TE OGH 2007/3/7 13Os20/07a

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Veröffentlicht am 07.03.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz und Dr. T. Solé, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rainer L***** wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Dezember 2006, GZ 29 Hv 205/06g-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz und Dr. T. Solé, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rainer L***** wegen Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall und Absatz 3, erster Satz (erster Fall) SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Dezember 2006, GZ 29 Hv 205/06g-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil in der Subsumtion der zu A) genannten Taten nach § 28 Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und in dem „ein Rauchgerät (Bong)" betreffenden Einziehungserkenntnis aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil in der Subsumtion der zu A) genannten Taten nach Paragraph 28, Absatz 3, erster Satz (erster Fall) SMG, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und in dem „ein Rauchgerät (Bong)" betreffenden Einziehungserkenntnis aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die auf die Erledigung seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rainer L***** wurde einer jeweils unbestimmten Zahl von Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG (A) und Vergehen nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen: erster, zweiter und sechster Fall) SMG (B) schuldig erkannt. Danach hat er von ca Anfang 2006 bis 25. August 2006 in I***** und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider ein SuchtgiftRainer L***** wurde einer jeweils unbestimmten Zahl von Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, (zu ergänzen: vierter Fall) und Absatz 3, erster Satz (erster Fall) SMG (A) und Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, (zu ergänzen: erster, zweiter und sechster Fall) SMG (B) schuldig erkannt. Danach hat er von ca Anfang 2006 bis 25. August 2006 in I***** und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift

A) in großen Mengen, nämlich ca 1800 Ecstasy-Tabletten und

„jedenfalls" 750 g Cannabisprodukte mit einem Reinheitsgehalt von 10 %, in der Absicht, sich durch wiederkehrendes Inverkehrsetzen einer jeweils großen Menge Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, an Isabella G***** und Unbekannte in Verkehr gesetzt;

B) erworben, besessen oder anderen überlassen, und zwar

1. durch Erwerb (von Markus R*****, Nico Le***** und Unbekannten) und nachfolgenden Besitz von Cannabisprodukten;

2. durch gemeinsamen Konsum von Cannabisprodukten mit Isabella G***** in zahlreichen Fällen, wobei er „zumindest teilweise das Suchtgift zur Verfügung stellte."

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche sich gegen die zu A) erfolgte Annahme von Gewerbsmäßigkeit (aufgrund einer Verneinung der in § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG genannten Umstände) richtet, kommt aus dem zuerst genannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu. Den Entscheidungsgründen ist, was die Mängelrüge zutreffend aufzeigt (Z 5 erster Fall), nicht deutlich zu entnehmen, worauf das Schöffengericht seine Feststellung gegründet hat, der Angeklagte habe die zu A) genannten Taten nicht vorwiegend mit der Zielsetzung begangen, sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen (vgl US 8 und 14). Geht man angesichts der in US 8 und 14 getroffenen Überlegungen davon aus, dass die Tatrichter allein aufgrund des dort dargestellten Verhältnisses von (tatsächlich) erzieltem Gewinn und angefallenen Lebenshaltungskosten zu ihrer Überzeugung gelangt sind, hing mithin die Antwort auf die Frage der in § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG genannten Privilegierung aus Sicht des Schöffengerichtes just von dieser Relation ab, erweist sich die darauf bezogene Beschwerdeargumentation als zielführend. Durch die Kritik an einer für den Schluss auf die Bejahung oder Verneinung einer entscheidenden Tatsache unabdingbaren tatsächlichen Urteilsannahme wird nämlich die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen der entscheidenden Tatsache selbst zum Gegenstand des Rechtsmittelvorbringens und nicht bloß - aus Z 5 unzulässig - die Beweiswürdigung in Frage gestellt (13 Os 111/02; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410; ders, Häufige Kritikpunkte an Urteilen und staatsanwaltlichen Rechtsmitteln aus der Sicht eines OGH-Richters, 2003, 194 [195, dortige FN 5]).Der aus Ziffer 5,, 5a und 10 des Paragraph 281, Absatz eins, StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche sich gegen die zu A) erfolgte Annahme von Gewerbsmäßigkeit (aufgrund einer Verneinung der in Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz SMG genannten Umstände) richtet, kommt aus dem zuerst genannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu. Den Entscheidungsgründen ist, was die Mängelrüge zutreffend aufzeigt (Ziffer 5, erster Fall), nicht deutlich zu entnehmen, worauf das Schöffengericht seine Feststellung gegründet hat, der Angeklagte habe die zu A) genannten Taten nicht vorwiegend mit der Zielsetzung begangen, sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen vergleiche US 8 und 14). Geht man angesichts der in US 8 und 14 getroffenen Überlegungen davon aus, dass die Tatrichter allein aufgrund des dort dargestellten Verhältnisses von (tatsächlich) erzieltem Gewinn und angefallenen Lebenshaltungskosten zu ihrer Überzeugung gelangt sind, hing mithin die Antwort auf die Frage der in Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz SMG genannten Privilegierung aus Sicht des Schöffengerichtes just von dieser Relation ab, erweist sich die darauf bezogene Beschwerdeargumentation als zielführend. Durch die Kritik an einer für den Schluss auf die Bejahung oder Verneinung einer entscheidenden Tatsache unabdingbaren tatsächlichen Urteilsannahme wird nämlich die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen der entscheidenden Tatsache selbst zum Gegenstand des Rechtsmittelvorbringens und nicht bloß - aus Ziffer 5, unzulässig - die Beweiswürdigung in Frage gestellt (13 Os 111/02; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 410; ders, Häufige Kritikpunkte an Urteilen und staatsanwaltlichen Rechtsmitteln aus der Sicht eines OGH-Richters, 2003, 194 [195, dortige FN 5]).

