Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Boris W*****, vertreten durch Dr. Rainer H. Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 10.552,39 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. September 2006, GZ 14 R 70/06a-10, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Februar 2006, GZ 32 Cg 12/05b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 572,40 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Kunsthändler und betreibt unter anderem eine Online-Galerie. Zu diesem Zweck schloss er mit einer Kreditkartengesellschaft (in der Folge: AG) einen Händlervertrag, der es seinen Kunden ermöglichte, unter Vorlage einer Kreditkarte zu zahlen. Mit Zusatzvereinbarung vom 5. November 2001 wurde dieser Vertrag auch auf Zahlungen ohne Vorlage der Kreditkarte ausgedehnt.
Punkt 3. der Zusatzvereinbarung lautet:
„Das Vertragsunternehmen [das ist hier der Kläger] übernimmt alle Risiken, die aus der Nichtvorlage der ... [Kredit-]Karte entstehen können, insbesondere die Angabe von Karten-(nummern), deren Gültigkeit bereits abgelaufen ist, die gesperrt oder fingiert sind bzw. Abgabe einer gefälschten Unterschrift auf der Bestellung. In diesem Sinn erklärt sich das Vertragsunternehmen damit einverstanden, dass im Falle von Reklamationen, die aus den genannten Gründen entstehen, die ... AG berechtigt ist, reklamierte Beträge unverzüglich rückzubuchen."
Im Juli 2002 bestellte ein Kunde aus Indonesien via Internet ein Bild und füllte zu diesem Zweck ein Online-Formular aus. Er gab dabei einen Namen, eine Adresse und die Daten der Kreditkarte (Nummer und Ablaufdatum und einen Inhabernamen) an. Diese Daten übermittelte der Kläger an die AG, die die Kreditkartennummer, das Ablaufdatum und die Notorietät der Karte prüfte und die Transaktion durch Vergabe einer Genehmigungsnummer autorisierte. Die Übereinstimmung des angegebenen Karteninhabers mit der Kartennummer wurde von der AG - entgegen der Annahme des Klägers - nicht geprüft. Nach dem derzeitigen Computerstandard in Österreich sind die Namen ausländischer Karteninhaber für die AG auch gar nicht ersichtlich.
Nach Autorisierung der Transaktion durch die AG versandte der Kläger die Ware und erhielt von der AG den Kaufpreis von EUR 4.332,35 überwiesen. Der benannte Karteninhaber bestritt allerdings die Transaktion, sodass die AG den Betrag an diesen rücküberwies und unter Hinweis auf Punkt 3. der Zusatzvereinbarung von späteren Kreditkartenumsätzen des Klägers einbehielt.
Mit Klage vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien begehrte der Kläger von der AG die Zahlung dieses einbehaltenen Betrags und führte aus, dass das Risiko des Kreditkartenmissbrauchs von der AG zu tragen wäre. Punkt 3. der Zusatzvereinbarung sei gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig. Das Kreditkartengeschäft diene primär dem Kreditkartenunternehmen; eine gänzliche Risikozuteilung an das Vertragsunternehmen sei daher nicht zulässig. Die AG habe außerdem gemeinsam mit anderen Kreditkartenunternehmen eine marktbeherrschende Stellung inne; der Kläger sei auf die Geschäftsbeziehung mit der AG angewiesen, wolle er nicht Millionen von Kreditkarteninhabern der AG als potentielle Vertragspartner verlieren. Unter Ausnützung dieser marktbeherrschenden Stellung habe die AG die Risikoverteilungsklausel in die Zusatzvereinbarung aufgenommen, sodass eine Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen im Sinne des § 35 Abs 1 Z 1 KartG 1988 vorliege und die Klausel auch aus diesem Grund nichtig sei. Die Marktbeherrschung durch die AG sei jedenfalls gerichtsnotorisch. Weiters sei ein Schadenersatzanspruch des Klägers gerechtfertigt, weil die AG die Transaktion genehmigte, obwohl der Name des angeblichen Karteninhabers mit der Kartennummer nicht übereingestimmt habe. Die AG wäre auf Grund ihrer vertraglichen Sorgfaltspflicht zur Schaffung der