Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Maxima B*****, geboren am 21. Oktober 1991, und Nina B*****, geboren am 11. Mai 1993, beide vertreten durch die Mutter Theodora B*****, diese vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 5. September 2006, GZ 23 R 183/06v-U-46, womit über Rekurs der Minderjährigen der Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 5. Juli 2006, GZ 1 P 116/00f-U-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Vater Emanuel B***** wurde 2001 gerichtlich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für die beiden Minderjährigen von je 3.150 S (228,92 EUR) verpflichtet. Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde 1999 geschieden. Die Kinder sind in Pflege und Erziehung der Mutter.
Mit dem am 7. 7. 2005 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragten die Kinder, den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag mit 486 EUR für Maxima ab 22. 10. 2001 und für Nina ab 12. 5. 2003 festzusetzen. Der Unterhaltspflichtige habe ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.600 EUR. Er könne eine Dienstwohnung mit Garten benützen. Das Wohn- und Nutzungsrecht sei mit 900 EUR zu bewerten, sodass die Bemessungsgrundlage 2.500 EUR betrage.
Der Vater beantragte, das Unterhaltserhöhungsbegehren abzuweisen. Er wandte ein, ein bis 6. 7. 2002 angelaufener Unterhaltsrückstand sei verjährt. Eine Erhöhung seiner Unterhaltsleistungen überstiege seine Leistungsfähigkeit.
Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu erbringenden monatlichen Unterhaltsbeitrag
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene, vom Vater nicht beantwortete Revisionsrekurs der Minderjährigen ist zwar aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Soweit der Revisionsrekurs noch immer einen Zuspruch der Unterhaltserhöhung für Maxima vom 22. 10. 2001 bis 6. 7. 2002 anstrebt, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen, dass dieser Anspruchsteil verjährt ist (§ 1480 ABGB). Dagegen wurde schon im Rekurs von den Minderjährigen nichts vorgebracht.1. Soweit der Revisionsrekurs noch immer einen Zuspruch der Unterhaltserhöhung für Maxima vom 22. 10. 2001 bis 6. 7. 2002 anstrebt, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen, dass dieser Anspruchsteil verjährt ist (Paragraph 1480, ABGB). Dagegen wurde schon im Rekurs von den Minderjährigen nichts vorgebracht.
2. Die vom Rekursgericht vertretene Rechtsauffassung bekämpfen die Rechtsmittelwerberinnen im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:
Wenngleich der Vater keinen Einfluss darauf habe, welche Dienstwohnung ihm zur Verfügung gestellt werde, so sei doch der Sachbezug in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn er vom Unterhaltspflichtigen zur Gänze konsumiert werde. Der Vater nutze die Wohnung mit seiner Lebensgefährtin und deren Kind. Hinzu komme, dass er den Garten frei benützen könne und ihm die Nutzung des Innenhofs sowie die Mitbenützung von Werkstätten, Abstellplätzen usw im geschützten und gesperrten Bereich eines ehemaligen Klosters offenstehe. Gerade diese erhöhte Lebensqualität bewirke massiv reduzierte Lebenshaltungskosten, zumal sich der Vater durch die Nutzungsmöglichkeiten erhebliche Barmittel erspare, die andere Personen für Erholung oder Freizeitgestaltung benötigten. Das Argument, dass ein Unterhaltsberechtigter nicht die Erfüllung seines gesamten Unterhaltsanspruchs durch Zurverfügungstellung einer luxuriösen Wohnung hinnehmen müsse, sondern trotz der Benutzung der Wohnung Anspruch auf gewisse Barmittel habe, gehe im vorliegenden Fall ins Leere. Der Vater erhalte zum Einen neben dem Sachbezug auch Lohn und verwende zum Anderen die Wohnung zur Befriedigung auch des Wohnbedürfnisses seiner Lebensgefährtin und deren Kindes. Diese ersparten sich dadurch Kosten für eigenen Wohnraum und könnten dementsprechend Barmittel in den Haushalt einbringen. Darüber hinaus könnte der Vater die von ihm benützte Wohnfläche auf 80 m² und damit die ihm für die Benützung der Dienstwohnung vorgeschriebenen Mietzinse um 40 % reduzieren, sodass ihm jedenfalls diese Ersparnis anzurechnen wäre.
