TE OGH 2007/3/8 2Ob12/05m

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Veröffentlicht am 08.03.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Unterbringungssache des Grzergorz R*****, vertreten durch die Patientenanwältin Mag. Barbara Reisegger, über den Revisionsrekurs des Patienten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. September 2004, GZ 48 R 344/04z-19, womit der Rekurs des Patienten gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 26. Juli 2004, GZ 34 Ub 163/04h-11, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Patienten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Patient wurde am 23. 6. 2004 ohne Verlangen in der psychiatrischen Abteilung des SMZ Ost aufgenommen.

Mit Beschluss vom 28. 6. 2004 hat das Erstgericht die Unterbringung vorläufig und in der Folge mit Beschluss vom 12. 7. 2004 gemäß § 26 UbG bis 26. 7. 2004 endgültig für zulässig erklärt. Mit Beschluss vom 26. 7. 2004 wurde die weitere Unterbringung vorläufig für zulässig erklärt, ein psychiatrischer Sachverständiger bestellt und die Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung für den 5. 8. 2004 anberaumt.Mit Beschluss vom 28. 6. 2004 hat das Erstgericht die Unterbringung vorläufig und in der Folge mit Beschluss vom 12. 7. 2004 gemäß Paragraph 26, UbG bis 26. 7. 2004 endgültig für zulässig erklärt. Mit Beschluss vom 26. 7. 2004 wurde die weitere Unterbringung vorläufig für zulässig erklärt, ein psychiatrischer Sachverständiger bestellt und die Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung für den 5. 8. 2004 anberaumt.

Durch Verfügung des Anstaltsleiters wurde am 5. 8. 2004 die Unterbringung des Patienten beendet.

Den gegen den Beschluss vom 26.7.2004 erhobenen Rekurs des Patienten hat das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass gegen die zweitinstanzliche Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung nach der Erstanhörung der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei, weil die in § 20 Abs 3 UbG statuierte Unzulässigkeit eines abgesonderten Rechtsmittels einem generellen Rechtsmittelausschluss gleichzusetzen sei. Es solle möglichst rasch eine erste gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Unterbringung herbeigeführt werden, die nicht durch einen das Verfahren erschwerenden und unter Umständen verzögernden Instanzenzug relativiert werden möge, zumal sie ohnehin provisorischer Natur sei. Dies treffe auch auf Rekurse gegen eine erstinstanzliche Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung zu. Dass die Gerichtshöfe zweiter Instanz - anders als der Oberste Gerichtshof - auch Tatsacheninstanzen seien, rechtfertige jedenfalls keine Ungleichbehandlung von Rekursen und Revisionsrekursen. Entfalle eine Endentscheidung, weil der Patient zwischenzeitig entlassen worden sei, so führe dies nicht zur Zulässigkeit des (Revisions-)Rekurses gegen die vorläufige Zulässigerklärung der Unterbringung sondern dazu, dass die eingehende Prüfung der materiellen und formellen Voraussetzungen der Unterbringung von Patienten beim Erstgericht beantragt werden könne. Erst gegen diese endgültige Entscheidung würden sodann Rechtsmittel an die zweite und dritte Instanz ergriffen werden können.Den gegen den Beschluss vom 26.7.2004 erhobenen Rekurs des Patienten hat das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass gegen die zweitinstanzliche Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung nach der Erstanhörung der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei, weil die in Paragraph 20, Absatz 3, UbG statuierte Unzulässigkeit eines abgesonderten Rechtsmittels einem generellen Rechtsmittelausschluss gleichzusetzen sei. Es solle möglichst rasch eine erste gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Unterbringung herbeigeführt werden, die nicht durch einen das Verfahren erschwerenden und unter Umständen verzögernden Instanzenzug relativiert werden möge, zumal sie ohnehin provisorischer Natur sei. Dies treffe auch auf Rekurse gegen eine erstinstanzliche Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung zu. Dass die Gerichtshöfe zweiter Instanz - anders als der Oberste Gerichtshof - auch Tatsacheninstanzen seien, rechtfertige jedenfalls keine Ungleichbehandlung von Rekursen und Revisionsrekursen. Entfalle eine Endentscheidung, weil der Patient zwischenzeitig entlassen worden sei, so führe dies nicht zur Zulässigkeit des (Revisions-)Rekurses gegen die vorläufige Zulässigerklärung der Unterbringung sondern dazu, dass die eingehende Prüfung der materiellen und formellen Voraussetzungen der Unterbringung von Patienten beim Erstgericht beantragt werden könne. Erst gegen diese endgültige Entscheidung würden sodann Rechtsmittel an die zweite und dritte Instanz ergriffen werden können.

