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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ÄrzteG 1984 §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Mgr. (Magister) S. P. in G, vertreten durch Dr. Christiane Loidl, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Glacisstraße 67, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 21. Juli 2006, Zl. BMGF-93500/0180-I/7/2006, betreffend Feststellung des Erlöschens der Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Z 1 und § 11 Z 4 zweiter Fall Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, fest, dass die Berechtigung des Beschwerdeführers zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie auf Grund des Wegfalls der Vertrauenswürdigkeit als eine für die selbständige Ausübung der Psychotherapie erforderliche Voraussetzung nicht mehr bestehe.
2.1. In der Begründung gab die belangte Behörde unter Punkt 1 ("Es wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:") im Wesentlichen den Verfahrensgang sowie Inhalte von Schreiben sowie mündlichen Äußerungen Beteiligter wieder. Unter Punkt 2 ("Die Behörde hat Beweis erhoben durch Einsicht in folgende Unterlagen") wurden 102 Urkunden aufgelistet, während unter Punkt 3 ("In rechtlicher Hinsicht war zu erwägen:") Folgendes ausgeführt wurde:
2.2. Der Behörde obliege die Überprüfung der Voraussetzungen für die Eintragung und für die Aufrechterhaltung der psychotherapeutischen Berufsberechtigung. Ziel des Verfahrens sei die Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers, deren Bestehen eine zwingende Voraussetzung für die Ausübung des psychotherapeutischen Berufes darstelle. Gemäß § 11 Z 4 Psychotherapiegesetz sei der Nachweis der zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Vertrauenswürdigkeit eine Voraussetzung für die selbständige Ausübung der Psychotherapie. Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 leg. cit. erlösche die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie durch den Wegfall einer der für die selbständige Ausübung erforderlichen Voraussetzungen. Die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der psychotherapeutischen Tätigkeit erlösche daher, wenn die Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für diese Tätigkeit weggefallen sei, weshalb in diesem Fall die bescheidmäßige Streichung aus der Psychotherapeutenliste vorzunehmen sei. Im Hinblick auf die "Beurteilung der Rechtsfrage des Bestehens der Vertrauenswürdigkeit (des Beschwerdeführers)" seien "auch ein Fachgutachten sowie ein Ergänzungsgutachten des Psychotherapiebeirates eingeholt" worden.
2.3. Im Weiteren gab die belangte Behörde den Inhalt dieser Ausführungen - hier auszugsweise dargestellt - wieder (anonymisiert schon im Original; bei "S.P." handelt es sich um den Beschwerdeführer, bei "J.F." um jene Person, deren - unzulässige - Behandlung dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde vorgeworfen wird):
"Liegt mit der Beziehung S.P. mit J.F. eine psychotherapeutische Beziehung vor?
Die Unterlagen und die Geschichte weisen zunächst darauf hin, dass im November 2001 eine Bekanntschaft zwischen J.F., damals 75 Jahre alt und nicht sehr gesund, und S.P. entstand, aus der eine Freundschaft wurde.
Es ist fraglich, ob es zu dieser Zeit Spannungen zwischen J.F. und seiner Familie, seiner Ehefrau G.F. und der Tochter E.J.- F. gab, aber es ist möglich.
S.P. kümmert sich um J.F., bringt ihn in eine medizinische und eine Gruppenpsychotherapie. Dies ist - wenn es wahr ist, dass die Therapie in Tschechien stattfand - mit Aufwendungen für S.P. verbunden.
Die Vermischung von Freund und Co-Gruppentherapeut in der Person von S. P. widerspricht jedenfalls der ethischen Haltung des Psychotherapeuten gemäß dem Berufskodex der Psychotherapeuten, gleichgültig, ob die Verstrickung in Tschechien oder in Österreich stattfand.
Es liegt nahe, dass S.P. die Forderung stellte und/oder auch J.F. den Wunsch hatte, die Aufwendungen von S.P. finanziell auszugleichen. Ob dies in der Form geschah, die vermutet wird (Autokauf, Kautionszahlung für die Praxis von S.P.), ist gegenwärtig nicht sicher belegt. Dass es aber finanzielle Zuwendungen von J.F. an S.P. ab, ist nach Vorlage der Vollmacht vom 1.5.2003 (durch S.P.!), seine Aussagen in der Beweisaufnahme am 31.5.2005 und die Aussagen von J.F. bei der Befragung durch den begutachtenden Arzt am 11.11.2004 jedoch eindeutig bestätigt.
Mit der Erkrankung von J.F. im Mai 2003 verschärft sich die Spannung zwischen S.P. und der Familie von J.F. S.P. will - wohl auf Grund der Vollmacht vom 1.5.2003 - die Therapie mitbestimmen, ein Besuchs- und Kontaktverbot von Seiten der Familie folgen - die Beteiligung von S.P. am Leben von J.F. wird von der Familie offenbar als grobe Einmischung verstanden.
Jedenfalls trägt der Ton der Auseinandersetzung von S.P. mit der Familie von J.F. im Zeitraum Mai bis Juli 2003, aber auch später, in der Form von Beschimpfungen, Drohungen, ja versuchter Nötigung mit Sicherheit eines Psychotherapeuten unwürdig, zur Desintegration von J.F. und seiner Familie bei.
S.P. verteidigt sich damit, dass J.F. in Österreich nie in Psychotherapie bei ihm gewesen sei, und dass er aus dem Titel Psychotherapie niemals Honorare von J.F. empfangen hätte (und/oder dass es auch keine Kassenabrechnungen gab). Dies ist gegenwärtig nicht zu widerlegen, wenn auch diverse Hinweise es nicht nur glaubwürdig erscheinen lassen.
Die Auffassung von Psychotherapie bei S.P.
