TE OGH 2007/3/8 2Ob210/05d

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Veröffentlicht am 08.03.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Dr. Martin Stossier, Rechtsanwalt in Wels, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma H***** Handelsgesellschaft mbH, *****, und 2. Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma H***** Sanitär und Heizung Handelsgesellschaft mbH, *****, wider die beklagte Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Hochegger, Rechtsanwalt in Wien, wegen zu 1. EUR 1,654.630,80 sA und zu 2. EUR 869.746,02 sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27. April 2005, GZ 1 R 195/04h-50, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht gelangte zumindest im Ergebnis zu Recht zu einer Abweisung der Klagebegehren, ohne dass es dabei auf das Vorliegen eines anfechtbaren Rechtsgeschäftes zwischen den Streitteilen ankäme. Selbst wenn man mit dem Erstgericht die analoge Anwendbarkeit der Judikatur zum revolvierenden Kontokorrentkredit auf die hier durch die Weiterführung der Delkrederehaftung aufrecht erhaltene Liquidität der Gemeinschuldnerinnen bejahte, ist zu bedenken, dass nach herrschender Auffassung zum Kontokorrentkredit die im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung gewährten Kredite „Rechtsgeschäfte" iSd § 30 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO sind (2 Ob 2147/96s mwN; 1 Ob 308/98w, 4 Ob 306/98y, 6 Ob 110/00w, 6 Ob 72/06s). In einem solchen Fall liegt in jeder Gestattung der Wiederausnützung eine neue Kreditgewährung (4 Ob 306/98y). Von der Anfechtung ist jede einzelne Kreditausnützung (Abrufung) des Schuldners betroffen, der sich die Bank nicht widersetzt (6 Ob 110/00w). Auch in den Entscheidungen 4 Ob 306/98y und 1 Ob 308/98w wurde die Wiederausnützung eines revolvierenden Kontokorrentkredits als das anfechtbare Rechtsgeschäft behandelt. Beim Rahmenkredit und seiner Wiederausnützung geht es um die Aufrechterhaltung der Liquidität eines zahlungsunfähigen und auch potentiell nicht mehr sanierbaren Kreditschuldners als Dauertatbestand, sodass für die Nachteiligkeit der Zeitpunkt der ersten anfechtbaren Rechtshandlung (dies ist die erste Wiederausnützung des Rahmens in der kritischen Frist infolge Unterlassung der Kündigung) für den Quotenvergleich maßgeblich ist (6 Ob 110/00w).Das Berufungsgericht gelangte zumindest im Ergebnis zu Recht zu einer Abweisung der Klagebegehren, ohne dass es dabei auf das Vorliegen eines anfechtbaren Rechtsgeschäftes zwischen den Streitteilen ankäme. Selbst wenn man mit dem Erstgericht die analoge Anwendbarkeit der Judikatur zum revolvierenden Kontokorrentkredit auf die hier durch die Weiterführung der Delkrederehaftung aufrecht erhaltene Liquidität der Gemeinschuldnerinnen bejahte, ist zu bedenken, dass nach herrschender Auffassung zum Kontokorrentkredit die im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung gewährten Kredite „Rechtsgeschäfte" iSd Paragraph 30, Absatz eins, Ziffer 2, Fall 2 KO sind (2 Ob 2147/96s mwN; 1 Ob 308/98w, 4 Ob 306/98y, 6 Ob 110/00w, 6 Ob 72/06s). In einem solchen Fall liegt in jeder Gestattung der Wiederausnützung eine neue Kreditgewährung (4 Ob 306/98y). Von der Anfechtung ist jede einzelne Kreditausnützung (Abrufung) des Schuldners betroffen, der sich die Bank nicht widersetzt (6 Ob 110/00w). Auch in den Entscheidungen 4 Ob 306/98y und 1 Ob 308/98w wurde die Wiederausnützung eines revolvierenden Kontokorrentkredits als das anfechtbare Rechtsgeschäft behandelt. Beim Rahmenkredit und seiner Wiederausnützung geht es um die Aufrechterhaltung der Liquidität eines zahlungsunfähigen und auch potentiell nicht mehr sanierbaren Kreditschuldners als Dauertatbestand, sodass für die Nachteiligkeit der Zeitpunkt der ersten anfechtbaren Rechtshandlung (dies ist die erste Wiederausnützung des Rahmens in der kritischen Frist infolge Unterlassung der Kündigung) für den Quotenvergleich maßgeblich ist (6 Ob 110/00w).