technischen Überprüfungsmöglichkeiten verpflichtet gewesen. Wäre der Hinweis ergangen, dass die Kartennummer nicht dem angeblichen Karteninhaber zuzuordnen sei, hätte der Kläger die Waren nicht versendet. Dass eine derartige Überprüfung gar nicht stattfinde, habe die AG niemals mitgeteilt.Mit Klage vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien begehrte der Kläger von der AG die Zahlung dieses einbehaltenen Betrags und führte aus, dass das Risiko des Kreditkartenmissbrauchs von der AG zu tragen wäre. Punkt 3. der Zusatzvereinbarung sei gemäß Paragraph 879, Absatz 3, ABGB nichtig. Das Kreditkartengeschäft diene primär dem Kreditkartenunternehmen; eine gänzliche Risikozuteilung an das Vertragsunternehmen sei daher nicht zulässig. Die AG habe außerdem gemeinsam mit anderen Kreditkartenunternehmen eine marktbeherrschende Stellung inne; der Kläger sei auf die Geschäftsbeziehung mit der AG angewiesen, wolle er nicht Millionen von Kreditkarteninhabern der AG als potentielle Vertragspartner verlieren. Unter Ausnützung dieser marktbeherrschenden Stellung habe die AG die Risikoverteilungsklausel in die Zusatzvereinbarung aufgenommen, sodass eine Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen im Sinne des Paragraph 35, Absatz eins, Ziffer eins, KartG 1988 vorliege und die Klausel auch aus diesem Grund nichtig sei. Die Marktbeherrschung durch die AG sei jedenfalls gerichtsnotorisch. Weiters sei ein Schadenersatzanspruch des Klägers gerechtfertigt, weil die AG die Transaktion genehmigte, obwohl der Name des angeblichen Karteninhabers mit der Kartennummer nicht übereingestimmt habe. Die AG wäre auf Grund ihrer vertraglichen Sorgfaltspflicht zur Schaffung der technischen Überprüfungsmöglichkeiten verpflichtet gewesen. Wäre der Hinweis ergangen, dass die Kartennummer nicht dem angeblichen Karteninhaber zuzuordnen sei, hätte der Kläger die Waren nicht versendet. Dass eine derartige Überprüfung gar nicht stattfinde, habe die AG niemals mitgeteilt.
Die AG wandte ein, die Risikoverteilungsklausel sei nicht sittenwidrig, da der fraudulose Vertragspartner des Klägers ausschließlich dessen Sphäre zuzuordnen sei. Eine Überprüfung des angegebenen Inhabernamens sei bei ausländischen Karteninhabern nicht möglich. Eine Marktbeherrschung liege nicht vor. Die AG sei nur Lizenznehmerin einer internationalen Gesellschaft und habe gar keine Einflussmöglichkeit auf Verknüpfungen im elektronischen System.
Das angerufene Bezirksgericht wies das Klagebegehren ab und traf die zuvor wiedergegebenen unbekämpften Feststellungen sowie eine - in der Berufung bekämpfte - Negativfeststellung zur Marktbeherrschung durch die AG. Es verneinte eine Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel und folgte der Argumentation der AG, wonach ein frauduloser Vertragspartner des Klägers dessen Sphäre zuzuordnen sei. Kontrollmöglichkeiten stünden - wenn überhaupt - nur dem Kläger, nicht aber der AG offen. Eine Verpflichtung zur Schaffung der technischen Voraussetzungen, die eine Überprüfung der Übereinstimmung von Kartennummer und angegebenen Karteninhaber im Fernabsatz ermöglichen würde, bestünde nicht. Es sei nicht einmal klar, ob dies technisch überhaupt möglich oder der AG zumutbar wäre.
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Berufung, in der er ua positive Feststellungen zur Marktbeherrschung durch die AG anstrebte. Es wäre ohne Mehrbelastung möglich gewesen, die technischen Voraussetzungen für die Überprüfung von angeblichem Karteninhaber und Kartennummer zu schaffen. Die AG hätte außerdem darauf hinweisen müssen, dass keine Überprüfung stattfinde; diesfalls hätte der Kläger die Versendung der Waren gar nicht vorgenommen, sodass ein Schadenersatzanspruch des Klägers wegen Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten bestünde. Außerdem sei die Klausel entgegen der Ansicht des Gerichts sittenwidrig.