Es stellt sich zugleich die Frage, was S.P. unter Psychotherapie versteht. Ausbildung und Praxis wurden in Tschechien (damals Tschechoslowakei) erworben, S.P. wurde dann im Nachtrag zur ersten Übergangsregelung des PthG im Jänner 1994 ohne Zusatzbezeichnung eingetragen. Die Tradition einer in Österreich erworbenen Ausbildung fehlt.
Die Zeugnisse der Auffassung von Psychotherapie bei S.P. entsprechen nun auch keinem österreichischen (oder internationalen) Standard.
Im Brief an E.J.-F. vom 11.6.2003 (nach dem schriftlichen Kontaktabbruch durch J.F. am 5.6.2003) schreibt S.P. (vom Gutachter grammatikalisch berichtigt):
'Mir war nicht bewusst, dass ich Dein Klient bin.' Das ist eine der größten Anerkennungen, die in letzter Zeit bekommen habe. Um (einen) natürlichen, spontanen Therapieverlauf bemüht sich jeder seriöse Psychotherapeut. Psychotherapie ist keine theatralische oder esoterische Vorstellung, spirituelle bzw. spiritistische Magie. Ausschlaggebende(s) Kriterium ist immer nur (der) Klient, seine Gesundheit und (sein) Wohlfühlen...'
'Wir hatten ja keine Therapeut-Klient-Beziehung und ich hatte keine Sitzung bei Dir.' Meine Stellungnahme zu Sitzung erfolgt ...: (Der) Ausdruck Sitzung ist meines (Er)achtens beinahe beleidigend für eine richtige Psychotherapie. Z.B. Schwimmen gehen und dabei Minderwertigkeitskomplexe abbauen, Selbstbewusstsein unterstützen, seelische Ressourcen ankern und mutige Träume wahr machen, (das) ist doch keine schwachsinnige 'Sitzung' - das überlasse ich gern denjenigen, die 'sitzen' - nicht 'fliegen' möchten.'
Weiter heißt es ebendort:
'a) Alles liegt endgültig nur bei(m) Klienten. Er muss motiviert sein, seine Probleme mildern oder beseitigen zu wollen. Er muss freiwillig kommen oder anrufen und ganz offen und ehrlich sein und handeln.
b) Versuchen Sie Ihren Vater (und) sein Leben ohne Ihre Familien-Trauma-Brille zu betrachten.
c) Wenn Sie es nicht schaffen, besuchen Sie endlich einen Psychotherapeuten. Wenn Sie wegen (der), 'öffentlichen Meinung' keinen Mut dazu finden, dann kommen Sie zu mir, ich kann Ihnen ausgehend von Informationen und praktischen Erfahrungen mit Ihre(r) Familie, die ich ausreichend zur Verfügung habe, sicher gut helfen.
d) Machen Sie Ihren Vater durch psychischen Druck nicht zum peinlichen Feigling. Er repräsentiert das, was ihre Familie schon mehrere Generationen vermisst - männliche Persönlichkeit. Vorsicht! In dieser Konstellation haben Frauen die Tendenz, männliche Rollen zu übernehmen, einschließlich gnadenlose(r) Härte und primitive(r) Aggressivität aller Art - verbale und brachiale Angriffe - Faustschläge etc.'
An einer anderen Stelle heißt es bei der Übermittlung eines Blutdruckbefundes von J.F. in handschriftlicher Hinzufügung von S.P.:
'Ist das nicht Therapie?'
Diese Auffassung von Psychotherapie bei S.P. ist von einigen Zügen geprägt, die wie folgt benennbar sind:
Psychotherapie ist von Gesundheitsobsorge nicht zu trennen. Psychotherapie ist der Beeinflussung, der Suggestion sehr nahe, hängt auch von der Überzeugungskraft des Psychotherapeuten ab.
Psychotherapie und Freundschaft können ohne Schwierigkeit ineinander übergehen.
Der Freund und Psychotherapeut hat das Recht, die Angehörigen des Klienten auf den richtigen Weg zu bringen, nahezu durch jedes Mittel der Beeinflussung, der Konfrontation, der (nahezu beliebigen) Theoriedarstellung, auch der Drohung usw. Der Psychotherapeut ist der Streiter für den Klienten, gegen wen immer.
Dies ist jedenfalls nicht die Auffassung von Psychotherapie, die dem Psychotherapiegesetz und dem Berufskodex der Psychotherapeuten in Österreich oder einem internationalen Ethikstandart der Psychotherapeuten entspricht.
Weitere Vorwürfe hinsichtlich der Verschwiegenheit und der Umgangsform mit Angehörigen
Der Vorwurf der Verschwiegenheitsverletzung hängt mit der Frage zusammen, ob die Beziehung zwischen J.F. und S.P. eine psychotherapeutische Beziehung war.
Wenn auch nach Auffassung des PthG und des Berufskodex keine psychotherapeutische Beziehung im eigentlichen Sinn vorliegt, so muss doch festgehalten werden, dass die Beziehung zu J.F. nach der Psychotherapie-Auffassung von S.P. aus seiner Sicht eine psychotherapeutische gewesen sein muss, denn all dies, was er aufzählt, hat er auch mit J.F. unternommen.
Dann ist auch der Umgang mit den Angehörigen legitim - und das nicht, wie er in der Beweisaufnahme vertrat - weil er sich zur Wehr setzen musste, sondern weil der Psychotherapeut in seiner Auffassung ein Streiter für den Klienten ist, und einer, der der Familie den Kopf zurechtrückt.
Das erklärt auch das Phänomen S.P., wie es im Bericht der Beschwerdestelle an das BMGF vom 1.3.2004 heißt:
'Es war auch nicht zu klären, ob er (S.P.) auch für Freizeitunternehmen mit seinem Klienten (z.B. bei einem gemeinsamen Opernbesuch, Badeausflüge ect.) ein Honorar von seinem Klienten verlangt hat. Über die Regeln der Verschwiegenheit befragt, macht S.P. ebenfalls unklare Angaben, so dass der Eindruck gewonnen werden musste, dass er über die grundlegende Regel der Psychotherapie nicht Bescheid weiß. Er sprach abwechselnd davon, dass er seine Informationen einmal als Freund, dann wieder als Psychotherapeut erhalten habe. Darauf aufmerksam gemacht, reagierte S.P. völlig verständnislos.'
