Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in den verbundenen außerstreitigen Mietrechtssachen der Antragsteller 1. Kurt D*****, vertreten durch Dr. Christian Kurz und Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwälte in Innsbruck, 2. Ingrid E*****, vertreten durch Mag. Gregor Eberhard, Rechtsanwalt in Telfs, 3. Dr. Armin L*****, vertreten durch Offer & Partner KEG, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die Antragsgegner 1. Marianne T*****, 2. Dr. Gerhard H*****, 3. Markus V*****, 4. G*****-AG, *****, 5. Roswitha H*****, 6. T***** AG, *****, diese vertreten durch Dr. Peter Waizer, Rechtsanwalt in Innsbruck, 7. Dr. Otto S*****, 8. B ***** GmbH, *****, 9. DI Erwin B*****, 10. I***** GmbH, *****, 11. Mag. Hertha L*****, 12. Dipl.Vw. Dorothea D*****,
13. Anna M*****, 14. Gerhard S*****, 15. Hubert F*****, 16. Elfriede H*****, 17. Mag. Elisabeth K*****, wegen Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels (§ 32 Abs 5 WEG 2002), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der erst- und drittantragstellenden Partei gegen den (Sach-)Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4. Oktober 2006, GZ 413. Anna M*****, 14. Gerhard S*****, 15. Hubert F*****, 16. Elfriede H*****, 17. Mag. Elisabeth K*****, wegen Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels (Paragraph 32, Absatz 5, WEG 2002), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der erst- und drittantragstellenden Partei gegen den (Sach-)Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4. Oktober 2006, GZ 4
R 344/06a-36, mit dem der Rekurs der erstantragstellenden Partei gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 14. April 2006, GZ 35 Msch 2/04w, 35 Msch 4/05s, 26 Msch 5/05x-30, zurückgewiesen und dem Rekurs der drittantragstellenden Partei gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss keine Folge gegeben wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der erstantragstellenden Partei wird Folge gegeben.
Der angefochtene Zurückweisungsbeschluss (Pkt 1) wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der erstantragstellenden Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Entscheidung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der drittantragstellenden Partei bleibt vorbehalten.
Text
Begründung:
Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft in Innsbruck, auf der sich ein mit zwei Personenaufzügen ausgestattetes Geschäfts- und Wohngebäude befindet. Gegenstand des außerstreitigen Wohnrechtsverfahrens ist die Festsetzung eines für sämtliche Kosten der Personenaufzüge geltenden Aufteilungsschlüssels. Das Erstgericht setzte einen alle Anteile erfassenden Verteilungsschlüssel fest und befreite die Zweitantragstellerin, die Erstantragsgegnerin, den Zweitantragsgegner und die Sechstantragsgegnerin von sämtlichen Kosten sowie den Erstantragsteller und den Drittantragsteller jeweils zur Hälfte. Gegen diesen Sachbeschluss erhoben sowohl der Erstantragsteller als auch der Drittantragsteller Rekurs.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Erstantragstellers als verspätet zurück und gab dem Rekurs des Drittantragstellers nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils EUR 10.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Beide im Rekursverfahren beteiligten Antragsteller bekämpfen in ihren außerordentlichen Revisionsrekursen die Entscheidung des Rekursgerichtes: Der Erstantragsteller mit dem im Revisionsrekursverfahren ausschließlich relevanten Antrag, die Zurückweisung seines Rekurses aufzuheben und dem Rekursgericht die inhaltliche Behandlung des Rechtsmittels aufzutragen; der Drittantragsteller beantragt primär die Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses im Sinn einer gänzlichen Befreiung des Drittantragstellers von den Kosten für beide Personenlifte.
Rechtliche Beurteilung
Zum Revisionsrekurs des Erstantragstellers:
§ 62 AußStrG neu unterscheidet ebenso wenig wie die Vorgängerbestimmung des § 14 Abs 1 AußStrG aF zwischen Beschlüssen des Rekursgerichtes, mit denen dieses in der Sache selbst erkennt, und solchen, mit denen es nur formell ein Rechtsmittel zurückweist. In beiden Fällen ist der Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig. Eine analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO scheidet auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung aus (RIS-Justiz RS0007169; RS0120974; RS0007130; vgl Zechner in Fasching Komm2 § 528 ZPO Rz 12 f). Die Regelung über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 62 AußStrG neu ist in diesem außerstreitigen Wohnrechtsverfahren in der durch § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002, jeweils idF des WohnAußStrBglG (BGBl I 2003/113) modifizierten Form anzuwenden, weil das Datum der angefochtenen Entscheidung nach dem 31. 12. 2004 liegt (Art 10 § 2 Abs 2 WohnAußStrBglG BGBl I 2003/113). Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet. Der Sachbeschluss des Rekursgerichtes wurde den Rechtsvertretern des Erstantragstellers am 16. 5. 2006 zugestellt (ON 30). Die vierwöchige Rekursfrist (§ 37 Abs 3 Z 15 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002) endete am 13. 6. 2006. Das Rekursgericht gründete die Zurückweisung des Rekurses als verspätet auf den mit 14. 6. 2006 datierten Eingangsvermerk des Erstgerichtes, der den handschriftlichen Beisatz „überreicht" enthielt. Der Erstantragsteller behauptet unter Vorlage des Originales des Postaufgabescheines (ON 39), den Rekurs bereits am 13. 6. 