der wahre Wert bekannt gewesen. Zudem könnten sich die Kläger aufgrund ihrer Kaufmannseigenschaft gemäß Paragraph 351 a, HGB nicht auf laesio enormis berufen. Schließlich sei eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung 2003 bis 30. 6. 2004 nicht fristgerecht vorgelegt worden und eine allfällige Forderung aus der Betriebskostenabrechnung 2003 daher verfristet. Im Übrigen hätten die Kläger durch unsachgemäße Bauarbeiten dem Beklagten Schaden zugefügt, der den Betrag von EUR 808 bei weitem übertreffe. Der Beklagte habe sämtliche Mehrwertsteuerbeträge bezahlt, obwohl den Klägern mehrfach mitgeteilt worden sei, dass eine ordentliche Mehrwertsteuerabrechnung zu stellen sei.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren sowie das Kautionsübergabebegehren (letzteres rechtskräftig) ab, ohne über das Klagemehrbegehren auf Zahlung des Betriebskostenrückstandes von EUR 803 sowie das Nebengebührenbegehren (Zinsen) betreffend die Umsatzsteuer spruchmäßig zu entscheiden.

Dazu stellte es (zusammengefasst und soweit entscheidungswesentlich) fest, dass im Mietvertrag des Beklagten vom 10. 5. 1999 mit dem Voreigentümer vereinbart wurde, dass der Beklagte als Mieter das Bestandobjekt auf eigene Kosten fertigstellt bzw instandsetzt, weil das Bestandobjekt im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in seiner Substanz zwar neuwertig, jedoch nicht fertiggestellt war und überdies etwa fünf Jahre leergestanden hatte. Diese Arbeiten sollten insbesondere Terrassen, Treppengeländer, Kücheneinrichtungen, Austausch diverser Fensterscheiben (Isoliergläser), Gartenanlage, Instandsetzung der Heizung usw umfassen, wobei allerdings die einzelnen Investitionen jeweils mit dem Vermieter unter Vorlage von Kostenvoranschlägen abzustimmen sind. Aus diesem Grund wurde eine Nettomiete von S 18.000 zuzüglich einer allenfalls vom Vermieter abzuführenden Mehrwertsteuer und Betriebskosten vereinbart. Der Vermieter verpflichtete sich seinerseits, wenn gesetzlich möglich, für Mehrwertsteuerbefreiung zu optieren. Im Mietvertrag verpflichtete sich der Beklagte zur Erstellung einer Kaution in Höhe von drei Monatsmieten, die er an den Voreigentümer bezahlt hat. Im Hinblick auf die Ausstattungs- und Erhaltungsverpflichtung des Mieters verzichtete der Vermieter für die ersten zehn Vertragsjahre auf die Geltendmachung der Wertsicherung. Weiters wurde eine Sprungklausel von 10 % vereinbart.

Die Kläger erwarben die Liegenschaft durch Zuschlag in einem Versteigerungsverfahren am 28. 12. 2000 um S 7,9 Mio. Der Beklagte, der selbst an einer Ersteigerung interessiert war, hatte übersehen, rechtzeitig ein Überbot abzugeben. Der Mietvertrag lag im Exekutionsverfahren vor; er wurde bei der Bewertung durch den Sachverständigen berücksichtigt.

Eine am 12. 3. 2001 eingebrachte Räumungsklage der Kläger zu 38 C 129/01i des Bezirksgerichtes Salzburg wurde rechtskräftig abgewiesen; eine gerichtliche Aufkündigung zu 38 C 321/01z rechtskräftig aufgehoben und eine weitere gerichtliche Aufkündigung zu 18 C 799/03z „zurückgenommen".

Der Beklagte hat seit seinem Einzug für Ausbesserungs-, Schadenbehebungs- und Fertigstellungsarbeiten Beträge von ca S 200.000 investiert, außerdem zwei Küchen mit einem Aufwand von insgesamt S 565.000 eingebaut und den Berghang mit einem Aufwand von ca S 56.000 abgesichert. Über einen vom Beklagten bei der Schlichtungsstelle des Magistrates Salzburg gestellten Antrag, den Klägern diverse Instandsetzungsarbeiten am Bestandobjekt aufzutragen, liegt noch keine Entscheidung vor.