Gibt es ein Motiv der Bereicherung bei S.P.?
S.P. und die Familie von J.F., insbesondere E.J.-F., vermuten gegenseitig das Motiv der Bereicherung. E.J.-F. vermutet Zahlungen von J.F. an S.P. (Autokauf, Mietkautionszahlung), S.P. vermutet, dass es E.J.-F. um das Erbe geht (in der Beweisaufnahme legt er die Übertragung des Hauses an E.J.-F. vom Mai 2003 vor).
Inzwischen ist bestätigt, dass es auch Geldflüsse von J.F. an S.P. gegeben hat.
Auch der seit einem halben Jahr bestellte Sachwalter äußert den Gedanken, dass die Weigerung von S.P., mit ihm zu sprechen, und der Versuch, J.F. von seiner Familie zu isolieren, damit zusammenhängen könnte, dass S.P. an dem J.F. gehörigen bescheidenen Vermögen interessiert sei.
Dazu kommt, dass S.P. - inzwischen belegt - J.F. auch vor dem gerichtlich bestellten Sachwalter verbergen will, ein Verhalten an der Grenze zur Kriminalität.
Die durch die Auffassung von Psychotherapie bei S.P. gegebene Verstrickung zwischen Freundschaft, Psychotherapie und Parteinahme scheint das Motiv der Bereicherung bei S.P. immerhin nahe zu legen.
Zusammenfassende Bewertung
Es kann nicht gesichert werden, ob S.P. mit J.F. eine psychotherapeutische Beziehung eingegangen ist. Die Aussagen von S.P. bestreiten dies (bisher), die Mitteilungen von J.F. dazu sind - entsprechend der Abhängigkeit J.F.'s von seiner Familie und von S.P. widersprüchlich.
Im Zuge der Auseinandersetzung mit S.P. und dem Studium der zahlreich vorliegenden Unterlagen wird jedoch eine Auffassung von Psychotherapie bei S.P. sichtbar, die mit dem österreichischen Psychotherapiegesetz und dem Berufskodex nicht vereinbar ist. Sie ist - aus der Sicht des Gutachters - durch Verstrickungen von Freundschaft, Psychotherapie und Parteinahme, vermutungsweise auch von einem finanziellen Motiv des Eigennutzes gekennzeichnet.
Aus fachlicher Sicht kann daher nicht mehr von einer verlässlichen Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen ausgegangen werden, die im Gutachten ausgeführten Gründe sprechen gegen das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit."
In der - auf Grund der Stellungnahme des Beschwerdeführers erstatteten - Gutachtensergänzung werden die Ausführungen des Beschwerdeführers teils als "korrekte Ergänzungen", teils als "wütende Kritik, auch Rundumschläge" bewertet. Bei den Ausführungen des Beschwerdeführers gebe es "auch Darstellungen, die an der korrekten Einschätzung der Wirklichkeit durch (den Beschwerdeführer) zweifeln" ließen; so habe der Beschwerdeführer bei der Beweisaufnahme vor der belangten Behörde am 31. Mai 2005 die Unwahrheit gesagt, und es habe "finanzielle Zuwendungen, u. a. einen Kostenersatz für die Autofahrten nach Trutnov" gegeben, wie der Beschwerdeführer selbst bestätigt habe.
Zur Frage des "Verhältnisses zu J.F." führt der Gutachter Folgendes aus:
"Der Darstellung S.P.'s, dass er zu J.F. nur in einem Freundschaftsverhältnis gestanden sei, ist entgegen zu halten:
Er schreibt selbst, dass er J.F. auch als Co-Therapeut in der Gruppe bei Dr. B.M. betreut hat (...).
Er gibt der Beschwerdestelle des Steirischen Landesverbands eine ausführliche Anamnese, er schreibt der Ärztin im Krankenhaus, was mit J.F. los ist, und gibt in den 'warnenden Briefen' an die Familie von J.F. immer wieder Deutungen über J.F. ab, auch die ersten Abschnitte der vorliegenden Stellungnahme sind Deutungen zum Leben von J.F. (...), die er mit Hilfe seines psychotherapeutischen Wissens ausspricht.
S.P. vertritt also nachvollziehbar Unwahres:
-
Er hat als Psychotherapeut gehandelt und zugleich Freundschaft angeboten.
-
Er hat dabei in seiner Beziehung zu J.F. wiederholte grobe, ja aggressive Vermischungen der Funktionen als Psychotherapeut und als Freund vorgenommen;
-
diese Vermischungen stellen eine massive Verletzung des Berufskodex des Psychotherapeuten dar.
..."
Nach einer "Bewertung der vorgelegten Fortbildungsnachweise" findet sich im Gutachten folgende "Gesamtbewertung":
"Auch in der Bewertung der Stellungnahme bleibt die entscheidende Frage des Beschwerdeausschusses jene nach der Vertrauenswürdigkeit von S.P. als Psychotherapeut.
Aus der Sicht des Beschwerdeausschusses ist diese Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben; es kann nicht mehr von einer verlässlichen Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen (PthG 1990, § 14 Abs. 1) ausgegangen werden:
-
Bei Mgr. S.P. liegt eine belegte Vermischung der Rollen des Psychotherapeuten für J.F. und des Freundes zu J.F. in großem Umfang vor.
-
S.P. hat in der Beweisaufnahme im BMGF am 31.5.2005 nachweislich die Unwahrheit gesagt.