3. Hiezu wurde erwogen:
a) Die Behauptungen, dass der Vater nicht allein, sondern mit seiner Lebensgefährtin und deren Kind die Wohnung benütze und er auch die Möglichkeit hätte, die bewohnte Fläche auf 80 m² zu reduzieren, waren bereits im Rekursverfahren unzulässige Neuerungen, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte. Sie sind im Revisionsrekursverfahren unbeachtlich (§ 66 Abs 2 AußStrG). Auf die darauf aufbauende Argumentation der Rechtsmittelwerber ist daher nicht einzugehen.a) Die Behauptungen, dass der Vater nicht allein, sondern mit seiner Lebensgefährtin und deren Kind die Wohnung benütze und er auch die Möglichkeit hätte, die bewohnte Fläche auf 80 m² zu reduzieren, waren bereits im Rekursverfahren unzulässige Neuerungen, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte. Sie sind im Revisionsrekursverfahren unbeachtlich (Paragraph 66, Absatz 2, AußStrG). Auf die darauf aufbauende Argumentation der Rechtsmittelwerber ist daher nicht einzugehen.
b) Zutreffend zeigt das Rechtsmittel auf, dass die Ausführungen des Rekursgerichts, der Vater müsse auch die Bedürfnisse seiner Gattin und seines Kindes abdecken, aktenwidrig sind. Das Erstgericht stellte unbekämpft fest, dass der Vater nur für die beiden antragstellenden Minderjährigen sorgepflichtig ist. Es gibt im Akt keinen Hinweis darauf, dass der Vater noch ein Kind hätte und verheiratet wäre. Demnach ist im Revisonsrekursverfahren von den Feststellungen des Erstgerichts auszugehen.
c) Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist in erster Linie die sich aus seinem Gesamteinkommen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel in Geld oder in geldwerten Leistungen (Sachbezüge mit Einkommensersatzfunktion, 10 ObS 429/02i; 1 Ob 143/02i mwN ua; zB verbilligter Strom [1 Ob 11/97t ua]; Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung [1 Ob 143/02i; 5 Ob 1582/93 ua]; Dienstwohnung [3 Ob 351/97g; 1 Ob 529, 530/92]), soweit solche Einkommen nicht bloß der Abgeltung effektiver Auslagen dienen (1 Ob 337/99m = SZ 73/9 mwN uva).
Nach Auffassung des erkennenden Senats (arg „Leistung"; Einkommensersatzfunktion) muss die geldwerte Leistung - wie im Einkommenssteuerrecht (§ 15 Abs 2 EStG 1988; Doralt, EStG Kommentar8, § 15 Rz 10) - Zuwendungscharakter haben, um als Sachbezug des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt zu werden. Deshalb ist eine Ersparnis des Vaters aus den behaupteten Vorteilen, die sich aus der Lage der Dienstwohnung ergäben, nicht zu veranschlagen, werden doch diese Vorteile dem Vater von seinem Dienstgeber nicht zugewendet.Nach Auffassung des erkennenden Senats (arg „Leistung"; Einkommensersatzfunktion) muss die geldwerte Leistung - wie im Einkommenssteuerrecht (Paragraph 15, Absatz 2, EStG 1988; Doralt, EStG Kommentar8, Paragraph 15, Rz 10) - Zuwendungscharakter haben, um als Sachbezug des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt zu werden. Deshalb ist eine Ersparnis des Vaters aus den behaupteten Vorteilen, die sich aus der Lage der Dienstwohnung ergäben, nicht zu veranschlagen, werden doch diese Vorteile dem Vater von seinem Dienstgeber nicht zugewendet.