2006 zur Post gegeben zu haben, was durch die vorgelegte Urkunde bestätigt wird. Auf dem Postaufgabeschein befinden sich die Namen des Erstantragstellers und der Hausverwaltung sowie die in Klammer vermerkte Nummer 2273, mit welcher auch der Rekurs des Erstantragstellers (ON 32/AS 343) versehen wurde. Die Vernehmung des zuständigen Bediensteten der Einlaufstelle (ON 41) war wenig aussagekräftig, weil sich der Vernommene an den konkreten Bearbeitungsvorgang nicht mehr erinnern konnte. Zwar stellt die Eingangsstampiglie nach § 192 ZPO eine öffentliche Urkunde dar, die zunächst vollen Beweis über den dokumentierten Vorgang macht. Dem Rechtsmittelwerber steht dennoch der Gegenbeweis offen (RIS-Justiz RS0006957 [T1 und T2]; RS0006965 [T1]). Hier wurde durch die Vorlage des Postaufgabescheines eindeutig dokumentiert, dass das Rechtsmittel noch innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist zur Post gegeben wurde. Wie der Erstantragsteller zutreffend aufzeigt, begründete die unberechtigte Annahme der Verspätung eines Rechtsmittels eine erhebliche Rechtsfrage, weil ein tragender Grundsatz des Verfahrensrechtes verletzt wurde (RIS-Justiz RS0041365 [T4]).Paragraph 62, AußStrG neu unterscheidet ebenso wenig wie die Vorgängerbestimmung des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG aF zwischen Beschlüssen des Rekursgerichtes, mit denen dieses in der Sache selbst erkennt, und solchen, mit denen es nur formell ein Rechtsmittel zurückweist. In beiden Fällen ist der Revisionsrekurs nach Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig. Eine analoge Anwendung des Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO scheidet auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung aus (RIS-Justiz RS0007169; RS0120974; RS0007130; vergleiche Zechner in Fasching Komm2 Paragraph 528, ZPO Rz 12 f). Die Regelung über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach Paragraph 62, AußStrG neu ist in diesem außerstreitigen Wohnrechtsverfahren in der durch Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 16, MRG in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 2, WEG 2002, jeweils in der Fassung des WohnAußStrBglG (BGBl römisch eins 2003/113) modifizierten Form anzuwenden, weil das Datum der angefochtenen Entscheidung nach dem 31. 12. 2004 liegt (Artikel 10, Paragraph 2, Absatz 2, WohnAußStrBglG BGBl römisch eins 2003/113). Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet. Der Sachbeschluss des Rekursgerichtes wurde den Rechtsvertretern des Erstantragstellers am 16. 5. 2006 zugestellt (ON 30). Die vierwöchige Rekursfrist (Paragraph 37, Absatz 3, Ziffer 15, MRG in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 2, WEG 2002) endete am 13. 6. 2006. Das Rekursgericht gründete die Zurückweisung des Rekurses als verspätet auf den mit 14. 6. 2006 datierten Eingangsvermerk des Erstgerichtes, der den handschriftlichen Beisatz „überreicht" enthielt. Der Erstantragsteller behauptet unter Vorlage des Originales des Postaufgabescheines (ON 39), den Rekurs bereits am 13. 6. 2006 zur Post gegeben zu haben, was durch die vorgelegte Urkunde bestätigt wird. Auf dem Postaufgabeschein befinden sich die Namen des Erstantragstellers und der Hausverwaltung sowie die in Klammer vermerkte Nummer 2273, mit welcher auch der Rekurs des Erstantragstellers (ON 32/AS 343) versehen wurde. Die Vernehmung des zuständigen Bediensteten der Einlaufstelle (ON 41) war wenig aussagekräftig, weil sich der Vernommene an den konkreten Bearbeitungsvorgang nicht mehr erinnern konnte. Zwar stellt die Eingangsstampiglie nach Paragraph 192, ZPO eine öffentliche Urkunde dar, die zunächst vollen Beweis über den dokumentierten Vorgang macht. Dem Rechtsmittelwerber steht dennoch der Gegenbeweis offen (RIS-Justiz RS0006957 [T1 und T2]; RS0006965 [T1]). Hier wurde durch die Vorlage des Postaufgabescheines eindeutig dokumentiert, dass das Rechtsmittel noch innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist zur Post gegeben wurde. Wie der Erstantragsteller zutreffend aufzeigt, begründete die unberechtigte Annahme der Verspätung eines Rechtsmittels eine erhebliche Rechtsfrage, weil ein tragender Grundsatz des Verfahrensrechtes verletzt wurde (RIS-Justiz RS0041365 [T4]).
Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Drittantragstellers:
Die rechtsgestaltende Festsetzung des Verteilungsschlüssels für die Kosten der Liftanlage nach § 32 Abs 5 WEG 2002 bindet sämtliche Verfahrensparteien als zum Zeitpunkt der Rechtskraft eingetragene Miteigentümer (RIS-Justiz RS0083238; 5 Ob 21/06h). Aus diesem Grund kommt eine meritorische Behandlung des Revisionsrekurses in einem Verfahrensstadium, in dem die inhaltliche Behandlung eines Rekurses gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss noch offen ist, nicht in Betracht.Die rechtsgestaltende Festsetzung des Verteilungsschlüssels für die Kosten der Liftanlage nach Paragraph 32, Absatz 5, WEG 2002 bindet sämtliche Verfahrensparteien als zum Zeitpunkt der Rechtskraft eingetragene Miteigentümer (RIS-Justiz RS0083238; 5 Ob 21/06h). Aus diesem Grund kommt eine meritorische Behandlung des Revisionsrekurses in einem Verfahrensstadium, in dem die inhaltliche Behandlung eines Rekurses gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss noch offen ist, nicht in Betracht.
Anmerkung
E834985Ob283.06pSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inMietSlg 59.597 = MietSlg 59.729XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0050OB00283.06P.0306.000Zuletzt aktualisiert am
28.08.2009