Für eine Anfechtung nach § 31 Abs 1 Fall 2 KO käme es daher nicht auf Zeitpunkte von Zahlungen der Gemeinschuldnerinnen an die Anfechtungsgegnerin an (die im Übrigen hier nicht erwiesen werden konnten, sondern sich als Zahlungen an die wechseldiskontierende Bank herausstellten), sondern auf den ersten Zeitpunkt der Wiederausnützung der aufrechterhaltenen Liquidität durch die Anfechtungsgegnerin im kritischen Zeitraum. Dazu haben die Kläger aber keinerlei Vorbringen erstattet, sodass auch nicht auf die Frage eingegangen werden muss, welcher Zeitpunkt im dreipersonalen Verhältnis (Bestellung, Zahlung an den Lieferanten etc.) tatsächlich relevant wäre. Alleine auf das von den Klägern vorgebrachte Ermöglichen des „Weiterwurstelns" der Gemeinschuldnerinnen - losgelöst von der konkreten Wiederausnützung der Liquididät - kommt es dagegen nicht an.Für eine Anfechtung nach Paragraph 31, Absatz eins, Fall 2 KO käme es daher nicht auf Zeitpunkte von Zahlungen der Gemeinschuldnerinnen an die Anfechtungsgegnerin an (die im Übrigen hier nicht erwiesen werden konnten, sondern sich als Zahlungen an die wechseldiskontierende Bank herausstellten), sondern auf den ersten Zeitpunkt der Wiederausnützung der aufrechterhaltenen Liquidität durch die Anfechtungsgegnerin im kritischen Zeitraum. Dazu haben die Kläger aber keinerlei Vorbringen erstattet, sodass auch nicht auf die Frage eingegangen werden muss, welcher Zeitpunkt im dreipersonalen Verhältnis (Bestellung, Zahlung an den Lieferanten etc.) tatsächlich relevant wäre. Alleine auf das von den Klägern vorgebrachte Ermöglichen des „Weiterwurstelns" der Gemeinschuldnerinnen - losgelöst von der konkreten Wiederausnützung der Liquididät - kommt es dagegen nicht an.

Auch für die von der Judikatur herausgearbeitete Begrenzung der Ersatzpflicht mit dem Quotenschaden ist der Zeitpunkt der Wiederausnützung und nicht jener von Zahlungen an die spätere Anfechtungsgegnerin im kritischen Zeitraum maßgeblich. Zwar reicht es nach 2 Ob 2147/96s aus, wenn die angefochtenen Rechtsgeschäfte nicht im Einzelnen bezeichnet werden, sondern die Art der angefochtenen Rechtsgeschäfte und der Zeitraum, in dem sie abgeschlossen wurden, zu entnehmen ist, dies ist aber hier nicht der Fall.

Darüber hinaus ist nach der Judikatur zum Kontokorrentkredit die Haftung des Anfechtungsgegners nicht nur mit dem Ausmaß der Benachteiligung der Konkursgläubiger, also des Quotenschadens, sondern auch mit dem Kreditrahmen oder der allenfalls geduldeten höheren Kreditausnutzung zu beschränken (4 Ob 306/98y). Selbst bei analoger Anwendung dieser Judikatur auf die Delkredere-Haftung der Beklagten wurde nach den Feststellungen ein „Kreditrahmen", also ein Rahmen für die Berechtigung Warenlieferungen in Anspruch zu nehmen, nicht vereinbart. Es käme daher hier auf die von der Beklagten geduldete „Kreditausnutzung" an, somit auf die Summe der im kritischen Zeitraum hingenommenen Bestellungen und daher nicht nur auf den Zeitpunkt der ersten Wiederausnutzung, sondern auch auf die Summe der Wiederausnutzungen in dieser Zeit. Auch dazu fehlt jegliches Vorbringen.

Sähe man in dessen Nachholung eine Änderung des Klagegrundes, hätte sie innerhalb der Frist des § 43 Abs 2 KO erfolgen müssen (RIS-Justiz RS0039985), die längst abgelaufen ist. Als Präklusivfrist des materiellen Rechts (RIS-Justiz RS0064691) wäre ihr Ablauf von Amts wegen wahrzunehmen (4 Ob 1569/92). Die reine Behebung der Unschlüssigkeit einer Klage ist auch danach möglich, wenn dadurch nicht nachträglich neue Tatbestände geltend gemacht werden, um den ursprünglichen Klagsbetrag zu rechtfertigen, und die Ergänzung des Vorbringens und die Neuformulierung des Klagebegehrens sich genau an den schon in der Klage deutlich vorgegebenen Rahmen halten (RIS-Justiz RS0064665). Als schlüssig ist die Anfechtungsklage dann anzusehen, wenn der Anfechtungstatbestand aufgezeigt wird. Die Anfechtungsgründe müssen durch Tatsachenbehauptungen gedeckt sein (6 Ob 235/99y mwN).Sähe man in dessen Nachholung eine Änderung des Klagegrundes, hätte sie innerhalb der Frist des Paragraph 43, Absatz 2, KO erfolgen müssen (RIS-Justiz RS0039985), die längst abgelaufen ist. Als Präklusivfrist des materiellen Rechts (RIS-Justiz RS0064691) wäre ihr Ablauf von Amts wegen wahrzunehmen (4 Ob 1569/92). Die reine Behebung der Unschlüssigkeit einer Klage ist auch danach möglich, wenn dadurch nicht nachträglich neue Tatbestände geltend gemacht werden, um den ursprünglichen Klagsbetrag zu rechtfertigen, und die Ergänzung des Vorbringens und die Neuformulierung des Klagebegehrens sich genau an den schon in der Klage deutlich vorgegebenen Rahmen halten (RIS-Justiz RS0064665). Als schlüssig ist die Anfechtungsklage dann anzusehen, wenn der Anfechtungstatbestand aufgezeigt wird. Die Anfechtungsgründe müssen durch Tatsachenbehauptungen gedeckt sein (6 Ob 235/99y mwN).