-
Die Auffassung von Psychotherapie bei S.P. entspricht nicht dem in Österreich verlangten Standard: Die selbst geschaffene Rolle als Bevollmächtigter von J.F. mit Alleinvertretungsanspruch mit dem Widerstand gegen alle Behörden (Beschwerdestelle, BMGF, Sachwalterschaft) widerspricht der Funktion des Psychotherapeuten vollkommen.
-
Eine konstruktive Zusammenarbeit in der Aufklärung von Beschwerden gemäß Berufskodex Ziffer 8 ist nicht feststellbar, dagegen ausschließlich Bestreitung und Verleugnung der vorgehaltenen Berufspflichtverletzungen.
-
Eine Auseinandersetzung mit dieser Situation - und insgesamt mit der Psychotherapie und ihren Regeln in Österreich - ist in der Fortbildung von Mgr. S.P. nicht auszumachen.
Die Befürwortung des Verfahrens zur Austragung von Mgr. S.P., wie sie bereits im Gutachten vom 14.6.2005 ausgesprochen wurden, bleibt in vollem Umfang aufrecht."
2.4. Im Anschluss an die Wiedergabe dieses Gutachtens legte die belangte Behörde ihre Auffassung dar, wonach der unbestimmte Gesetzesbegriff der Vertrauenswürdigkeit des § 11 Psychotherapiegesetz mittels der aus der Rechtsordnung unter Heranziehung der jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen abzuleitenden Wertungen auszulegen sei. Bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit komme es darauf an, ob das Gesamtverhalten des Psychotherapeuten geeignet sei, Vertrauen in die konkrete psychotherapeutische Berufsausübung zu erwecken, sodass in diesem Zusammenhang von der Verlässlichkeit der Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten ausgegangen werden könne. Im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit von Psychotherapeuten ergäben sich neben dem Psychotherapiegesetz besondere Anforderungen aus dem Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, der Supervisionsrichtlinie und der Fort- und Weiterbildungsrichtlinie. Die Vertrauenswürdigkeit sei neben der Verschwiegenheit gegenüber Dritten die Grundlage für das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Psychotherapeuten und seinem Patienten. Jeglicher "Missbrauch dieses Vertrauensverhältnisses und der im Psychotherapieverlauf bestehenden, vorübergehend vielleicht sogar verstärkten Abhängigkeit" des Patienten vom Psychotherapeuten stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die berufsrechtlichen und ethischen Verpflichtungen des Psychotherapeuten dar. Missbrauch liege dann vor, wenn Angehörige des psychotherapeutischen Berufs ihren Aufgaben gegenüber dem Patienten untreu würden, "um ihre persönlichen,
z. B. wirtschaftlichen, sozialen oder sexuellen Interessen zu befriedigen". Daraus ergebe sich auch die Verpflichtung der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes, "alle dem psychotherapeutischen Verhältnis fremden persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verstrickungen" mit dem Patienten zu vermeiden. Die genannten Verpflichtungen seien auch nach dem Ende der Behandlung weiter zu beachten.
2.5. Den "Ausführungen des Fachgutachtens" könne deutlich entnommen werden, dass der Beschwerdeführer "durch die belegte Vermischung der Rolle als Psychotherapeut und Freund (vgl. insbesondere die Zeichnung von Briefen mit 'Dein Freund und Psychotherapeut', Mitwirkung als Co-Psychotherapeut an den Gruppentherapien in Tschechien)" seine berufliche und gesellschaftliche Stellung als Psychotherapeut missbräuchlich dazu verwendet habe, das Vertrauen des J.F. zu gewinnen und zu ihm ein Abhängigkeitsverhältnis in Form einer Freundschaft, die schließlich auch das gemeinsame Wohnen eingeschlossen habe, aufzubauen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Bundesgebietes der Republik Österreich, nämlich in Tschechien, gegenüber J.F. als Co-Psychotherapeut aufgetreten sei, schließe die Miteinbeziehung dieses Faktums für die zu beurteilende Rechtsfrage deshalb nicht aus, weil der Beschwerdeführer das Therapieangebot für J.F. in Österreich vermittelt und zusätzlich in Österreich auch diesbezügliche Vor- und Nachbereitungstätigkeiten, wie etwa durch die persönliche Begleitung, gesetzt habe.
Weiters lägen "auch Aussagen von J.F. vor, wonach (der Beschwerdeführer) sein Psychotherapeut sei, dass er ihm manchmal etwas bezahle und mit dieser psychotherapeutischen Behandlung einverstanden sei". Es sei auch nebensächlich, dass der Beschwerdeführer die psychotherapeutische Behandlung des J.F. bestreite, weil der Missbrauch der beruflichen und gesellschaftlichen Stellung als Psychotherapeut "nicht an die Abhaltung konkreter psychotherapeutischer Sitzungen gebunden" sei und für die Beurteilung, ob ein Missbrauch vorliege, "der subjektiven Sichtweise des 'Behandelten' maßgebliche Bedeutung zuzumessen" sei.
Durch diese "erwiesene kontinuierliche Rollenvermischung" habe der Beschwerdeführer seine besondere gesellschaftliche Verantwortung als Psychotherapeut gröblich verletzt.
"Zur fehlenden fachlichen Kompetenz" des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer vertrete - den Ausführungen des Fachgutachtens folgend - im Rahmen seiner Auffassung von Psychotherapie, dass
"-
Psychotherapie von Gesundheitsobsorge nicht zu trennen ist;
-
Psychotherapie der Beeinflussung, der Suggestion sehr nahe ist, die auch von der Überzeugungskraft des Psychotherapeuten abhängt;
-
Psychotherapie und Freundschaft ohne Schwierigkeit ineinander übergehen können;
-
der Freund und Psychotherapeut das Recht hat, die Angehörigen des Klienten auf den richtigen Weg zu bringen, nahezu durch jedes Mittel der Beeinflussung, der Konfrontation, der (nahezu beliebigen) Theoriedarstellung, auch der Drohung usw.;
-
der Psychotherapeut als Streiter für den Klienten (Patienten) gegenüber allen Dritten fungiert."