Das Berufungsgericht im Anlassverfahren bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es ging auf die angeführten Berufungsgründe auf Grund des Arguments nicht ein, der Kläger habe den Kaufpreis für das Bild ohnedies erhalten. Die von der AG vorgenommenen „Rückbuchungen" beträfen nachfolgende Einreichungen des Klägers und keine „klagsgegenständlichen Umsätze". Der Kläger bestreite in Wahrheit die Berechtigung der AG zur Aufrechnung. Er könne den Kaufpreis für das nach Indonesien versandte Bild unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel, die Nichtigkeit nach § 35 Abs 1 Z 1 KartG 1988 oder einen Schadenersatzanspruch nicht erneut mit Erfolg geltend machen.Das Berufungsgericht im Anlassverfahren bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es ging auf die angeführten Berufungsgründe auf Grund des Arguments nicht ein, der Kläger habe den Kaufpreis für das Bild ohnedies erhalten. Die von der AG vorgenommenen „Rückbuchungen" beträfen nachfolgende Einreichungen des Klägers und keine „klagsgegenständlichen Umsätze". Der Kläger bestreite in Wahrheit die Berechtigung der AG zur Aufrechnung. Er könne den Kaufpreis für das nach Indonesien versandte Bild unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel, die Nichtigkeit nach Paragraph 35, Absatz eins, Ziffer eins, KartG 1988 oder einen Schadenersatzanspruch nicht erneut mit Erfolg geltend machen.
Der Kläger erhob dagegen Revision, beantragte die Abänderung des Ausspruchs über die Revisionsunzulässigkeit und legte dar, den klagsgegenständlichen Betrag auf Grund der Rückgängigmachung im Wege der Aufrechnung durch die AG eben nicht erhalten zu haben. Selbst bei Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts wäre diese für die Parteien überraschend gewesen, habe doch weder die AG noch das Erstgericht eine derartige Ansicht je geäußert oder erörtert. Es hätte daher allenfalls zur Aufhebung des Ersturteils kommen müssen. Das Berufungsgericht wies den Abänderungsantrag samt Revision unter Hinweis auf die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung zurück; diese sei für die Parteien nicht überraschend gewesen, beruhe sie doch auf übereinstimmend vorgebrachten Tatsachen.
Der Kläger begehrte nun aus dem Titel der Amtshaftung den im Anlassverfahren nicht zugesprochenen Betrag von EUR 4.332,35 samt Zinsen sowie den Ersatz aller Prozesskosten, insgesamt EUR 10.552,39 samt Zinsen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Anlassverfahren sei unvertretbar falsch gewesen. Die ordentliche Revision hätte wegen eines grundsätzlichen Rechtsirrtums und krasser Fehlbeurteilung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit zugelassen werden müssen. Der Berufung im Anlassverfahren hätte stattgegeben werden müssen, weil die Risikoverteilungsklausel sittenwidrig und daher nichtig sei und weil die AG die vertragliche Verpflichtung getroffen habe, die technischen Voraussetzungen für die Überprüfung des angeblichen Karteninhabers zu schaffen und eine solche Überprüfung vorzunehmen.
Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, die bekämpfte Rechtsansicht zum Zahlungsanspruch des Klägers und zur Aufrechnung sei nachvollziehbar begründet und vertretbar. Selbst bei Unvertretbarkeit dieser Rechtsauffassung stünde dem Kläger kein Amtshaftungsanspruch zu, weil er im Anlassverfahren ohnedies nicht obsiegt hätte, zumal der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall ausdrücklich judiziert habe, dass eine derartige Risikoverteilungsklausel nicht sittenwidrig sei.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Die im Anlassverfahren gefällte Entscheidung sei sehr wohl begründet und die Judikatur erschöpfend dargestellt worden. Angesichts der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu (richtig) 10 Ob 54/04w sei die Entscheidung nicht nur vertretbar, sondern auch richtig.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Anlassverfahren, die unterstelle, dass das Klagebegehren unschlüssig gewesen wäre, sei nicht nachvollziehbar und unvertretbar falsch. Dem Kläger sei es jedenfalls um die Wiedererlangung des ihm von der AG geschuldeten und zunächst auch ausbezahlten, dann aber unter Berufung auf den vom Kläger als sittenwidrig angesehenen Punkt 3. der Zusatzvereinbarung mittels Aufrechnung wieder rückgebuchten Betrags gegangen. Die Annahme, der Kläger hätte den ihm bereits zugekommenen Betrag ein zweites Mal gefordert, könne selbst bei engster Auslegung des § 226 ZPO nicht als vertretbar angesehen werden. Selbst wenn aber von einer Unschlüssigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte dies nicht zur Klageabweisung, sondern zur Aufhebung des angefochtenen Urteils zwecks Einräumung der Möglichkeit zur Schlüssigstellung führen müssen. Ein Amtshaftungsanspruch bestünde aber nur dann zu Recht, wenn der Berufung richtiger Weise Folge zu geben gewesen wäre. Dementsprechend habe die beklagte Partei zulässigerweise den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erhoben. Die Risikoverteilungsklausel sei nicht sittenwidrig, weil im risikoanfälligen Mailorderverfahren auch das Kreditkartenunternehmen keine Möglichkeit der Überprüfung des Geschäftspartners seines Vertragsunternehmens gehabt hätte; eine Kontrolle wäre - wenn überhaupt - nur dem Vertragsunternehmen möglich gewesen. Im Hinblick auf die hohe Missbrauchsgefahr könne von einer Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel keine Rede sein. Auch die Argumentation mit § 35 KartG sei verfehlt, weil eine unzulässige Geschäftsbedingung im Sinne dieser Norm deren Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB voraussetze. Das Vorbringen des Klägers in seiner Berufung im Anlassverfahren, wonach es der AG leicht möglich gewesen wäre, technische Überprüfungsmöglichkeiten zu schaffen, wobei sie diese sogar schon geschaffen habe, stelle ebenso eine unzulässige Neuerung dar wie das Vorbringen, der Kläger hätte die Waren gar nicht versandt, hätte er gewusst, dass die AG den Karteninhaber nicht überprüfe. Im Ergebnis wäre der Berufung des Klägers im Anlassverfahren daher kein Erfolg beschieden gewesen; ein Amtshaftungsanspruch bestehe somit nicht.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Anlassverfahren, die unterstelle, dass das Klagebegehren unschlüssig gewesen wäre, sei nicht nachvollziehbar und unvertretbar falsch. Dem Kläger sei es jedenfalls um die Wiedererlangung des ihm von der AG geschuldeten und zunächst auch ausbezahlten, dann aber unter Berufung auf den vom Kläger als sittenwidrig angesehenen Punkt 3. der Zusatzvereinbarung mittels Aufrechnung wieder rückgebuchten Betrags gegangen. Die Annahme, der Kläger hätte den ihm bereits zugekommenen Betrag ein zweites Mal gefordert, könne selbst bei engster Auslegung des Paragraph 226, ZPO nicht als vertretbar angesehen werden. Selbst wenn aber von einer Unschlüssigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte dies nicht zur Klageabweisung, sondern zur Aufhebung des angefochtenen Urteils zwecks Einräumung der Möglichkeit zur Schlüssigstellung führen müssen. Ein Amtshaftungsanspruch bestünde aber nur dann zu Recht, wenn der Berufung richtiger Weise Folge zu geben gewesen wäre. Dementsprechend habe die beklagte Partei zulässigerweise den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erhoben. Die Risikoverteilungsklausel sei nicht sittenwidrig, weil im risikoanfälligen Mailorderverfahren auch das Kreditkartenunternehmen keine Möglichkeit der Überprüfung des Geschäftspartners seines Vertragsunternehmens gehabt hätte; eine Kontrolle wäre - wenn überhaupt - nur dem Vertragsunternehmen möglich gewesen. Im Hinblick auf die hohe Missbrauchsgefahr könne von einer Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel keine Rede sein. Auch die Argumentation mit Paragraph 35, KartG sei verfehlt, weil eine unzulässige Geschäftsbedingung im Sinne dieser Norm deren Sittenwidrigkeit nach Paragraph 879, Absatz 3, ABGB voraussetze. Das Vorbringen des Klägers in seiner Berufung im Anlassverfahren, wonach es der AG leicht möglich gewesen wäre, technische Überprüfungsmöglichkeiten zu schaffen, wobei sie diese sogar schon geschaffen habe, stelle ebenso eine unzulässige Neuerung dar wie das Vorbringen, der Kläger hätte die Waren gar nicht versandt, hätte er gewusst, dass die AG den Karteninhaber nicht überprüfe. Im Ergebnis wäre der Berufung des Klägers im Anlassverfahren daher kein Erfolg beschieden gewesen; ein Amtshaftungsanspruch bestehe somit nicht.
Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unvertretbarkeit der vom Berufungsgericht im Anlassverfahren geäußerten Rechtsansicht sind richtig. Es kann daher insoweit auf diese Begründung verwiesen werden.
Der Revisionswerber zieht nicht in Zweifel, dass der beklagten Partei im vorliegenden Amtshaftungsprozess die Einwendung rechtmäßigen Alternativverhaltens möglich ist. Es ist daher zu prüfen, ob der Kläger bei richtiger Entscheidung des Berufungsgerichts im Anlassverfahren Erfolg gehabt hätte.
Nun vermeint der Kläger zunächst unter Behauptung der Nichtigkeit der Risikoverteilungsklausel nach § 879 ABGB, seiner Berufung im Anlassverfahren hätte stattgegeben werden müssen.Nun vermeint der Kläger zunächst unter Behauptung der Nichtigkeit der Risikoverteilungsklausel nach Paragraph 879, ABGB, seiner Berufung im Anlassverfahren hätte stattgegeben werden müssen.
Dazu ist auszuführen, dass der Oberste Gerichtshof bereits zu 10 Ob 54/04w eine ähnliche Risikoverteilungsklausel als nicht sittenwidrig beurteilt hat. Der in dieser Entscheidung beurteilte Sachverhalt war aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, insoweit anderes gelagert, als das Kreditkartenunternehmen dem Vertragsunternehmen dort die Möglichkeit eines sogenannten sichereren „SET-Verfahrens" angeboten hatte. Dieses Verfahren ermöglichte zur Bekämpfung der Ausforschung von Kreditkarteninformationen im offenen Netz die Verwendung fälschungssicherer Signaturschlüssel, wodurch eine Identifizierung der Karteninhaber ermöglicht und die Verwendung fremder Kreditkarten ausgeschlossen werden konnte. In einem solchen Fall erachtete der Oberste Gerichtshof eine Risikoverteilungsklausel als nicht sittenwidrig, weil das Vertragsunternehmen die Wahlmöglichkeit hatte, die einseitige Risikozuteilung durch die Auswahl des (teureren) „SET-Verfahrens" zu vermeiden. Im konkreten Fall wurde die Möglichkeit eines „SET-Verfahrens" aber weder behauptet, noch festgestellt, sodass die Frage der Sittenwidrigkeit ohne Bedachtnahme auf diese Wahlmöglichkeit beurteilt - im Ergebnis aber verneint - werden muss.