Im vorliegenden Fall haben die Kläger zwar innerhalb der Frist des § 43 Abs 2 KO auch ein Rechtsgeschäft als nachteilig angefochten, dafür erforderliche Behauptungen, insbesondere zur Beurteilung der Nachteiligkeit des Rechtsgeschäftes im Sinne der aufgezeigten, allenfalls sinngemäß anwendbaren Judikatur zum Kontokorrentkredit aber nicht erstattet. Dies wurde in der Berufung der Beklagten unter Punkt II.B.1. ausdrücklich aufgezeigt. Die Kläger haben in ihren Berufungsbeantwortungen aber ausdrücklich vorgebracht, dass das Erstgericht zu Feststellungen über Bestellungen der Gemeinschuldnerinnen bei den jeweiligen Lieferanten nicht gehalten gewesen sei, weil dies nicht klagsgegenständlich sei, sondern die Zahlungen der Gemeinschuldnerinnen und die Annahme durch die Beklagte bzw, dass die Genehmigung der Einkäufe der Gemeinschuldnerinnen durch die Beklagte belanglos sei, weil Einkäufe der Gemeinschuldnerinnen nicht klagsgegenständlich seien. Damit wurde eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gerade nicht geltend gemacht - sie kann daher im Revisionsverfahren jedenfalls nicht mehr aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0043111; vgl RIS-Justiz RS0042963 T30, wonach Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die nicht einmal Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, umsoweniger erst in der Revision gerügt werden können; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 Rz 34 mwN).Im vorliegenden Fall haben die Kläger zwar innerhalb der Frist des Paragraph 43, Absatz 2, KO auch ein Rechtsgeschäft als nachteilig angefochten, dafür erforderliche Behauptungen, insbesondere zur Beurteilung der Nachteiligkeit des Rechtsgeschäftes im Sinne der aufgezeigten, allenfalls sinngemäß anwendbaren Judikatur zum Kontokorrentkredit aber nicht erstattet. Dies wurde in der Berufung der Beklagten unter Punkt römisch II.B.1. ausdrücklich aufgezeigt. Die Kläger haben in ihren Berufungsbeantwortungen aber ausdrücklich vorgebracht, dass das Erstgericht zu Feststellungen über Bestellungen der Gemeinschuldnerinnen bei den jeweiligen Lieferanten nicht gehalten gewesen sei, weil dies nicht klagsgegenständlich sei, sondern die Zahlungen der Gemeinschuldnerinnen und die Annahme durch die Beklagte bzw, dass die Genehmigung der Einkäufe der Gemeinschuldnerinnen durch die Beklagte belanglos sei, weil Einkäufe der Gemeinschuldnerinnen nicht klagsgegenständlich seien. Damit wurde eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gerade nicht geltend gemacht - sie kann daher im Revisionsverfahren jedenfalls nicht mehr aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0043111; vergleiche RIS-Justiz RS0042963 T30, wonach Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die nicht einmal Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, umsoweniger erst in der Revision gerügt werden können; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 Paragraph 503, Rz 34 mwN).

Insgesamt wurden innerhalb der gesetzlichen Frist keine durch ausreichende Tatsachenbehauptungen gedeckte Anfechtungsgründe geltend gemacht, weshalb das verbliebene, auf § 31 Abs 1 zweiter Fall KO gestützte Anfechtungsbegehren schon aus diesem Grunde abzuweisen ist und es auf die vom Berufungsgericht behandelte und von der Revision als erheblich aufgeworfene Frage, ob ein anfechtbares Rechtsgeschäft zwischen den Streitteilen überhaupt vorliegt, nicht mehr ankommt.Insgesamt wurden innerhalb der gesetzlichen Frist keine durch ausreichende Tatsachenbehauptungen gedeckte Anfechtungsgründe geltend gemacht, weshalb das verbliebene, auf Paragraph 31, Absatz eins, zweiter Fall KO gestützte Anfechtungsbegehren schon aus diesem Grunde abzuweisen ist und es auf die vom Berufungsgericht behandelte und von der Revision als erheblich aufgeworfene Frage, ob ein anfechtbares Rechtsgeschäft zwischen den Streitteilen überhaupt vorliegt, nicht mehr ankommt.

Anmerkung

E83545 2Ob210.05d

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ÖBA 2007,747/1436 - ÖBA 2007/1436 = ZIK 2007/280 S 167= ZIK 2007,167 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00210.05D.0308.000

Dokumentnummer

JJT_20070308_OGH0002_0020OB00210_05D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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