Eine solche Auffassung stehe zu der in § 14 Abs. 1 Psychotherapiegesetz verankerten Berufspflicht, den psychotherapeutischen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben, in krassem Wiederspruch und in direktem Zusammenhang mit mangelnder psychotherapeutischer Fachkompetenz. Auch widerspreche eine solche Auffassung dem Berufskodex, wonach alle dem psychotherapeutischen Verhältnis fremden Verstrickungen mit dem Patienten zu meiden seien. Es sei daher "von mangelnder psychotherapeutischer Fachkompetenz" des Beschwerdeführers auszugehen, die eine Einhaltung der psychotherapeutischen Berufspflichten nicht erwarten lasse. Dafür spreche auch, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, "das eigene Verhalten unter ethischen Gesichtspunkten in einem hinreichenden Ausmaß zu reflektieren". Auch die vorgelegten Fortbildungsnachweise ließen nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer Maßnahmen gesetzt habe, "um die Geschehnisse professionell aufzuarbeiten".
Zur "Verletzung der Mitwirkungspflichten als Partei des Verwaltungsverfahrens" führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer der für den 12. April 2005 angesetzten Beweisaufnahme ohne ausreichende Entschuldigung ferngeblieben sei. Dadurch habe er seine Mitwirkungspflichten verletzt, was zusätzlich gegen das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit spreche.
Zur "Falschaussage vor der Behörde" legte die belangte Behörde dar, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 31. Mai 2005 auf Befragen nach dem Aufenthaltsort des J.F. angegeben habe, dass dieser seit 30. Dezember 2004 bei einem Bekannten in Graz wohne, dass ihm (dem Beschwerdeführer) die Adresse nicht bekannt sei, und dass J.F. jedenfalls nicht bei ihm wohne. Dem gegenüber habe aber eine ZMA-Anfrage am 7. Juni 2005 ergeben, dass J.F. seit 14. Februar 2005 an einer Adresse in Graz mit dem Beschwerdeführer als Unterkunftgeber gemeldet sei, sodass die Aussage des Beschwerdeführers vom 31. Mai 2005 nicht den Tatsachen entspreche. Des weiteren - so die belangte Behörde - bestünden "diesbezügliche Aussagen der Tochter des J.F., sowie seines einstweiligen Sachwalters, 'die der Aussage des (Beschwerdeführers) entgegenstehen' ". Zudem habe J.F. selbst (anlässlich einer polizeilichen Nachschau in der Ordination des Beschwerdeführers in Graz vorgefunden) ausgesagt, am Abend in dem genannten Haus in Graz zu schlafen, wo auch der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz habe.
Durch seine falsche Beweisaussage habe der Beschwerdeführer seine Eigenschaft als Unterkunftgeber von J.F. bewusst verleugnet und versucht, die Behörde bei ihren Ermittlungen zu behindern und irre zu führen. In diesem Zusammenhang sei "davon auszugehen, dass (der Beschwerdeführer) ein massives persönliches Interesse, welcher Art auch immer, daran hat, dass J.F. bei ihm wohnt und dieses Faktum Dritten nicht bekannt wird."
Zur "Manipulation des J.F." führte die belangte Behörde aus, dass dieser durch das gemeinsame Wohnen mit dem Beschwerdeführer dessen ständiger Einflussnahme ausgesetzt sei, die im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter des J.F. und dessen angegriffenen Gesundheitszustand als besonders schwerwiegend einzustufen sei. Für die Annahme dieser negativen Einflussnahme sprächen auch diverse Schreiben, die von J.F. gezeichnet seien. Die belangte Behörde verwies dazu auf ein maschinschriftliches Schreiben vom 15. Juni 2005, das J.F. als Absender nenne und von diesem handschriftlich gezeichnet sei, dessen Inhalt aber nicht von J.F., vielmehr vom Beschwerdeführer selbst verfasst worden sei. Diesen Umstand wertete die belangte Behörde als weiteren Hinweis darauf, dass J.F. durch den Beschwerdeführer manipuliert werde, "was die Annahme weitreichender sozialer wirtschaftlicher Verstrickungen nahe" lege, "Verstrickungen, wie sie auch im Fachgutachten dargelegt worden" seien.
In ihrer "Gesamtwürdigung" legte die belangte Behörde dar, dass bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit ein strenger Maßstab anzulegen sei, und es unerheblich sei, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit gelegen seien. Entscheidend sei, dass der Psychotherapeut auch für die Zukunft Gewähr für die Erfüllung der besonderen Anforderungen an die Ausübung der Psychotherapie bieten könne. Das bisherige Verhalten sei darauf zu prüfen, ob es auf ein Persönlichkeitsbild schließen lasse, das mit jenen Interessen in Einklang stehe, deren Wahrung der belangten Behörde als zuständige Aufsichtsbehörde obliege. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten, "insbesondere durch den kontinuierlichen Missbrauch der beruflichen und gesellschaftlichen Stellung als Psychotherapeut, die weitreichende Manipulation des J.F., seine verfehlte Ansicht von Psychotherapie, die seine ungenügende fachliche Kompetenz offen lege, die Verletzung seiner Mitwirkungspflichten als Partei des Verwaltungsverfahrens sowie die Falschaussage vor dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen", die Berufspflicht des § 14 Abs. 1 Psychotherapiegesetz, den psychotherapeutischen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben, auf das Gröblichste verletzt. Der Beschwerdeführer habe damit die sich daraus ergebende unabdingbare Verpflichtung, alle dem psychotherapeutischen Verhältnis fremden persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verstrickungen mit dem Patienten zu meiden, in Bezug auf J.F. nicht eingehalten. Das dargestellte Gesamtverhalten des Beschwerdeführers stelle somit eine solche Pflichtenverletzung dar, die auf Grund ihrer Art und Schwere geeignet sei, ein Charakterbild zu vermitteln, das nicht erwarten lasse, dass der Beschwerdeführer den psychotherapeutischen Beruf unter Einhaltung der zu beachtenden Berufspflichten, die dem Schutz des Patienten und der damit verbundenen unabdingbaren Qualitätssicherung psychotherapeutischen Handelns dienten, auszuüben im Stande sei. Zu befürchten sei, dass der Beschwerdeführer J.F. tatsächlich erhebliches psychisches Leid zugefügt habe. Darüber hinaus sei die Gefahr einer Gesundheitsschädigung anderer Menschen, die sich dem Beschwerdeführer als Psychotherapeut anvertrauten, als real einzustufen, weshalb eine Streichung aus der Psychotherapeutenliste auch aus diesem Grund im öffentlichen Interesse liege.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990 idF BGBl. I. Nr. 98/2001, lauten (auszugsweise) wie folgt:
"Voraussetzungen für die selbständige Ausübung der Psychotherapie
§ 11. Zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie ist berechtigt, wer
1. das psychotherapeutische Propädeutikum und das psychotherapeutische Fachspezifikum erfolgreich absolviert hat,
2.