Eine Angemessenheitskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB ist in einem beweglichen System vorzunehmen (RIS-Justiz RS0016914). Dabei ist auf die sachliche Rechtfertigung des Abgehens des vom dispositiven Recht grundsätzlich vorgesehenen Interessensausgleichs einerseits und das Ausmaß der verdünnten Willensfreiheit andererseits abzustellen. Geht man davon aus, dass sich bei den hier fraglichen Geschäften Käufer und Verkäufer nicht persönlich gegenüberstehen und eine Identitäts- und Legitimationsprüfung - wie auch das Erstgericht im Anlassverfahren unbekämpft feststellte - durch das (österreichische) Kreditkartenunternehmen bei ausländischen Karteninhabern auf Grund fehlender technischer Voraussetzungen gar nicht stattfinden konnte, so ist diese Form des bargeldlosen Einkaufs, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit des Ausspionierens von Kreditkarteninformationen im offenen Netzwerk oder bei einer sonstigen Verwendung der Kreditkarte im Zahlungsverkehr, besonders missbrauchsanfällig. Der „Kreditkartenmissbrauch" ist somit unter Bedachtnahme auf das besondere Risiko der unterschriftslosen Transaktion, bei der auch die Karte nicht vorgelegt wird, eher der Sphäre des Vertragsunternehmens zuzurechnen. Zwar wird auch das Vertragsunternehmen seinen Kunden in aller Regel ebensowenig überprüfen können, doch darf nicht übersehen werden, dass der Missbrauch durch einen Vertragspartner des Vertragsunternehmens und nicht durch einen Vertragspartner des Kreditkartenunternehmens erfolgt. Das Risiko betrügerischer Bestellungen gehört zu den typischen Risiken des Fernabsatzes, mit denen Händler seit jeher umzugehen haben. Bietet ein Vertragsunternehmen ungeachtet dieser Risiken dennoch Geschäfte im Fernabsatz an, so erscheint die (alleinige) Zuweisung dieses Risikos an das Vertragsunternehmen im Zuge der Risikoverteilungsklausel sachlich gerechtfertigt, zumal der Händler die Möglichkeit hat, von derartigen Geschäften Abstand zu nehmen, wogegen die Kreditkartengesellschaft einen Missbrauch wie hier vorliegend nicht unterbinden kann und auch auf den Vertragsabschluss und dessen Modalitäten keinen Einfluss hat.Eine Angemessenheitskontrolle nach Paragraph 879, Absatz 3, ABGB ist in einem beweglichen System vorzunehmen (RIS-Justiz RS0016914). Dabei ist auf die sachliche Rechtfertigung des Abgehens des vom dispositiven Recht grundsätzlich vorgesehenen Interessensausgleichs einerseits und das Ausmaß der verdünnten Willensfreiheit andererseits abzustellen. Geht man davon aus, dass sich bei den hier fraglichen Geschäften Käufer und Verkäufer nicht persönlich gegenüberstehen und eine Identitäts- und Legitimationsprüfung - wie auch das Erstgericht im Anlassverfahren unbekämpft feststellte - durch das (österreichische) Kreditkartenunternehmen bei ausländischen Karteninhabern auf Grund fehlender technischer Voraussetzungen gar nicht stattfinden konnte, so ist diese Form des bargeldlosen Einkaufs, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit des Ausspionierens von Kreditkarteninformationen im offenen Netzwerk oder bei einer sonstigen Verwendung der Kreditkarte im Zahlungsverkehr, besonders missbrauchsanfällig. Der „Kreditkartenmissbrauch" ist somit unter Bedachtnahme auf das besondere Risiko der unterschriftslosen Transaktion, bei der auch die Karte nicht vorgelegt wird, eher der Sphäre des Vertragsunternehmens zuzurechnen. Zwar wird auch das Vertragsunternehmen seinen Kunden in aller Regel ebensowenig überprüfen können, doch darf nicht übersehen werden, dass der Missbrauch durch einen Vertragspartner des Vertragsunternehmens und nicht durch einen Vertragspartner des Kreditkartenunternehmens erfolgt. Das Risiko betrügerischer Bestellungen gehört zu den typischen Risiken des Fernabsatzes, mit denen Händler seit jeher umzugehen haben. Bietet ein Vertragsunternehmen ungeachtet dieser Risiken dennoch Geschäfte im Fernabsatz an, so erscheint die (alleinige) Zuweisung dieses Risikos an das Vertragsunternehmen im Zuge der Risikoverteilungsklausel sachlich gerechtfertigt, zumal der Händler die Möglichkeit hat, von derartigen Geschäften Abstand zu nehmen, wogegen die Kreditkartengesellschaft einen Missbrauch wie hier vorliegend nicht unterbinden kann und auch auf den Vertragsabschluss und dessen Modalitäten keinen Einfluss hat.