Der vereinbarte Nettomietzins von S 18.000 wurde vom Beklagten immer bezahlt. Hinsichtlich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer haben die Kläger zwar von Beginn an die Bezahlung gefordert, einen Nachweis über die tatsächliche Bezahlung jedoch erstmals in der Verhandlung vom 25. 2. 2004 erbracht. Der Beklagte hat mit Valuta 21. 1. 2005 auf die rückständige Mehrwertsteuer EUR 6.288,88 bezahlt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass der Mietzins von netto S 18.000 unter Berücksichtigung der Investitionen für ein fünf Jahre unbewohntes und nicht fertiggestelltes Haus angemessen sei. Die erst nachträgliche Bezahlung rückständiger Mehrwertsteuer könne dem Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, weil im Mietvertrag eine allfällige Option auf Mehrwertsteuerbefreiung vereinbart worden sei und die Kläger den Nachweis, dass sie tatsächlich Mehrwertsteuer abführen, erst nach Zahlung der Mehrwertsteuer erbracht hätten. Infolge Leistung der Kaution an den Voreigentümer bestehe auch dieses Zahlungsbegehren nicht zu Recht.

Das lediglich wegen der Abweisung des Räumungsbegehrens angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger - welche im Zuge des Berufungsverfahrens das Klagebegehren um die Nebengebühren für die geltend gemachte Umsatzsteuer und den Betrag von EUR 808 an Betriebskostenrückstand für das Jahr 2003 eingeschränkt haben, sodass dem Erstgericht kein Auftrag zur Entscheidung über die restlichen (unerledigt gebliebenen) Klagsansprüche erteilt werden musste - Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Stattgebung des Räumungsbegehrens ab. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Nach dem schriftlichen Mietvertrag schulde der Beklagte den monatlichen Mietzins zuzüglich der allenfalls abzuführenden Mehrwertsteuer, wobei zusätzlich noch festgehalten worden sei, dass dann, wenn es gesetzlich möglich ist, seitens des Vermieters für Mehrwertsteuerbefreiung optiert werde. Diese Vertragsgestaltung habe zur Folge, dass die Kläger mitteilen hätten müssen, dass sie zur Optierung auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht berechtigt seien. Dieser Verpflichtung seien sie in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 nachgekommen, sodass für den Beklagten ab diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, auch die Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen. Die Nachzahlung hätte danach umgehend, jedenfalls aber bis zum Beginn der nächsten Zinsperiode erfolgen müssen. Dadurch, dass er die rückständige Mehrwertsteuer bis zum 1. 1. 2005 nicht bezahlt habe, seien die Voraussetzungen des § 1118 zweiter Fall ABGB erfüllt. Eine gesonderte Rechnungslegung sei nicht erforderlich gewesen, ergebe sich doch die Zahlungsverpflichtung grundsätzlich schon aus dem schriftlichen Mietvertrag und unabhängig von einer tatsächlichen Abführung an das Finanzamt, sofern eine dementsprechende gesetzliche Verpflichtung bestehe. Demnach sei das Räumungsbegehren bereits aufgrund des § 1118 zweiter Fall ABGB berechtigt. Die Begünstigung des § 33 Abs 2 MRG könne nicht angewendet werden, weil zum fehlenden groben Verschulden vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht worden sei, warum trotz der Klarlegung in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 die Zahlung erst per 21. 1. 2005 erfolgte. Da sich die Mängel-, sowie die Beweis- und Tatsachenrüge ausschließlich mit der Klagsbehauptung, es läge eine Verkürzung über die Hälfte vor, befassten, müsse darauf im Hinblick auf die Berechtigung des Räumungsbegehrens schon aus dem Grund des § 1118 zweiter Fall ABGB nicht eingegangen werden.Nach dem schriftlichen Mietvertrag schulde der Beklagte den monatlichen Mietzins zuzüglich der allenfalls abzuführenden Mehrwertsteuer, wobei zusätzlich noch festgehalten worden sei, dass dann, wenn es gesetzlich möglich ist, seitens des Vermieters für Mehrwertsteuerbefreiung optiert werde. Diese Vertragsgestaltung habe zur Folge, dass die Kläger mitteilen hätten müssen, dass sie zur Optierung auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht berechtigt seien. Dieser Verpflichtung seien sie in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 nachgekommen, sodass für den Beklagten ab diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, auch die Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen. Die Nachzahlung hätte danach umgehend, jedenfalls aber bis zum Beginn der nächsten Zinsperiode erfolgen müssen. Dadurch, dass er die rückständige Mehrwertsteuer bis zum 1. 1. 2005 nicht bezahlt habe, seien die Voraussetzungen des Paragraph 1118, zweiter Fall ABGB erfüllt. Eine gesonderte Rechnungslegung sei nicht erforderlich gewesen, ergebe sich doch die Zahlungsverpflichtung grundsätzlich schon aus dem schriftlichen Mietvertrag und unabhängig von einer tatsächlichen Abführung an das Finanzamt, sofern eine dementsprechende gesetzliche Verpflichtung bestehe. Demnach sei das Räumungsbegehren bereits aufgrund des Paragraph 1118, zweiter Fall ABGB berechtigt. Die Begünstigung des Paragraph 33, Absatz 2, MRG könne nicht angewendet werden, weil zum fehlenden groben Verschulden vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht worden sei, warum trotz der Klarlegung in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 die Zahlung erst per 21. 1. 2005 erfolgte. Da sich die Mängel-, sowie die Beweis- und Tatsachenrüge ausschließlich mit der Klagsbehauptung, es läge eine Verkürzung über die Hälfte vor, befassten, müsse darauf im Hinblick auf die Berechtigung des Räumungsbegehrens schon aus dem Grund des Paragraph 1118, zweiter Fall ABGB nicht eingegangen werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung (also Wiederherstellung des Ersturteils) abzuändern; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.