eigenberechtigt ist,
3.
das 28. Lebensjahr vollendet hat,
4.
die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung und Vertrauenswürdigkeit nachgewiesen hat und
5. in die Psychotherapeutenliste nach Anhörung des Psychotherapiebeirates eingetragen worden ist.
...
Berufspflichten des Psychotherapeuten
§ 14. (1) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben. Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den regelmäßigen Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen zu entsprechen.
(2) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern seiner oder einer anderen Wissenschaft auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.
(3) Der Psychotherapeut darf nur mit Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen Vertreters Psychotherapie ausüben.
(4) Der Psychotherapeut ist verpflichtet, dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter alle Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt, zu erteilen.
(5) Der Psychotherapeut hat sich bei der Ausübung seines Berufes auf jene psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden zu beschränken, auf denen er nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat.
(6) Der Psychotherapeut, der von der Ausübung seines Berufes zurücktreten will, hat diese Absicht dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter so rechtzeitig mitzuteilen, daß dieser die weitere psychotherapeutische Versorgung sicherstellen kann.
§ 15. Der Psychotherapeut sowie seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.
§ 16. (1) Der Psychotherapeut hat sich jeder unsachlichen oder unwahren Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
(2) Die Anzeige einer freiberuflichen Ausübung der Psychotherapie darf lediglich den Namen des zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigten Psychotherapeuten, seine akademischen Grade, die Berufsbezeichnung samt Zusatzbezeichnung sowie seine Adresse, Telefonnummer und Sprechstunden enthalten.
(3) Der Psychotherapeut darf keine Vergütungen für die Zuweisung von Personen zur Ausübung der Psychotherapie an ihn oder durch ihn sich oder einem anderen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden.
(4) Die Vornahme der gemäß Abs. 1 und 3 verbotenen Tätigkeiten ist auch sonstigen physischen und juristischen Personen untersagt.
...
Psychotherapeutenliste
§ 17. ...
(3) Der Nachweis der für die Erfüllung der Berufspflichten eines Psychotherapeuten erforderlichen gesundheitlichen Eignung ist durch ein ärztliches Zeugnis zu erbringen. Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist durch eine Strafregisterbescheinigung zu erbringen, in der keine Verurteilung aufscheint, die eine verläßliche Berufsausübung nicht erwarten läßt. Das ärztliche Zeugnis und die Strafregisterbescheinigung dürfen im Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.
...
Erlöschen der Berufsberechtigung
§ 19. (1) Die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die selbständige Ausübung der Psychotherapie erforderlichen Voraussetzung,
...
(2) Der Bundeskanzler hat nach Anhörung des Psychotherapiebeirates in diesen Fällen die Streichung aus der Psychotherapeutenliste vorzunehmen und mit Bescheid festzustellen, daß die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie und zur Führung der Berufsbezeichnung , 'Psychotherapeut' oder 'Psychotherapeutin' nicht besteht.
...
§ 21. (1) Aufgaben des Psychotherapiebeirates sind ... insbesondere die Erstattung von Gutachten in Angelegenheiten
...
8. des Erlöschens der Berufsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2;
..."
2.1. Das Psychotherapiegesetz enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Im Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit der Psychotherapie und mit der Eintragung in die Psychotherapeutenliste sieht § 17 Abs. 3 Psychotherapiegesetz zwar vor, dass der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit durch eine Strafregisterbescheinigung zu erbringen ist, in der keine Verurteilung aufscheint, die eine verlässliche Berufsausübung nicht erwarten lässt. Daraus kann abgeleitet werden, dass bestimmte strafbare Handlungen die Vertrauenswürdigkeit im Sinne von § 11 Z 4 leg. cit. beeinträchtigen können, nicht aber der Gegenschluss gezogen werden, der Verlust der Vertrauenswürdigkeit könne nur durch die Begehung von Straftaten herbeigeführt werden, behandelt doch § 17 Abs. 3 leg. cit. die (erstmalige) Aufnahme der Berufstätigkeit als selbständiger Psychotherapeut; sie kann daher Pflichtverletzungen im Rahmen einer solchen beruflichen Tätigkeit nicht vor Augen haben (vgl. das - den Nachweis der Vertrauenswürdigkeit nach § 18 Abs. 2 Z 3 Ärztegesetz 1998 betreffende - hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2003/11/0252).