Wenn der Kläger mehrfach auf eine vermeintlich gegenteilige Entscheidung des BGH (NJW 2002, 2234) Bezug nimmt, so verkennt er, dass dieser - wie zu 10 Ob 54/04w bereits ausgeführt - die Sittenwidrigkeit der Risikoverteilungsklausel nicht unwesentlich darauf stützte, dass sich das Kreditkartenunternehmen das erhöhte Risiko im Fernabsatz vom Vertragsunternehmen durch eine höhere Servicegebühr hatte abgelten lassen. Derartige Umstände wurden im Anlassverfahrens aber weder behauptet noch festgestellt und sind dieser Entscheidung daher auch nicht zu Grunde zu legen.
Im Amtshaftungsverfahren vermeint der Kläger weiters, seine Berufung hätte Erfolg gehabt, weil die Klausel auch im Sinne des § 35 KartG 1988 „sittenwidrig" sei. Die Unwirksamkeit der Risikozuteilungsklausel infolge eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen im Sinne des § 35 Abs 1 Z 1 KartG 1988 könnte sich aber allenfalls nur aus einer Gesetzwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB ergeben. Der Oberste Gerichtshof legte bereits in seiner Entscheidung 4 Ob 187/02g dar, dass § 35 KartG 1988 auch schon vor dem im Zuge der KartGNov 2002 ausdrücklich normierten Verbot des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung eine gesetzliche Verbotsvorschrift darstellte, deren Verletzung die Ungültigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 879 Abs 1 ABGB zur Folge hatte. § 35 Abs 1 Z 1 KartG 1988 verfolgte ersichtlich den Zweck, dass Vertragsbestimmungen, die unter normalen Marktbedingungen zwar (noch) legitim waren, aber Vorteile und Risiken eines Rechtsgeschäfts einseitig zu Gunsten des marktbeherrschenden Unternehmens verteilten und so entweder mit wettbewerblichen Schutzzwecken oder mit der Sicherung individueller Belange vor Ausbeutung in Konflikt gerieten (4 Ob 187/02g; Tahedl, Der Missbrauch marktbeherrschender Stellung im österreichischen Kartellrecht, 147), verpönt sein sollten. Geschäftsbedingungen sind nach dieser Bestimmung bei offenbarer Unbilligkeit unangemessen. Dies ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen (Gugerbauer, Kommentar zum Kartellgesetz 1988, § 35 Rz 7). Abzuwägen sind dabei die berechtigten Interessen der durch die Risikoverteilung begünstigten AG mit den Nachteilen, die eine solche Klausel für den Kläger brachte, wobei diese Beurteilung nicht auf eine einzelne Geschäftsbedingung beschränkt werden darf, sondern kann eine solche Klausel durch andere (günstige) Vertragsbestandteile „kompensiert" werden (Gugerbauer, aaO). Bedenkt man die Risikoanfälligkeit von Kreditkartengeschäften im Fernabsatz, die - nach der unbekämpften Feststellung im Anlassverfahren - auch für das Kreditkartenunternehmen nicht beherrschbar war, und berücksichtigt man die Absatzmöglichkeiten, die sich für den Kläger durch den Vertrieb von Bildern im Internet - somit aus der Zusatzvereinbarung mit der AG überhaupt - ergeben, so erscheint die Risikoverteilung nicht unbillig. Für die Gerichte im Anlassverfahren bestand daher kein Grund, die Frage der Marktbeherrschung zu erörtern.Im Amtshaftungsverfahren vermeint der Kläger weiters, seine Berufung hätte Erfolg gehabt, weil die Klausel auch im Sinne des Paragraph 35, KartG 1988 „sittenwidrig" sei. Die Unwirksamkeit der Risikozuteilungsklausel infolge eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen im Sinne des Paragraph 35, Absatz eins, Ziffer eins, KartG 1988 könnte sich aber allenfalls nur aus einer Gesetzwidrigkeit nach Paragraph 879, Absatz eins, ABGB ergeben. Der Oberste Gerichtshof legte bereits in seiner Entscheidung 4 Ob 187/02g dar, dass Paragraph 35, KartG 