Die Kläger haben nach Freistellung keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen auffallender rechtlicher Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten (zweiten) Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des Revisionsverfahrens nur mehr die Entscheidung über das Begehren auf Räumung des Bestandobjektes ist. Sämtliche Zahlungsbegehren wurden entweder bereits von den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen oder durch entsprechende Klageeinschränkungen gegenstandslos.

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein auf § 1118 ABGB gestützter Räumungsanspruch gegen den Mieter nur auf offene Mietzinsforderungen, nicht jedoch auf geschuldete Nebengebühren wie Verzugszinsen oder Kosten gestützt werden (RIS-Justiz RS0021008; RS0027894; Würth in Rummel, ABGB³ Rz 15 zu § 1118). Davon ist hier bezüglich der Rückstände aus den zuzüglich zur Nettomiete angefallenen Umsatzsteuerbeträgen, auf welche allein das Räumungsbegehren zuletzt noch gestützt wurde, nicht auszugehen; diese unterfallen jedenfalls dem Zinsbegriff. Dass den Klägern als Bestandgebern auch die Umsatzsteuer aus den Mietzinsen gebührt, hat der Beklagte durch die im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens geleistete Nachzahlung dem Grunde wie der Höhe nach letztlich anerkannt, sodass es auf die in der außerordentlichen Revision monierte Differenzierung zwischen „Ist- und Soll-Besteuerung" nicht entscheidend ankommt. Das Berufungsgericht erachtete den Räumungstatbestand des § 1118 (zweiter Fall) ABGB dadurch als erfüllt, dass der Beklagte trotz Klarstellung der Kläger in der Streitverhandlung vom 29. 11. 2004, wonach eine Optierung auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht möglich sei, sodass ihm ab diesem Zeitpunkt klargewesen sei, auch die Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen, die Nachzahlung nicht bis zum Beginn der nächsten Zinsperiode (also 1. 12. 2004 bzw nicht einmal 1. 1. 2005), sondern erst per 21. 1. 2005 geleistet habe. Tatsächlich kann jedoch von einem die Rechtsfolge der Räumung nach dieser Gesetzesstelle rechtfertigenden groben Verschulden des Mieters am Zahlungsrückstand (§ 33 Abs 2 MRG) ausschließlich noch die Umsatzsteuer betreffend keine Rede sein. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt nämlich darin, dass es der Vermieter war, der sich vertraglich zu einer (gesetzlich grundsätzlich möglichen und auf den Bestandnehmer auswirkenden, da ihn um diese Zahlungsposten entlastenden) Umsatzsteuer-Vermeidung verpflichtet hatte, hieß es doch in Punkt III. zweiter Satz des Vertrages, dass der Vermieter „wenn gesetzlich möglich für Mehrwertsteuerbefreiung optieren" werde. Von der Erfüllung dieser - auf die nunmehrigen Kläger als Rechtsnachfolger übergegangenen - Verpflichtung hing also das weitere rechtliche Schicksal des diesbezüglichen Bestandzinsanteils ab. Tatsächlich haben die Kläger erstmals in der Streitverhandlung vom 29. 11. 2004 behauptet, keine Möglichkeit zur Optierung zu haben, weil Mietzinseinnahmen von mehr als EUR 22.000 jährlich erzielt worden seien, wobei zum Beweis dafür zunächst keine Urkunde, sondern bloß „PV" (also Parteienvernehmung) angeboten wurde (S 2 in ON 23 = AS 98). Eine Parteienvernehmung des Zweitklägers erfolgte erst in der nächsten Streitverhandlung vom 25. 2. 2005 (ON 24); auch ein Urkundennachweis hierüber wurde erst in dieser weiteren Tagsatzung in Gestalt eines Schreibens einer Steuerberatungskanzlei vom 24. 2. 2005 an die Kläger, dass bei ihnen die „Kleinunternehmerregelung gemäß § 6 Z 27 UStG nicht zum Tragen kommt" vorgelegt (Beilage N). Zwischenzeitlich hatte der Beklagte jedoch den Rückstand bereits am 21. 1. 2005 zur Gänze bezahlt. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes musste damit aber dem Beklagten nicht bereits in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 „klar sein", die Umsatzsteuer auch tatsächlich bezahlen zu müssen. Hinsichtlich dieses allein noch strittigen Zahlungsanspruches konnte eine Auflösung iSd § 1118 ABGB sohin nicht wirksam erfolgen; dem Räumungsbegehren ist damit insoweit die rechtliche Grundlage entzogen.Nach ständiger Rechtsprechung kann ein auf Paragraph 1118, ABGB gestützter Räumungsanspruch gegen den Mieter nur auf offene Mietzinsforderungen, nicht jedoch auf geschuldete Nebengebühren wie Verzugszinsen oder Kosten gestützt werden (RIS-Justiz RS0021008; RS0027894; Würth in Rummel, ABGB³ Rz 15 zu Paragraph 1118,). Davon ist hier bezüglich der Rückstände aus den zuzüglich zur Nettomiete angefallenen Umsatzsteuerbeträgen, auf welche allein das Räumungsbegehren zuletzt noch gestützt wurde, nicht auszugehen; diese unterfallen jedenfalls dem Zinsbegriff. Dass den Klägern als Bestandgebern auch die Umsatzsteuer aus den Mietzinsen gebührt, hat der Beklagte durch die im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens geleistete Nachzahlung dem Grunde wie der Höhe nach letztlich anerkannt, sodass es auf die in der außerordentlichen Revision monierte Differenzierung zwischen „Ist- und Soll-Besteuerung" nicht entscheidend ankommt. Das Berufungsgericht erachtete den Räumungstatbestand des Paragraph 1118, (zweiter Fall) ABGB dadurch als erfüllt, dass der Beklagte trotz Klarstellung der Kläger in der Streitverhandlung vom 29. 11. 2004, wonach eine Optierung auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht möglich sei, sodass ihm ab diesem Zeitpunkt klargewesen sei, auch die Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen, die Nachzahlung nicht bis zum Beginn der nächsten Zinsperiode (also 1. 12. 2004 bzw nicht einmal 1. 1. 2005), sondern erst per 21. 1. 2005 geleistet habe. Tatsächlich kann jedoch von einem die Rechtsfolge der Räumung nach dieser Gesetzesstelle rechtfertigenden groben Verschulden des Mieters am Zahlungsrückstand (Paragraph 33, Absatz 2, MRG) ausschließlich noch die Umsatzsteuer betreffend keine Rede sein. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt nämlich darin, dass es der Vermieter war, der sich vertraglich zu einer (gesetzlich grundsätzlich möglichen und auf den Bestandnehmer auswirkenden, da ihn um diese Zahlungsposten entlastenden) Umsatzsteuer-Vermeidung verpflichtet hatte, hieß es doch in Punkt römisch III. zweiter Satz des Vertrages, dass der Vermieter „wenn gesetzlich möglich für Mehrwertsteuerbefreiung optieren" werde. Von der Erfüllung dieser - auf die nunmehrigen Kläger als Rechtsnachfolger übergegangenen - Verpflichtung hing also das weitere rechtliche Schicksal des diesbezüglichen Bestandzinsanteils ab. Tatsächlich haben die Kläger erstmals in der Streitverhandlung vom 29. 11. 2004 behauptet, keine Möglichkeit zur Optierung zu haben, weil Mietzinseinnahmen von mehr als EUR 22.000 jährlich erzielt worden seien, wobei zum Beweis dafür zunächst keine Urkunde, sondern bloß „PV" (also Parteienvernehmung) angeboten wurde (S 2 in ON 23 = AS 98). Eine Parteienvernehmung des Zweitklägers erfolgte erst in der nächsten Streitverhandlung vom 25. 2. 2005 (ON 24); auch ein Urkundennachweis hierüber wurde erst in dieser weiteren Tagsatzung in Gestalt eines Schreibens einer Steuerberatungskanzlei vom 24. 2. 2005 an die Kläger, dass bei ihnen die „Kleinunternehmerregelung gemäß Paragraph 6, Ziffer 27, UStG nicht zum Tragen kommt" vorgelegt (Beilage N). Zwischenzeitlich hatte der Beklagte jedoch den Rückstand bereits am 21. 1. 2005 zur Gänze bezahlt. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes musste damit aber dem Beklagten nicht bereits in der Verhandlung vom 29. 11. 2004 „klar sein", die Umsatzsteuer auch tatsächlich bezahlen zu müssen. Hinsichtlich dieses allein noch strittigen Zahlungsanspruches konnte eine Auflösung iSd Paragraph 1118, ABGB sohin nicht wirksam erfolgen; dem Räumungsbegehren ist damit insoweit die rechtliche Grundlage entzogen.