2.2. Das Bestehen von Vertrauenswürdigkeit wird in einer Reihe von Gesetzen als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit normiert (vgl. etwa § 4 Abs. 2 Z 3 Ärztegesetz 1998 hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit; § 2 Abs. 2 Z 1 lit e des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG) hinsichtlich der Tätigkeit als allgemein beeideter und zertifizierter Sachverständiger bzw. Dolmetsch; § 5 Abs. 2 RAO hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit; § 57a Abs. 2 KFG 1967 hinsichtlich der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen; § 109 Abs. 1 lit b KFG 1967 hinsichtlich der Erteilung von Fahrschulbewilligungen; § 34 Abs. 2 FSG hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger zur Begutachtung der fachlichen Befähigung sowie der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; § 6 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) hinsichtlich der Ausstellung eines Taxilenkerausweises).
2.3. Im Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 97/11/0317, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Bedeutungsinhalt der Vertrauenswürdigkeit nach § 3 Abs. 2 Z 3 Ärztegesetz 1984 (insoweit Vorgängerbestimmung des § 4 Abs. 2 Z 3 Ärztegesetz 1998) ausgeführt:
"Der durch die Novelle BGBl. Nr. 100/1994 in das Ärztegesetz 1984 eingefügte Begriff 'Vertrauenswürdigkeit' wird im Gesetz nicht definiert. Es ist daher von der Bedeutung dieses Ausdrucks im allgemeinen Sprachgebrauch, nämlich einem Sichverlassenkönnen auf eine Person, auszugehen. Vertrauenswürdig ist eine Person dann, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag (siehe die zum selben Begriff im Kraftfahrgesetz 1967 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1984, Slg. Nr. 11450/A, und vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11527/A). Unter Bedachtnahme auf die Regelungen des Ärztegesetzes 1984 bedeutet Vertrauenswürdigkeit das Sichverlassenkönnen darauf, daß ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes (§ 1 Abs. 2) den Berufspflichten (§ 95 Abs. 1 Z. 2) nach jeder Richtung entspricht. Es sind demnach insbesondere strafbare Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch sonstige Straftaten geeignet, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes erwarten läßt."
Daran anknüpfend wurde im zitierten hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005 dargelegt, dass nicht nur strafbare Handlungen, sondern auch Berufspflichtverletzungen, die nach ihrer Art und Schwere mit den in § 27 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 angesprochenen strafbaren Handlungen vergleichbar sind, den Verlust der Vertrauenswürdigkeit nach sich ziehen können. Daher sei im jeweiligen Einzelfall zunächst zu prüfen, ob der betreffende Arzt überhaupt eine Verletzung von Berufspflichten, zu deren Einhaltung er im Sinn des § 136 Abs. 1 Z 2 Ärztegesetz 1998 verpflichtet ist, begangen habe, und sodann unter Berücksichtigung eines allfälligen seitherigen Wohlverhaltens zu bewerten, ob diese Pflichtverletzung derart erheblich ist, dass eine weitere Bejahung der Vertrauenswürdigkeit des Arztes ausgeschlossen werden müsse.
Die Bedeutung des Zusammenhangs mit der jeweiligen beruflichen Tätigkeit wird auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit nach § 6 Abs. 1 Z 3 BO 1994 betont. Diesbezüglich judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl. 2004/03/0044, mwN), dass durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit - dem unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs inhaltlich die Bedeutung von "sich verlassen können" zukomme - das Vorhandensein der je nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften gewährleistet werden solle.
Es muss aber nicht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Fehlverhalten und der beruflichen Tätigkeit des Betreffenden bestehen, um den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit annehmen zu können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. November 1986, Zl. 86/11/0066, und vom 28. September 1993, Zl. 93/11/0101 (jeweils Alkoholdelikte) und vom 23. Mai 1984, Slg. Nr. 11450/A (Gewaltdelikt), jeweils betreffend die Vertrauenswürdigkeit nach § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. November 2006, B 1009/006, betreffend die Vertrauenswürdigkeit nach § 5 Abs. 2 RAO).
2.4. Die dargestellten Grundsätze können auch auf die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nach § 11 Z 4 Psychotherapiegesetz übertragen werden. Auch hier ist also - was insofern zutreffend von der belangten Behörde dargelegt wurde - das Gesamtverhalten des Psychotherapeuten darauf hin zu prüfen, ob es geeignet ist, Vertrauen in die psychotherapeutische Berufsausübung zu wecken, bzw. ob der Betreffende bei der Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten als verlässlich angesehen werden kann.
3. Die belangte Behörde hat die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers im Wesentlichen gestützt auf die Annahme verneint, der Beschwerdeführer habe als Psychotherapeut des J.F. seine Berufspflichten grob verletzt, wodurch die Vertrauenswürdigkeit weggefallen sei. Sie ist also in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer sei als Psychotherapeut des J.F. tätig gewesen.
3.1. Gerade zu diesem von der belangten Behörde als entscheidend gewerteten Sachverhaltselement - Tätigkeit des Beschwerdeführers als Psychotherapeut des J.F. - fehlen aber eindeutige Feststellungen, wie der Beschwerdeführer mit Recht rügt:
Die belangte Behörde hat nach dem Einleitungssatz "Es wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt" keine konkreten Feststellungen zu dem von ihm als erwiesen angenommenen Sachverhalt getroffen, sondern im Wesentlichen bloß den Verfahrensgang und (inhaltlich zum Teil diametral entgegengesetzte) Äußerungen von Beteiligten referiert. Soweit darüber hinaus gehend das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und J.F. angesprochen wird, bleibt die belangte Behörde unbestimmt (Etwa: "In der Folge kam es zu vermehrtem Kontakt zwischen den genannten Personen.").
3.2. Die belangte Behörde hat sich offenbar - wenngleich ohne ausdrückliche Klarstellung - das Gutachten des Psychotherapiebeirates zu Eigen gemacht. Aus der weitgehend wörtlichen Wiedergabe von Befund und Gutachten des genannten Sachverständigen und der Anknüpfung an dieses Gutachten im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ist nämlich zu folgern, dass die belangte Behörde von jenen Tatsachen ausging, die im Befund dargelegt sind, und auch die vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen ihrem Bescheid zu Grunde legte.