d) Zur entscheidungswesentlichen Frage der Bewertung des Sachbezugs vertritt der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 143/02i die Ansicht, dass es nicht angeht, in jedem einzelnen Fall weitwendige Ermittlungen anzustellen, um den Umfang der tatsächlichen privaten Nutzung eines vom Dienstgeber überlassenen PKW abzuklären, vielmehr grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der vom Dienstgeber bisher unbeanstandet verrechnete Wert des Sachbezugs den Gegebenheiten entspricht und einen reellen Einkommensbestandteil bildet. Dem folgend sprach der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 429/02i bereits aus, dass über den Wert der Sachbezüge keine weitwendigen Ermittlungen anzustellen sind, weshalb solange von der lohnsteuerrechtlichen Bewertung ausgegangen werden kann, als es keine Hinweise gibt, dass diese nicht den realen Gegebenheiten entsprechen. Im vorliegenden Fall übersteigt der festgestellte Marktwert des dem Vater von seinem Dienstgeber verbilligt zur Verfügung gestellten Wohnraums um mehr als 100 % die vom Dienstgeber ausgewiesene Höhe dieses Sachbezugs (s ON U 5, ON U 27 iVm ON U 37). Infolge dieser erheblichen Abweichung haben die Vorinstanzen die vom Dienstgeber ausgewiesene Höhe zutreffend nicht zur Bewertung des Sachbezugs herangezogen.d) Zur entscheidungswesentlichen Frage der Bewertung des Sachbezugs vertritt der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 143/02i die Ansicht, dass es nicht angeht, in jedem einzelnen Fall weitwendige Ermittlungen anzustellen, um den Umfang der tatsächlichen privaten Nutzung eines vom Dienstgeber überlassenen PKW abzuklären, vielmehr grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der vom Dienstgeber bisher unbeanstandet verrechnete Wert des Sachbezugs den Gegebenheiten entspricht und einen reellen Einkommensbestandteil bildet. Dem folgend sprach der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 429/02i bereits aus, dass über den Wert der Sachbezüge keine weitwendigen Ermittlungen anzustellen sind, weshalb solange von der lohnsteuerrechtlichen Bewertung ausgegangen werden kann, als es keine Hinweise gibt, dass diese nicht den realen Gegebenheiten entsprechen. Im vorliegenden Fall übersteigt der festgestellte Marktwert des dem Vater von seinem Dienstgeber verbilligt zur Verfügung gestellten Wohnraums um mehr als 100 % die vom Dienstgeber ausgewiesene Höhe dieses Sachbezugs (s ON U 5, ON U 27 in Verbindung mit ON U 37). Infolge dieser erheblichen Abweichung haben die Vorinstanzen die vom Dienstgeber ausgewiesene Höhe zutreffend nicht zur Bewertung des Sachbezugs herangezogen.
Gemessen an seinen im Geldeinkommen zum Ausdruck kommenden sonstigen wirtschaftlichen Verhältnissen wohnt der Vater zu aufwendig. Die Wohnung ist für ihn an sich zu groß. Zumal er keinen Einfluss darauf hat, welche Dienstwohnung ihm vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt wird oder überhaupt zur Verfügung steht, ist es angebracht, diesen Umständen bei der Bemessung des Kindesunterhalts dadurch Rechnung zu tragen, dass als Wert der verbilligten Wohnungsmöglichkeit (des Sachbezugs) die Differenz zwischen dem Mietzins, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine seinem Lebensstandard entsprechende angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste, und dem für die Dienstwohnung zu zahlenden Entgelt herangezogen wird.
e) Was eine angemessene kleinere Wohnung ist, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Die Auffassung der Vorinstanzen in diesem Punkt wird von den Rechtsmittelwerbern nicht bekämpft. Sie stellen die Bemessung des Unterhalts auf der von den Vorinstanzen angenommenen Bemessungsgrundlage auch nicht in Frage.
Anmerkung
E8363010Ob4.07xSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEvBl 2007/91 S 504 - EvBl 2007,504 = EF-Z 2007/84 S 144 - EF-Z2007,144 = iFamZ 2007/89 S 186 - iFamZ 2007,186 = Jus-Extra OGH-Z4339 = ÖA 2007,204 U516 - ÖA 2007 U516 = EFSlg 116.322 = EFSlg116.324 = EFSlg 116.325XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0100OB00004.07X.0227.000Zuletzt aktualisiert am
02.07.2009