Trotzdem ist damit eine Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteils (noch) nicht möglich, weil sich das Berufungsgericht - in Verkennung dieser Rechtslage - nicht mit den in der Berufung der Kläger enthaltenen Beweis- und Mängelrügen auseinandergesetzt hat (ON 43). Diese betreffen nämlich den schon in der Klage weiters relevierten und in der Berufung aufrechterhaltenen Anfechtungspunkt der laesio enormis im Zusammenhang mit einer als unangemessen behaupteten Nettomietzinshöhe. Das Berufungsgericht wird also die Behandlung dieser Berufungsgründe nachzuholen und sodann erneut über das restliche Klagebegehren - freilich unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben des Obersten Gerichtshofes (§ 511 Abs 1 ZPO) - zu entscheiden haben.Trotzdem ist damit eine Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteils (noch) nicht möglich, weil sich das Berufungsgericht - in Verkennung dieser Rechtslage - nicht mit den in der Berufung der Kläger enthaltenen Beweis- und Mängelrügen auseinandergesetzt hat (ON 43). Diese betreffen nämlich den schon in der Klage weiters relevierten und in der Berufung aufrechterhaltenen Anfechtungspunkt der laesio enormis im Zusammenhang mit einer als unangemessen behaupteten Nettomietzinshöhe. Das Berufungsgericht wird also die Behandlung dieser Berufungsgründe nachzuholen und sodann erneut über das restliche Klagebegehren - freilich unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben des Obersten Gerichtshofes (Paragraph 511, Absatz eins, ZPO) - zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E833422Ob272.06y

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2007/350 S 196 - Zak 2007,196 = immolex-LS 2007/33 = RdW 2007/553S 530 - RdW 2007,530 = MietSlg 59.166 = MietSlg 59.585XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00272.06Y.0222.000

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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