Dagegen richtet sich der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs des Patienten, vertreten durch die Patientenanwältin, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache zur Sachentscheidung zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels in dem hier maßgeblichen Verfahren außer Streitsachen (§ 12 Abs 2 UbG) setzt voraus, dass der Rechtsmittelwerber noch im Zeitpunkt der Entscheidung über sein Rechtsmittel durch die bekämpfte Entscheidung beschwert ist. In Fällen, in welchen der gerichtliche Beschluss das Grundrecht des Menschen auf persönliche Freiheit berührt, billigt die Rechtsprechung den in diesem Recht Beeinträchtigten auch noch nach Aufhebung der Unterbringung ein rechtliches Interesse an der Feststellung zu, dass die freiheitsbeschränkende Vorkehrung zu Unrecht erfolgt sei (2 Ob 523/95 mwN; RIS-Justiz RS0071267).Der Revisionrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels in dem hier maßgeblichen Verfahren außer Streitsachen (Paragraph 12, Absatz 2, UbG) setzt voraus, dass der Rechtsmittelwerber noch im Zeitpunkt der Entscheidung über sein Rechtsmittel durch die bekämpfte Entscheidung beschwert ist. In Fällen, in welchen der gerichtliche Beschluss das Grundrecht des Menschen auf persönliche Freiheit berührt, billigt die Rechtsprechung den in diesem Recht Beeinträchtigten auch noch nach Aufhebung der Unterbringung ein rechtliches Interesse an der Feststellung zu, dass die freiheitsbeschränkende Vorkehrung zu Unrecht erfolgt sei (2 Ob 523/95 mwN; RIS-Justiz RS0071267).

Gemäß § 20 Abs 3 UbG ist abgesehen vom Rekurs des Abteilungsleiters gegen eine Unzulässigerklärung der Unterbringung ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Der Patient (sein Vertreter) kann daher den Beschluss über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung nicht selbständig bekämpfen. Aus der Formulierung des § 20 Abs 3, der nur ein abgesondertes Rechtsmittel ausschließt, ergibt sich aber, dass die Entscheidung gemeinsam mit der nächsten selbständig anfechtbaren Entscheidung - das ist die Entscheidung in der mündlichen Verhandlung gemäß § 26 UbG - angefochten werden kann. Entfällt diese, weil der Patient inzwischen entlassen wurde, so kann die Entscheidung selbständig angefochten werden (Kopecky, Unterbringungsrecht II, 657 f; Hopf/Aigner, Unterbringungsgesetz, § 20 Anm 17).Gemäß Paragraph 20, Absatz 3, UbG ist abgesehen vom Rekurs des Abteilungsleiters gegen eine Unzulässigerklärung der Unterbringung ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Der Patient (sein Vertreter) kann daher den Beschluss über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung nicht selbständig bekämpfen. Aus der Formulierung des Paragraph 20, Absatz 3,, der nur ein abgesondertes Rechtsmittel ausschließt, ergibt sich aber, dass die Entscheidung gemeinsam mit der nächsten selbständig anfechtbaren Entscheidung - das ist die Entscheidung in der mündlichen Verhandlung gemäß Paragraph 26, UbG - angefochten werden kann. Entfällt diese, weil der Patient inzwischen entlassen wurde, so kann die Entscheidung selbständig angefochten werden (Kopecky, Unterbringungsrecht römisch II, 657 f; Hopf/Aigner, Unterbringungsgesetz, Paragraph 20, Anmerkung 17).

Der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, dass Rekurse gegen erstinstanzliche Entscheidungen über die vorläufige Zulässigkeit einer Unterbringung jedenfalls unzulässig seien, kann nicht gefolgt werden.

Der Revisionsrekurs hält dem mit Recht entgegen, dass im UbG ein Verfahren, wonach das Erstgericht seine eigene Entscheidung über eine vorläufige Zulässigkeit in einem neuen Verfahren über dieselbe Sache und denselben Zeitraum einer Unterbringung überprüfen soll, nicht vorgesehen ist. Im Übrigen normiert § 20 Abs 3 UbG - wie schon erwähnt - keinen absoluten Rechtsmittelausschluss, sondern nur den Ausschluss eines abgesonderten Rekurses. Wird aber die Sache - wie vorliegend - abgeschlossen, ohne dass eine weitere anfechtbare Entscheidung erfließt, so kann der - an sich aufgeschobene - Rekurs selbständig eingebracht werden (Hopf/Aigner, aaO), was grundsätzlich auch für den Revisionsrekurs gilt. Soweit sich aus 3 Ob 510/93 anderes ergeben sollte, kann dem nicht beigetreten werden. Da das Rekursgericht den Rekurs somit zu Unrecht zurückgewiesen hat, war spruchgemäß zu entscheiden.Der Revisionsrekurs hält dem mit Recht entgegen, dass im UbG ein Verfahren, wonach das Erstgericht seine eigene Entscheidung über eine vorläufige Zulässigkeit in einem neuen Verfahren über dieselbe Sache und denselben Zeitraum einer Unterbringung überprüfen soll, nicht vorgesehen ist. Im Übrigen normiert Paragraph 20, Absatz 3, UbG - wie schon erwähnt - keinen absoluten Rechtsmittelausschluss, sondern nur den Ausschluss eines abgesonderten Rekurses. Wird aber die Sache - wie vorliegend - abgeschlossen, ohne dass eine weitere anfechtbare Entscheidung erfließt, so kann der - an sich aufgeschobene - Rekurs selbständig eingebracht werden (Hopf/Aigner, aaO), was grundsätzlich auch für den Revisionsrekurs gilt. Soweit sich aus 3 Ob 510/93 anderes ergeben sollte, kann dem nicht beigetreten werden. Da das Rekursgericht den Rekurs somit zu Unrecht zurückgewiesen hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E835402Ob12.05m

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2007/302 S 172 - Zak 2007,172 = RZ 2007,175 EÜ276 - RZ 2007 EÜ276= EFSlg 117.624 = EFSlg 117.628XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00012.05M.0308.000

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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