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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
EMRK Art6 Abs1 / VerfahrensgarantienLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung einer Berufung gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Frage des Fehlens einer erforderlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines grundbücherlich bereits durchgeführten Rechtsgeschäftes; keine Bedenken gegen den Ausschluß der Berufung nach dem Tir GVG 1996 im Hinblick auf die EMRKSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag der Beschwerdeführer auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 29. September 1987 verkaufte S B einen Teil der Liegenschaft EZ 137 GB Reith bei Kitzbühel an den Erstbeschwerdeführer. Mit Kaufvertrag vom 23. Juni/12. Juli 1993 verkaufte S B den Restbestand der Liegenschaft EZ 137 an den Zweitbeschwerdeführer. Beide Kaufverträge wurden grundverkehrsbehördlich genehmigt. Am 23. Juni/13. Juli 1993 wurde zwischen dem Erst- und dem Zweitbeschwerdeführer eine Dienstbarkeitsvereinbarung getroffen. Diese Vereinbarung wurde der Grundverkehrsbehörde nicht vorgelegt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 25. November 1994 wurde bezüglich des Dienstbarkeitsvertrages gemäß §33 Abs1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993 (im folgenden: Tir. GVG 1993) ein Verfahren zur Prüfung der Frage eingeleitet, ob der bereits grundbücherlich durchgeführte Rechtserwerb der erforderlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung entbehre.
2. Die von den nunmehrigen Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde von der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 12. November 1999 gemäß §66 Abs4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Dies im wesentlichen mit folgender Begründung: Gemäß §33 Abs1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im folgenden: Tir. GVG 1996) habe die Grundverkehrsbehörde dann, wenn Grund zur Annahme bestehe, daß ein grundbücherlich bereits durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen grundverkehrsrechtlichen Genehmigung entbehre, ein Verfahren zur Prüfung dieser Frage einzuleiten. Gegen einen solchen Bescheid sei eine Berufung nicht zulässig. Zwar enthalte der angefochtene Bescheid fälschlicherweise eine Rechtsmittelbelehrung, wonach eine Berufung zulässig sei. Dies ändere jedoch nichts daran, daß den Berufungswerbern nach dem Gesetzeswortlaut des §33 Abs1 Tir. GVG 1996 kein Berufungsrecht gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 25. November 1994 eingeräumt sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
In derselben Beschwerde wird auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 25. November 1994 beantragt sowie begehrt, diesen Bescheid wegen Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte als verfassungswidrig aufzuheben. Insoweit wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit Beschluß vom 13. Juni 2000, B2088/99, zurück.
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. §33 Abs1 Tir. GVG 1996 idF LG LGBl. 59/1997 lautet:
"Besteht Grund zur Annahme, daß ein grundbücherlich bereits durchgeführtes Rechtsgeschäft oder ein grundbücherlich bereits durchgeführter Rechtsvorgang der erforderlichen grundverkehrsrechtlichen Genehmigung entbehrt, so hat die Grundverkehrsbehörde mit Bescheid ein Verfahren zur Prüfung dieser Frage einzuleiten. Gegen einen solchen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig."
1.1. Die Beschwerde behauptet die Verfassungswidrigkeit des §33 Abs1 letzter Satz Tir. GVG 1996 idF LG LGBl. 59/1997. Die Verletzung des Art6 EMRK ergebe sich daraus, daß die Beschwerdeführer gegen die Einleitung eines Verfahrens gemäß §33 Tir. GVG 1996 kein Rechtsmittel erheben könnten. Da der bewilligende Bescheid unmittelbar auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse wirke, müsse es umso mehr möglich sein, das Rechtsmittel der Berufung erheben zu können. Es sei unzumutbar zu warten, bis die Behörde zum Ergebnis komme, daß der Dienstbarkeitsvertrag keiner Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe.
1.2. Diese Auffassung ist unzutreffend. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, schreibt die Bundesverfassung nicht vor, daß eine Mehrzahl von Instanzen eingerichtet werden muß (zB VfSlg. 7460/1974, 14109/1995 mwH). Etwas anderes gilt nur, soweit dies verfassungsgesetzlich angeordnet ist (zB in Art2 des 7. ZPEMRK, siehe dazu etwa VfSlg. 13012/1992).
Die Beschwerdeführer wurden sohin nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden.
3. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. etwa VfSlg. 13419/1993, 14408/1996).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Die von den Beschwerdeführern für den Fall der Abweisung oder Zurückweisung ihrer Beschwerde beantragte Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof kommt nicht in Frage. Die Landes-Grundverkehrskommission ist gemäß §28 Tir. GVG 1996 als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Gesetz nur gegen Bescheide der Landes-Grundverkehrskommission, die Rechtserwerbe an Baugrundstücken betreffen, vorgesehen. Im gegenständlichen Beschwerdefall sind jedoch ausschließlich land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke betroffen. Der Abtretungsantrag war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren, Berufung, InstanzenzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B560.2000Dokumentnummer
JFT_09978788_00B00560_00