Den Begründungserfordernissen des § 60 AVG - die Begründung eines Bescheides muss in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 19 ff zu § 60 AVG zitierte hg Judikatur) - hätte die belangte Behörde - unter anderem - nur dann entsprochen, wenn der erhobene Befund vollständig wäre, und wenn dargelegt würde, auf welchem Weg der Sachverständige auf Grund des erhobenen Befunds zu seinen Schlussfolgerungen gelangt ist. Das Gutachten eines Sachverständigen hat nämlich aus einem Befund und dem Gutachten im engeren Sinn, also den aus dem Befund gezogenen Schlussfolgerungen, zu bestehen (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 151 ff zu § 52 AVG zitierte hg Judikatur). Hingegen ist der Sachverständige weder zur Beweiswürdigung noch zur Beurteilung von Rechtsfragen berufen. Vielmehr ist bei widersprechenden Beweisergebnissen von der Behörde nach den oben genannten Grundsätzen vorzugehen. Hängt also die Beantwortung der Rechtsfrage von der Klärung eines strittigen Tatsachenelements ab, ist zunächst - von der Behörde - der entscheidende Sachverhalt festzustellen.
3.3. Dies hat die belangte Behörde im Beschwerdefall unterlassen, liegen doch gerade zur entscheidenden Frage der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Psychotherapeut des J.F. unterschiedliche Beweisergebnisse vor: Die im Gutachten eingangs gestellte Frage "Liegt mit der Beziehung S.P. mit J.F. eine psychotherapeutische Beziehung vor?" wird denn auch in der Folge nicht eindeutig beantwortet, vielmehr wird festgehalten: "Es kann nicht gesichert werden, ob S.P. mit J.F. eine psychotherapeutische Beziehung eingegangen ist."
Diese Unklarheit wird auch in der Gutachtensergänzung nicht beseitigt: Der Hinweis des Gutachters, der Beschwerdeführer schreibe "selbst, dass er J.F. auch als Co-Therapeut in der Gruppe bei Dr. B.M. betreut" habe, lässt Art und Ausmaß dieser "Betreuung", insbesondere aber auch den zeitlichen Zusammenhang offen. Der Beschwerdeführer hat dazu aber vorgebracht, J.F. lediglich im Jahr 2001 im Rahmen einer Gruppentherapie in Tschechien als Co-Therapeut behandelt zu haben, eine freundschaftliche Beziehung habe sich erst deutlich danach ergeben, eine zeitliche Überschneidung von Psychotherapie und Freundschaft nie bestanden.
3.4. Dem von der belangten Behörde erhobenen Vorwurf, der Beschwerdeführer habe seine Stellung als Psychotherapeut des J.F. missbraucht und diesen "manipuliert", fehlt also schon deshalb eine entsprechende Sachverhaltsgrundlage.
Ob eine psychotherapeutische Behandlung vorliegt, kann nämlich entgegen der Auffassung der belangten Behörde weder allein von der subjektiven Sichtweise des "Behandlers" abhängen (so aber die unkritische Wiedergabe der Ausführungen im Gutachten, Bescheid Seite 20), noch von der des "Behandelten", weshalb solche subjektiven Sichtweisen konkrete Feststellungen nicht ersetzen können. Vielmehr ist hier - ausgehend von § 1 Psychotherapiegesetz, wonach "die Ausübung der Psychotherapie ... die nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewusste und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten und einem oder mehreren Psychotherapeuten ... ist" - ein objektiver Maßstab anzulegen.
3.5. Im gegebenen Zusammenhang bleibt aufzuzeigen, dass entscheidende Elemente des als "Missbrauch" gewerteten Verhaltens des Beschwerdeführers insofern unbestimmt bleiben, als das angenommene "Motiv der Bereicherung" weder näher dargestellt noch belegt wird: Die diesbezüglichen "Feststellungen" gehen über
Vermutungen nicht hinaus ("... scheint das Motiv der Bereicherung
... nahe zu legen") bzw. bleiben - soweit sie dezidiert sind ("Inzwischen ist bestätigt, dass es auch Geldflüsse von J.F. an S.P. gegeben hat.") unkonkret.
3.6. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass durch das Verhalten des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit die Vertrauenswürdigkeit weggefallen sei (das "dargestellte Gesamtverhalten" sei in einer "Summenbetrachtung" zu prüfen). Dieser Beurteilung ist schon deshalb der Boden entzogen, weil es hinsichtlich der beiden Hauptvorwürfe (Missbrauch, Manipulation) an der entsprechenden Sachverhaltsgrundlage fehlt.
3.7. Die belangte Behörde hat damit - wie dargelegt - die für die Beantwortung der Rechtsfrage notwendigen Feststellungen nicht getroffen. Im angefochtenen Bescheid fehlt zudem jede Begründung dafür, warum die Einvernahme des J.F. als Zeugen zur - entscheidenden - Frage nach der Art seiner Beziehung zum Beschwerdeführer unterlassen wurde. Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift diesbezüglich auf ein Schreiben des Sachwalters des J.F. verweist, wonach dieser "mit dem Spannungsfeld zwischen Familie und Freund sich nicht auseinander setzen konnte", ist nicht ersichtlich, warum dieser Umstand eine Befragung durch die belangte Behörde hindern sollte. Gleiches gilt für das "fortgeschrittene Alter" des J.F. (dieser ist der Aktenlage nach am 5. Jänner 1926 geboren). Ein "angegriffener Gesundheitszustand" (der durch eine Vernehmung als Zeuge etwa noch verschlimmert würde), auf den die belangte Behörde schließlich verweist, könnte zwar die Vernehmung verhindern, ihre Unterlassung würde dann keinen Verfahrensmangel begründen. Dass dies aber zutrifft, wird von der belangten Behörde nicht begründet.
4. Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. September 2007
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006110230.X00Im RIS seit
25.10.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011