Der Beschwerdeführer weist zu Recht auf ein Übergehen der Angaben des Angeklagten hin, denen zufolge er 800 Tabletten an einen „Mittäter" namens P***** überlassen, dabei „einen Aufschlag von nur einem Euro" pro Stück gegenüber dem Ankaufspreis „verrechnet" und auch sonst „nicht den gesamten Kaufpreis von den Abnehmern bekommen" habe (S 3, 5/Bd II).Der Beschwerdeführer weist zu Recht auf ein Übergehen der Angaben des Angeklagten hin, denen zufolge er 800 Tabletten an einen „Mittäter" namens P***** überlassen, dabei „einen Aufschlag von nur einem Euro" pro Stück gegenüber dem Ankaufspreis „verrechnet" und auch sonst „nicht den gesamten Kaufpreis von den Abnehmern bekommen" habe (S 3, 5/Bd römisch II).

Geht man mithin - Nichtigkeit aus Z 5 erster Fall solcherart verneinend - davon aus, dass den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deutlichkeit eine Aussage entnommen werden kann, wonach sich die Tatrichter aufgrund der Relation von tatsächlichem Gewinn und Lebenshaltungskosten zu ihrer Negativfeststellung hinsichtlich der privilegierenden Umstände des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG verstanden haben, so ist die dazu angestellte Beweiswürdigung ihrerseits formal mangelhaft aus Z 5 zweiter Fall.Geht man mithin - Nichtigkeit aus Ziffer 5, erster Fall solcherart verneinend - davon aus, dass den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deutlichkeit eine Aussage entnommen werden kann, wonach sich die Tatrichter aufgrund der Relation von tatsächlichem Gewinn und Lebenshaltungskosten zu ihrer Negativfeststellung hinsichtlich der privilegierenden Umstände des Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz SMG verstanden haben, so ist die dazu angestellte Beweiswürdigung ihrerseits formal mangelhaft aus Ziffer 5, zweiter Fall.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof zudem von einer unrichtigen Gesetzesanwendung in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) zum Nachteil des Angeklagten überzeugt. Selbst wenn man unterstellt, dass das als „Bong" bezeichnete „Rauchgerät" bei der Begehung einer der zu B) genannten strafbaren Handlungen verwendet wurde (wozu das Urteil keine Feststellungen trifft), hätte es tatsächlicher Urteilsannahmen zur Beurteilung der von § 26 Abs 1 StGB als Voraussetzung für eine Einziehung genannten besonderen Beschaffenheit des Gegenstandes bedurft, ohne welche das Einziehungserkenntnis unter Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall leidet (13 Os 83/06i, EvBl 2007/23, 117 [Rechtsfehler mangels Feststellungen; vgl WK-StPO § 281 Rz 696]). Das Einverständnis des Angeklagten mit einer Einziehung kann die gesetzlichen Voraussetzungen dieser hoheitlichen Maßnahme nicht ersetzen. Urteilsaufhebung und Anordnung einer neuen Hauptverhandlung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sind die Folge (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 1 und Z 3 StPO). Die weiteren Beschwerdeargumente bedürfen daher keiner Erörterung.Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof zudem von einer unrichtigen Gesetzesanwendung in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, StPO (Paragraph 290, Absatz eins, zweiter Satz StPO) zum Nachteil des Angeklagten überzeugt. Selbst wenn man unterstellt, dass das als „Bong" bezeichnete „Rauchgerät" bei der Begehung einer der zu B) genannten strafbaren Handlungen verwendet wurde (wozu das Urteil keine Feststellungen trifft), hätte es tatsächlicher Urteilsannahmen zur Beurteilung der von Paragraph 26, Absatz eins, StGB als Voraussetzung für eine Einziehung genannten besonderen Beschaffenheit des Gegenstandes bedurft, ohne welche das Einziehungserkenntnis unter Nichtigkeit nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, zweiter Fall leidet (13 Os 83/06i, EvBl 2007/23, 117 [Rechtsfehler mangels Feststellungen; vergleiche WK-StPO Paragraph 281, Rz 696]). Das Einverständnis des Angeklagten mit einer Einziehung kann die gesetzlichen Voraussetzungen dieser hoheitlichen Maßnahme nicht ersetzen. Urteilsaufhebung und Anordnung einer neuen Hauptverhandlung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sind die Folge (Paragraphen 285 e, erster Satz, 288 Absatz 2, Ziffer eins und Ziffer 3, StPO). Die weiteren Beschwerdeargumente bedürfen daher keiner Erörterung.

Die - nur die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde, nicht die amtswegig getroffene Maßnahme erfassende (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7, 12) - Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.Die - nur die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde, nicht die amtswegig getroffene Maßnahme erfassende (Lendl, WK-StPO Paragraph 390 a, Rz 7, 12) - Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Anmerkung

E83965 13Os20.07a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0130OS00020.07A.0307.000

Dokumentnummer

JJT_20070307_OGH0002_0130OS00020_07A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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