1988 auch schon vor dem im Zuge der KartGNov 2002 ausdrücklich normierten Verbot des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung eine gesetzliche Verbotsvorschrift darstellte, deren Verletzung die Ungültigkeit des Rechtsgeschäfts nach Paragraph 879, Absatz eins, ABGB zur Folge hatte. Paragraph 35, Absatz eins, Ziffer eins, KartG 1988 verfolgte ersichtlich den Zweck, dass Vertragsbestimmungen, die unter normalen Marktbedingungen zwar (noch) legitim waren, aber Vorteile und Risiken eines Rechtsgeschäfts einseitig zu Gunsten des marktbeherrschenden Unternehmens verteilten und so entweder mit wettbewerblichen Schutzzwecken oder mit der Sicherung individueller Belange vor Ausbeutung in Konflikt gerieten (4 Ob 187/02g; Tahedl, Der Missbrauch marktbeherrschender Stellung im österreichischen Kartellrecht, 147), verpönt sein sollten. Geschäftsbedingungen sind nach dieser Bestimmung bei offenbarer Unbilligkeit unangemessen. Dies ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen (Gugerbauer, Kommentar zum Kartellgesetz 1988, Paragraph 35, Rz 7). Abzuwägen sind dabei die berechtigten Interessen der durch die Risikoverteilung begünstigten AG mit den Nachteilen, die eine solche Klausel für den Kläger brachte, wobei diese Beurteilung nicht auf eine einzelne Geschäftsbedingung beschränkt werden darf, sondern kann eine solche Klausel durch andere (günstige) Vertragsbestandteile „kompensiert" werden (Gugerbauer, aaO). Bedenkt man die Risikoanfälligkeit von Kreditkartengeschäften im Fernabsatz, die - nach der unbekämpften Feststellung im Anlassverfahren - auch für das Kreditkartenunternehmen nicht beherrschbar war, und berücksichtigt man die Absatzmöglichkeiten, die sich für den Kläger durch den Vertrieb von Bildern im Internet - somit aus der Zusatzvereinbarung mit der AG überhaupt - ergeben, so erscheint die Risikoverteilung nicht unbillig. Für die Gerichte im Anlassverfahren bestand daher kein Grund, die Frage der Marktbeherrschung zu erörtern.
Auf die vom Kläger in der Revision bekämpfte Ansicht des Berufungsgerichts, das Vorbringen in seiner Berufung im Anlassverfahren, wonach die dort beklagte AG den Kläger gar nicht darauf hingewiesen habe, dass eine Überprüfung von Kartennummer mit angeblichem Karteninhaber technisch nicht möglich sei und dass der Kläger, wäre er darüber in Kenntnis gesetzt worden, die Waren nicht versendet und in weiterer Folge auch keinen Schaden erlitten hätte, habe im Bereich der Kausalitätsbehauptung eine unzulässige Neuerung dargestellt, ist nicht näher einzugehen. Der Kläger hätte die Tatsachengrundlage für einen derartigen Schadenersatzanspruch in das Amtshaftungsverfahren unmissverständlich einbringen und in erster Instanz behaupten müssen, seiner Berufung im Anlassverfahren wäre Erfolg beschieden gewesen, weil die AG pflichtwidrig eine derartige Aufklärung unterlassen habe und er in weiterer Folge die Waren nicht versendet hätte, weshalb der Klage letztlich stattzugeben gewesen wäre. Derartige Behauptungen hat der Kläger aber nicht aufgestellt; sein erstmaliges Vorbringen in der Revision stellt eine unzulässige Neuerung dar.
Auf den Vorwurf, die AG habe pflichtwidrig die technischen Voraussetzungen für die Überprüfung der Übereinstimmung von Kartennummer und angeblichem Karteninhaber nicht geschaffen, kommt der Kläger in der Revision nicht mehr zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41, Absatz eins und 50 Absatz eins, ZPO.
Textnummer
E83590European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0010OB00001.07I.0227.000Im RIS seit
29.03.2007Zuletzt aktualisiert am
30.11.2012